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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 15.09.2008
Aktenzeichen: BVerwG 3 B 36.08
Rechtsgebiete: Richtlinie 2001/83/EG, AMG


Vorschriften:

Richtlinie 2001/83/EG Art. 1 Nr. 17
Richtlinie 2001/83/EG Art. 76 ff.
AMG § 4 Abs. 22
AMG § 52a
Ein Arzneimittelgroßhändler verfügt über keine Betriebsstätte im Sinne des § 52a Abs. 2 Nr. 1 AMG, wenn er im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes lediglich Arzneimittel bei einer Drittfirma in deren Betriebsstätte zwischenlagert.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 3 B 36.08

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 15. September 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rennert und Buchheister

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 2. Januar 2008 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe:

1. Die Klägerin betreibt einen Arzneimittelgroßhandel in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz. Innerhalb der Europäischen Union verfügt sie über keine eigene Betriebsstätte. Die Klägerin hat eine Rahmenvereinbarung über die Lagerhaltung von Arzneimitteln mit der im Zuständigkeitsbereich des Beklagten ansässigen Firma W. geschlossen, wonach dieses Unternehmen als Auftragslagerhalter für die Klägerin tätig werden soll. Das Lager soll der Klägerin dazu dienen, Arzneimittel für den von ihrem Firmensitz in der Schweiz aus betriebenen Handel mit Unternehmen in Deutschland und der Europäischen Union zwischenzulagern. Der Beklagte lehnte die beantragte Erteilung einer Großhandelserlaubnis nach § 52a AMG ab. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, ohne behördliche Erlaubnis nach § 52a AMG Arzneimittel in der besagten Weise einlagern zu dürfen und mit ihnen Großhandel zu betreiben, hilfsweise die Verpflichtung des Beklagten auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 52a AMG. Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben.

2. Die gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Berufungsgerichts erhobene Beschwerde ist unbegründet. Der Rechtssache kommt die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zu.

a) Die Klägerin hält erstens für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob auf ein Unternehmen mit Sitz in einem Staat, der nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, die §§ 43 Abs. 1, 52a AMG anwendbar sind mit der Folge, dass eine (betriebsbezogene) Großhandelserlaubnis auch dann erforderlich ist, wenn die von ihm ausgeübten rechtsgeschäftlichen bzw. rechtsgeschäftsähnlichen Tätigkeiten im Sinne von § 4 Nr. 22 AMG im Ausland erfolgen.

Der Sache nach geht es der Klägerin damit um die Frage, ob für die von ihr im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes entfaltete Tätigkeit, also insbesondere das Zwischenlagern von gekauften oder zu verkaufenden Arzneimitteln bei einer Fremdfirma, eine Großhandelserlaubnis nach § 52a AMG erforderlich ist, obwohl die eigentliche Vertriebstätigkeit, namentlich der Abschluss der Handelsverträge, am Unternehmenssitz in der Schweiz erfolgt.

Diese Frage hat keine grundsätzliche Bedeutung. Sie bedarf zu ihrer Klärung keines Revisionsverfahrens, sondern beantwortet sich unmittelbar aus dem Gesetz. Nach § 52a Abs. 1 Satz 1 AMG bedarf einer Erlaubnis, wer Großhandel mit Arzneimitteln betreibt. Darunter versteht das Gesetz jede berufs- oder gewerbsmäßige, zum Zwecke des Handeltreibens ausgeübte Tätigkeit, die in der Beschaffung, der Lagerung, der Abgabe oder Ausfuhr von Arzneimitteln besteht (§ 4 Abs. 22 AMG). Danach ist unter anderem das Lagern und die Abgabe von Arzneimitteln zum Zwecke des Handeltreibens im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes Großhandel mit Arzneimitteln und damit nach § 52a AMG erlaubnispflichtig. Das Arzneimittelgesetz unterwirft nicht nur die Vertriebstätigkeit in Form der rechtsgeschäftlichen Betätigung der Erlaubnispflicht, sondern auch die Abwicklung der Handelsverträge, namentlich die Lagerung und die Abgabe von Arzneimitteln zum Zwecke des Handeltreibens. Die mit dem Zwölften Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl I S. 2031) eingeführte Erlaubnispflicht für den Arzneimittelgroßhandel diente der Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben in Art. 76 ff. der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 (ABl Nr. L 311/67) über den Großhandel mit Medikamenten. Die weit gefasste Begriffsbestimmung des Arzneimittelgesetzes entspricht dem Gemeinschaftsrecht, wonach unter Großhandelsvertrieb jede Tätigkeit zu verstehen ist, die in der Beschaffung, der Lagerung, der Lieferung oder der Ausfuhr von Arzneimitteln besteht, soweit diese Tätigkeiten unter anderem mit Herstellern oder deren Kommissionären, Importeuren oder sonstigen Großhändlern abgewickelt werden (Art. 1 Nr. 17 der Richtlinie). Daraus ergibt sich, dass die von der Klägerin in Deutschland beabsichtigte Tätigkeit erlaubnispflichtig ist und nur unter den Voraussetzungen des § 52a AMG erlaubt werden kann.

Daran ändert nichts, dass die als Lagerhalter beauftragte Firma W. für den von ihr betriebenen Großhandel über eine Erlaubnis nach § 52a AMG verfügt. Der Handel mit den zwischengelagerten Arzneimitteln wird nicht von jener Firma, sondern von der Klägerin betrieben. Sie ist auch nach dem mit der Firma W. geschlossenen Rahmenvertrag der in Bezug auf diese Arzneimittel verantwortliche Großhändler (§ 4 Abs. 2 des Rahmenvertrags).

b) Die Klägerin wirft außerdem die Frage auf, ob ein Unternehmen mit Sitz im Ausland bei Erfüllung der in § 52a AMG abschließend aufgeführten Genehmigungsvoraussetzungen einen Anspruch auf Erteilung einer Großhandelserlaubnis gemäß § 52a Abs. 1 AMG für die im Geltungsbereich des Gesetzes gelegene Betriebsstätte hat.

Diese Frage hat ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung. Sie wäre, nähme man sie beim Wort, schon nicht entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht hat gerade nicht angenommen, dass die Klägerin alle Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt, sondern keine Betriebsstätte im Sinne des § 52a Abs. 2 Nr. 1 AMG im Zuständigkeitsbereich des Beklagten benennen kann, für die die Erlaubnis erteilt werden soll. Dem liegt die Erwägung des Berufungsgerichts zugrunde, dass maßgebliche Betriebsstätte der Ort ist, an dem der Großhändler seine Handelsaktivitäten entfaltet, im Falle der Klägerin also der Sitz des Unternehmens in der Schweiz.

Auch wenn man die Frage der Klägerin sinngemäß dahin versteht, ob diese Auslegung des § 52a Abs. 2 Nr. 1 AMG zutreffend ist, kommt ihr keine grundsätzliche Bedeutung zu; denn sie lässt sich, soweit es für den Fall von Bedeutung ist, ebenfalls beantworten, ohne dass es insoweit der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.

Die Erlaubnis nach § 52a AMG ist sowohl personen- als auch betriebsbezogen. Sie wird einem bestimmten Großhändler für (mindestens) eine bestimmte Betriebsstätte erteilt (§ 52a Abs. 2 Nr. 1 AMG), die im Zuständigkeitsbereich der Erlaubnisbehörde liegen muss (§ 52a Abs. 3 Satz 1 AMG), wenn er unter anderem Nachweise darüber vorlegt, dass er über geeignete und ausreichende Räumlichkeiten, Anlagen und Einrichtungen verfügt, um eine ordnungsgemäße Lagerung und einen ordnungsgemäßen Vertrieb zu gewährleisten (§ 52a Abs. 2 Nr. 2 AMG). Soweit anlässlich des vorliegenden Falles die Frage nach den Anforderungen an das Vorhandensein einer Betriebsstätte im Sinne des § 52a Abs. 2 Nr. 1 AMG beantwortet werden muss, erübrigt sich die Durchführung eines Revisionsverfahrens; denn es liegt auf der Hand, dass die Voraussetzungen dieser Norm jedenfalls dann nicht erfüllt sind, wenn der Großhändler - wie hier die Klägerin - sich darauf beschränkt, im Geltungsbereich des Gesetzes Arzneimittel bei einer Fremdfirma einzulagern. Allein durch diesen Vorgang wird die Betriebs- oder womöglich nur Lagerstätte dieser Fremdfirma nicht zur eigenen Betriebsstätte. Die Verantwortung für die Einhaltung der betriebsstättenbezogenen Anforderungen verbleibt bei der Fremdfirma (hier die Firma W. - siehe auch § 1 Abs. 4 und Abs. 8 des Rahmenvertrages). Dies wird letztlich auch von der Klägerin selbst nicht anders gesehen. Sie hat in ihrem Erlaubnisantrag und im Klageverfahren wiederholt betont, innerhalb der Europäischen Union über keine eigene Betriebsstätte zu verfügen. So betrachtet richtet sich ihr Begehren auf die Erteilung einer Großhandelserlaubnis für eine fremde Betriebsstätte. Das ist mit § 52a AMG nicht zu vereinbaren. Die von der Klägerin sinngemäß aufgeworfene Frage, ob einem Großhandel mit einer Betriebsstätte im Inland wegen seines Sitzes im Ausland die Großhandelserlaubnis nach § 52a Abs. 2 Nr. 1 AMG verweigert werden kann, würde sich daher in einem Revisionsverfahren nicht stellen.

Aus der vom Berufungsgericht erörterten, aber offengelassenen Frage, ob das von der Firma W. betriebene Lager für den Fall, dass die Klägerin über eine Betriebsstätte im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes verfügen würde, zusätzlich benannt und in die Erlaubnis aufgenommen werden müsste, kann die Klägerin nichts zu ihren Gunsten herleiten. Das Berufungsgericht hat damit entgegen der Darstellung der Klägerin in der Zulassungsbegründung gerade nicht zum Ausdruck gebracht, dass das Lager der Firma W. für sich genommen eine für die Erlaubniserteilung an die Klägerin ausreichende Betriebsstätte im Sinne des § 52a Abs. 2 Nr. 1 AMG sei.

Ein Widerspruch, den die Klägerin darin erblickt, dass für die Annahme einer Großhandelstätigkeit bereits das Einlagern bei einer Fremdfirma zum Zwecke des Handeltreibens ausreicht, für die Erlaubniserteilung hingegen das Vorhandensein einer Betriebsstätte gefordert wird, ergibt sich daraus nicht. Es ist lediglich so, dass die Klägerin eine im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes erlaubnispflichtige Tätigkeit ausüben möchte, ohne die dafür vom Gesetz aufgestellten Voraussetzungen zu erfüllen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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