Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 02.09.1999
Aktenzeichen: BVerwG 2 C 22.98
Rechtsgebiete: LBG NW, HNtV NW, VwVfG, VwGO


Vorschriften:

LBG NW § 72
LBG NW § 75 Satz 2 Nr. 6
LBG NW § 206 Abs. 3
HNtV NW § 10
HNtV NW § 15
HNtV NW § 17 Abs. 3
HNtV NW § 16 Abs. 2 F. 1981
VwVfG NW § 48
VwGO § 138
VwGO § 144 Abs. 4
Leitsätze:

1. Ist eine mit der Revision angegriffene Entscheidung im Ergebnis aus Gründen richtig, auf die sich die gerügten Verfahrensmängel nicht ausgewirkt haben können, so ist die Aufhebung des angefochtenen Urteils nicht gerechtfertigt.

2. Ein Bescheid über die Heranziehung eines Beamten zu einem Nutzungsentgelt ist grundsätzlich ein ausschließlich belastender Verwaltungsakt.

3. Ein Nutzungsentgelt für die Inanspruchnahme von Personal des Dienstherrn bei Ausübung einer Nebentätigkeit entfällt oder vermindert sich nicht, wenn der Beamte privat angestelltes Personal auch für dienstliche Aufgaben einsetzt.

Urteil des 2. Senats vom 2. September 1999 - BVerwG 2 C 22.98 -

I. VG Köln vom 07.12.1994 - Az.: VG 19 K 542/89 - II. OVG Münster vom 16.09.1997 - Az.: OVG 6 A 1398/95 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 2 C 22.98 OVG 6 A 1398/95

Verkündet am 2. September 1999

Rakotovao (Justizangestellte) als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 2. September 1999 durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Franke und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Silberkuhl, Dawin, Dr. Kugele und Dr. Bayer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. September 1997 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe:

I.

Der Kläger war Universitätsprofessor im Dienst des beklagten Landes und als Direktor des Instituts für Virologie an der Medizinischen Fakultät der Universität A. tätig. Als Nebentätigkeit führte er u.a. auswärtige Materialuntersuchungen und Impfungen durch und nahm hierfür Einrichtungen, Personal und Material des Dienstherrn in Anspruch. Außerdem beschäftigte er Personal, das er selbst eingestellt und vergütet hatte. Die privat angestellten Mitarbeiter wurden sowohl für dienstliche Aufgaben als auch im Rahmen der Nebentätigkeit eingesetzt.

Im September 1983 teilte der Kanzler der Universität A. dem Ministerium für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen mit, der Kläger nehme für seine Nebentätigkeit kein Personal des Landes in Anspruch. Daraufhin wurde der Kläger mit sieben Bescheiden ab dem 18. November 1983 u.a. für einen begrenzten Bereich seiner Nebentätigkeiten zu einem anteiligen Nutzungsentgelt im Umfang von 17,5 v.H. der bezogenen Vergütung für die Jahre 1982 bis 1985 herangezogen. Nachdem der Landesrechnungshof festgestellt hatte, daß der Kläger - wie bereits in der Zeit vor 1982 - Landespersonal und Privatpersonal wegen fehlender Trennung nach Dienst- und Nebentätigkeitsaufgaben auch für seine Nebentätigkeit beschäftigte, erging ein "Nachtragsbescheid" vom 22. August 1986, mit dem gegen den Kläger weitere Nutzungsentgelte in Höhe von 17,5 v.H. der Vergütung für die Jahre 1982 bis 1985 festgesetzt wurden. Darüber hinaus wurde der Kläger zu einem anteiligen Nutzungsentgelt im Umfang von 35 v.H. der bezogenen Vergütung herangezogen und zwar

für das erste Halbjahr 1986 in Höhe von 128 202,95 DM mit Bescheid vom 22. August 1986,

für das zweite Halbjahr 1986 in Höhe von 124 445,29 DM mit Bescheid vom 20. Februar 1987,

für das erste Halbjahr 1987 in Höhe von 152 287,89 DM mit Bescheid vom 9. September 1987 und

für das zweite Halbjahr 1987 in Höhe von 182 858,17 DM mit Bescheid vom 23. März 1988.

Nach erfolglosen Widersprüchen hat der Kläger Klage gegen den Nachtragsbescheid vom 22. August 1986 sowie gegen die Festsetzungsbescheide betreffend die Jahre 1986 und 1987 erhoben, soweit darin das Nutzungsentgelt für "sonstige Nebentätigkeiten" auf mehr als 17,5 v.H. der bezogenen Vergütung festgesetzt worden ist. Die Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen und das Verfahren insoweit eingestellt, als der Kläger die ursprünglich noch gegen eine zusätzliche Festsetzung in dem Bescheid vom 15. Februar 1985 gerichtete Klage zurückgenommen hat. Die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:

Zwar sei die Nachveranlagung in dem Bescheid vom 22. August 1986 nur unter den Voraussetzungen der Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes nach § 48 VwVfG NW zulässig. Der Beklagte habe in der Anlage zu den jeweiligen Festsetzungsbescheiden bis zum 17. April 1986 die Festsetzung eines anteiligen Nutzungsentgelts für auswärtige Materialeinsendungen und Impfungen damit begründet, es handele sich um den Nebentätigkeitsbereich, für den selbstvergütetes Personal eingesetzt werde, und ausdrücklich hinzugefügt, daß ein Nutzungsentgelt für die Inanspruchnahme von Personal entfalle. Darin liege die den Kläger begünstigende Regelung, daß kein Nutzungsentgelt für die Inanspruchnahme von Personal erhoben werde.

Frühere Heranziehungsbescheide, soweit sie den Kläger begünstigten, hätten allerdings ohne die Einschränkungen des § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NW zurückgenommen werden dürfen. Jedenfalls hätte keine dem Kläger günstigere Entscheidung getroffen werden können.

Die Veranlagung des Klägers zu einem anteiligen Nutzungsentgelt für die Inanspruchnahme von Personal im Zeitraum 1982 bis 1987 stehe im Einklang mit § 17 Abs. 3 Satz 1 HNtV. Die Forderung des Beklagten sei auch unter Berücksichtigung der bestandskräftigen Veranlagungen zu einem Nutzungsentgelt für die Inanspruchnahme von Einrichtungen und Material angemessen. Der Umfang der Inanspruchnahme erreiche ein hohes Ausmaß, so daß der in der Verordnung gemeinte Regelfall vorliege, und zwar unabhängig davon, welche Mittel der Kläger für eigenes Personal aufgewandt habe. Selbst wenn es zutreffen sollte, daß bei einer saldierenden Betrachtung der Beklagte von einem Dienstleistungsüberschuß des privaten Personals profitiert habe, ändere dies nichts an dem tatsächlichen Umfang der Inanspruchnahme des Landespersonals durch den Kläger und auch nichts an dem Wert der Inanspruchnahme. Organisatorische und haushaltsrechtliche Gegebenheiten könnten nicht über das Nutzungsentgelt in der Weise zugunsten des Beamten korrigiert werden, daß er eigenes Personal einstelle, um Unzulänglichkeiten bei der personellen Ausstattung des Instituts auszugleichen, und die eigenen Personalkosten dem Dienstherrn in Rechnung stelle.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision beantragt der Kläger,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. September 1997 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 7. Dezember 1994, soweit das Verfahren nicht eingestellt worden ist, sowie den Nachtragsbescheid vom 22. August 1986 und die Bescheide des Beklagten vom 22. August 1986, 20. Februar 1987, 9. September 1987 und 23. März 1988, soweit darin das Nutzungsentgelt für "sonstige Nebentätigkeiten" in den Jahren 1986 und 1987 auf mehr als 17,5 v.H. der bezogenen Vergütung festgesetzt worden ist, und den insoweit entgegenstehenden Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 1989 aufzuheben.

Der Kläger rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

Die Bescheide des Beklagten, die den Kläger zu einem Nutzungsentgelt in Höhe von 17,5 v.H. der bezogenen Vergütung für die Inanspruchnahme von Personal des Dienstherrn in den Jahren 1982 bis 1987 heranziehen, sind rechtmäßig.

Die im Hinblick auf die Anfechtung des Nachtragsbescheides vom 22. August 1986 geltend gemachten Verfahrensmängel können der Revision nicht zum Erfolg verhelfen. Ist eine mit der Revision angegriffene Entscheidung im Ergebnis aus Gründen richtig, zu denen die gerügten Verfahrensmängel keinen Bezug haben und auf die sie sich nicht ausgewirkt haben können, so ist die Aufhebung des angefochtenen Urteils und eine Zurückverweisung des Rechtsstreits nicht gerechtfertigt (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO). Dies gilt auch, wenn ein Verfahrensfehler einen absoluten Revisionsgrund nach § 138 VwGO ausmacht (BVerwGE 15, 24 <26>; Urteil vom 16. März 1994 - BVerwG 11 C 48.92 - <Buchholz 442.151 § 46 Nr. 10>). Die Verfahrensrügen des Klägers beziehen sich ausschließlich auf die Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Voraussetzungen des § 48 VwVfG NW. Diese Vorschrift ist indessen bei zutreffender materiellrechtlicher Beurteilung nicht anzuwenden, so daß es für die Entscheidung auf die insoweit möglicherweise unter Verletzung des Grundsatzes der Amtsermittlung (§ 86 Abs. 1 VwGO) und des Anspruches auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO) vom Berufungsgericht zugrundegelegten Tatsachen nicht ankommen kann. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wurden mit dem Nachtragsbescheid vom 22. August 1986 frühere Heranziehungsbescheide nicht - auch nicht teilweise - aufgehoben. Weder der Formulierung noch der Sache nach geht es um die Rücknahme von begünstigenden Regelungen, die nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 48 VwVfG NW zulässig gewesen wäre.

Die früheren Heranziehungsbescheide, die vom 18. November 1983 bis zum 17. April 1986 gegen den Kläger ergangen sind, enthielten ausschließlich belastende Regelungen. Mit diesen Bescheiden wurden für bestimmte Zeiträume Nutzungsentgelte nach der Hochschulnebentätigkeitsverordnung festgesetzt und unter Anrechnung von Abschlagszahlungen der jeweils ausstehende Restbetrag eingefordert. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts trafen die früheren Heranziehungsbescheide für die Jahre 1982 bis 1985 keine Regelung des Inhalts, daß der Kläger für die Inanspruchnahme von Personal des Dienstherrn anläßlich seiner Nebentätigkeit in Zukunft nicht herangezogen werden soll. Der in den früheren Bescheiden jeweils enthaltenen Wendung "Nebentätigkeitsbereich..." bzw. "sonstige Nebentätigkeit, für die selbstvergütetes Personal eingesetzt wird (Nutzungsentgelt für die Inanspruchnahme von Personal entfällt)", ist eine solche Regelung nicht zu entnehmen. Vielmehr dient diese Aussage der Begründung, ohne daß ihr ein selbständiger Regelungscharakter zukommt (vgl. § 39 VwVfG NW).

Der Inhalt der früheren Bescheide ist durch Auslegung nach der im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Regelung des § 133 BGB zu ermitteln, zu der das Revisionsgericht selbständig befugt ist (stRspr, z.B. BVerwGE 67, 222 <234>; Urteil vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 24.87 - <Buchholz 237.6 § 39 Nr. 7>). Maßgebend ist der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (z.B. BVerwGE 41, 305 <306>; 60, 223 <228 f.>; 74, 15 <17>). Für den Kläger erkennbar hatte der Beklagte keinen Anlaß, eine Regelung darüber zu treffen, daß der Kläger von einem Nutzungsentgelt für die Inanspruchnahme von Personal des Dienstherrn freigestellt werden sollte. Denn der Kläger hatte dem Beklagten mit Schreiben vom 23. Dezember 1985 mitgeteilt, von ihm sei "des öfteren ausgeführt und auch schriftlich bestätigt (worden), daß im Nebentätigkeitsbereich nur selbstvergütetes Personal eingesetzt ist". Vor dem Hintergrund dieser Information stand von vornherein fest, daß der in § 17 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung über die Nebentätigkeit des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an den Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulnebentätigkeitsverordnung - HNtV -) vom 11. Dezember 1981 (GVBl S. 726) bestimmte Vomhundertsatz nicht erhoben werden konnte, sondern gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 16 Abs. 2 HNtV (F. 1981) um einen auf die Inanspruchnahme von Personal entfallenden Vomhundertsatz zu kürzen war. Insoweit bestand auch kein Entscheidungsspielraum der Behörde, da die Heranziehung zu einem Nutzungsentgelt eine gebundene Entscheidung ist. Danach konnte der Kläger die Bemerkung in den Bescheiden "Nutzungsentgelt für die Inanspruchnahme von Personal entfällt" nur als Erläuterung der Berechnung verstehen. Dies ergab sich auch ohne weiteres aus der formalen Textgestaltung. Die Wendung findet sich in den den Bescheiden jeweils beigefügten "Anlagen", die ihrerseits nur den festgesetzten Gesamtbetrag aufschlüsseln und die einzelnen Positionen stichwortartig in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht begründen. Zudem war die - nicht einmal grammatikalisch in einen vollständigen Satz gefaßte - Passage jeweils in Klammern gesetzt. In Klammern stehen herkömmlich und regelgemäß "erklärende Zusätze". Als Erläuterung der Bemessungsgrundlage für den konkret errechneten Betrag hat der Hinweis keinen Regelungscharakter im Sinne des § 35 VwVfG NW.

Selbst wenn unabhängig von den Regelungen des § 48 VwVfG NW ein belastender Verwaltungsakt das Vertrauen des Betroffenen darauf rechtfertigen könnte, daß mehr als das Geforderte von ihm nicht zu verlangen ist (vgl. BVerwGE 30, 132 <133 f.>; 67, 129 <134>; Urteile vom 18. März 1988 - BVerwG 8 C 115.86 - <Buchholz 406.11 § 127 Nr. 52> und vom 26. Januar 1996 - BVerwG 8 C 14.94 - <Buchholz 406.11 § 133 Nr. 125>), ergäbe sich auch auf der Grundlage dieser Erwägung nicht die Rechtswidrigkeit des Nachtragsbescheides vom 22. August 1986. Auf Vertrauensschutz könnte der Kläger sich nicht berufen, weil er mit seinem Schreiben vom 23. Dezember 1985 in wesentlicher Beziehung unrichtige Angaben gemacht hat und diese Falschinformation über den Einsatz von Personal im Nebentätigkeitsbereich den ursprünglichen Festsetzungen des Nutzungsentgelts zugrunde gelegt worden ist.

Zutreffend ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, daß die Festsetzung eines Nutzungsentgelts in Höhe von 35 v.H. der bezogenen Vergütung "für sonstige Nebentätigkeiten" des Klägers in der Zeit von 1982 bis 1987 materiellem Recht entspricht. Rechtsgrundlage der angefochtenen Bescheide sind § 72 Abs. 1, § 75 Satz 2 Nr. 6 und § 206 Abs. 3 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtengesetz - LBG -) vom 1. Mai 1981 (GVBl S. 234) und § 15 Abs. 1, § 17 Abs. 3 HNtV (F. 1981). Danach hat ein Beamter für die Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material des Landes anläßlich einer entgeltlichen ärztlichen Nebentätigkeit in Bereichen mit medizinisch-theoretischen Aufgaben 35 v.H. der bezogenen Vergütung (einschließlich Sachkosten) als Nutzungsentgelt an den Dienstherrn abzuführen, sofern es sich, wie hier, nicht um eine Nebentätigkeit nach § 7 Abs. 1 HNtV in der Krankenversorgung handelt. Daß diese vom Berufungsgericht festgestellten Voraussetzungen gegeben sind, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.

Die verordnungsrechtliche Ermächtigungsgrundlage steht im Einklang mit höherrangigem Recht, insbesondere mit Verfassungsrecht (vgl. BVerfGE 52, 303; BVerwGE 87, 1 ff.) und mit den Bestimmungen des Landesbeamtengesetzes (vgl. BVerwGE 87, 1 ff.).

Entgegen der Auffassung der Revision ist der Vomhundertsatz des Nutzungsentgelts nicht nach § 16 Abs. 2 HNtV (F. 1981), auf den § 17 Abs. 3 Satz 2 HNtV (F. 1981) ausdrücklich verweist, herabzusetzen. Danach ist das Nutzungsentgelt von Amts wegen oder auf Antrag des Beamten entsprechend dem Wert der Inanspruchnahme unter Berücksichtigung der Kosten des Dienstherrn und des Nutzungsvorteils des Beamten höher oder niedriger zu bemessen, wenn das nach den Vomhundertsätzen berechnete Nutzungsentgelt in keinem angemessenen Verhältnis zum Umfang der Inanspruchnahme steht. Diese Vorschrift bietet weder dem Wortlaut noch dem Sinne nach eine Grundlage, den Vomhundertsatz des gemäß § 17 Abs. 3 HNtV (F. 1981) zu entrichtenden Nutzungsentgelts deshalb zu reduzieren, weil der Kläger selbstvergütetes Personal im Bereich seiner hauptamtlichen Tätigkeit eingesetzt hat.

Anders als nach der dem Urteil vom 12. März 1987 - BVerwG 2 C 10.83 - <Buchholz 237.0 § 87 Nr. 1> zugrundeliegenden Rechtslage ist nach der Hochschulnebentätigkeitsverordnung vom 11. Dezember 1981 ein "Vorwegabzug" der Aufwendungen des Hochschullehrers für von ihm zur Ausübung seiner Nebentätigkeit privat angestelltes Personal unzulässig. Bemessungsgrundlage für das Nutzungsentgelt ist der Gesamtbetrag der Vergütung. Gemäß der Legaldefinition des § 10 Abs. 1 HNtV ist Vergütung für eine Nebentätigkeit jede Gegenleistung in Geld oder geldwerten Vorteilen. Diese Regelung ist abschließend und läßt eine Berücksichtigung eigener Personalkosten im Bereich der Nebentätigkeit nicht zu. Nur § 22 Abs. 2 HNtV (F. 1981) ermöglichte übergangsweise für die ambulante zahnärztliche Behandlung eine abweichende Regelung.

Die Konkretisierung des in § 72 Abs. 1 Satz 2 LBG verankerten Äquivalenzprinzips durch § 16 Abs. 2 HNtV (F. 1981) gebietet eine abweichende Berechnung des Nutzungsentgelts, wenn der normativ vorgegebene Vomhundertsatz in keinem angemessenen Verhältnis zum Umfang der Inanspruchnahme von Material, Einrichtungen und/oder Personal des Dienstherrn steht. Die "Angemessenheit" bemißt sich nach dem Wert der Inanspruchnahme unter Berücksichtigung der Kosten des Dienstherrn und des Nutzungsvorteils des Beamten. Dies entspricht dem Charakter des Nutzungsentgelts, mit dem Vorteile des Beamten ausgeglichen werden sollen.

Prinzipiell der Höhe nach angemessen ist nach § 17 Abs. 3 Satz 1 HNtV (F. 1981) ein Nutzungsentgelt in Höhe von 35 v.H. der bezogenen Vergütung. Ein pauschaliertes Nutzungsentgelt in diesem Umfang steht in einer ausgewogenen Relation zu der Vergütung für die Nebentätigkeit (BVerwGE 87, 1 <9 f.>). Die entsprechende Anwendung des § 16 Abs. 2 HNtV gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 HNtV (F. 1981) bietet die Möglichkeit der Korrektur des pauschalierenden und typisierenden Vomhundertsatzes. Ist der "Wert der Inanspruchnahme" höher oder niedriger zu bemessen, so erhöht oder ermäßigt sich der Vomhundertsatz. Der Wert der Inanspruchnahme wird nach dem Wortlaut der Vorschrift ausschließlich bestimmt durch die Kosten des Dienstherrn und durch den Nutzungsvorteil des Beamten. Danach ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Beamte überhaupt - wovon § 17 Abs. 3 HNtV (F. 1981) ausgeht - sowohl Einrichtungen und Material als auch Personal des Dienstherrn in Anspruch nimmt und gegebenenfalls ob die Inanspruchnahme nur geringfügig oder weit überdurchschnittlich erfolgt. Andere, von den Kosten des Dienstherrn und vom Nutzungsvorteil des Beamten unabhängige Erwägungen vermögen nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 2 HNtV (F. 1981) eine Reduzierung des nach § 17 Abs. 3 HNtV berechneten Nutzungsentgelts nicht zu rechtfertigen.

Tatsachen, die dafür sprechen, daß die gegen den Kläger festgesetzten Nutzungsentgelte im Sinne des § 16 Abs. 2 HNtV unangemessen sein könnten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und sind vom Kläger im gerichtlichen Verfahren - wie bereits im Verwaltungsverfahren trotz ausdrücklicher Aufforderung des Beklagten mit Schreiben vom 18. Dezember 1985 - auch nicht geltend gemacht worden. Allein der Umstand, daß der Kläger im Bereich der Nebentätigkeit zusätzlich selbstvergütetes Pesonal eingesetzt hat, besagt nichts darüber, in welchem Umfang Personal des Dienstherrn in Anspruch genommen worden ist und welche Vorteile sich gerade daraus für den Kläger ergeben haben.

Der pauschalierte Abführungsgrundsatz von 35 v.H. und die Unzulässigkeit eines Vorwegabzuges eigener Personalkosten verletzen nicht den Grundsatz, daß dem Beamten der eindeutig überwiegende Teil des aus der Nebentätigkeit gewonnenen Nutzens verbleiben muß (vgl. Urteile vom 31. Januar 1974 - BVerwG 2 C 36.70 - <Buchholz 237.5 § 81 Nr. 1>, vom 26. Januar 1978 - BVerwG 2 C 34.74 - <Buchholz 237.7 § 75 Nr. 1> und BVerwGE 87, 1 <6>). Der Ansatz von 35 v.H. der bezogenen Vergütung beläßt dem Beamten einen Anteil von 65 v.H. der Einnahmen aus der Nebentätigkeit, also in jedem Falle deutlich mehr als die Hälfte seiner Vergütungen. Daß der Beamte über das Nutzungsentgelt hinaus möglicherweise - etwa wegen der Vergütung eigenen Personals - weitere Kosten bei der Ausübung seiner Nebentätigkeit hat und die ihm verbleibenden Einkünfte letztlich erheblich geschmälert sein können, berührt nicht die zulässige Höhe des Nutzungsentgelts. Die Höhe derartiger Aufwendungen hängt davon ab, in welcher Form der Beamte die Ausübung seiner Nebentätigkeit organisiert und welche wirtschaftlichen Risiken er eingeht. Sie sind in der privaten Sphäre des Beamten begründet und lassen den Vorteil unberührt, der aus der Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material des Dienstherrn erwächst.

Für eine "Saldierung" der Vorteile des Beamten wegen der Inanspruchnahme von Personal des Dienstherrn und etwaiger Vorteile des Dienstherrn, die aus der Tätigkeit der vom Beamten privat angestellten und selbstvergüteten Mitarbeiter im dienstlichen Bereich erwachsen sein könnten, bleibt nach den hier anzuwendenden Vorschriften kein Raum. Das Nutzungsentgelt ist gemäß §§ 15 ff. HNtV ausschließlich als Geldleistung zu entrichten. Surrogate etwa in Form "besonderer Dienstleistungen" des Beamten sind ausgeschlossen. Der etwaige Vorteil des Dienstherrn hinsichtlich der Erledigung öffentlicher Aufgaben und der Vorteil des Beamten im Rahmen der Nebentätigkeit sind nicht in einer Weise miteinander verknüpft, daß sie sich gegenseitig "neutralisieren" könnten. .

Das Nutzungsentgelt soll einen Ausgleich für Vorteile schaffen, die dem Beamten dadurch wirtschaftlich zugute kommen, daß er die Hilfsmittel nicht auf eigenes Risiko anzuschaffen und zu unterhalten hat und er nicht die Arbeitskraft des Personals vergüten muß (z.B. Urteile vom 31. Januar 1974 - BVerwG 2 C 36.70 - <a.a.O.> und vom 26. Januar 1978 - BVerwG 2 C 34.74 - <a.a.O.>). Aufgrund der Genehmigung nach § 14 HNtV bleibt dem Beamten das betriebliche Risiko eines effizienten Einsatzes der bereits vorhandenen, kostenaufwendigen materiellen und personellen Ausstattung erspart. Dieser Nutzungsvorteil wird durch das Entgelt nach §§ 15 ff. HNtV abgeschöpft, sobald sich der Beamte der Einrichtungen, des Personals und des Materials des Dienstherrn bei Ausübung der Nebentätigkeit tatsächlich bedient.

Der Nutzungsvorteil des Beamten entfällt nicht deshalb und wird auch nicht geschmälert oder in sonstiger Weise berührt, weil der Beamte seinerseits innerhalb der Veranlagungszeiträume von ihm privat vergütete Arbeitskräfte für dienstliche Aufgaben einsetzt. Es besteht kein rechtlich relevanter Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Personal für Aufgaben öffentlicher Verwaltung und für die privatnützige Nebentätigkeit, so daß es nicht gerechtfertigt ist, das vom Kläger für die Inanspruchnahme von Personal des Dienstherrn zu entrichtende Nutzungsentgelt zu reduzieren. Die Nebentätigkeit ist, soweit sie nicht als Nebenamt oder als Nebenbeschäftigung ausgeübt wird, private Tätigkeit. Dementsprechend gleicht das Nutzungsentgelt den privaten Vorteil der Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material des Dienstherrn aus. Losgelöst von diesem Rechtsverhältnis bleibt die Tätigkeit von Mitarbeitern, die der Kläger selbst als Arbeitgeber beschäftigt hat, für Aufgaben, die der Universität als Einrichtung des öffentlichen Rechts oblagen.

Ob ein "Mischbetrieb" in der vom Berufungsgericht festgestellten Form insbesondere mit Blick auf die Haftung für ein Fehlverhalten des Privatpersonals, den Datenschutz und die Schweigepflicht überhaupt zulässig ist, bedarf danach keiner Vertiefung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Beschluß

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerde- und das Revisionsverfahren auf 717 687 DM festgesetzt (§ 13 Abs. 2 GKG).

Ende der Entscheidung

Zurück