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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 17.08.2005
Aktenzeichen: BVerwG 2 C 38.04
Rechtsgebiete: GG, BGB
Vorschriften:
GG Art. 33 Abs. 2 | |
BGB § 276 Abs. 2 | |
BGB § 839 Abs. 3 |
Die Kollegialgerichtsregel ist auf Entscheidungen über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten anwendbar. Sie greift im Einzelfall nicht ein, wenn die gerichtliche Entscheidung nicht mit der Sorgfalt getroffen worden ist, wie sie von der Behörde erwartet wird, weil sie daran gemessen nicht auf einer zureichenden tatsächlichen und rechtlichen Beurteilungsgrundlage beruht.
Der Dienstherr trägt die materielle Beweislast für die in seinem Verantwortungsbereich liegenden Vorgänge, deren Kenntnis für die Beurteilung erforderlich ist, ob der Beamte ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich befördert worden wäre (wie Leitverfahren BVerwG 2 C 37.04).
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
BVerwG 2 C 38.04
Verkündet am 17. August 2005
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 17. August 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dawin, Dr. Kugele, Dr. Bayer und Dr. Heitz
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 3. Dezember 2003, das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 27. September 2002 sowie der Bescheid des Beklagten vom 25. April 2000 und der Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 2000 werden aufgehoben.
Der Beklagte wird verpflichtet, den Kläger dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als ob er am 5. Januar 2000 zum Polizeihauptkommissar (Besoldungsgruppe A 12) befördert worden wäre.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I.
Der Kläger verlangt Schadensersatz wegen Nichtbeförderung.
Er wurde am 1. Februar 1988 zum Polizeihauptkommissar (BesGr A 11) ernannt. Seit 1983 ist er mit Unterbrechungen als Leiter der Polizeistation U. im Bereich der Polizeiinspektion P. tätig. In der Regelbeurteilung zum Stichtag 1. September 1998 erhielt der Kläger das Gesamturteil "übertrifft die Anforderungen stets nennenswert (Zahlenwert 120)".
Am 1. Juli 1998 trat eine landesweite Änderung der Organisationsstrukturen des Polizeivollzugsdienstes in Kraft. Die dadurch neu geschaffenen Dienstposten besetzte der Beklagte, ohne sie ausgeschrieben zu haben. Sodann führte er eine analytische Bewertung aller Dienstposten des gehobenen Dienstes der Schutz- und Kriminalpolizei nach einheitlichen Kriterien durch, um die Dienstposten gemäß § 18 BBesG Ämtern zuzuordnen. Zu diesem Zweck waren sieben Bewertungsstufen von "A (BesGr A 13)" bis "G (BesGr A 9/A 10)" vorgegeben. In vielen Fällen wurden Dienstposten einem höheren Statusamt als demjenigen des Dienstposteninhabers zugeordnet. Dies galt insbesondere für die neu geschaffenen Dienstposten. Der Dienstposten des Klägers war von den organisatorischen Änderungen nicht betroffen. Er wurde in die Kategorie "D (BesGr A 11/A 12)" eingestuft.
Nach Abschluss der organisatorischen Maßnahmen wollte der Beklagte am 1. Oktober 1999 insgesamt 113 Beförderungsstellen des gehobenen Dienstes besetzen, die im Landeshaushalt für das Jahr 1999 erstmals ausgebracht waren. Sein Beförderungskonzept sah vor, die Inhaber höherwertiger Dienstposten zu befördern. Deren Statusamt sollte der Einstufung ihres Dienstpostens angeglichen werden. Daher schrieb der Beklagte die Beförderungsstellen nicht aus und stellte nicht auf die dienstlichen Beurteilungen der Bewerber ab.
Für die Schutzpolizei standen 30 Beförderungsstellen der Besoldungsgruppe A 12 zur Verfügung, die der Beklagte an Inhaber von Dienstposten der Kategorien "A (BesGr A 13)", "B (BesGr A 12/A 13)" und "C (BesGr A 12)" vergeben wollte. Dementsprechend teilte er dem Kläger mit, aufgrund der Einstufung seines Dienstpostens in die Kategorie "D (BesGr A 11/A 12)" komme er für eine Beförderung zum Polizeihauptkommissar (Besoldungsgruppe A 12) nicht in Betracht. Die hierfür vorgesehenen Beamten waren teilweise schlechter beurteilt worden als der Kläger.
Der Antrag des Klägers, dem Beklagten im Wege einstweiliger Anordnung Beförderungen in Ämter der Besoldungsgruppe A 12 zu untersagen, hatte in erster Instanz Erfolg. Das Verwaltungsgericht sah in den vorgesehenen Beförderungen schlechter beurteilter Beamter eine Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtsfehlerfreie Berücksichtigung gemäß Art. 33 Abs. 2 GG. Auf die Beschwerde des Beklagten lehnte das Oberverwaltungsgericht den Antrag durch rechtskräftigen Beschluss vom 4. Januar 2000 ab. In den Gründen heißt es, das aus Art. 33 Abs. 2 GG folgende subjektive Recht stoße an die verfassungsimmanente Grenze gemäß Art. 33 Abs. 5 GG. Die vorgesehenen Beförderungen der Inhaber höherwertiger Dienstposten würden sowohl durch den hergebrachten Grundsatz der funktionsgerechten Besoldung als auch durch das öffentliche Interesse an der zügigen Umsetzung der analytischen Dienstpostenbewertung gerechtfertigt. Zudem übten die Inhaber der als höherwertig anerkannten Dienstposten ihre Funktionen teils schon jahrelang erfolgreich aus.
Am 5. Januar 2000 nahm der Beklagte die vorgesehenen Beförderungen vor.
Die nach Antrag und Widerspruch erhobene Schadensersatzklage ist in beiden Rechtszügen erfolglos geblieben. In den Gründen der Berufungsentscheidung heißt es, es könne dahingestellt bleiben, ob der sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebende Anspruch des Klägers auf leistungsgerechte Berücksichtigung bei der Bewerberauswahl verletzt worden sei. Ein Schadensersatzanspruch bestehe jedenfalls deshalb nicht, weil es an den Erfordernissen des Verschuldens und der adäquaten Kausalität fehle.
Der Beklagte habe nicht fahrlässig gehandelt. Er habe sich für berechtigt halten dürfen, die Beförderungen nach dem leistungsferneren Kriterium der Einstufung des Dienstpostens vorzunehmen. Nach seiner Einschätzung sei dies erforderlich gewesen, um dem Gebot der zeitnahen Umsetzung der analytischen Dienstpostenbewertung zu entsprechen und dennoch die Funktionsfähigkeit der Landespolizei nicht zu gefährden. Einen Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG habe der Beklagte jedenfalls nicht ohne weiteres erkennen müssen: Bei der Entscheidung gegen Stellenausschreibungen habe er den Gesichtspunkt der Funktionsfähigkeit der Landespolizei berücksichtigen dürfen. Diese wäre an ihre Grenze geraten, weil alle Beförderungsdienstposten der Laufbahn des gehobenen Polizeidienstes, nämlich ungefähr 1 900 Dienstposten mit weit über 2 500 Bewerbern, hätten ausgeschrieben werden müssen. Auch habe der Beklagte durch eine rasche Besetzung der Beförderungsstellen die Voraussetzungen schaffen wollen, um mittel- und langfristig die von der Rechtsprechung immer wieder eingeforderte Stellenvergabe von Beförderungsstellen nach dem Leistungsgrundsatz sicherzustellen. Schließlich habe es zu der vorliegenden Fallkonstellation keine Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts gegeben, an der sich der Beklagte habe orientieren können.
Es könne nicht festgestellt werden, dass der Kläger voraussichtlich befördert worden wäre, wenn der Beklagte von seinem Beförderungskonzept Abstand genommen hätte. Es sei völlig ungewiss, auf welche Auswahlkriterien der Beklagte dann abgestellt hätte. Im Falle der Ausschreibung der Beförderungsstellen könne weder verlässlich bestimmt werden, auf welche Stellen sich der Kläger beworben hätte, noch seien Aussagen über die Zusammensetzung der Bewerberfelder und damit über seine Erfolgsaussichten möglich. Dies gehe zu Lasten des Klägers, der die Beweislast dafür trage, dass er ohne das umgesetzte Beförderungskonzept zum Zuge gekommen wäre.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts und beantragt,
unter Aufhebung des Beschlusses des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 3. Dezember 2003, des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 27. September 2002 sowie des Bescheids des Beklagten vom 25. April 2000 und des Widerspruchsbescheids vom 27. Juli 2000 den Beklagten zu verpflichten, den Kläger dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als ob er am 5. Januar 2000 zum Polizeihauptkommissar (Besoldungsgruppe A 12) befördert worden wäre.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision des Klägers ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, im Wege des Schadensersatzes so gestellt zu werden, als wenn er am 5. Januar 2000 zum Polizeihauptkommissar (Besoldungsgruppe A 12) befördert worden wäre.
Ein Beamter kann von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch die Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und er es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Rechtsgrundlage dieses Schadensersatzanspruchs ist das Beamtenverhältnis (Urteile vom 25. August 1988 - BVerwG 2 C 51.86 - BVerwGE 80, 123 <124>; vom 28. Mai 1998 - BVerwG 2 C 29.97 - BVerwGE 107, 29 <31> und vom 1. April 2004 - BVerwG 2 C 26.03 - Buchholz 237.8 § 10 RhPLBG Nr. 1). Diese Anspruchsvoraussetzungen sind hinsichtlich der Nichtberücksichtigung des Klägers bei der am 5. Januar 2000 abgeschlossenen Beförderungsaktion des Beklagten gegeben:
1. Der Beklagte hat bei der Vergabe der für die Schutzpolizei zur Verfügung stehenden Beförderungsämter der Besoldungsgruppe A 12 den sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Anspruch des Klägers auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl verletzt.
Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes zu besetzen. Der Geltungsanspruch dieses Grundsatzes wird durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Daher können Belange, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, bei der Besetzung öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist. In diesem Fall bedarf es zudem einer gesetzlichen Grundlage, die ihrerseits dem Zweck des Art. 33 Abs. 2 GG Rechnung tragen muss, soweit es nicht um die Abwendung einer unmittelbar drohenden Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung geht. Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Ein Bewerber um ein öffentliches Amt kann verlangen, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 und vom 25. November 2004 - BVerwG 2 C 17.03 - NVwZ 2005, 702 <jeweils zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen>).
Danach dürfen der Bewerberauswahl für die Besetzung eines öffentlichen Amtes nur Kriterien zugrunde gelegt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Kriterien, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Anderen Kriterien darf nur Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand leistungsbezogener Kriterien kein Vorsprung von Bewerbern ergibt (Urteile vom 25. August 1988, a.a.O. <126> und vom 28. Oktober 2004, a.a.O.). Der für die Auswahlentscheidung maßgebliche Leistungsvergleich der Bewerber muss auf aussagekräftige, d.h. hinreichend differenzierte und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhende dienstliche Beurteilungen gestützt werden. Dies sind regelmäßig die aktuellen Beurteilungen (Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 31.01 - Buchholz 237.9 § 20 SaarLBG Nr. 1 und vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 16.02 - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10).
Die Einstufung des Dienstpostens, den der Beamte im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung innehat, stellt kein leistungsbezogenes Auswahlkriterium dar. Zwar sind bei der Beurteilung des Leistungsvermögens eines Beamten und seiner voraussichtlichen Bewährung in einem höheren Amt die Anforderungen in den Blick zu nehmen, die sein Dienstposten stellt. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass Inhaber höherwertiger Dienstposten leistungsstärker sind als Inhaber niedriger bewerteter Dienstposten. Die unterschiedliche Einstufung der Dienstposten von Bewerbern rechtfertigt nicht, von einem Leistungsvergleich zwischen ihnen abzusehen. Demzufolge steht die Beförderung des Inhabers eines höherwertigen Dienstpostens ohne Bewerberauswahl allenfalls dann mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang, wenn der Beförderungsdienstposten seinerseits aufgrund einer Bewerberauswahl in Anwendung des Leistungsgrundsatzes vergeben worden ist. Nur wenn den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG bereits bei der Besetzung des Dienstpostens genügt worden ist, kann der ausgewählte Beamte nach erfolgreichem Abschluss einer Bewährungszeit ohne nochmalige Bewerberauswahl befördert werden (Urteil vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <59>).
Aus den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ergibt sich, dass der Beklagte die Beförderungsdienstposten der Kategorien "A (BesGr A 13)", "B (BesGr A 12/A 13)" und "C (BesGr A 12)" nicht aufgrund einer Bewerberauswahl unter Beachtung des Leistungsgrundsatzes besetzt hatte. Demnach war die am 5. Januar 2000 abgeschlossene Beförderungsaktion in ihrer Gesamtheit nicht mit Art. 33 Abs. 2 GG zu vereinbaren, weil der Beklagte ausschließlich auf das nicht leistungsbezogene Auswahlkriterium "Einstufung des Dienstpostens" abgestellt hat. Im Bereich der Schutzpolizei hing eine Beförderung in das Amt des Polizeihauptkommissars (Besoldungsgruppe A 12) davon ab, ob ein Beamter einen Dienstposten innehatte, der bei der analytischen Dienstpostenbewertung den Kategorien "A (BesGr A 13)", "B (BesGr A 12/A 13)" oder "C (BesGr A 12)" zugeordnet worden war. Anlassbeurteilungen wurden nicht erstellt; den aktuellen Regelbeurteilungen wurde keine Bedeutung beigemessen. Beamte, die wie der Kläger keinen höherwertigen Dienstposten innehatten, hatten schon aus diesem Grund keine Aussichten auf Beförderung. Mit dieser Vorgehensweise hat der Beklagte den Geltungsanspruch des Leistungsgrundsatzes nicht nur eingeschränkt, sondern vollständig außer Acht gelassen.
Die Vergabe der Beförderungsämter nach leistungsbezogenen Kriterien hätte die Funktionsfähigkeit der Schutzpolizei nicht gefährdet. Eine solche Gefahrenlage hätte vorausgesetzt, dass die Wahrnehmung der polizeilichen Aufgaben nicht mehr sichergestellt gewesen wäre. Dafür ergeben sich aus den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts keine Anhaltspunkte. Der Einwand, es hätten ungefähr 1 900 Beförderungsdienstposten des gehobenen Dienstes ausgeschrieben werden müssen, ist bereits deshalb nicht nachvollziehbar, weil insgesamt nur 113 Beförderungsstellen zu besetzen waren. Im Übrigen hätte der Beklagte für die Leistungsvergleiche auf die damals aktuellen Regelbeurteilungen zum Stichtag 1. September 1998 zurückgreifen können.
2. An dem Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG trifft den Beklagten ein Verschulden. Die Kollegialgerichtsregel entlastet ihn nicht.
Für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus dem Beamtenverhältnis gilt der allgemeine Verschuldensmaßstab des Bürgerlichen Rechts (Urteil vom 21. Dezember 2000 - BVerwG 2 C 39.99 - BVerwGE 112, 308 <313>). Danach handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (vgl. § 276 Abs. 2 BGB).
Nach diesem objektiv-abstrakten Sorgfaltsmaßstab ist auf die Anforderungen abzustellen, deren Beachtung von dem verantwortlichen Beamten generell erwartet werden kann. Dies bedeutet, dass jeder Inhaber eines öffentlichen Amtes die Sach- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich aufgrund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden muss. Wird eine behördliche Maßnahme gerichtlich missbilligt, so kann daraus ein Verstoß des verantwortlichen Amtsinhabers gegen Sorgfaltspflichten nicht hergeleitet werden, wenn er die zugrunde liegende Rechtsauffassung aufgrund sorgfältiger rechtlicher und tatsächlicher Prüfung gewonnen hat und sie im Ergebnis als vertretbar angesehen werden kann. Eine letztlich als unzutreffend erkannte Rechtsauffassung stellt sich als vertretbar dar, wenn die Rechtsfrage nicht einfach zu beurteilen und weder durch die Rechtsprechung geklärt noch im Schrifttum abschließend behandelt ist (vgl. BGH, Urteile vom 8. Oktober 1992 - III ZR 220/90 - BGHZ 119, 365 <369> und vom 17. März 1994 - III ZR 27/93 - NJW 1994, 3158 <3159>).
Nach diesem Maßstab haben die verantwortlichen Amtsinhaber des Beklagten durch die Beförderungen der Inhaber höherwertiger Dienstposten jedenfalls fahrlässig gehandelt. Als oberste Dienstbehörde war der Beklagte gehalten, das Beförderungskonzept aufgrund einer gründlichen und vertieften rechtlichen Prüfung zu erarbeiten. Dazu gehörten die Sichtung und Auswertung der einschlägigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Inhalt und Reichweite des Leistungsgrundsatzes. Den verantwortlichen Amtsinhabern hätte sich bereits aufgrund der bis zum Jahr 1999 ergangenen Rechtsprechung von Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgericht aufdrängen müssen, dass das Konzept, die Inhaber höherwertiger Dienstposten ohne leistungsbezogene Bewerberauswahl zu befördern, im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG rechtlich nicht vertretbar war (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 1981 - 2 BvR 570/76 u.a. - BVerfGE 56, 146 <163>; Kammerbeschluss vom 2. April 1996 - 2 BvR 169/93 - NVwZ 1997, 54 <55>; BVerwG, Urteile vom 25. August 1988, a.a.O. und vom 25. April 1996 - BVerwG 2 C 21.95 - BVerwGE 101, 112 <114>; Beschluss vom 10. November 1993 - BVerwG 2 ER 301.93 - DVBl 1994, 118).
Der Beklagte wird auch nicht durch die Kollegialgerichtsregel entlastet. Danach kann ein Verschulden entfallen, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig gebilligt hat. Ihr liegt die Erwägung zugrunde, dass von einem Beamten eine bessere Rechtseinsicht als von einem Kollegialgericht nicht erwartet und verlangt werden kann (Urteil vom 21. September 2000 - BVerwG 2 C 5.99 - Buchholz 237.1 Art. 86 BayLBG Nr. 10 S. 16; BGH, Urteile vom 6. Februar 1986 - III ZR 109/84 - BGHZ 97, 97 <107> und vom 16. Oktober 1997 - III ZR 23/96 - NJW 1998, 751 <752>).
Danach fehlt es an der inneren Rechtfertigung für die Anwendung der Kollegialgerichtsregel jedenfalls dann, wenn es sich um grundlegende Maßnahmen oberster Dienststellen handelt, die durch Auswertung allen einschlägigen Materials und erschöpfende Abwägung aller Gesichtspunkte vorbereitet werden (BGH, Urteil vom 21. Dezember 1961 - III ZR 174/60 - NJW 1962, 793 <794> und vom 28. Juni 1971 - III ZR 111/68 - NJW 1971, 1699 <1701>).
Auch greift die Kollegialgerichtsregel nicht aufgrund gerichtlicher Entscheidungen ein, denen nur eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage zugrunde liegt. Dies betrifft insbesondere Entscheidungen über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Beschluss vom 23. März 1993 - BVerwG 2 B 28.93 - juris; BGH, Urteil vom 20. Februar 1992 - III ZR 188/90 - BGHZ 117, 240 <250>). Allerdings sind solche Entscheidungen in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten grundsätzlich für die Anwendung der Regel geeignet. Denn hier fordert das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG von den Gerichten im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine eingehende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Anspruchs auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl, weil unterlegenen Bewerbern regelmäßig nur dieses Verfahren zur Verfügung steht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200; BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <373>).
Im Übrigen hängt die Anwendung der Kollegialgerichtsregel im Einzelfall nach ihrem Sinn und Zweck davon ab, ob die gerichtliche Entscheidung, die eine behördliche Maßnahme als rechtmäßig gebilligt hat, ihrerseits auf einer umfassenden und sorgfältigen Prüfung der Sach- und Rechtslage beruht. Daran fehlt es in tatsächlicher Hinsicht, wenn das Kollegialgericht seiner rechtlichen Würdigung einen unzureichend ermittelten Sachverhalt zugrunde gelegt oder den festgestellten Sachverhalt nicht sorgfältig und erschöpfend gewürdigt hat. In rechtlicher Hinsicht sind die Voraussetzungen für das Eingreifen der Regel nicht gegeben, wenn das Kollegialgericht bereits in seinem rechtlichen Ausgangspunkt von einer verfehlten Betrachtungsweise ausgegangen ist oder wesentliche rechtliche Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen hat (Urteil vom 21. September 2000, a.a.O.; BGH, Urteile vom 24. Januar 2002 - III ZR 103/01 - NJW 2002, 1265 <1266> und vom 18. November 2004 - III ZR 347/03 - DVBl 2005, 312 <313>).
Danach ist die Kollegialgerichtsregel vorliegend aus mehreren Gründen nicht anwendbar:
Bei der am 5. Januar 2000 abgeschlossenen Beförderungsaktion handelte es sich um eine grundlegende Maßnahme des Beklagten als oberster Dienstbehörde, der eine längere Vorbereitung vorausging. Der Beklagte wollte auch für den gehobenen Polizeidienst die personellen Konsequenzen aus der landesweiten analytischen Dienstpostenbewertung ziehen. Der Beförderungsaktion kam bereits aufgrund der Anzahl der zu besetzenden Leitungsstellen erhebliche Bedeutung für die personelle Zusammensetzung der Landespolizei zu.
Der Beschluss vom 4. Januar 2000, durch den das Oberverwaltungsgericht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Beförderungen aufgrund einer umfassenden rechtlichen Prüfung als rechtmäßig gebilligt hat, beruht auf einer grundlegend verfehlten rechtlichen Betrachtungsweise. Das Oberverwaltungsgericht hat den Bedeutungsgehalt des Art. 33 Abs. 2 GG verkannt. Es hat den Beklagten für berechtigt gehalten, die Beförderungsämter ohne leistungsbezogene Bewerberauswahl zu besetzen, um die analytische Bewertung der Dienstposten personell zügig umsetzen zu können. Darin kommt die Rechtsauffassung zum Ausdruck, dass der Dienstherr entscheiden kann, ob er bei der Besetzung öffentlicher Ämter den Leistungsgrundsatz anwendet oder stattdessen andere von ihm als vorzugswürdig erkannte Ziele verfolgt. Damit hat es das Oberverwaltungsgericht in das Ermessen des Dienstherrn gestellt, ob und inwieweit er den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG Rechnung trägt. Diese Rechtsauffassung lässt sich mit dem unbeschränkten und vorbehaltlosen Geltungsanspruch des Leistungsgrundsatzes offensichtlich nicht vereinbaren.
Im Ansatz verfehlt ist auch die ergänzende Erwägung des Oberverwaltungsgerichts, die zur Beförderung vorgesehenen Beamten hätten die Aufgaben der höherwertigen Dienstposten zum Teil jahrelang erfolgreich wahrgenommen. Die Bewährung eines Beamten auf einem höherwertigen Dienstposten, den er nicht im Wege einer Bewerberauswahl nach leistungsbezogenen Kriterien erhalten hat, kann seine Beförderung ohne eine solche Bewerberauswahl für sich genommen nicht rechtfertigen. Ansonsten wäre dem Dienstherrn die Möglichkeit eröffnet, die Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG außer Acht zu lassen.
3. Es lässt sich nicht mehr aufklären, ob der Kläger ohne den Verstoß des Beklagten gegen Art. 33 Abs. 2 GG spätestens am 5. Januar 2000 befördert worden wäre. Diese Ungewissheit geht zu Lasten des Beklagten.
Die schuldhafte Verletzung des Anspruchs eines Beamten auf leistungsgerechte Berücksichtigung bei der Besetzung eines Beförderungsamtes löst einen Schadensersatzanspruch aus, wenn der Rechtsverstoß adäquat kausal für die Nichtbeförderung war. Dies ist der Fall, wenn der Beamte bei Vermeidung des Rechtsverstoßes voraussichtlich ausgewählt und befördert worden wäre. Hierfür muss festgestellt werden, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten wäre (Urteile vom 25. August 1988, a.a.O. und vom 29. August 1996 - BVerwG 2 C 23.95 - Buchholz 237.95 § 10 S-HLBG Nr. 2).
Grundsätzlich obliegt dem Beamten, der einen Leistungsanspruch geltend macht, die materielle Beweislast dafür, dass er bei rechtsfehlerfreier Behandlung seiner Bewerbung um ein Beförderungsamt voraussichtlich zum Zuge gekommen wäre. Aus dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG folgt aber, dass dem Beamten nicht die Beweislast für diejenigen zur Beurteilung des hypothetischen Kausalverlaufs erforderlichen Tatsachen auferlegt werden darf, deren Ermittlung ihm aus tatsächlichen Gründen unmöglich ist. Dies gilt jedenfalls für alle Vorgänge aus dem Verantwortungs- und Verfügungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des Beamten entzogen sind. Insoweit trifft die Behörden eine Darlegungspflicht (§ 86 VwGO) und findet im Falle der Nichterweislichkeit dieser Tatsachen eine Umkehr der materiellen Beweislast zu Lasten des Dienstherrn statt (Urteil vom 21. August 2003, a.a.O. <378>; BGH, Urteil vom 6. April 1995 - III ZR 183/94 - BGHZ 129, 226 <234>).
Hat der Dienstherr Beförderungsentscheidungen nicht auf dienstliche Beurteilungen gestützt, muss regelmäßig der Prozess der Entscheidungsfindung aufgeklärt werden, um beurteilen zu können, welchen Verlauf die Dinge bei Vermeidung des Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich genommen hätten. Es muss in Erfahrung gebracht werden, welche Handlungsalternativen der Dienstherr erwogen hat und aus welchen Gründen er sich für das rechtswidrige Vorgehen entschieden hat. Bei dem Prozess der Entscheidungsfindung handelt es sich um interne Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die sich dem Einblick des Beamten in aller Regel entziehen. Sie unterliegen der Verfügung des Dienstherrn. Nur er kann Aufschluss darüber geben, welche Gründe den Ausschlag für ein bestimmtes Auswahlkriterium gegeben haben und welche anderen Kriterien alternativ in Erwägung gezogen worden sind.
Ist die Feststellung eines hypothetischen Kausalverlaufs nicht möglich, weil der Dienstherr seiner Mitwirkungspflicht bei der Aufklärung der internen Entscheidungsfindung nicht nachgekommen ist, so haftet er jedenfalls denjenigen Bewerbern auf Schadensersatz, deren Beförderung ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG nach Lage der Dinge ernsthaft möglich gewesen wäre (vgl. Urteil vom 21. August 2003, a.a.O. <379>).
Danach war es im vorliegenden Fall Sache des Beklagten offen zu legen, aus welchen Gründen er die analytische Dienstpostenbewertung unverzüglich personell umsetzen wollte und welche Handlungsalternativen er in Erwägung zog. Diese Aufklärung hat der Beklagte nicht ermöglicht. Insbesondere konnte er nicht mehr darlegen, ob er die Beförderungsstellen ansonsten ausgeschrieben hätte, wie er die leistungsbezogenen Auswahlkriterien gewichtet und welche Beamten sich auf welche Stellen beworben hätten. Diese Unaufklärbarkeit ergibt sich zum einen aus den vom Beklagten nicht angegriffenen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, an die der Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist. Zum anderen hat der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Revisionsverhandlung bestätigt, dass der Beklagte die tatsächlichen Grundlagen nicht mehr beibringen kann.
Daraus folgt, dass nicht festgestellt werden kann, wie die Entwicklung voraussichtlich verlaufen wäre, wenn der Beklagte davon Abstand genommen hätte, die Inhaber höherwertiger Dienstposten ohne Bewerberauswahl zu befördern. Dementsprechend kann nicht beurteilt werden, ob dieses Beförderungskonzept ursächlich für die Nichtberücksichtigung des Klägers war.
Dies zieht die Haftung des Beklagten gegenüber dem Kläger nach sich, weil dieser bei der Vergabe der 30 Beförderungsämter der Besoldungsgruppe A 12 nach leistungsbezogenen Auswahlkriterien zumindest reelle Beförderungsaussichten gehabt hätte. Denn am 5. Januar 2000 kamen Beamte zum Zuge, die in den damals aktuellen Regelbeurteilungen zum Stichtag 1. September 1998 schlechter als der Kläger bewertet worden waren.
4. Die Schadensersatzpflicht des Beklagten ist auch nicht entsprechend § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen (vgl. Urteil vom 1. April 2004, a.a.O.). Dem Kläger standen lediglich die Rechtsbehelfe des vorläufigen Rechtsschutzes zur Verfügung. Diese hat er erfolglos in Anspruch genommen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 22 895 € festgesetzt (§ 13 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Buchst. a GKG a.F., § 71 Abs. 1, § 72 Nr. 1 GKG n.F.).
Ende der Entscheidung
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