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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 11.07.2006
Aktenzeichen: BVerwG 3 B 50.06
Rechtsgebiete: LMEV, Richtlinie 97/78/EG


Vorschriften:

LMEV § 6 Abs. 3
Richtlinie 97/78/EG Art. 17 Abs. 2
Richtlinie 97/78/EG Art. 22 Abs. 2
Gesundheitsbedenken stehen einer Gestattung der Rückverbringung eingeführter Lebensmittel in den Herkunftsstaat im Sinne von § 6 Abs. 3 LMEV nicht nur dann entgegen, wenn Gefahren von der Rückverbringung als solcher ausgehen.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 3 B 50.06

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 11. Juli 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Prof. Dr. Rennert

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 25. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 63 250 € festgesetzt.

Gründe:

Die Grenzkontrollstelle der Beklagten untersagte der Klägerin die Einfuhr zweier mit Nitrofuran belasteter Partien Garnelen aus Thailand. Die Klägerin wendet sich gegen die Bescheide, soweit obendrein die Vernichtung der Garnelen angeordnet wurde. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg. Der Rechtssache kommt die behauptete grundsätzliche Bedeutung nicht zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 und 4 der Verordnung über die Durchführung der veterinärrechtlichen Kontrollen bei der Einfuhr von Lebensmitteln tierischer Herkunft aus Drittländern sowie über die Einfuhr und das Inverkehrbringen sonstiger Lebensmittel aus Drittländern (Lebensmitteleinfuhr-Verordnung - LMEV) in der hier anwendbaren Fassung der Bekanntmachung vom 20. April 1999 (BGBl I S. 775) kann die zuständige Behörde, wenn sie feststellt, dass die in § 1 Abs. 1 Nr. 3 genannten Lebensmittel nicht den lebensmittelrechtlichen Anforderungen entsprechen, gestatten, die Sendung innerhalb einer Frist von 60 Tagen zurückzuverbringen, sofern gesundheitliche Bedenken nicht entgegenstehen; ansonsten sind die Lebensmittel unbrauchbar zu machen oder nach den Vorschriften des Tierkörperbeseitigungsgesetzes zu beseitigen. Das Berufungsgericht hat angenommen, gesundheitliche Bedenken stünden der Gestattung der Rückverbringung auch dann entgegen, wenn - wie hier - von dem Erzeugnis selbst Gesundheitsgefahren ausgingen. Die Klägerin hält für klärungsbedürftig, ob dem zu folgen sei. Sie meint, gesundheitliche Gefahren im Sinne der Vorschrift lägen nur vor, wenn sie gerade von der Rückverbringung ausgingen. Diese Frage rechtfertigt nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens. Es liegt auf der Hand, dass die Vorschrift im Sinne des Berufungsgerichts auszulegen ist.

Auf den Wortlaut der Regelung kann die Klägerin ihre enge Auslegung nicht stützen. Hieraus ergibt sich nicht, dass Gesundheitsgefahren gerade von der Rückverbringung als solcher ausgehen müssten. Vielmehr stellt § 6 Abs. 3 Satz 1 LMEV darauf ab, ob Gesundheitsbedenken gegen die Gestattung der Rückverbringung bestehen. Gesundheitsbedenken stehen einer Gestattung der Rückverbringung aber auch und gerade dann entgegen, wenn Gesundheitsgefahren von dem Erzeugnis selbst ausgehen. Die Behörde muss dann nicht nur die vorgesehene Einfuhr in das Gemeinschaftsgebiet abwehren, sondern auch jeden erneuten Einfuhrversuch sowie jede missbräuchliche Verwendung des Erzeugnisses verhindern. Hierzu dient die Unbrauchbarmachung oder Beseitigung des Erzeugnisses. Dass dies gemeint ist, zeigen die Parallelvorschriften § 13 Abs. 5 Satz 4 der Fleischhygiene-Verordnung (FlHV) und § 16 Abs. 4 Satz 4 der Geflügelfleischhygiene-Verordnung (GFlHV; vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 LMEV). Nach beiden Vorschriften hat die Behörde, wenn gesundheitliche Bedenken bestehen, die Beseitigung anzuordnen und Maßnahmen zu treffen, die eine missbräuchliche Verwendung des Fleisches oder Geflügelfleisches verhindern. Dies zeigt unmissverständlich, dass auch Gesundheitsgefahren erfasst werden, die von dem Erzeugnis selbst ausgehen. Gerade dann droht nämlich eine missbräuchliche Verwendung.

Nur diese Auslegung stimmt auch mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht überein. Die Lebensmitteleinfuhr-Verordnung dient der Umsetzung der Richtlinie 97/78/EG des Rates vom 18. Dezember 1997 zur Festlegung von Grundregeln für die Veterinärkontrollen von aus Drittländern in die Gemeinschaft eingeführten Erzeugnissen (ABl 1998 L Nr. 24 S. 9). Die Klägerin berücksichtigt lediglich Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie, wonach die unschädliche Beseitigung des Erzeugnisses unter anderem angeordnet wird, wenn die Rücksendung - auch bei Erlass gesundheits- oder tierseuchenrechtlicher Auflagen - nicht möglich ist. § 6 Abs. 3 Satz 1 und 4 LMEV dient indes zugleich der Umsetzung von Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie. Wird im Laufe der in der Richtlinie vorgesehenen Kontrollen festgestellt, dass eine Sendung von Erzeugnissen die menschliche oder tierische Gesundheit gefährden könnte, so hat die zuständige Behörde hiernach die beanstandete Sendung zu beschlagnahmen und ihre unschädliche Beseitigung anzuordnen; zudem hat sie alle anderen Grenzkontrollstellen und die Kommission über ihre Feststellungen und den Ursprung der Erzeugnisse unverzüglich zu unterrichten. Diese Regelung dient zweifelsfrei der Bekämpfung von Gefahren, die von dem Erzeugnis selbst ausgehen, nicht erst von seiner Rückverbringung in den Herkunftsstaat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 sowie § 72 Nr. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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