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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 14.12.2004
Aktenzeichen: BVerwG 2 C 66.03
Rechtsgebiete: BeamtVG, BBG, LBG Rheinland-Pfalz


Vorschriften:

BeamtVG § 31
BeamtVG § 45
BBG § 175
LBG Rheinland-Pfalz § 221
Die Anerkennung eines schädigenden Ereignisses als Dienstunfall bedarf der Schriftform.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 2 C 66.03

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 14. Dezember 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dawin, Dr. Kugele, Groepper und Dr. Bayer ohne mündliche Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Beamter der beklagten Gemeinde und war Mitglied einer dort bestehenden Betriebssportgruppe. Am 1. Juni 1983 beteiligte er sich an einem Fußballspiel, das die Betriebssportgruppe nach Dienstschluss gegen die Betriebssportgruppe einer anderen Gemeinde austrug. Das Spiel war von einem Beamten der Beklagten mit Billigung des damaligen Bürgermeisters zum Teil auch während der Dienstzeit organisiert worden. Der Bürgermeister und weitere Mitarbeiter der beklagten Gemeinde nahmen an dem Spiel als Zuschauer teil.

Bei dem Spiel erlitt der Kläger eine Torsion des linken Knies und einen Riss des Innenmeniskus, der stationär operiert wurde. In der vom Personalamt ausgefüllten und vom damaligen Bürgermeister unterzeichneten formularmäßigen verwaltungsinternen Krankmeldung heißt es, der Kläger habe sich am 23. Juni 1983 krankgemeldet. Es liege ein Dienstunfall vor. Der Dienstunfall-Untersuchungsvorgang werde nach Abschluss vorgelegt. Ein ärztliches Zeugnis werde noch beigebracht. Der Kläger unterrichtete seine private Krankenversicherung von dem Unfall; diese stellte sich auf den Standpunkt, es habe sich um einen Dienstunfall gehandelt, und forderte den Kläger auf, seine Ansprüche zunächst bei seiner Dienstbehörde geltend zu machen. Mit Unfall-Schadenanzeige vom 31. Oktober 1983 zeigte die Beklagte dem Versicherungsverband für Gemeinden und Gemeindeverbände, bei dem damals eine Unfallversicherung für die Mitglieder der Betriebssportgruppe bestand, den Unfall an und bezifferte die bisher entstandenen Behandlungskosten auf 5 426,56 DM. Der Versicherungsverband bestätigte die Unfallmeldung und erklärte sich bereit, die vertraglichen Leistungen zu erbringen. Die für die Abrechnung der Unfallfürsorge zuständige Kommunalbeamten-Versorgungskasse Nassau wurde nicht benachrichtigt.

Der Kläger litt auch in den Folgejahren unter Beschwerden am linken Knie und musste sich deswegen 1987 und 1999 stationären und weiteren ambulanten Behandlungen unterziehen. Die hierdurch entstandenen Kosten wurden nicht mehr von der Beklagten übernommen, sondern über die Beihilfe und die private Krankenversicherung des Klägers abgerechnet. Die für die Zahlung der Versorgung zuständige Kommunalbeamten-Versorgungskasse Nassau lehnte 2002 die Anerkennung als Dienstunfall und eine Kostenübernahme im Rahmen der Unfallfürsorge ab. Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Mai 2002 gegenüber dem Kläger fest, dass es sich bei dem am 1. Juni 1983 erlittenen Unfall nicht um einen Dienstunfall gehandelt habe und dass kein Anspruch auf Unfallfürsorge nach §§ 31 ff. BeamtVG bestehe. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte zurück.

Mit seiner Klage hat der Kläger beantragt festzustellen, dass das Unfallereignis vom 1. Juni 1983 als Dienstunfall anerkannt sei, hilfsweise, die Beklagte zu dessen Anerkennung zu verpflichten.

Die Klage war in beiden Rechtszügen erfolglos. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Beklagte habe den Unfall zu keinem Zeitpunkt schriftlich als Dienstunfall anerkannt. Zahlungsanweisungen und Krankmeldungen stellten keine Anerkennung dar, da sie dem Kläger nicht bekannt gegeben worden seien und ihnen kein Untersuchungsverfahren vorausgegangen sei. Das Schriftformerfordernis lasse sich den einschlägigen Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes zwar nicht ausdrücklich, wohl aber durch Auslegung entnehmen. Über die Anerkennung als Dienstunfall sei förmlich zu entscheiden. Art und Zweck des Verwaltungsverfahrens sowie das ihm vorgeschaltete Prüfverfahren machten einen schriftlichen Verwaltungsakt erforderlich.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Anerkennung des Unfalls vom 1. Juni 1983 als Dienstunfall. Dabei könne offen bleiben, ob bereits die formellen Voraussetzungen erfüllt seien und ob sich die Beklagte nach Treu und Glauben auf einen etwaigen Fristablauf berufen könne. Jedenfalls seien die materiellen Voraussetzungen nicht erfüllt. Das Fußballspiel sei keine dienstliche Veranstaltung gewesen, da es weder formell noch materiell dienstbezogen gewesen sei. Die Teilnahme habe nicht zu den Dienstpflichten des Klägers gehört. Die Aktivitäten der Betriebssportgruppe seien dem privaten Bereich ihrer Mitglieder zuzuordnen. Auch formell sei das Fußballspiel vom 1. Juni 1983 nicht dienstbezogen gewesen. Es sei nicht von der Autorität eines Dienstvorgesetzten getragen und auch nicht sachlich oder personell in den weisungsgebundenen Dienstbetrieb einbezogen worden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers, mit der er die Verletzung materiellen Rechts geltend macht.

Er beantragt sinngemäß,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. Oktober 2003 und des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 8. Mai 2003 sowie die Bescheide der Beklagten vom 13. Mai und 12. September 2002 aufzuheben und festzustellen, dass das Unfallereignis vom 1. Juni 1983 von der Beklagten bereits als Dienstunfall anerkannt ist,

hilfsweise,

die Beklagte unter Aufhebung der genannten Urteile und Bescheide zu verpflichten, das Unfallereignis vom 1. Juni 1983 als Dienstunfall anzuerkennen.

Die Beklagte tritt der Revision entgegen.

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht teilt die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Anerkennung eines Unfalls als Dienstunfall der Schriftform bedürfe.

II.

Die Revision, über die der Senat mit Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 101 Abs. 2, §§ 141, 125 Abs. 1 VwGO), ist sowohl mit dem Hauptantrag als auch mit dem Hilfsantrag unbegründet.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die gerichtliche Feststellung, dass die Beklagte das Unfallereignis vom 1. Juni 1983 als Dienstunfall bereits anerkannt hat, weil eine für die Beklagte verbindliche Feststellung dieses Inhalts nicht getroffen worden ist. Nach § 45 Abs. 3 Satz 2 des Beamtenversorgungsgesetzes - BeamtVG - in der hier noch anzuwendenden, bis heute unveränderten Fassung vom 24. August 1976 (BGBl I S. 2485) entscheidet die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle, ob ein Dienstunfall vorliegt und ob der Verletzte den Unfall vorsätzlich herbeigeführt hat; nach Satz 3 der Bestimmung ist die Entscheidung dem Verletzten oder seinen Hinterbliebenen bekanntzugeben. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die der Kläger mit durchgreifenden Verfahrensrügen nicht angegriffen hat und die daher für den Senat bindend sind (§ 137 Abs. 2 VwGO), hat weder die Beklagte als die für die Anerkennung zuständige oberste Dienstbehörde noch eine von ihr bestimmte andere Stelle den Unfall des Klägers vom 1. Juni 1983 schriftlich als Dienstunfall anerkannt. Der schriftlichen Anerkennung hätte es jedoch bedurft, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat.

Zwar eröffnet der nach dem Gesetz über das Verwaltungsverfahren in Rheinland-Pfalz vom 23. Dezember 1976 (GVBl S. 308) anzuwendende § 37 Abs. 2 Satz 1 VwVfG der Behörde grundsätzlich die Möglichkeit, einen Verwaltungsakt schriftlich, mündlich oder in anderer Weise zu erlassen. Dies gilt jedoch nur, sofern sich nicht aus speziellen Vorschriften ausdrücklich oder dem Sinne nach etwas anderes ergibt. Systematik, Sinn und Zweck sowie der Regelungszusammenhang verlangen die konstitutive schriftliche Anerkennung eines Dienstunfalls.

Bereits das Anerkennungsverfahren geht erkennbar von einem Abschluss in schriftlicher Form aus.

Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG sind Unfälle, aus denen sich Unfallfürsorgeansprüche nach diesem Gesetz ergeben können, innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Jahren dem Dienstvorgesetzten des Verletzten zu melden. Nach Abs. 3 Satz 1 der Vorschrift hat der Dienstvorgesetzte jeden Unfall sofort zu untersuchen. Die Entscheidung, ob ein Dienstunfall vorliegt, ist nicht von dem Dienstvorgesetzten des Verletzten, sondern von der obersten Dienstbehörde oder der von ihr benannten Stelle zu treffen. Die Entscheidung ist dem Verletzten bekannt zu geben. Das so beschriebene Untersuchungsverfahren kann nur schriftlich geführt werden.

Zwar kann der Unfall auch mündlich gemeldet werden, doch erfordert das durch die Meldung ausgelöste weitere Verfahren Schriftlichkeit. Die Meldung ist fristgebunden und bedarf deshalb ebenfalls einer schriftlichen Fixierung, etwa in der Form eines Vermerks. Während für die Einleitung des Untersuchungsverfahrens der Dienstvorgesetzte zuständig ist, fällt die Anerkennung des Dienstunfalles in die Zuständigkeit der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle. Die Kommunikation zwischen beiden Stellen ist in verlässlicher, den Anforderungen des § 45 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG genügender Form nur im Wege des schriftlichen Verfahrens möglich. Die Entscheidung der obersten Dienstbehörde muss auf nachprüfbaren Fakten beruhen. Da die oberste Dienstbehörde in aller Regel nicht selbst die Ermittlungen zu führen hat, bedeutet dies, dass ihr ein schriftlicher Bericht vorliegen muss. Dasselbe gilt, wenn die Entscheidung über die Anerkennung als Dienstunfall einer anderen Stelle übertragen worden ist. Ist danach zumindest das Untersuchungsergebnis schriftlich festzuhalten, kann für die darauf beruhende Entscheidung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle über die Anerkennung oder die Nichtanerkennung des Dienstunfalles nichts anderes gelten: Sie ist schriftlich zu treffen und in dieser Form dem Verletzten oder seinen Hinterbliebenen bekannt zu geben.

Die rechtliche Bedeutung, die der Anerkennung eines Dienstunfalls zukommt, erfordert ebenfalls die Schriftform. Ob ein Ereignis ein Dienstunfall ist, ist dem Grunde nach ohne Rücksicht auf Leistungsansprüche zu entscheiden. Die bestandskräftige Feststellung eines Dienstunfalls bindet Behörden und Gerichte (vgl. BGH, Urteile vom 14. Januar 1993 - III ZR 33/88 - BGHZ 121, 131, und vom 27. November 2003 - III ZR 54/03 - VersR 2004, 473). Sie löst eine Reihe finanziell bedeutsamer Konsequenzen aus: Der verletzte Beamte hat je nach Fallgestaltung (vgl. § 30 Abs. 2 BeamtVG) Anspruch auf die Erstattung von Sachschäden, Anspruch auf Heilverfahren, Unfallausgleich, Unfallruhegehalt oder einen Unterhaltsbeitrag sowie gegebenenfalls auf eine einmalige Unfallentschädigung; seine Angehörigen haben gegebenenfalls Anspruch auf Unfall-Hinterbliebenenversorgung. Hat ein Dritter den Unfall verschuldet, so gehen die Ersatzforderungen des Beamten auf den Dienstherrn über, soweit er zur Leistung verpflichtet ist (§ 87 a BBG). Diese gravierenden und sich zum Teil bis an das Lebensende des Beamten hinziehenden finanziellen Folgen erfordern, dass die Feststellung der Voraussetzung - also die Anerkennung eines schädigenden Ereignisses als Dienstunfall - eindeutig, klar und belegbar ist. Mit Recht hat das Berufungsgericht auch auf die mit der Schriftform verbundene Dokumentations- und Warnfunktion hingewiesen.

Zudem ist auch der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die Anerkennung eines Dienstunfalls nur dann wirksam ist, wenn sie schriftlich erfolgt und dem Beamten oder seinen Hinterbliebenen zugestellt wird. Gemäß § 175 BBG sind Verfügungen und Entscheidungen, die dem Beamten oder Versorgungsberechtigten nach den Vorschriften dieses Gesetzes bekannt zu geben sind, nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes zuzustellen, wenn durch sie eine Frist in Lauf gesetzt wird oder Rechte des Beamten oder Versorgungsberechtigten durch sie berührt werden. Eine entsprechende Regelung enthält § 221 des Landesbeamtengesetzes Rheinland-Pfalz. Diese Vorschriften bestanden bereits zu einer Zeit, als die Regelungen der Beamtenversorgung vor der bundesrechtlichen Vereinheitlichung noch integraler Bestandteil des Bundesbeamtengesetzes bzw. der Beamtengesetze der Länder waren. Nach der damaligen Rechtslage waren die Bestimmungen unmittelbar auf die Anerkennung eines Dienstunfalls anzuwenden. War somit unter der Geltung der Beamtengesetze des Bundes und der Länder in der vor Erlass des Beamtenversorgungsgesetzes geltenden Fassung die Schriftform ausdrücklich vorgeschrieben, weil gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 VwZG nur ein Schriftstück zugestellt werden kann, so ist davon auszugehen, dass die Ausgliederung des Beamtenversorgungsrechts aus den Beamtengesetzen des Bundes und der Länder und ihre Übernahme in ein eigenes Bundesgesetz hieran nichts ändern sollten. Die fortdauernde Geltung des § 175 BBG bzw. des § 221 LBG mit der zweifachen Erwähnung der "Versorgungsberechtigten" zeigt, dass der Gesetzgeber insoweit eine Änderung der Rechtslage nicht beabsichtigt hat. Die Regelungen beziehen sich nach wie vor als Verfahrensvorschriften auch auf das Beamtenversorgungsrecht.

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf nachträgliche Anerkennung des Unfallereignisses vom 1. Juni 1983 als Dienstunfall.

Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG sind Unfälle, aus denen Unfallfürsorgeansprüche nach diesem Gesetz entstehen können, innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Jahren nach dem Unfall bei dem Dienstvorgesetzten des Verletzten zu melden. Spätestens mit seiner Krankmeldung vom 23. Juni 1983 hat der Kläger diesem Formerfordernis genügt. Ob die Meldung an die für die Entscheidung über die Anerkennung als Dienstunfall zuständige Behörde weitergeleitet worden ist, ist für die Wahrung der Frist ohne Bedeutung. Infolgedessen kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte nach Treu und Glauben daran gehindert wäre, sich auf die Versäumung der Frist zu berufen.

Der Unfall vom 1. Juni 1983 ist jedoch nicht als Dienstunfall anzuerkennen. Ein Dienstunfall ist ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist (§ 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG; vgl. Urteil vom 18. April 2002 - BVerwG 2 C 22.01 - Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 12 <S. 2>). Nach § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG gehört zum Dienst auch die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen. Es kommt darauf an, ob es sich bei dem auf äußerer Einwirkung beruhenden Ereignis, das die Verletzung verursacht hat, um ein solches handelt, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Damit wird - außer dem hier nicht zweifelhaften Kausalzusammenhang zwischen Ereignis und Schaden - ein bestimmter Zusammenhang zwischen dem Ereignis und der Ausübung des Dienstes verlangt. Der Zusammenhang des Unfalles mit dem Beamtendienst muss das entscheidende Kriterium sein (vgl. Urteil vom 12. Februar 1971 - BVerwG 6 C 36.66 - BVerwGE 37, 203 <204>).

In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass auch eine Sportveranstaltung, an der der Beamte teilnimmt, als dienstliche Veranstaltung im Sinne des Dienstunfallrechts gelten kann (vgl. Beschluss vom 26. Januar 1987 - BVerwG 2 B 8.87 - Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 5 <S. 1>). Eine sportliche Betätigung im Rahmen einer von den Angehörigen einer Dienststelle organisierten Betriebssportgemeinschaft dient allerdings nur dann dienstlichen Interessen und Zwecken und unterliegt dem Dienstunfallschutz, wenn die sportliche Veranstaltung ihre entscheidende Prägung durch die dienstliche Sphäre erhält. Sie muss im Zusammenhang mit dem Dienst, den eigentlichen Dienstaufgaben, stehen, dienstlichen Interessen dienen und, sei es unmittelbar oder mittelbar, von der Autorität eines Dienstvorgesetzten getragen werden und damit in den weisungsgebundenen Dienstbereich einbezogen sein. Dem Zeitpunkt der Veranstaltung allein kommt keine entscheidende Bedeutung zu (vgl. Beschluss vom 1. Februar 1972 - BVerwG 6 B 42.71 - Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 47 <S. 40>.). Da in Fällen wie hier (Spiel außerhalb des Dienstortes und außerhalb der Dienstzeit) die regelmäßigen Abgrenzungskriterien des Dienstortes und der Dienstzeit versagen, ist einerseits von dem allgemeinen Grundsatz auszugehen, dass die unfallgeschützte Tätigkeit des Beamten im engen natürlichen Zusammenhang mit den eigentlichen Dienstaufgaben oder sonstigen dienstlich notwendigen Verrichtungen oder dem dienstlichen Über- und Unterordnungsverhältnis stehen muss (vgl. Urteil vom 19. April 1967 - BVerwG 6 C 96.63 - Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 32 <S. 88>). Andererseits müssen besondere Umstände festgestellt werden, die den Schluss rechtfertigen, dass die betreffende Tätigkeit des Beamten dem dienstlichen Bereich zuzurechnen ist (vgl. Urteil vom 6. Juli 1965 - BVerwG 2 C 39.63 - BVerwGE 21, 307 <308>). Bei Unfällen im eher privaten Lebensbereich des Beamten müssen für ein Verhalten des Beamten, soll es der unfallgeschützten Sphäre zuzurechnen sein, die Anforderungen des Dienstes ursächlich sein (vgl. Urteil vom 11. September 1969 - BVerwG 2 C 30.66 - BVerwGE 34, 20, 22, auch bereits Urteil vom 30. Juni 1966 - BVerwG 2 C 17.63 - BVerwGE 24, 246, 249 zu dem Erfordernis des engen Zusammenhanges und der dafür wesentlichen Ursachen). Bereits im Urteil vom 28. Januar 1960 - BVerwG 2 C 79.58 - BVerwGE 10, 128 <129> ist auf das im Beamtenrecht geregelte Unterstellungsverhältnis als Rechtsgrundlage für die Ausübung des Dienstes abgestellt. Das Bundesverwaltungsgericht hat, wenn auch in anderem Zusammenhang, in seinem Urteil vom 5. April 1960 - BVerwG 6 C 2.58 - BVerwGE 10, 258 <260> entschieden, dass es dann, wenn äußere Einwirkung und eigenes Verhalten des Betroffenen bei einem plötzlichen, örtlich und zeitlich bestimmbaren Schadensereignis zusammenwirken, darauf ankommt, wodurch dieses Ereignis seine Prägung erfährt, und hat diesem Merkmal der Prägung des Vorganges auch in seinem Urteil vom 17. Februar 1965 - BVerwG 6 C 67.62 - BVerwGE 20, 269 <271> entscheidende Bedeutung beigemessen (vgl. Urteil vom 12. Februar 1971 - a.a.O.).

An diesen Maßstäben gemessen war der Unfall vom 1. Juni 1983 kein Dienstunfall. Es handelte sich um ein Sportereignis, das nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und deshalb bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts keine dienstliche Veranstaltung gewesen ist, da sie weder formell noch materiell dienstbezogen war. Die Teilnahme gehörte nicht zu den Dienstpflichten des Klägers.

Das Fußballspiel hatte seine entscheidende Prägung auch nicht durch die dienstliche Sphäre erhalten. Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass das Fußballspiel im Einverständnis mit dem Dienstvorgesetzten mindestens auch der Verbesserung des Betriebsklimas und der Kontaktpflege mit anderen Behörden diente, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt; die abweichende und von der Beklagten bestrittene Geschehensdarstellung der Revisionsbegründung ist nicht als Aufklärungsrüge zu werten und deshalb für das Revisionsverfahren unbeachtlich. Vielmehr hat das Berufungsgericht festgestellt, die Aktivitäten der Betriebssportgruppe, der der Kläger angehörte, seien in erster Linie dem privaten Bereich ihrer Mitglieder zuzuordnen. Diese hätten unabhängig von anstehenden Spielen regelmäßig wöchentlich trainiert. Das gemeinsame Training und die sportliche Betätigung hätten für sie im Vordergrund gestanden. Danach fehlt es an einem materiellen Bezug zur dienstlichen Sphäre der Beklagten.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist das Fußballspiel vom 1. Juni 1983 formell nicht dienstbezogen gewesen. Es war nicht von der Autorität eines Dienstvorgesetzten getragen und auch nicht sachlich oder personell in den weisungsgebundenen Dienstbetrieb einbezogen worden. Die beklagte Gemeinde hatte sich keinerlei Einflussnahme auf die Tätigkeit der Betriebssportgruppe vorbehalten. Diese war von einem dem Kläger nicht vorgesetzten Beamten in eigener Verantwortung - wenn auch mit Billigung der Beklagten während der Dienstzeit - organisiert worden. Training und Fußballspiel waren damit ausschließlich vom autonomen Willen der daran als Privatpersonen beteiligten Bediensteten und nicht von der Autorität des Dienstherrn getragen gewesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren gemäß § 70 Nr. 1 GKG, § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a. F. auf 4 000 € festgesetzt.



Ende der Entscheidung

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