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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 12.07.2007
Aktenzeichen: BVerwG 3 B 127.06
Rechtsgebiete: EV, VZOG, AnFrV


Vorschriften:

EV Art. 21 Abs. 3
EV Art. 22 Abs. 1 Satz 7
VZOG § 1 Abs. 6
VZOG § 7 Abs. 3
VZOG § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1
VZOG § 12
AnFrV § 1
Ein Antrag, der ausschließlich auf die Zuordnung eines Vermögensgegenstandes als Verwaltungs- und Finanzvermögen gerichtet ist, wahrt nicht die Frist des § 7 Abs. 3 VZOG i.V.m. § 1 AnFrV für ein auf denselben Vermögensgegenstand gerichtetes Restitutionsbegehren.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT

BESCHLUSS

BVerwG 3 B 127.06

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 12. Juli 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Prof. Dr. Rennert beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 5. September 2006 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Gründe:

Die Klägerin beansprucht die Zuordnung oder Restitution von zahlreichen Grundstücken, die früher überwiegend als Wege oder Wassergräben genutzt worden sein sollen. Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage abgewiesen. Einen Anspruch der Klägerin auf Zuordnung der Grundstücke als kommunales Verwaltungs- und Finanzvermögen hat es verneint, weil die Flächen an den maßgeblichen Stichtagen nicht unmittelbar der Wahrnehmung kommunaler Aufgaben gedient hätten, sondern landwirtschaftlich genutzt worden seien. Einen Restitutionsanspruch nach Art. 21 Abs. 3 und Art. 22 Abs. 1 Satz 7 des Einigungsvertrages - EV - hat das Gericht abgelehnt, weil die Klägerin innerhalb der nach § 1 Antragsfristverordnung - AnFrV - i.V.m. § 7 Abs. 3 des Vermögenszuordnungsgesetzes - VZOG - bis zum 31. Dezember 1995 laufenden Ausschlussfrist weder ausdrücklich noch konkludent einen entsprechenden Antrag gestellt habe. Auf die Frage, ob die Klägerin das Eigentum an den Flächen im Zuge der Bodenreform erworben habe und damit eine öffentliche Restitution ausgeschlossen sei - worauf die Beklagte die Ablehnung der Rückübertragung gestützt hatte - oder ob die Klägerin bereits vor der Überführung in Bodenreformland Eigentümer der Flächen gewesen sei, komme es daher nicht an.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache weist nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf.

1. Die Klägerin ist der Auffassung, für ein rechtzeitiges Restitutionsbegehren sei es ausreichend, dass bis zum 31. Dezember 1995 bei der für die Entscheidung zuständigen Behörde ein Antrag auf Übertragung ausdrücklich bezeichneter Grundstücke in Kommunaleigentum eingegangen ist; denn das Gesetz verlange keine Klassifizierung des zu übertragenden Vermögens. Sie hält daher für klärungsbedürftig,

"ob es für die Entscheidung über den Antrag auf Übertragung von Vermögen in Kommunaleigentum darauf ankommt, dass der Antragsteller das zu übertragende Vermögen zutreffend klassifiziert (als Verwaltungs-, Finanz- oder Restitutionsvermögen), und ob ein bis zum 31.12.1995 bei der für die Entscheidung zuständigen Behörde eingegangener Antrag schon deshalb abzulehnen ist, weil das Vermögen unzutreffend klassifiziert wurde".

Diese Frage rechtfertigt nicht die begehrte Zulassung der Revision, weil sie sich in einem Revisionsverfahren so nicht stellen würde und ihre Beantwortung im Übrigen - d.h., soweit sie ausgehend von der angegriffenen Entscheidung erforderlich wäre - nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.

Das Verwaltungsgericht hat eine öffentlich-rechtliche Restitution der betroffenen Flächen abgelehnt, weil die Klägerin innerhalb der Ausschlussfrist keine Restitution begehrt, sondern lediglich eine Zuordnung der Grundstücke als Verwaltungsvermögen beantragt habe. Dazu hat es im Einzelnen dargelegt, dass der Wille, eine Übertragung der Flächen auch auf eine frühere Eigentümerstellung und den unentgeltlichen Eigentumsentzug zu Gunsten Volkseigentums zu stützen, bis zum Ablauf der Frist weder ausdrücklich geäußert worden noch konkludent hervorgetreten sei. Anknüpfend an diese bindenden Feststellungen der Tatsacheninstanz würde sich die von der Klägerin formulierte Frage in einem Revisionsverfahren nur dahin stellen, ob es zur Wahrung der Restitutionsantragsfrist ausreicht, dass ein auf die betreffenden Grundstücke gerichteter Antrag auf Zuordnung als Verwaltungsvermögen (oder Finanzvermögen) gestellt worden ist.

Die Verneinung dieser Frage liegt auf der Hand; denn die öffentlich-rechtliche Restitution nach Art. 21 Abs. 3 und Art. 22 Abs. 1 Satz 7 EV knüpft an einen anderen Lebenssachverhalt an als die an der Zweckbestimmung zu bestimmten Stichtagen orientierte Zuordnung des Verwaltungs- und Finanzvermögens. Während die Zuordnungsregeln die funktionsgerechte Aufteilung des volkseigenen Vermögens zum Ziel haben, ist die öffentlich-rechtliche Restitution darauf ausgerichtet, unrechtmäßige Vermögensverschiebungen zwischen öffentlich-rechtlichen Körperschaften nach dem 8. Mai 1945 rückgängig zu machen und insoweit ggf. auch die nach den Zuordnungsregeln vorgenommene Vermögensverteilung - wenn auch nach Maßgabe des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 VZOG - zu korrigieren. Der unterschiedliche Charakter der Ansprüche schlägt sich auch in voneinander abweichenden Verfahrensregelungen nieder. Während über die Zuordnung von Vermögenswerten von Amts wegen entschieden werden darf, wenn ein öffentliches Interesse besteht (vgl. § 1 Abs. 6 VZOG), setzt die Restitution immer einen Antrag voraus; das Rückübertragungsbegehren unterliegt ausnahmslos der Disposition des Berechtigten. Auch die hier in Rede stehende besondere Frist für Restitutionsanträge trägt dem Umstand Rechnung, dass die Belastung mit solchen Ansprüchen wegen der damit einhergehenden Verfügungsbeschränkungen (vgl. § 12 VZOG) die Verkehrsfähigkeit des betreffenden Vermögenswerts beeinträchtigt, so dass im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung in den östlichen Bundesländern ein Bedürfnis besteht, sobald wie möglich Rechtsklarheit und Rechtssicherheit herbeizuführen (vgl. Beschluss des Senats vom 13. Juli 2002 - BVerwG 3 B 100.02 - unter Berufung auf das zu der Parallelvorschrift des § 30a VermG ergangene Urteil vom 28. März 1996 - BVerwG 7 C 28.95 - BVerwGE 101, 39). Gerade dieses Bedürfnis nach Rechtsklarheit und Rechtssicherheit erfordert aber auch, dass die bei Fristablauf vorliegenden Anträge erkennen lassen, ob sie ausschließlich eine an der Zweckbestimmung der Vermögenswerte ausgerichteten Zuordnung zum Gegenstand haben oder daneben auch oder sogar nur darauf abzielen, einen unrechtmäßigen Vermögensentzug rückgängig zu machen.

2. Ausgehend davon kann auch die zweite von der Klägerin aufgeworfene Frage,

"ob ein Antrag, der bis zum 31.12.1995 bei der für die Entscheidung zuständigen Behörde eingegangen ist, die zur Übertragung begehrten Vermögensgegenstände einzeln bezeichnet und lediglich das Vermögen unzutreffend (als Verwaltungs-, Finanz- oder Restitutionsvermögen) klassifiziert, auch dann geprüft werden kann, wenn die Klassifizierung nach dem 31.12.1995 geändert wird, und ob es zulässig ist, dass die Beklagte dann auch über die Änderung entscheiden darf",

nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO führen.

Auch diese Frage ist nach dem bereits Dargelegten dahin zu konkretisieren, ob ein Antrag auf Zuordnung als Verwaltungs- oder Finanzvermögen nach Ablauf der Antragsfrist des § 1 AnFrV i.V.m. § 7 Abs. 3 VZOG in einen Restitutionsantrag geändert werden darf, über den die Zuordnungsbehörde in der Sache entscheiden kann.

Da ein bloßes Zuordnungsbegehren - wie ebenfalls bereits ausgeführt - die Restitutionsantragsfrist nicht wahrt, versteht sich von selbst, dass auch eine dahin gehende Änderung eines solchen Begehrens nach Ablauf der Ausschlussfrist verspätet ist mit der Folge, dass ein etwaiger Restitutionsanspruch erloschen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 VZOG nicht erhoben. Wegen des Gegenstandswerts wird auf § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG hingewiesen.



Ende der Entscheidung

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