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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 03.12.1998
Aktenzeichen: BVerwG 2 C 27.97
Rechtsgebiete: EZulV, GG


Vorschriften:

EZulV § 23 e
GG Art. 3 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung vorgesehenen Leitsatz.

Urteil des 2. Senats vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 2 C 27.97 -

I. VG Aachen vom 30.03.1995 - Az.: VG 1 K 6071/93 - II. OVG Münster vom 13.08.1997 - Az.: OVG 12 A 3331/95 -


BUNDESVERWALTUNGSAMT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 2 C 27.97 OVG 12 A 3331/95

Verkündet am 3. Dezember 1998

Pompe Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 3. Dezember 1998 durch die Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Franke und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Silberkuhl, Dawin, Dr. Kugele und Dr. Bayer

für Recht erkannt:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 13. August 1997 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Polizeihauptmeister im Bundesgrenzschutz und versah seinen Dienst vom 1. Januar 1990 bis 11. November 1998 in der unterirdischen Anlage K. Diese Anlage wurde bis vor kurzem als Sendestelle der Polizeihauptfunkstelle der in Marienthal (M.) gelegenen Untertageanlage, dem ehemaligen Ausweichsitz der Verfassungsorgane der Beklagten, genutzt. Beide Anlagen sind ca. 20 km voneinander entfernt.

Im September 1990 beantragte der Kläger die Gewährung einer Zulage nach § 23 e Erschwerniszulagenverordnung (EZulV). Der Antrag wurde durch Bescheid der Grenzschutzverwaltungsstelle S. vom 9. November 1990 mit der Begründung abgelehnt, der Kläger sei nicht ständig in der unterirdischen Anlage M., sondern in K. tätig. Der Widerspruch blieb erfolglos.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung im wesentlichen darauf abgestellt, daß der zwischen beiden Anlagen bestehende funktionale Zusammenhang zur Anwendbarkeit des § 23 e EZulV führe. Da beide Anlagen im Hinblick auf die mit der Zulage abzugeltende Erschwernis in hohem Maße ähnlich seien, gebiete eine an Art. 3 Abs. 1 GG orientierte verfassungskonforme Auslegung, den Bunkerkomplex in K. als Teil der unterirdischen Anlage M. zu werten. Das Oberverwaltungsgericht hat das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen, im wesentlichen mit der Begründung:

Die Sendestelle K. sei kein Teil der unterirdischen Anlage M. im Sinne des § 23 e EZulV. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut dieser Vorschrift. Die Entstehungsgeschichte des § 23 e EZulV spreche gegen die Einbeziehung der Bunkeranlage in K. in den Tatbestand dieser Vorschrift. In den beigezogenen Verwaltungsvorgängen fänden sich keine Anhaltspunkte dafür, daß bei Schaffung des § 23 e EZulV die Bunkeranlage in K. überhaupt in den Blick genommen worden sei.

Auch der Zweck der Regelung rechtfertige die Einbeziehung der in K. gelegenen Bunkeranlage in die Vorschrift nicht. Durch § 23 e EZulV sollten nicht alle in Untertageanlagen bestehenden Erschwernisse abgegolten werden. Im Blick des Verordnungsgebers habe - wie sich aus der amtlichen Begründung ergebe - lediglich ein "besonderes" Erschwernis spezifischer Art gelegen, nämlich die außergewöhnliche psychische Belastung, die durch die Abgeschlossenheit und Weitläufigkeit der Anlage in M. hervorgerufen werde.

Eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift, wie sie das Verwaltungsgericht für geboten halte, vermöge den Anspruch des Klägers schon im Ansatz nicht zu begründen. Im Falle des Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG sei § 23 e EZulV insgesamt nichtig und könne den Anspruch des Klägers schon deshalb nicht tragen.

Mit der vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision beantragt der Kläger,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 30. März 1995 zurückzuweisen.

Er macht die Verletzung materiellen Rechts geltend.

Die Beklagte tritt der Revision entgegen und beantragt,

sie zurückzuweisen.

Der Oberbundesanwalt verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die Revision ist unbegründet.

Nach § 23 e Abs. 1 EZulV in der Fassung der 4. Änderungsverordnung vom 20. März 1990 - BGBl I S. 551 (553) - erhalten Beamte der Besoldungsgruppe A 1 bis A 12, die in der unterirdischen Anlage M. ständig tätig sind, eine Zulage von monatlich 60 DM. Der Kläger gehört zwar als Polizeihauptmeister zu den Beamten der Besoldungsgruppen A 1 bis A 12. Er war jedoch nicht in der unterirdischen Anlage M. ständig tätig, sondern in der 20 km von M. entfernt in K. gelegenen Sendeanlage. Die dortige Tätigkeit kann nicht als ständige Tätigkeit in der unterirdischen Anlage M. angesehen werden.

Diese Auslegung des § 23 e Abs. 1 EZulV ergibt sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut, der in erster Linie zur Auslegung einer Norm heranzuziehen ist (BVerfGE 24, 1 <15> m.w.N). Die Verbindung des Terminus "Anlage" mit dem eine bautechnische Eigenheit beschreibenden Begriff "unterirdisch" macht deutlich, daß der Begriff "Anlage" im Sinne des Baurechts und nicht im Sinne eines organisatorisch-funktionalen Systems verwendet wird. Die Formulierung "unterirdische Anlage Marienthal" in § 23 e EZulV konkretisiert die Ortsgebundenheit des Bauwerks. Aus dem systematischen Zusammenhang, aus dem Zweck der Norm sowie aus den Gesetzesmaterialien (vgl. Amtliche Begründung, BRDrucks 740/89 <neu>) und der Entstehungsgeschichte ergibt sich nichts anderes. Das gilt insbesondere auch für die vom Kläger in Bezug genommenen Vermerke der am Normgebungsverfahren beteiligten Behörden der Beklagten. Sie zeigen lediglich den im Laufe der Jahre bestehenden unterschiedlichen Stand der Überlegungen über die Einführung einer sog. Grubenzulage auf.

Für die Anlegung des § 23 e EZulV ist zu berücksichtigen, daß eine Erschwerniszulage nur ausnahmsweise zu gewähren ist. Dies entspricht dem System des Besoldungsrechts, das die angemessene Besoldung grundsätzlich in der Form des dem verliehenen Amt entsprechenden Grundgehalts nebst Familienzuschlag (früher: Ortszuschlag) gewährt und nur ausnahmsweise eine weitere Differenzierung durch Zulagen gestattet (stRspr des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. u.a. BVerwGE 98, 192 <193>, Urteil vom 16. Juli 1998 BVerwG 2 C 25.97 - m.w.N. <ZBR 1998, 423>). Zudem sind wegen der strengen Gesetzesbindung der Besoldung (§ 2 BBesG) Ansprüche von Beamten nach Grund und Höhe durch formell zwingende Vorschriften im einzelnen festzulegen. Regelungen dieser Art sind nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers einer erweiternden Auslegung und Ergänzung durch allgemeine Grundsätze nicht zugänglich (BVerwG, Urteile vom 22. März 1990 BVerwG 2 C 11.89 - <Buchholz 240 § 19 a Nr. 10> m.w.N. und vom 25. Juni 1992 - BVerwG 2 C 13.91 - <Buchholz 239.2 § 11 Nr. 6>).

Der Gleichbehandlungsgrundsatz - Art. 3 Abs. 1 GG - führt zu keinem anderen Ergebnis. Für die Differenzierung spricht, daß es sich bei der Anlage M. um eine Großanlage, dem ehemaligen Ausweichsitz der Verfassungsorgane der Beklagten, gehandelt hat. Das Berufungsgericht hat im übrigen zutreffend ausgeführt, daß bei einem allerdings nicht anzunehmenden - Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG die Vorschrift nichtig und deshalb insgesamt nicht anwendbar wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Beschluß

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerde- und das Revisionsverfahren auf je 1 560 DM - 26 Monate x 60 DM - festgesetzt (§ 13 Abs. 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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