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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 27.02.2001
Aktenzeichen: BVerwG 2 C 5.00
Rechtsgebiete: 2. BesÜV Fassung 1993/1997, BRRG


Vorschriften:

2. BesÜV Fassung 1993/1997 § 2
2. BesÜV Fassung 1993/1997 § 4
BRRG § 13
Leitsätze:

Der in § 4 Abs. 1 Satz 1 2. BesÜV verwandte Begriff "Befähigungsvoraussetzungen" umfasst auch die dienstrechtlich geforderten Vorbildungsvoraussetzungen (wie Urteil vom 25. April 1996 - BVerwG 2 C 27.95 - BVerwGE 101, 116).

Eine zu einem Hochschulstudium berechtigende Schulbildung oder ein als gleichwertig anerkannter Bildungsstand sind Befähigungsvoraussetzungen für die Laufbahn des gehobenen Dienstes in der Steuerverwaltung.

Ob der Beamte, Richter oder Soldat die Befähigungsvoraussetzungen "im bisherigen Bundesgebiet" erworben hat, ist ortsbezogen zu beurteilen (wie Urteile vom 11. März 1999 - BVerwG 2 C 24.98 -, vom 22. Juli 1999 - BVerwG 2 C 37.98 - und vom 20. Januar 2000 - BVerwG 2 C 6.99).

Die Zuschussregelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 2. BesÜV F. 1993 ist mit höherrangigem Recht vereinbar (wie Urteil vom 25. April 1996 - BVerwG 2 C 27.95 - a.a.O.).

Die Besoldungsabsenkung für Beamte der neuen Bundesländer gemäß § 2 Abs. 1 2. BesÜV hält sich auch derzeit noch im Rahmen der dem Gesetzgeber insoweit zukommenden Gestaltungsfreiheit.

Urteil des 2. Senats vom 27. Februar 2001 - BVerwG 2 C 5.00 -

I. VG Halle vom 09.12.1999 - Az.: VG 3 A 163/96 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 2 C 5.00 VG 3 A 163/96

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts ohne mündliche Verhandlung am 27. Februar 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Silberkuhl und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dawin, Dr. Kugele, Groepper und Dr.Bayer

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 9. Dezember 1999 wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Zahlung eines ruhegehaltfähigen Zuschusses nach § 4 Abs. 1 der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung (2. BesÜV).

Die 1965 in N. geborene Klägerin besuchte im Beitrittsgebiet eine zehnklassige polytechnische Oberschule, durchlief danach eine zweijährige Ausbildung zum Finanzkaufmann und arbeitete bis zum 30. Juni 1990 als Betriebsprüfer. Während ihrer beruflichen Tätigkeit absolvierte sie außerdem ein Fernstudium an der Fachhochschule für Finanzwirtschaft in G., das sie 1989 als "Finanzökonom" abschloss. Seit dem 1. Juli 1990 war sie beim Finanzamt N. beschäftigt, zunächst als Angestellte und seit dem 1. Oktober 1991 als Finanzanwärterin im Beamtenverhältnis auf Widerruf. Am 1. März 1991 begann sie eine Ausbildung als Finanzanwärterin an der Niedersächsischen Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege in R. Seit ihrer Berufung in das Beamtenverhältnis bezog sie abgesenkte Besoldungsbezüge der Besoldungsgruppe A 9 BBesO und während ihrer Ausbildung in Niedersachsen einen Zuschuss nach § 6 Abs. 2 Satz 2 2. BesÜV. Nach dem Bestehen der Laufbahnprüfung in Niedersachsen wurde sie vom Land Sachsen-Anhalt in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen und zum 1. März 1994 zur Steuerinspektorin z.A. ernannt.

Ihren Antrag auf Zahlung eines ruhegehaltfähigen Zuschusses in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen ihren abgesenkten Besoldungsbezügen nach § 2 2. BesÜV und den bei gleichem Amt für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezügen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 2. BesÜV lehnte der Beklagte ab.

Der nach erfolglosem Widerspruch erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klägerin habe Anspruch auf den begehrten Zuschuss, weil sie den Vorbereitungsdienst und die Laufbahnprüfung im bisherigen Bundesgebiet absolviert habe. Ihre für die Laufbahn des gehobenen Dienstes erforderliche Schulbildung gehöre nicht zu den Befähigungsvoraussetzungen im Sinne des § 4 Abs. 1 2. BesÜV.

Gegen das Urteil hat der Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Sprungrevision eingelegt. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 9. Dezember 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht stimmt der angefochtenen Entscheidung im Ergebnis zu. Unter Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung des Senats und den weiteren Zeitablauf hält er für prüfungsbedürftig, ob die abgesenkte Besoldung im Beitrittsgebiet auch derzeit noch als sachlich gerechtfertigt und deswegen als mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar angesehen werden kann.

II.

Die Revision des Beklagten, über die im Einverständnis aller Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 i.V.m. §§ 141, 125 Abs. 1 VwGO), ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf den begehrten ruhegehaltfähigen Zuschuss zur Ergänzung der Dienstbezüge gemäß § 4 Abs. 1 der Zweiten Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands (Zweite Besoldungs-Übergangsverordnung - 2. BesÜV -) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juni 1993 (BGBl I S. 778, 1035), zuletzt geändert durch die Vierte Besoldungsübergangs-Änderungsverordnung vom 17. November 1997 (BGBl I S. 2713).

Die Ausnahmevorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 1 2. BesÜV sieht einen ruhegehaltfähigen Zuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der abgesenkten Besoldung für Beamte im Beitrittsgebiet nach § 2 Abs. 1 2. BesÜV und den bei gleichem Amt für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezügen nur für diejenigen Personen vor, die sämtliche Befähigungsvoraussetzungen im bisherigen Bundesgebiet erworben haben. Das ist bei der Klägerin nicht der Fall. Sie hat nicht sämtliche Befähigungsvoraussetzungen für die Laufbahn des gehobenen Dienstes in der Steuerverwaltung im bisherigen Bundesgebiet erworben.

Der Begriff der Befähigungsvoraussetzungen umfasst die für die jeweilige Laufbahn geforderten Vor- und Ausbildungsvoraussetzungen, d.h. den Vorbildungsabschluss, den Vorbereitungsdienst im laufbahnrechtlichen Rahmen und - soweit vorgeschrieben - die Laufbahnprüfung (vgl. Urteil vom 25. April 1996 - BVerwG 2 C 27.95 - BVerwGE 101, 116 <118>). Für die Laufbahn des gehobenen Dienstes in der Steuerverwaltung ist eine zu einem Hochschulstudium berechtigende Schulbildung oder ein als gleichwertig anerkannter Bildungsstand erforderlich (§ 4 Abs. 1 des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Oktober 1996, BGBl I S. 1577, mit späteren Änderungen; vgl. auch § 13 Abs. 2 Nr. 3 BRRG, § 24 BLV, Art. 1 der Verordnung zur Gestaltung der Laufbahnen der Beamten im Land Sachsen-Anhalt vom 15. Mai 1991 <GVBl LSA S. 83>). Diese dienstrechtlich verlangte Vorbildung zählt nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zu den "Befähigungsvoraussetzungen" im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 2. BesÜV (Urteile vom 25. April 1996 - BVerwG 2 C 27.95 - a.a.O., vom 11. März 1999 - BVerwG 2 C 24.98 - Buchholz 240 § 73 BBesG Nr. 3 S. 2 f., vom 22. Juli 1999 - BVerwG 2 C 37.98 - Buchholz 240 § 73 BBesG Nr. 4 S. 8 f. und vom 20. Januar 2000 - BVerwG 2 C 6.99 - Buchholz 240 § 73 BBesG Nr. 6 S. 12).

Die Klägerin hat die für ihre Laufbahn geforderte Vorbildung nicht "im bisherigen Bundesgebiet" erworben. Nach dem Wortlaut dem Sinn und Zweck sowie dem systematischen Zusammenhang der Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 2. BesÜV ist dies nur dann zu bejahen, wenn die als Befähigungsvoraussetzungen bestimmten Vor- und Ausbildungen sowie Prüfungen an einem Ort im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland außerhalb der Grenzen der in Art. 3 EV genannten Länder und Landesteile absolviert worden sind. Das hat der erkennende Senat in den Urteilen vom 11. März 1999 - BVerwG 2 C 24.98 - a.a.O. S. 4, vom 22. Juli 1999 - BVerwG 2 C 37.98 - a.a.O. S. 8 und vom 20. Januar 2000 - BVerwG 2 C 6.99 - a.a.O. ebenfalls bereits dargelegt.

Die Klägerin hat die als Vorbildungsvoraussetzung für ihre Laufbahn geforderte, zu einem Hochschulstudium berechtigende Schulbildung im Beitrittsgebiet erhalten. Das schließt die begehrte Zuschussgewährung aus.

Die Zuschussregelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 2. BesÜV ist mit höherrangigem Recht vereinbar (vgl. Urteil vom 25. April 1996 - BVerwG 2 C 27.95 - a.a.O, S. 119 ff.).

Die von der Klägerin beanstandete Besoldungsabsenkung in den neuen Ländern gemäß § 2 Abs. 1 2. BesÜV hält sich auch derzeit noch im Rahmen der dem Gesetzgeber bei der Regelung der Besoldung für Landesbeamte in den neuen Ländern zukommenden Gestaltungsfreiheit. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung dieser Frage ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz. Dass für diesen Zeitpunkt (9. Dezember 1999) etwas anderes gilt als für den Beginn des Jahres 1999, der dem Urteil des Senats vom 20. Januar 2000 - BVerwG 2 C 6.99 - a.a.O. zugrunde gelegen hat, ist nicht ersichtlich und wird auch vom Oberbundesanwalt nicht geltend gemacht. Die fortbestehenden erheblichen Unterschiede der wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse im bisherigen Bundesgebiet und in den neuen Ländern sind ein sachlich vertretbarer Gesichtspunkt für die besoldungsrechtliche Differenzierung (vgl. Urteil vom 25. April 1996 - BVerwG 2 C 27.95 - a.a.O. S. 121 f. sowie - bezogen auf die Bezahlung Angestellter nach BAT-Ost - auch BVerfG, Beschluss vom 9. August 2000 - 1 BvR 514/00 - NJW 2000, 3555).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 19 105 DM festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG; pauschalierter zweifacher Jahresbetrag des begehrten Zuschusses).



Ende der Entscheidung

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