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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 26.10.2000
Aktenzeichen: BVerwG 2 C 31.99
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 33 Abs. 2
GG Art. 33 Abs. 4
Leitsätze:

Ein Angestellter hat keinen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag, den Dienstposten in eine Beamtenstelle umzuwandeln und ihn in ein Beamtenverhältnis zu übernehmen. Dies gilt auch, wenn der Angestellte auf seinem Dienstposten hoheitliche Befugnisse ausübt.

Urteil des 2. Senats vom 26. Oktober 2000 - BVerwG 2 C 31.99 -

I. VG Mainz vom 27.01.1999 - Az.: VG 7 K 430/97.Mz - II. OVG Koblenz vom 18.06.1999 - Az.: OVG 2 A 10795/99 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 2 C 31.99 OVG 2 A 10795/99

Verkündet am 26. Oktober 2000

Oertel Justizsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Silberkuhl und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dawin, Dr. Kugele, Groepper und Dr. Bayer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. Juni 1999 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Diplom-Sozialarbeiter und seit April 1993 als Regierungsangestellter beim Landeskriminalamt des Beklagten im Bereich des Zeugenschutzes eingesetzt. Im April 1994 beantragte er, seine Angestelltenstelle in eine Beamtenstelle der Besoldungsgruppe A 11 umzuwandeln und ihn in das Beamtenverhältnis zu übernehmen. Dies lehnte der Beklagte ab, da der Kläger nicht ständig hoheitliche Befugnisse ausübe.

Nach erfolglosem Widerspruch hat der Kläger Klage mit dem Ziel erhoben, in ein Beamtenverhältnis übernommen zu werden. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten verpflichtet, über den Antrag auf Verbeamtung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, weil der Kläger hoheitliche Aufgaben erfülle. Das Berufungsgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen, im Wesentlichen mit folgenden Erwägungen:

Der Funktionsvorbehalt in Art. 33 Abs. 4 GG gewähre dem Einzelnen kein subjektiv-öffentliches Recht, sondern verpflichte nur den Gesetzgeber und die Exekutive, die Ausübung hoheitlicher Befugnisse regelmäßig Beamten zu übertragen. Auch der Anspruch auf Neubescheidung finde in Art. 33 Abs. 4 GG keine Stütze, selbst wenn man die Tätigkeit des Klägers in ihrem überwiegenden Teil als hoheitlich qualifiziere. Ebenso wenig erwachse dem Kläger aus Art. 33 Abs. 2 GG und dem zu seiner Konkretisierung ergangenen § 6 Abs. 1 LBG ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung. Der Kläger erstrebe eine Statusverbesserung; dieser Anspruch werde vom Schutzbereich des Art. 33 Abs. 2 GG nicht umfasst. § 6 Abs. 1 LBG lege die sachlichen Voraussetzungen für die Begründung eines Beamtenverhältnisses fest und wende sich nur an die Exekutive; Abs. 2 der Vorschrift entspreche dem Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG und begründe daher ebenfalls keine Rechte des Einzelnen.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts und beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. Juni 1999 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 27. Januar 1999 zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das Berufungsurteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat die zulässige Klage zu Recht in vollem Umfang als unbegründet abgewiesen.

Der Kläger hat mit der Klage seinen vom Beklagten abgelehnten Antrag weiterverfolgt, die ihm zugewiesene Stelle in eine Stelle umzuwandeln, die mit einem Beamten zu besetzen ist, und ihn sodann in das Beamtenverhältnis zu übernehmen. Weder der Beklagte noch die Vorinstanzen haben dieses Begehren missverstanden. Zwar hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat ausgeführt, er habe sich mit seinem Antrag um eine bereits vorhandene besetzbare Beamtenplanstelle beworben. Dafür besteht jedoch nach dem eindeutigen Wortlaut seines bei dem Beklagten gestellten Antrags, den vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen und dem Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge, auf die das angefochtene Urteil ergänzend verweist (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO), keinerlei Anhalt.

Der Kläger kann die Umwandlung der ihm zugewiesenen Angestelltenstelle nicht verlangen. Auch der mit der Revision allein noch verfolgte Anspruch, dass über seinen darauf gerichteten Antrag ermessensfehlerfrei entschieden wird, steht ihm nicht zu. Sein Klagebegehren findet weder in Art. 33 Abs. 2 GG noch in Art. 33 Abs. 4 GG eine Grundlage.

Art. 33 Abs. 2 GG garantiert ein Recht zur Bewerbung um ein vorhandenes öffentliches Amt, das auch in einem Angestelltenverhältnis übertragen werden kann, und auf eine sachgerechte Entscheidung darüber. Weitergehende Ansprüche - insbesondere auf Ernennung - werden hierdurch nicht begründet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 1998 - 2 BvR 159/97 - ZBR 1998, 351 <352>). Art. 33 Abs. 2 GG wird insbesondere nicht dadurch verletzt, dass für die Ernennung beamten- und haushaltsrechtliche Voraussetzungen aufgestellt sind. Fehlt es an einer haushaltsrechtlich zur Verfügung stehenden besetzbaren Planstelle für einen Beamten, steht dies bereits einer Übernahme in das Beamtenverhältnis entgegen. Zahl und Art der Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst bestimmt allein die jeweils zuständige öffentlich-rechtliche Körperschaft im Rahmen ihrer Organisationsgewalt (vgl. BVerfGE 7, 377 <398>; 17, 371 <377>; BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 1998, a.a.O.). Die Ausbringung von Planstellen im Haushaltsplan durch den Haushaltsgesetzgeber erfolgt gemäß dessen organisatorischer Gestaltungsfreiheit nach den Bedürfnissen der Verwaltung (vgl. Urteil vom 25. April 1996 - BVerwG 2 C 21.95 - BVerwGE 101, 112 <114> m.w.N.). Die gleiche Dispositionsfreiheit kommt dem Dienstherrn - im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des Haushalts- und Besoldungsrechts - bei der Stellenplanbewirtschaftung zu (vgl. Urteil vom 25. April 1996, a.a.O).

Auch ein subjektives Recht darauf, dass über den Antrag, eine zugewiesene "Angestelltenstelle" in eine Beamtenstelle umzuwandeln, ermessensfehlerfrei entschieden wird, lässt sich aus Art. 33 Abs. 2 GG nicht herleiten. Der Dienstherr muss nach dieser Verfassungsnorm und den sie konkretisierenden beamtenrechtlichen Vorschriften die Ernennung eines Bewerbers nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vornehmen, wenn eine vom Haushaltsgesetzgeber geschaffene Planstelle für einen Beamten besetzt werden soll. Dem entspricht ein Anspruch des Bewerbers auf rechtsfehlerfreie Anwendung dieser Vorschriften bei der Auswahlentscheidung (vgl. Urteil vom 25. April 1996, a.a.O. S. 114 f. m.w.N.). Das aus dem Organisationsrecht des Dienstherrn erwachsende organisations- und verwaltungspolitische Ermessen bei der haushaltsrechtlichen Ausbringung und der Bewirtschaftung von Planstellen des öffentlichen Dienstes ist ein anderes als das bei einer Stellenbesetzung zu beachtende Auswahlermessen (vgl. Urteil vom 25. April 1996, a.a.O. S. 115). Für einen Anspruch auf fehlerfreie Ausübung des Organisationsermessens fehlt die notwendige Rechtsgrundlage (vgl. Urteile vom 4. November 1976 - BVerwG 2 C 40.74 - BVerwGE 51, 264 <267>, vom 11. Mai 1989 - BVerwG 3 C 63.87 - Buchholz 451.512 MGVO Nr. 17 S. 74 f. und vom 26. Februar 1993 - BVerwG 8 C 20.92 - Buchholz 448.0 § 21 WPflG Nr. 47 S. 14 m.w.N.). Rechtsvorschriften, die der Verwaltung ein Ermessen einräumen, begründen einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nur dann, wenn die das Ermessen einräumende Regelung - zumindest auch - dem Interesse des Betroffenen zu dienen bestimmt ist (stRspr vgl. u.a. Urteile vom 4. November 1976, a.a.O. S. 267, vom 29. Juni 1990 - BVerwG 8 C 26.89 - BVerwGE 85, 220 <222 f.> m.w.N., vom 26. Februar 1993, a.a.O. S. 14, vom 30. September 1993 - BVerwG 5 C 41.91 - BVerwGE 94, 202 <205>). Eine lediglich mittelbar-tatsächliche Begünstigung reicht zur Begründung eines Anspruchs auf fehlerfreie Ermessensausübung nicht aus (vgl. Urteil vom 3. Oktober 1994 - BVerwG 7 C 15.94 - Buchholz 428.1 § 4 InVorG Nr. 3 S. 3). Die Schaffung und Bewirtschaftung von Planstellen dienen allein dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben. Sie erfolgt nicht in Wahrnehmung einer Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber Bewerbern. Deren Rechte werden nicht berührt (vgl. Urteil vom 25. April 1996, a.a.O. S. 114 ff.).

Aus Art. 33 Abs. 4 GG ergibt sich zugunsten des Klägers nichts anderes. Diese Verfassungsnorm sieht zwar als Regel vor, dass die ständige Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben Beamten übertragen wird. Sie verbietet jedoch nicht generell, dafür auch Arbeitnehmer einzusetzen (vgl. BVerfGE 88, 103 <114>). Der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG begründet vor allem keine Individualrechte. Er enthält lediglich eine objektiv-rechtliche Verfassungsregelung. Diese dient nicht dem Schutz oder den Interessen des Einzelnen. Sie garantiert lediglich institutionell das Strukturprinzip, dass hoheitsrechtliche Befugnisse in der Regel durch Beamte wahrgenommen werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Februar 1988 - 2 BvR 1324/87 - NVwZ 1988, 523). Auch ein Anspruch des Einzelnen auf fehlerfreie Ausübung des Organisationsermessens lässt sich darauf nicht stützen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 38 100 DM festgesetzt (§ 13 Abs. 4 Satz 1 Buchst. b GKG).

Ende der Entscheidung

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