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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 14.08.1998
Aktenzeichen: BVerwG 2 B 34.98
Rechtsgebiete: GG, VwGO, ZPO
Vorschriften:
GG Art. 19 Abs. 4 | |
GG Art. 33 Abs. 2 | |
GG Art. 101 Abs. 1 Satz 2 | |
GG Art. 103 | |
VwGO § 130 a | |
VwGO § 152 Abs. 1 | |
ZPO § 548 |
1. Dur Schadenersatzanspruch des Beamtenbewerbers wegen Verletzung der Auswahlkriterien nach Art. 33 Abs. 2 GG setzt ein Verschulden bei der Auswahlentscheidung voraus.
2. Des Anspruch auf Ausgleich besoldungs- und versorgungsrechtlicher Nachteile wegen unterlassener Einstellung als Beamter kann nicht als Folgenbeseitigungsanspruch geltend gemacht werden (wie Urteile vom 12.06.1979 - BVerwG 2 C 19.75 - <Buchholz 237.5 § 92 Nr. 5> und vom 15.11.1984 - BVerwG 2 C 56.81 - <Buchholz 310 § 113 Nr. 145>).
Beschluß des 2. Senats vom 14. August 1998 - BVerwG 2 H 34.98 -
I. VG Karlsruhe vom 18.09.1995 - Az.: VG 12 K 1557/94 - II. VGH Mannheim vom 22.12.1997 - Az:: VGH 4 S 3454/95 -
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS
BVerwG 2 B 34.98 VGH 4 S 3454/95
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 14. August 1998 durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Franke und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Silberkuhl und Dr. Bayer
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 22. Dezember 1997 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 43 900 DM festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde ist unbegründet. Die vom Kläger geltend gemachten Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO liegen nicht vor.
I. Ohne Erfolg macht die Beschwerde geltend, daß ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angegriffene Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
1. Die Rüge, der Verwaltungsgerichtshof habe den Antrag des Klägers auf Ablehnung des Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgerichtshof R. wegen Besorgnis der Befangenheit zu Unrecht zurückgewiesen und deshalb sei der Anspruch des Klägers auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sowie auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 GG und die Rechtsschutzgarantie gemäß Art. 19 Abs. 4 GG verletzt, greift nicht durch. Der Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs vom 2. Juli 1997, der dem angegriffenen Beschluß vorausgegangen ist, unterliegt gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 548 ZPO nicht der Beurteilung durch das Revisionsgericht, weil er gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann deshalb die Rüge, die Entscheidung eines Oberverwaltungsgerichts über einen Befangenheitsantrag sei rechtsfehlerhaft, nicht zur Zulassung der Revision führen (u.a. Beschlüsse vom 8. August 1984 - BVerwG 9 CB 828.82 - <Buchholz 310 § 54 Nr. 32>, vom 31. Januar 1986 - BVerwG 2 CB 57.84 - <Buchholz 310 § 54 Nr. 35>, vom 24. April 1990 - BVerwG 7 B 20.90 - <Buchholz 11 Art. 101 Nr. 16>, vom 3. Februar 1992 - BVerwG 2 B 11.92 - <Buchholz 310 § 132 Nr. 305>). Aus diesen Gründen kann auch die Rüge, das Berufungsgericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, keinen Erfolg haben.
2. Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Beschwerde, der Verwaltungsgerichtshof habe trotz ausdrücklicher Ablehnung durch den Kläger ohne mündliche Verhandlung gemäß § 130 a VwGO entschieden und damit den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 GG verletzt. Gegen die Gültigkeit des § 130 a VwGO bestehen im Hinblick auf das Gebot nach Art. 103 Abs. 1 GG, rechtliches Gehör zu gewähren, und das Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. u.a. BVerwG, Beschluß vom 10. April 1992 - BVerwG 9 B 142.91 - <Buchholz 310 § 130 a Nr. 5>; Urteil vom 22. Januar 1998 - BVerwG 2 C 4.97 - <zur Veröffentlichung vorgesehen>). An einer Entscheidung nach § 130 a VwGO war der Verwaltungsgerichtshof entgegen den Ausführungen der Beschwerde nicht deshalb gehindert, weil dem Kläger die Möglichkeit genommen worden sei, "zu den Argumenten des erkennenden Senats des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg Stellung zu nehmen, die nach dessen Ansicht es nicht rechtfertigen, das strittige Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe als handgreiflich falsch einzuordnen". Daß es dem Kläger nicht möglich gewesen sein sollte, seine eigenen Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht im schriftlichen Verfahren vorzutragen, ist nicht ersichtlich. Ein Anspruch der Prozeßpartei, die Überlegungen des Gerichts zu dem Streitfall bereits in der mündlichen Verhandlung zu erfahren und hierzu Stellung nehmen zu können, besteht grundsätzlich nicht (vgl. BVerfGE 74, 1 <5 f.> sowie BVerwG, Urteil vom 13. Mai 1976 - BVerwG 2 C 26.74 - <Buchholz 237.4 § 35 Nr. 1>).
II. Das Vorbringen der Beschwerde rechtfertigt auch nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer bedeutsamen Fortentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (u.a. BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Das ist hier nicht der Fall.
1. Soweit die Beschwerde vorträgt, ein Verschulden des Beklagten sei nicht ausgeschlossen, obgleich ein Kollegialgericht das Verhalten der sachbearbeitenden Bediensteten des Dienstherrn als rechtmäßig bewertet habe, wird eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht dargelegt, sondern die Beurteilung des Verwaltungsgerichtshofs im Einzelfall angegriffen. Ob der Verwaltungsgerichtshof eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß ein Verschulden trotz Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns regelmäßig ausgeschlossen ist, wenn ein Kollegialgericht das Handeln oder Unterlassen als objektiv rechtmäßig angesehen hat (stRspr; vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 1998 - BVerwG 2 C 4.97 - insoweit abgedruckt DokBer B 1998, S. 173 <176>) mit zahlreichen Nachweisen), zutreffend verneint hat, ist eine Frage der Würdigung der konkreten Umstände des Falles. Selbst wenn die Auffassung des Klägers zutreffen sollte, daß es sich "bei der Ablehnung der Aufnahme in die Warteliste um eine grundsätzliche Maßnahme einer zentralen Dienstbehörde bei Anwendung eines ihr besonders anvertrauten Spezialgesetzes" gehandelt habe, daß das Verwaltungsgericht den "Art. 33 Abs. 2 GG handgreiflich falsch ausgelegt" habe und daß vom Verwaltungsgericht in der "strittigen Entscheidung der Sachverhalt nicht erschöpfend gewürdigt worden (sei)", ergeben sich hieraus keine über den Einzelfall hinausreichenden Rechtsfragen.
2. Zur Klärung der von der Beschwerde weiterhin aufgeworfenen Rechtsfrage,
"ob es gerechtfertigt ist, den Verschuldensmaßstab auf den Schadenersatzanspruch wegen einer Verletzung der in Art. 33 Abs. 2 GG gewährleisteten subjektiven Rechte anzuwenden",
bedarf es nicht der Durchführung des erstrebten Revisionsverfahrens. Hinsichtlich der Verschuldensabhängigkeit der Haftung des Dienstherrn bestehen bei einer Verletzung der gesetzlich festgelegten Auswahlkriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung (vgl. BVerwGE 80, 123; zuletzt Urteil vom 28. Mai 1998 - BVerwG 2 C 29.97 - <S. 6 UA> zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung vorgesehen) keine Unterschiede zu den Voraussetzungen für einen Schadenersatzanspruch wegen Verletzung der Fürsorgepflicht (vgl. dazu BVerwGE 13, 17 <24 f.>; Beschluß vom 11. Oktober 1977 -BVerwG 6 B 14.77 - <Buchholz 232 § 79 Nr. 68>), die nach Art. 33 Abs. 5 GG ebenfalls verfassungsrechtlich gewährleistet ist (u.a. BVerfGE 83, 89 <98>). Eine verschuldensunabhängige Schadenersatzpflicht ist dem Staatshaftungsrecht allgemein wie auch dem speziellen Beamtenrecht fremd und könnte nur vom Gesetzgeber vorgesehen werden.
3. Die von der Beschwerde schließlich aufgeworfene Rechtsfrage,
"ob ein wirtschaftlicher Schaden, wie er dem Kläger durch das rechtswidrige Verwaltungshandeln des Beklagten entstanden ist, auch auf einen Folgenbeseitigungsanspruch gestützt werden kann",
rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, daß aus dem Gesichtspunkt der Folgenbeseitigung ein Anspruch auf Ausgleich besoldungs- und versorgungsrechtlicher Nachteile wegen unterlassener Einstellung als Beamter schon deshalb nicht gegeben ist, weil sich der Folgenbeseitigungsanspruch nur auf die Wiederherstellung des ursprünglichen, durch hoheitlichen Eingriff veränderten Zustand richtet; er kann jedoch mangels gesetzlicher Vorschriften nicht zu einem darüber hinausgehenden Erfolg führen, insbesondere auch nicht zu einem Ausgleich für Schäden, die durch unrichtiges Verwaltungshandeln entstanden sind (Urteile vom 12. Juni 1979 - BVerwG 2 C 19.75 - <Buchholz 237.5 § 92 Nr. 5> und vom 15. November 1984 - BVerwG 2 C 56.81 - <Buchholz 310 § 113 Nr. 145>).
Zudem steht nach dem von der Beschwerde angegriffenen Beschluß - wie auch nach dem zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens ergangenen Urteil des Senats vom 22. Februar 1990 - BVerwG 2 C 13.87 - <Buchholz 237.0 § 4 Nr. 1> - nicht fest, daß bei seinerzeit fehlerfreiem Verwaltungshandeln der "rechtmäßige Zustand" in der Begründung eines Beamtenverhältnisses bestanden hätte, aus dem erst die Ansprüche auf Besoldung und auf versorgungsrechtliche Anwartschaften hätten erwachsen können. Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage könnte deshalb allenfalls nach einer Aufhebung des Berufungsurteils, Zurückverweisung und weiteren Tatsachenfeststellungen beantwortet werden. Dies rechtfertigt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch nicht. die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (u.a. Beschlüsse vom 30. Juni 1992 - BVerwG 5 B 99.92 - <Buchholz 310 § 132 Nr. 309> und vom 5. September 1996 - BVerwG 9 B 387.96 - <Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 Nr. 12>).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG, wobei in Anlehnung an § 13 Abs. 4 Satz 2 GKG die Hälfte der Jahresbezüge nach dem Besoldungsstand vom 1. Juli 1997 zugrunde gelegt worden ist.
Ende der Entscheidung
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