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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 28.07.2006
Aktenzeichen: BVerwG 3 B 56.06
Rechtsgebiete: VZOG
Vorschriften:
VZOG § 8 Abs. 4 | |
VZOG § 8 Abs. 5 |
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 56.06
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 28. Juli 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Prof. Dr. Rennert beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 24. Januar 2006 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe:
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die von der Klägerin in Anspruch genommenen Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Ihre Behauptung, das angefochtene Urteil beruhe auf einem Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), hat die Klägerin nicht hinreichend dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Klägerin bemängelt in ihrer Beschwerdebegründung, dass das Verwaltungsgericht der wirtschaftlichen Bedeutung ihres Sachvortrages, die auf dem Ersatzgrundstück vorhandenen Garagen seien für dreißig Jahre fest vermietet, unter Verletzung seiner Pflicht zur Aufklärung des Sachverhaltes (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht nachgegangen sei und dadurch seine Würdigung, das Ersatzgrundstück sei dem ihr zugeordneten Grundstück gleichwertig, auf unzureichender tatsächlicher Grundlage vorgenommen habe. Sie hat freilich zum Beleg für diesen ihren Sachvortrag beispielhaft einen Vertrag vorgelegt, mit dem eine Garage nicht für dreißig Jahre, sondern auf unbestimmte Zeit vermietet wurde. Damit war ihre Verfahrensrüge von vornherein unschlüssig. Nachdem die Beklagte hierauf hingewiesen hatte, ist die Klägerin in ihrer Replik auf die Verfahrensrüge denn auch nicht zurückgekommen.
2. Grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache nicht zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Klägerin hält für klärungsbedürftig, ob die in § 8 Abs. 5 Satz 1 VZOG vorgesehene Abwendungsbefugnis der verfügenden Stelle voraussetzt, dass der in Satz 2 vorgesehene Zuordnungsantrag bereits in dem Verfahren, in dem das Grundstück dem Berechtigten zugeordnet wird, jedenfalls aber vor Rechtshängigkeit des Erlösauskehranspruchs gestellt wird. Zur Klärung dieser Fragen bedarf es nicht erst der Durchführung eines Revisionsverfahrens. Sie sind zweifelsfrei zu verneinen.
a) Nach § 8 Abs. 1 VZOG sind die dort aufgeführten juristischen Personen des öffentlichen Rechts befugt, über Grundstücke und Gebäude, die im Grundbuch oder Bestandsblatt noch als Eigentum des Volkes eingetragen sind, zu verfügen. Nach § 8 Abs. 4 Satz 2 VZOG muss die verfügende Stelle zeitgleich zu der Verfügung einen Zuordnungsantrag nach § 1 Abs. 6 VZOG stellen. Wird das Grundstück oder Gebäude in diesem oder einem anderweitig eingeleiteten Verfahren einem anderen Berechtigten zugeordnet, so ist die verfügende Stelle nach § 8 Abs. 4 Satz 2 VZOG verpflichtet, den Erlös, mindestens aber den Wert des Vermögensgegenstandes dem in dem unanfechtbaren Zuordnungsbescheid genannten Berechtigten auszukehren. Nach § 8 Abs. 5 Satz 1 VZOG kann die verfügende Stelle anstelle der Auskehrung des Erlöses oder des Wertes das Eigentum an dem Grundstück, Grundstücksteil oder Gebäude - das sie sich zu diesem Zweck wiederbeschafft - oder aber an einem Ersatzgrundstück verschaffen. Will sie so vorgehen, so wird auf ihren Antrag hin nach § 8 Abs. 5 Satz 2 VZOG das Eigentum durch Zuordnungsbescheid der zuständigen Behörde auf den Berechtigten übertragen.
b) Die Klägerin meint in erster Linie, die verfügende Stelle müsse ihre Rechte aus § 8 Abs. 5 Satz 1 VZOG in demjenigen Zuordnungsverfahren geltend machen, in welchem das Grundstück oder Gebäude, über das sie verfügt habe, dem Berechtigten zugeordnet werde, andernfalls sie mit diesen Rechten ausgeschlossen sei. Damit verkennt sie die Systematik des Gesetzes. Nach § 8 Abs. 4 Satz 2 VZOG muss die verfügende Stelle, sobald sie über ein bislang nicht zugeordnetes Grundstück oder Gebäude aus dem vormaligen Volkseigentum verfügt, einen Zuordnungsantrag stellen. Gegenstand dieses Zuordnungsverfahrens ist allein die Zuordnungsrechtslage dieses Vermögensgegenstandes. Über mögliche Sekundäransprüche auf Erlösauskehr oder deren Surrogate wird nicht befunden. Hierzu besteht auch gar kein Anlass. Wie die Bezugnahme auf § 1 Abs. 6 VZOG zeigt, sieht das Gesetz die verfügende Stelle als möglichen Berechtigten an. Sie wird die Zuordnung des Vermögensgegenstandes auch tatsächlich häufig an sich selbst beantragen. Wird diesem Antrag entsprochen, so fehlt für eine Erlösauskehr die Grundlage. Nur wenn dem Antrag nicht entsprochen, der Vermögensgegenstand vielmehr einer anderen Stelle zugeordnet wird, treten die weiteren Rechtsfolgen des § 8 Abs. 4 Satz 2, Abs. 5 VZOG ein. Die Frage der Erlösauskehr stellt sich erst nach Unanfechtbarkeit dieses Zuordnungsbescheides. Schon deshalb liegt auf der Hand, dass die Fragen der Erlösauskehr und ggf. der Abwendung nicht schon Gegenstand dieses Zuordnungsverfahrens sein können.
Muss die Klägerin mithin ihre Ersetzungsbefugnis aus § 8 Abs. 5 Satz 1 VZOG nicht schon in diesem (ersten) Zuordnungsverfahren geltend machen, so braucht sie in diesem Verfahren vollends noch keinen Übertragungsantrag nach § 8 Abs. 5 Satz 2 VZOG zu stellen. Während das erste Zuordnungsverfahren, wie gezeigt, dem Auskehranspruch nach § 8 Abs. 4 Satz 2 VZOG überhaupt erst die Grundlage bietet und dessen Geltendmachung daher notwendig vorausgeht, folgt der Übertragungsantrag nach § 8 Abs. 5 Satz 2 VZOG dieser Geltendmachung nach. Er dient lediglich dem Vollzug des Ersatzangebots, mit dem die verfügende Stelle den Auskehranspruch des Berechtigten abwenden kann. Ohne § 8 Abs. 5 Satz 2 VZOG müsste die verfügende Stelle das wiederbeschaffte Grundstück oder das Ersatzgrundstück dem Berechtigten rechtsgeschäftlich - durch Auflassung und Eintragung - übertragen. Um den Vollzug der Eigentumsübertragung im Grundbuch leichter bewirken zu können, wollte der Gesetzgeber auch hier die Vorteile des Vermögenszuordnungsverfahrens nutzen (BTDrucks 12/5553 S. 168).
c) Die Klägerin meint ferner, die verfügende Stelle könne ihre Rechte aus § 8 Abs. 5 VZOG nur bis zur Erhebung der Auskehrklage geltend machen, nicht mehr jedoch im Auskehrprozess. Auch hierfür fehlt jeder Anhaltspunkt.
§ 8 Abs. 5 Satz 1 VZOG räumt der verfügenden Stelle die Befugnis ein, ihre grundsätzliche Pflicht zur Auskehr des Erlöses oder des Verkehrswertes durch eine andere Leistung zu ersetzen. Durch die Ausübung dieser Befugnis tritt die Pflicht zur Verschaffung des Eigentums an dem wiederbeschafften Vermögensgegenstand oder an dem Ersatzgrundstück an die Stelle der ursprünglichen Auskehrpflicht. Dass diese Ersetzungsbefugnis befristet wäre, sagt das Gesetz nicht. Es lässt sich auch nicht aus dem Wesen der Ersetzungsbefugnis herleiten. Schließlich sprechen auch keine verfahrensrechtlichen Gesichtspunkte für die Auffassung der Klägerin. Im Auskehrprozess muss das Gericht über den Auskehranspruch nach der Sachlage befinden, die im Zeitpunkt seiner Entscheidung besteht. Es muss daher auch berücksichtigen, wenn die Ersetzungsbefugnis noch während des Prozesses ausgeübt und dieser Umstand im Prozess dem Auskehranspruch einredeweise entgegengehalten wird. Damit werden Verfahrensrechte des klagenden Berechtigten nicht verkürzt. Er kann die Ersetzungsbefugnis bestreiten und an seinem Zahlungsantrag festhalten oder aber - unter Verwahrung gegen die Kostenlast - den Zahlungsantrag für erledigt erklären, gegebenenfalls seine Klage nunmehr auf Verschaffung des Eigentums an dem Ersatzgrundstück richten.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 8 Abs. 5 Satz 2 VZOG. Namentlich lässt sich aus dieser Vorschrift kein Vorrang des hier vorgesehenen (zweiten) Zuordnungsverfahrens gegenüber dem Auskehrprozess herleiten. Die abweichende Überlegung der Klägerin nimmt ihren Ausgang bei der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen im Zuordnungsverfahren einerseits und im Auskehrprozess andererseits. Die Gefahr besteht tatsächlich; jeweils geht es um das Bestehen der Ersetzungsbefugnis nach § 8 Abs. 5 Satz 1 VZOG, die von der verfügenden Stelle im Zuordnungsverfahren als Antragstellerin, im Auskehrprozess einredeweise geltend gemacht wird. Die Konkurrenz kann aber nicht im Sinne der Klägerin entschärft oder vermieden werden. Weder kann dem Gesetz entnommen werden, dass die verfügende Stelle ihre Ersetzungsbefugnis nur im Wege des Zuordnungsantrags geltend machen könnte, noch gar, dass sie dies längstens bis zur Erhebung der Auskehrklage dürfte. Wie gezeigt, dient das Zuordnungsverfahren nach § 8 Abs. 5 Satz 2 VZOG im Gegenteil lediglich dem vereinfachten Vollzug; es setzt die Ausübung der Ersetzungsbefugnis voraus. Es liegt daher nahe, dass die verfügende Stelle den Übertragungsantrag nach § 8 Abs. 5 Satz 2 VZOG erst stellt, nachdem feststeht, dass sie anstelle der Auskehr des Erlöses oder des Verkehrswertes nunmehr die Übertragung des Ersatzgrundstücks schuldet, also nach Erzielung einer Übereinstimmung mit dem Berechtigten oder nach rechtskräftiger Abweisung der Auskehrklage. Die verfügende Stelle ist freilich auch nicht gehindert, den Übertragungsantrag wie hier bereits vor oder während des Auskehrprozesses zu stellen; doch wird die zuständige Behörde in diesen Fällen das Zuordnungsverfahren aussetzen, bis über die Auskehrklage rechtskräftig entschieden ist, gerade um divergierende Entscheidungen zu vermeiden und dem Vollzugscharakter ihrer Übertragungsentscheidung Rechnung zu tragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Wegen des Gegenstandswerts wird auf § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG hingewiesen.
Ende der Entscheidung
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