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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 11.02.1999
Aktenzeichen: BVerwG 2 C 10.98
Rechtsgebiete: PersStärkeG, SG, SVG


Vorschriften:

PersStärkeG § 2
PersStärkeG § 6 Abs. 2
SG § 28 a
SVG § 15
SVG § 20
Leitsatz:

Bei einem Berufssoldaten, der nach § 2 PersStärkeG vorzeitig in den Ruhestand versetzt wurde, erhöht sich die ruhegehaltfähige Dienstzeit um die fiktive Dienstzeit gemäß § 6 Abs. 2 PersStärkeG, auch wenn er bis zur Zurruhesetzung nach § 28 a SG beurlaubt war.

Urteil des 2. Senats vom 11. Februar 1999 - BVerwG 2 C 10.98

I. VG Köln vom 22.11.1994 - Az.: VG 22 K 7760/92 - II. OVG Münster vom 09.06.1997 - Az.: OVG 12 A 55/95 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 2 C 10.98 OVG 12 A 55/95

Verkündet am 11. Februar 1999

Röder Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. Februar 1999 durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Franke und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Silberkuhl, Dawin, Dr. Kugele und Dr. Bayer

für Recht erkannt:

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. Juni 1997 wird aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 22. November 1994 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.

Gründe:

I.

Der Kläger trat nach Ableistung seines Wehrdienstes von April 1960 bis Dezember 1961 im Februar 1967 erneut in den Dienst der Bundeswehr und wurde im August 1975 Berufssoldat. Mit Bescheid vom 26. April 1989 erhielt er antragsgemäß nach § 28 a SG von 1. April 1990 bis 31. März 1996 Urlaub unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge. In diesem Bescheid wurde darauf hingewiesen, daß die Zeit dieses Urlaubs nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 2 SVG nicht ruhegehaltfähig sei. Mit Ablauf des 30. Juni 1992 wurde der Kläger nach § 2 PersStärkeG vorzeitig in den Ruhestand versetzt.

In dem Bescheid über die Festsetzung der Versorgungsbezüge vom 31. Juli 1992 berücksichtigte das zuständige Wehrbereichsgebührnisamt die Zeit zwischen tatsächlicher vorzeitiger Zurruhesetzung und ursprünglich vorgesehener Zurruhesetzung nicht als ruhegehaltfähige Zeit. Der hiergegen gerichtete Widerspruch wurde mit der Begründung zurückgewiesen, der Kläger sei aus seinem Urlaub heraus antragsgemäß in den Ruhestand versetzt worden, so daß kein versorgungsrechtliches Ausgleichsbedürfnis für den Zeitraum zwischen tatsächlicher und ursprünglich vorgesehener Zurruhesetzung bestanden habe.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, die Beklagte habe dem Kläger durch bestandskräftigen Bescheid vom 26. Mai 1992 gemäß § 28 a Abs. 2 Satz 4 SG die Rückkehr aus dem Urlaub mit Ablauf des 30. Juni 1992 erlaubt; der Kläger sei deshalb in diesem Zeitpunkt gemäß § 2 PersStärkeG aus dem aktiven Dienst heraus in den Ruhestand versetzt worden. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:

§ 6 Abs. 2 PersStärkeG setze nach Sinn und Zweck der Vorschrift voraus, daß der Soldat grundsätzlich noch die Möglichkeit gehabt habe, durch aktive Dienstleistung bis zu der für ihn geltenden Altersgrenze zusätzliche ruhegehaltfähige Dienstzeiten zu erdienen. Nur in diesen Fällen bestehe ein Bedürfnis für einen versorgungsrechtlichen Nachteilsausgleich durch die Anerkennung fiktiver Dienstzeiten als ruhegehaltfähig. Nachdem der Kläger von der durch § 28 a SG geschaffenen Möglichkeit, sich bis zum Beginn des Altersruhestands beurlauben zu lassen, Gebrauch gemacht habe, und eine vorzeitige Rückkehr aus dem Urlaub sehr eingeschränkt gewesen sei (§ 28 a Abs. 2 Satz 4 SG), habe er grundsätzlich die bis zum 31. März 1990 erreichte Gesamtdauer der ruhegehaltfähigen Dienstzeit nicht weiter erhöhen können. Bei einer Versetzung in den Ruhestand nach Überschreiten der für ihn maßgeblichen besonderen Altersgrenze hätte sich seine Versorgung nach den bis zum Beginn des Urlaubs erreichten ruhegehaltfähigen Dienstzeiten bestimmt. Ein versorgungsrechtliches Ausgleichsbedürfnis wegen der vorzeitigen Zurruhesetzung aufgrund des Personalstärkegesetzes durch Anerkennung einer fiktiven Dienstzeit habe in seiner Person nicht bestanden.

Mit der vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision beantragt der Kläger,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. Juni 1997 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 22. November 1994 zurückzuweisen.

Er rügt die Verletzung materiellen Rechts.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Der Oberbundesanwalt verteidigt das Berufungsurteil und schließt sich den Rechtsausführungen der Beklagten an.

II.

Die Revision des Klägers ist begründet.

Der Kläger hat wie das Verwaltungsgericht erkannt hat einen Anspruch darauf, daß auch die Zeit ab Versetzung in den Ruhestand bis zum Ablauf des Monats, von dem an er in den Ruhestand nach § 44 Abs. 2 in Verbindung mit § 45 Abs. 2 SG hätte versetzt werden können, als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt wird.

Die Beklagte hat den Kläger nach § 2 PersStärkeG vom 20. Dezember 1991 (BGBl I 2376) in den Ruhestand versetzt. Während Abschnitt I des Personalstärkegesetzes mit den §§ 1 - 4 die Voraussetzungen einer vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand betrifft, regelt Abschnitt II die Versorgung. Gemäß § 6 Abs. 1 PersStärkeG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 1 SVG erhalten die gemäß § 2 in den Ruhestand versetzten Berufssoldaten Ruhegehalt, dessen Höhe sich nach § 15 Abs. 2 SVG nach der ruhegehaltfähigen Dienstzeit bemißt. Dies ist nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SVG die Wehrdienstzeit (§ 2 Satz 1 SVG) ohne die Dauer einer Beurlaubung im Sinne des § 20 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 2 Halbsatz 1 SVG. Hinzu kommt die fiktive Dienstzeit des § 6 Abs. 2 PersStärkeG.

Tatbestandsvoraussetzung des § 6 Abs. 2 Satz 1 PersStärkeG ist die Zurruhesetzung nach § 1 oder § 2 dieses Gesetzes. Die nach § 6 Abs. 1 PersStärkeG in Verbindung mit §§ 15 ff. SVG zu ermittelnde ruhegehaltfähige Dienstzeit erhöht sich um die Zeit von der vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand an bis zum Ablauf des Monats, von dem an der Berufssoldat nach § 44 Abs. 2 bezogen auf den Kläger in Verbindung mit § 45 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c SG in der vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung in den Ruhestand hätte versetzt werden können. Weitere Anforderungen für die Berücksichtigung dieses Zeitraumes als ruhegehaltfähige Dienstzeit stellt das Gesetz nicht. Das gilt auch im Fall des Klägers.

Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Beklagten und des Oberbundesanwalts, § 6 Abs. 2 PersStärkeG setze nach Sinn und Zweck voraus, daß der Soldat grundsätzlich auch die Möglichkeit gehabt habe, durch aktive Dienstleistung bis zu der für ihn geltenden Altersgrenze zusätzliche ruhegehaltfähige Dienstzeiten zu erdienen, weil nur in diesen Fällen ein ver«RR73»- sorgungsrechtliches Ausgleichsbedürfnis bestehe, ist nicht tragfähig. Das ergibt sich ohne weiteres aus dem Wortlaut und «RR70»der systematischen Stellung des § 6 Abs. 2 PersStärkeG. Hätte der Gesetzgeber die mit dieser Vorschrift gewährte Vergünstigung einschränken wollen, hätte dies im Gesetz einen erkennbaren Ausdruck finden müssen. Der Gesetzgeber hat es im Rahmen des Abschnitts II des Personalstärkegesetzes vielmehr unterlassen, auf § 20 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 2 Halbsatz 1 SVG Bezug zu nehmen, obwohl Abschnitt II des Personalstärkegesetzes zahlreiche Bezugnahmen auf allgemeine Versorgungsregeln enthält.

Das Argument, die versorgungsrechtliche Vergünstigung des Personalstärkegesetzes könne mit Blick auf § 2 Abs. 1 Ziff. 2 PersStärkeG nur von Soldaten in Anspruch genommen werden, die die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand aus dem aktiven Dienst heraus beantragen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn wegen der Bestandskraft des Zurruhesetzungsbescheids kann unentschieden bleiben, ob der Kläger die Voraussetzungen des § 2 PersStärkeG erfüllt.

Die beanstandete Besserstellung des Klägers im Verhältnis zu nicht nach § 28 a SG beurlaubten Soldaten verletzt nicht Art. 3 Abs. 1 GG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Beschluß

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerde- und das Revisionsverfahren auf je 8 470 DM festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG).

Ende der Entscheidung

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