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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 20.01.2000
Aktenzeichen: BVerwG 2 C 12.99
Rechtsgebiete: BBesG, 2. BesÜV, BRRG, RPflG, GG
Vorschriften:
BBesG § 73 | |
2. BesÜV § 1 | |
2. BesÜV § 2 | |
2. BesÜV § 4 Fassung 1993/1997 | |
BRRG § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 | |
BRRG § 13 | |
BRRG § 14 | |
RPflG § 2 | |
GG Art. 3 Abs. 1 | |
GG Art. 3 Abs. 3 | |
GG Art. 33 Abs. 5 |
Der in § 4 Abs. 1 Satz 1 2. BesÜV verwandte Begriff "Befähigungsvoraussetzungen" umfaßt auch die dienstrechtlich geforderten Vorbildungsvoraussetzungen (wie BVerwGE 101, 116).
Die als Befähigungsvoraussetzungen geforderte Vorbildung für die Laufbahn des gehobenen Dienstes in der Justizverwaltung des Landes Sachsen-Anhalt ist eine zu einem Hochschulstudium berechtigende Schulbildung oder ein als gleichwertig anerkannter Bildungsstand.
Ob der Beamte, Richter oder Soldat die Befähigungsvoraussetzungen "im bisherigen Bundesgebiet" erworben hat, ist ortsbezogen zu beurteilen (wie Urteile vom 11. März 1999 - BVerwG 2 C 24.98 - und vom 22. Juli 1999 - BVerwG 2 C 37.98 -).
Die Zuschußregelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 2. BesÜV F. 1993 ist mit höherrangigem Recht vereinbar (wie BVerwGE 101, 116).
Die Besoldungsabsenkung für Beamte der neuen Bundesländer gemäß § 2 Abs. 1 2. BesÜV hält sich auch derzeit noch im Rahmen der dem Gesetzgeber insoweit zukommenden Gestaltungsfreiheit.
Urteil des 2. Senats vom 20. Januar 2000 - BVerwG 2 C 12.99 -
I. VG Halle vom 26.01.1999 - Az.: VG 3 A 68/95 -
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am 20. Januar 2000
Grubert Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. Januar 2000 durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Franke und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Silberkuhl, Dawin, Dr. Kugele und Dr. Bayer
für Recht erkannt:
Tenor:
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 26. Januar 1999 wird aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Zulassung eines ruhegehaltfähigen Zuschusses nach § 4 Abs. 1 der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung (2. BesÜV).
Der 1968 in Köthen geborene Kläger besuchte im Beitrittsgebiet eine zehnklassige polytechnische Oberschule und absolvierte eine Lehre als Zimmermann. Im März 1991 schloß er mit dem Land Sachsen-Anhalt einen Vertrag über die Ausbildung zum Rechtspfleger. Im Oktober 1991 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Rechtspflegeranwärter ernannt. Die Ausbildung erhielt er an der Niedersächsischen Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege in Hildesheim. Danach wurde er vom Land Sachsen-Anhalt in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen. Seinen Antrag auf Zahlung eines ruhegehaltfähigen Zuschusses in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen seinen abgesenkten Besoldungsbezügen nach § 2 2. BesÜV und den bei gleichem Amt für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezügen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 2. BesÜV lehnte der Beklagte ab.
Der nach erfolglosem Widerspruch erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht stattgegeben. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger habe Anspruch auf den begehrten Zuschuß, weil er den Vorbereitungsdienst und die Laufbahnprüfung im bisherigen Bundesgebiet absolviert habe. Seine für die Laufbahn des gehobenen Dienstes erforderliche Schulbildung gehöre nicht zu den Befähigungsvoraussetzungen im Sinne des § 4 Abs. 1 2. BesÜV.
Gegen das Urteil hat der Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Sprungrevision eingelegt. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 26. Januar 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht stimmt der angefochtenen Entscheidung im Ergebnis zu. In Übereinstimmung mit einer von ihm vorgelegten Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern hält er die abgesenkte Besoldung im Beitrittsgebiet auch derzeit noch für sachlich gerechtfertigt und deswegen mit § 3 Abs. 1 GG vereinbar.
II.
Die Revision des Beklagten ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf den begehrten ruhegehaltfähigen Zuschuß zur Ergänzung der Dienstbezüge gemäß § 4 Abs. 1 der Zweiten Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands (Zweite Besoldungs-Übergangsverordnung - 2. BesÜV -) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juni 1993 (BGBl I S. 778, 1035), zuletzt geändert durch die Vierte Besoldungsübergangs-Änderungsverordnung vom 17. November 1997 (BGBl I S. 2713).
Die Ausnahmevorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 1 2. BesÜV sieht einen ruhegehaltfähigen Zuschuß in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der abgesenkten Besoldung für Beamte im Beitrittsgebiet nach § 2 Abs. 1 2. BesÜV und den bei gleichem Amt für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezügen nur für diejenigen Personen vor, die sämtliche Befähigungsvoraussetzungen im bisherigen Bundesgebiet erworben haben. Das ist beim Kläger nicht der Fall. Er hat nicht sämtliche Befähigungsvoraussetzungen für die Laufbahn des gehobenen Dienstes in der Justizverwaltung im bisherigen Bundesgebiet erworben.
Der Begriff der Befähigungsvoraussetzungen umfaßt die für die jeweilige Laufbahn geforderten Vor- und Ausbildungsvoraussetzungen, d.h. den Vorbildungsabschluß, den Vorbereitungsdienst im laufbahnrechtlichen Rahmen und - soweit vorgeschrieben - die Laufbahnprüfung (vgl. BVerwGE 101, 116 <118>). In Übereinstimmung mit § 14 Abs. 2 und 3 BRRG schreibt § 2 Abs. 1 RPflG vor, daß mit den Aufgaben eines Rechtspflegers ein Beamter des Justizdienstes betraut werden kann, der einen Vorbereitungsdienst von drei Jahren abgeleistet und die Rechtspflegerprüfung bestanden hat. Als Vorbildung fordert § 2 Abs. 2 Satz 1 RPflG - insoweit in Übereinstimmung mit § 13 Abs. 2 Nr. 3 BRRG - darüber hinaus eine zum Hochschulstudium berechtigende Schulbildung oder einen als gleichwertig anerkannten Bildungsstand. Diese dienstrechtlich verlangte Vorbildung zählt nach der den Beteiligten bekannten Rechtsprechung des erkennenden Senats zu den Befähigungsvoraussetzungen im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 2. BesÜV (BVerwGE 101, 116 <118>; Urteile vom 11. März 1999 - BVerwG 2 C 24.98 - <ZBR 1999, 272 [273 f.]> und vom 22. Juli 1999 - BVerwG 2 C 37.98 - <ZBR 2000, 43 f.>).
Der Kläger hat die vom Beklagten als gleichwertig anerkannte Vorbildung nicht "im bisherigen Bundesgebiet" erworben. Nach dem Wortlaut, dem Sinn und Zweck sowie dem systematischen Zusammenhang der Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 2. BesÜV ist dies nur dann zu bejahen, wenn die als Befähigungsvoraussetzungen bestimmten Vor- und Ausbildungen sowie Prüfungen an einem Ort im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland außerhalb der Grenzen der in Art. 3 EV genannten Länder und Landesteile absolviert worden sind. Das hat der erkennende Senat in den allen Beteiligten bekannten Urteilen vom 11. März 1999 - BVerwG 2 C 24.98 - (a.a.O. S. 274) und 22. Juli 1999 - BVerwG 2 C 37.98 - (a.a.O. S. 44) ebenfalls bereits dargelegt.
Der Kläger hat die als Vorbildungsvoraussetzung für seine Laufbahn geforderte, vom Beklagten anerkannte Ausbildung im Beitrittsgebiet erhalten. Dies schließt die begehrte Zuschußgewährung aus.
Die Zuschußregelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 2. BesÜV ist mit höherrangigem Recht vereinbar (vgl. BVerwGE 101, 116 <119 ff.>).
Die vom Kläger beanstandete Besoldungsabsenkung in den neuen Ländern gemäß § 2 Abs. 1 2. BesÜV hält sich auch derzeit noch im Rahmen der dem Gesetzgeber bei der Regelung der Besoldung für Landesbeamte in den neuen Ländern zukommenden Gestaltungsfreiheit. Die fortbestehenden erheblichen Unterschiede der wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse im bisherigen Bundesgebiet und in den neuen Ländern sind ein sachlich vertretbarer Gesichtspunkt für die besoldungsrechtliche Differenzierung (vgl. BVerwGE 101, 116 <121 f.>).
Zu Unrecht beruft sich der Kläger auf Art. 39 Abs. 2 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EG - (früher Art. 48 Abs. 4). Denn diese Vorschrift ist nicht auf Beschäftigungsverhältnisse in der öffentlichen Verwaltung anzuwenden (Art. 39 Abs. 4 EG <früher Art. 48 Abs. 4>).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Beschluß
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 19 105 DM festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG; pauschalierter zweifacher Jahresbetrag des begehrten Zuschusses).
Ende der Entscheidung
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