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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 16.11.2000
Aktenzeichen: BVerwG 2 C 37.99
Rechtsgebiete: HNtVO SH, BPflV


Vorschriften:

LBG SH § 81
LBG SH § 85 Satz 2 Nr. 6
HNtVO SH § 14 Abs. 1 F. 1989
BPflV § 11 Abs. 6
BPflV § 11 Abs. 3
BPflV § 13 Abs. 3 Nr. 6 F. 1992
BPflV § 24 Abs. 6
BPflV § 24 Abs. 2
BPflV § 7 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 F. 1994
Leitsatz:

Ärzte in einem Beamtenverhältnis mit einer nach dem 1. Januar 1993 erteilten Genehmigung, Wahlleistungen zu erbringen, waren neben der Kostenerstattung nach der Bundespflegesatzverordnung zu einem Nutzungsentgelt auf der Grundlage der Hochschulnebentätigkeitsverordnung des Landes Schleswig-Holstein in der Fassung von 1989 nur in dem Umfang verpflichtet, als ihre Gesamtabgabe den in § 14 Abs. 1 HNtVO 1989 vorgesehenen Vomhundertsatz nicht überstieg.

Urteil des 2. Senats vom 16. November 2000 - BVerwG 2 C 37.99 -

I. VG Schleswig-Holstein vom 22.06.1998 - Az.: VG 11 A 389/95 - II. OVG Schleswig-Holstein vom 27.07.1999 - Az.: OVG 3 L 198/98 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 2 C 37.99 OVG 3 L 198/98

Verkündet am 16. November 2000

Nöpel Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Silberkuhl und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dawin, Dr. Kugele, Groepper und Dr. Bayer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 27. Juli 1999 werden zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe:

I.

Der Kläger war als Universitätsprofessor und Direktor der Klinik für Orthopädie des Beklagten Beamter des Landes Schleswig-Holstein. Ihm wurde nach dem 1. Januar 1993 genehmigt, Patienten stationär und ambulant innerhalb des Universitätsklinikums zu behandeln und hierfür eine Vergütung (Privatliquidation) zu fordern sowie bei der Ausübung dieser Nebentätigkeit Personal, Einrichtungen und Material des Beklagten in Anspruch zu nehmen.

Aufgrund der Hochschulnebentätigkeitsverordnung - HNtVO - setzte der Beklagte gegen den Kläger das Nutzungsentgelt für stationäre und ambulante Privatbehandlungen sowie die Erstellung medizinischer Gutachten mit Bescheid vom 27. Februar 1995 für das zweite Halbjahr 1994 auf 62 011,34 DM und mit Bescheid vom 22. August 1995 für das erste Halbjahr 1995 auf 53 210,01 DM fest.

Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil geändert und die Bescheide aufgehoben, soweit im Bescheid vom 27. Februar 1995 ein den Betrag von 12 719,73 DM und im Bescheid vom 22. August 1995 ein den Betrag von 10 747,04 DM übersteigendes Nutzungsentgelt festgesetzt worden ist. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Soweit das gegen den Kläger festgesetzte Nutzungsentgelt auch eine Kostenerstattung umfasse zum Ausgleich der Kosten, die nicht im Pflegesatz enthalten seien, sei § 14 Abs. 1 HNtVO nichtig. Das ergebe sich aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 a, Art. 72 Abs. 1 und Art. 31 GG. Mit dem Gesundheitsstrukturgesetz sei eine eigenständige bundesrechtliche Grundlage zur Erstattung der nicht pflegesatzfähigen Kosten wahlärztlicher Leistungen geschaffen worden. Das Landesrecht dürfe keine auf diese Kosten bezogene Erstattungsregelung mehr enthalten. Es müsse sich auf den Ersatz darüber hinausgehender Kosten sowie auf einen Vorteilsausgleich für die Inanspruchnahme von Einrichtungen, Material und Personal des Krankenhauses durch den liquidationsberechtigten Krankenhausarzt beschränken. Nur in diesem Umfang lasse die Bundespflegesatzverordnung beamtenrechtliche oder vertragliche Regelungen unberührt.

Demzufolge könne für die stationären Privatbehandlungen im zweiten Halbjahr 1994 kein Nutzungsentgelt nach dem Landesrecht festgesetzt werden. Denn der in § 14 Abs. 1 HNtVO 1989 genannte Vomhundertsatz sei überschritten. Der Kläger habe entsprechend seiner angegebenen Bruttovergütung in Höhe von 270 210,01 DM bereits 73 043,58 DM für die nicht pflegesatzfähigen Kosten nach dem Bundespflegesatzrecht zu entrichten. Lediglich für Vergütungen aus ambulanter Privatbehandlung und der Erstellung klinischer Gutachten stehe Bundesrecht der Erhebung eines Nutzungsentgeltes nicht entgegen. Insoweit könne der Beklagte 12 719,73 DM beanspruchen.

Im ersten Halbjahr 1995 habe der Kläger eine Bruttovergütung von 248 641,19 DM angegeben. Nach Bundesrecht habe er 56 908,86 DM abzuführen. Bezogen auf die stationäre Privatbehandlung sei dieser Betrag niedriger als der in § 14 Abs. 1 HNtVO 1989 vorgesehene Vomhundertsatz der Bruttovergütung. Daher dürfe der Beklagte nach Landesrecht noch ein Nutzungsentgelt in Höhe von 5 470,10 DM festsetzen. Zuzüglich des Nutzungsentgelts für ambulante Privatbehandlungen in Höhe von 5 276,93 DM erweise sich der Bescheid mithin in Höhe von insgesamt 10 747,04 DM als rechtmäßig.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision macht der Beklagte die Verletzung materiellen Rechts geltend. Er beantragt,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 27. Juli 1999 aufzuheben, soweit es der Berufung des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 22. Juni 1998 stattgibt, und die Berufung des Klägers in vollem Umfang zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Mit der Anschlussrevision beantragt er,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 27. Juli 1999 insoweit aufzuheben, als die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 22. Juni 1998 zurückgewiesen worden ist, und den Bescheid des Beklagten vom 22. August 1995 sowie den Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober 1995 aufzuheben, soweit ein den Betrag von 5 276,93 DM übersteigender Betrag festgesetzt worden ist.

Der Beklagte beantragt,

die Anschlussrevision zurückzuweisen.

II.

Die Revision des Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers sind unbegründet. Die Berufungsentscheidung stimmt im Ergebnis mit dem revisiblen Recht überein.

Gegenstand ist die Heranziehung des Klägers zu einem Nutzungsentgelt für stationäre und teilstationäre Leistungen (so genannte Wahlleistungen) auf der Grundlage des § 14 Abs. 1 der Landesverordnung über die Nebentätigkeit der im Hochschulbereich tätigen Beamtinnen und Beamten von Schleswig-Holstein vom 15. Dezember 1989 - HNtVO 1989 - (GVOBl S. 219) i.V.m. § 81 Abs. 4, § 85 Satz 2 Nr. 6 LBG in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juni 1991 (GVOBl S. 276). Soweit das Nutzungsentgelt ambulante Privatbehandlungen und die Erstellung medizinischer Gutachten betrifft, besteht kein Streit.

Nach § 14 Abs. 1 HNtVO 1989 hat ein Beamter für in klinischen Abteilungen erbrachte stationäre oder teilstationäre Leistungen zum Ausgleich der Kosten, die nicht im Pflegesatz enthalten sind, und als Vorteilsausgleich ein pauschales Nutzungsentgelt von 25 v.H. der Bruttovergütung zu erstatten. Das Nutzungsentgelt soll einen Ausgleich für Vorteile schaffen, die dem Beamten dadurch wirtschaftlich zugute kommen, dass er die Hilfsmittel nicht auf eigenes Risiko anzuschaffen und zu unterhalten hat und nicht die Arbeitskraft des Personals vergüten muss (stRspr, vgl. u.a. Urteile vom 31. Januar 1974 - BVerwG 2 C 36.70 - Buchholz 237.5 § 81 HessBG Nr. 1 S. 13; vom 2. September 1999 - BVerwG 2 C 22.98 - BVerwGE 109, 283 <291> und vom 16. November 2000 - BVerwG 2 C 35.99 - <zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung vorgesehen>). Aufgrund der Genehmigung, Personal, Material und Einrichtungen des Dienstherrn im Rahmen einer Nebentätigkeit in Anspruch zu nehmen, bleibt dem Beamten das betriebliche Risiko eines effizienten Einsatzes der bereits vorhandenen, kostenaufwendigen materiellen und personellen Ausstattung erspart. Dieser Nutzungsvorteil wird durch das Nutzungsentgelt abgeschöpft. Ein Nutzungsentgelt in Höhe von 25 v.H. der Bruttovergütung ist regelmäßig angemessen (stRspr, vgl. BVerwGE 87, 1 <9 f.>; 109, 283 <289>). Besondere Umstände, nach denen im vorliegenden Fall der Vomhundertsatz unangemessen sein könnte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und sind vom Kläger auch nicht geltend gemacht.

Die Heranziehung des Klägers zu einem Nutzungsentgelt für die Abrechnungszeiträume 2. Halbjahr 1994 und 1. Halbjahr 1995 findet jedoch in dem für beide Abrechnungszeiträume maßgebenden § 14 HNtVO 1989 eine Rechtsgrundlage nur, soweit die bundespflegesatzrechtliche Kostenerstattungspflicht des Klägers das in § 14 Abs. 1 HNtVO 1989 vorgesehene pauschale Nutzungsentgelt von 25 v.H. für die stationäre Privatbehandlung unterschreitet.

Für den Abrechnungszeitraum 2. Halbjahr 1994 gilt die Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze - Bundespflegesatzverordnung - (BPflV) vom 21. August 1985 (BGBl I S. 1666) in der am 1. Januar 1993 in Kraft getretenen Fassung des Art. 12 des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung - Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) - vom 21. Dezember 1992 (BGBl I S. 2266). § 11 Abs. 3 BPflV 1993 verpflichtet den Arzt, der aufgrund einer ihm nach dem 1. Januar 1993 erteilten Nebentätigkeitsgenehmigung wahlärztliche Leistungen nach § 7 Abs. 3 BPflV gesondert berechnen kann (sog. Neuvertragler), dem Krankenhausträger die auf diese Wahlleistungen im Pflegesatzzeitraum entfallenden, nach § 13 Abs. 3 Nr. 6 BPflV nicht pflegesatzfähigen Kosten zu erstatten.

Entsprechendes gilt für den Abrechnungszeitraum 1. Halbjahr 1995 nach § 24 Abs. 2 i.V.m. § 7 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BPflV 1994 in der Fassung der Verordnung zur Neuordnung des Pflegesatzrechts vom 26. September 1994 (BGBl I S. 2750). Nach § 11 Abs. 6 BPflV 1993 und § 24 Abs. 6 BPflV 1994 werden beamtenrechtliche Regelungen über die Entrichtung eines Entgelts bei der Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material des Krankenhauses, nur soweit sie ein über die bundespflegesatzrechtliche Kostenerstattung hinausgehendes Nutzungsentgelt festlegen, durch die Vorschriften der Bundespflegesatzverordnung über die Kostenerstattung der Ärzte nicht berührt. § 14 Abs. 1 HNtVO 1989 sieht für die im Streit befindlichen Abrechnungszeiträume lediglich ein pauschales Nutzungsentgelt in Höhe von insgesamt 25 v.H. der Bruttovergütung vor. Die landesrechtliche Vorschrift begründet deswegen einen Anspruch auf Entrichtung eines zusätzlichen Nutzungsentgelts für die stationäre Privatbehandlung nur noch, soweit die bundespflegesatzrechtliche Kostenerstattungspflicht diesen Vomhundertsatz nicht bereits ausschöpft. Allein in diesem Umfang bleibt die landesrechtliche Anspruchsgrundlage durch die bundesrechtliche Regelung der "Anspruchskonkurrenz" in § 11 Abs. 6 BPflV 1993 und § 24 Abs. 6 BPflV 1994 aufrechterhalten.

Nach den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils ist der Kläger sog. "Neuvertragler" und als solcher für die hier zu beurteilenden Abrechnungszeiträume zu der bundespflegesatzrechtlichen Kostenerstattung herangezogen worden. Der von ihm nach der Bundespflegesatzverordnung für das 2. Halbjahr 1994 zu erstattende Betrag von 73 043,58 DM übersteigt bei einer Bruttovergütung von 270 210,01 DM das in § 14 Abs. 1 HNtVO 1989 vorgesehene Nutzungsentgelt von 25 v.H. Das Berufungsgericht hat dementsprechend den für diesen Abrechnungszeitraum erlassenen Bescheid vom 27. Februar 1995 zu Recht aufgehoben, soweit darin ein Nutzungsentgelt für die stationäre Privatbehandlung festgesetzt worden ist. Der für den Abrechnungszeitraum 1. Halbjahr 1995 aufgrund der Bundespflegesatzverordnung festgesetzte Kostenerstattungsbetrag von 56 908,86 DM entspricht 22,8 v.H. der Bruttovergütung des Klägers von 248 641,19 DM. Im Umfang der Unterschreitung des in § 14 Abs. 1 HNtVO 1989 festgelegten Vomhundertsatzes um 2,2 v.H. hat das Berufungsgericht die angefochtene Festsetzung eines Nutzungs-entgelts für die stationäre Privatbehandlung zutreffend aufrechterhalten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 115 221,35 DM festgesetzt.



Ende der Entscheidung

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