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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 23.08.2001
Aktenzeichen: BVerwG 3 C 17.01
Rechtsgebiete: EV, TreuhG, VZOG


Vorschriften:

EV Art. 26 Abs. 1 Satz 1
EV Art. 26 Abs. 1 Satz 2
EV Art. 27 Abs. 1 Satz 5
TreuhG § 1 Abs. 4
TreuhG § 1 Abs. 5
TreuhG § 11 Abs. 1
TreuhG § 11 Abs. 2
TreuhG § 11 Abs. 3
VZOG § 11 Abs. 1 Satz 3
VZOG §§ 17 ff
VZOG § 18
VZOG § 19
VZOG § 21 Abs. 1
VZOG § 21 Abs. 2
1. Das Sondervermögen Deutsche Reichsbahn im Sinne von Art. 26 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EV kann auch Vermögenswerte umfassen, die am 8. Mai 1945 zum Reichseisenbahnvermögen gehörten und danach in Eigentum des Volkes überführt wurden.

2. Zum Sondervermögen Deutsche Reichsbahn gehörende Vermögensgegenstände sind von dem gesetzlichen Eigentumsübergang auf eine durch Umwandlung entstandene Kapitalgesellschaft (§ 11 Abs. 2 Satz 2 TreuhG) nicht ausgenommen.

3. Für Rückübertragungsansprüche der Bahn (der Post) ist Art. 26 EV (Art. 27 EV) gegenüber den Vorschriften in Art. 21 Abs. 3 und Art. 22 Abs. 1 Satz 7 EV die speziellere Vorschrift.


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 3 C 17.01 VG 3 A 25.99

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 23. August 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Driehaus sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick, Dr. Borgs-Maciejewski, Kimmel und Dr. Brunn

ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 8. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe:

I.

Die Verfahrensbeteiligten streiten um die Zuordnung bzw. Rückübertragung eines in Berlin-Friedrichshain gelegenen ca. 8 000 m2 großen Grundstücks, das seit Ende des 19. Jahrhunderts als gemietete Betriebsstätte der Weizenmühle K. Salomon u. Co. diente, die seit 1922 als Aktiengesellschaft - zuletzt unter der Firma Osthafenmühlen AG - verfasst war.

Der Kläger vertritt seit 1992 als Gesamtvollstreckungsverwalter die im Jahre 1991 in das Handelsregister eingetragene Berliner Osthafenmühlen GmbH (zukünftig auch: Treuhand-Kapitalgesellschaft). Letztere war am 30. Juni 1990 auf der Grundlage der DDR-Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften vom 1. März 1990 (Umwandlungsverordnung - UmwVO) aus dem VEB Kombinat Getreidewirtschaft Berlin entstanden, der seinerseits mittelbarer Rechtsnachfolger der in den fünfziger Jahren in Eigentum des Volkes überführten vorgenannten Osthafenmühlen AG war, deren Nachfolgebetrieb (VEB Osthafenmühle) gleichfalls in den fünfziger Jahren die Nutzung und Verwaltung des beanspruchten Grundstücks übertragen war (Übergabeprotokoll vom 29. Mai 1957 zwischen der Deutschen Reichsbahn und dem VEB Osthafenmühle).

Die Beigeladene (Deutsche Bahn AG) ist die mittelbare Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reichs (Reichseisenbahnvermögen), das - als Rechtsnachfolger des seit 1863 im Grundbuch als Eigentümer ausgewiesenen königlich-preußischen Eisenbahnfiskus - ab 1925 und bis 1998 als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen war.

Die Beklagte stellte durch Bescheid vom 14. April 2000 fest, das Eigentum an dem Grundstück sei mit Wirkung vom 1. Juli 1990 auf die Treuhand-Kapitalgesellschaft übergegangen. Zugleich übertrug sie das Grundstück auf die Beigeladene mit der Begründung zurück, es sei zwar nach dem vor der Vereinigung gültigen DDR-Recht aus dem zuordnungsfähigen Vermögen ausgeschieden, aber zum maßgeblichen Stichtag (25. Dezember 1993) wegen zuvor erfolgter Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens nicht mehr betriebsnotwendig gewesen.

Der gegen die Rückübertragung gerichteten Klage hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 8. Dezember 2000 stattgegeben: Die vom Kläger vertretene Gesellschaft habe ihr am 1. Juli 1990 gewonnenes Eigentum am Grundstück nicht mehr verloren; für eine Rückübertragung auf die Beigeladene sei kein Raum. Im Einzelnen hat es hierzu ausgeführt:

Mit ihrer Umwandlung sei die Treuhand-Kapitalgesellschaft zugleich gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 des Treuhandgesetzes - TreuhG - Eigentümerin des Grundstücks geworden. Ihr Rechtsvorgänger sei Fondsinhaber der auf dem streitbefangenen Grundstück stehenden Gebäude gewesen. Weil das Grundstück zum Beitrittszeitpunkt bereits aus dem zuordnungsfähigen Vermögen ausgeschieden gewesen sei, greife Art. 26 Abs. 1 Satz 1 EV nicht ein; der Bahn habe zum Beitrittszeitpunkt lediglich noch eine wertlose Buchposition zugestanden. Einem etwaigen Zuordnungsanspruch nach Art. 26 Abs. 1 Satz 2 EV stehe bereits entgegen, dass das Grundstück mit Zustimmung der Deutschen Reichsbahn und ohne einen Verstoß gegen die ordnungsgemäße Eisenbahnwirtschaft einem anderen Zweck gewidmet worden sei. Schließlich könne sich die Beigeladene auch nicht auf den allgemeinen Restitutionsanspruch (Art. 21 Abs. 3 EV) berufen, weil dieser durch den bahnspezifischen Rückführungsanspruch des Art. 26 EV verdrängt werde.

Zur Begründung der auf Zuordnung bzw. Rückübertragung des Grundstücks an sie abzielenden Revision bringt die Beigeladene im Wesentlichen Folgendes vor:

Die Treuhand-Kapitalgesellschaft habe den Gegenstand nicht aus dem volkseigenen Vermögen erwerben können, weil zum Zeitpunkt ihrer Umwandlung ein Sondervermögen Reichsbahn auf gesetzlicher Grundlage geschaffen gewesen sei, das einer Privatisierung nach dem Treuhandgesetz nicht unterlegen habe. Die Bezugnahme in Art. 26 EV auf den Vertrag vom 18. Mai 1990 sei als Ausdruck des Willens zu interpretieren, (auch weiterhin) keine Umverteilung und Zersplitterung des Sondervermögens Reichsbahn zuzulassen, weil dieses Sondervermögen der Bahn als Vermögensmasse im Interesse der Erfüllung ihrer künftigen Aufgaben erhalten bleiben solle; auch in § 1 Abs. 5 sowie § 11 Abs. 3 (Spiegelstrich 2) TreuhG werde dieser Wille deutlich.

Im Übrigen gelte der Vorrang der Fondsinhaberschaft jedenfalls dann nicht, wenn - wie im Streitfall - ein Vermögensgegenstand aus dem Sondervermögen Bahn herausgelöst werde, nur um eine Vermögensreserve eines Gesamtvollstreckungsverwalters zu schaffen.

Schließlich treffe es nicht zu, dass das Reichsbahn-Altvermögen nur speziell durch Art. 26 EV geregelt werde und deswegen der allgemeine Restitutionsanspruch des Art. 21 Abs. 3 EV nicht anwendbar sei. Unter dieser Voraussetzung könne die Beigeladene die Rückübertragung nach Maßgabe des § 11 VZOG verlangen, was insbesondere zur Folge habe, dass § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 VZOG (Ausschluss der Rückübertragung wegen Betriebsnotwendigkeit) wegen des Gesamtvollstreckungsverfahrens nicht eingreife.

Der Kläger und die Beklagte verteidigen das angefochtene Urteil.

II.

Die Revision der Beigeladenen ist unbegründet. Das angefochtene Urteil verletzt mit seinen beiden entscheidungstragenden Annahmen kein Bundesrecht, das Eigentum am beanspruchten Grundstück sei bereits vor dem Beitritt der DDR auf die Treuhand-Kapitalgesellschaft übergegangen und die Beigeladene könne sich weder auf einen einigungsvertraglichen Zuordnungs- noch einen Restitutionsanspruch berufen. Namentlich trifft es zu, dass der gesetzliche Eigentumsübergang zugunsten der Treuhand-Kapitalgesellschaft einen mit dem Beitritt der DDR vollzogenen gesetzlichen Eigentumsübergang am Grundstück gemäß Art. 26 Abs. 1 Satz 1 EV ausschloss (1.) und ein Rückübertragungsanspruch der Beigeladenen jedenfalls daran scheitert, dass der beanspruchte Vermögensgegenstand im Sinne des Art. 26 Abs. 1 Satz 2 (letzter Teilsatz) EV einem anderen Zweck gewidmet worden ist (2.).

1. Die Bundesrepublik Deutschland (Sondervermögen Deutsche Reichsbahn) ist nicht im Sinne des Art. 26 Abs. 1 Satz 1 EV zum Beitrittszeitpunkt kraft Gesetzes Eigentümerin des beanspruchten Vermögensgegenstands geworden. Dies hätte vorausgesetzt, dass das Grundstück am 3. Oktober 1990 noch zum Sondervermögen Deutsche Reichsbahn im Sinne des Art. 26 Abs. 2 des Vertrages vom 18. Mai 1990 (BGBl II S. 537) "gehört" hätte; zu diesem Zeitpunkt stand es aber im Eigentum der durch Umwandlung des VEB Kombinat Getreidewirtschaft Berlin entstandenen Treuhand-Kapitalgesellschaft.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, die durch die Umwandlung entstandene Gesellschaft habe gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 23 TreuhG das streitgegenständliche Grundstück erworben. Die Einwände der Beigeladenen, weder seien diese Bestimmungen auf das Sondervermögen Deutsche Reichsbahn anwendbar (a) noch gelte insoweit der Vorrang der Fondsinhaberschaft vor der Rechtsträgerschaft (b), greifen nicht durch:

a) Entgegen der Ansicht der Revision ist das Art. 26 EV unterfallende Reichsbahnvermögen nicht bereits vor dem 30. Juni/ 1. Juli 1990 in einer Weise vom sonstigen Volkseigentum abgesondert worden, dass es dem treuhandgesetzlichen Eigentumsübergang nicht zugänglich gewesen wäre. Den von der Revision hierfür herangezogenen Bestimmungen des Rechts der DDR bzw. des Staatsvertrags vom 18. Mai 1990 (AO Nr. 2 über das Statut der Deutschen Reichsbahn vom 22. März 1990, GBl I, S. 186; Art. 26 Abs. 2 des Vertrages vom 18. Mai 1990, BGBl II S. 537; § 18 Abs. 2 des Haushaltsgrundsätzegesetzes vom 15. Juni 1990, GBl I S. 306; §§ 54 ff. des Gesetzes über die Haushaltsordnung vom 15. Juni 1990, GBl I S. 313) vermag der erkennende Senat lediglich zu entnehmen, dass hierdurch volkseigenes Vermögen in der Form des Reichsbahnvermögens aus dem allgemeinen Haushalt der DDR herausgelöst und in eine eigene Haushaltskategorie ("Sondervermögen") überführt worden ist. Es mag sein, dass seine rechtsgeschäftliche Veräußerung dadurch erschwert worden ist. Selbst wenn den angeführten Bestimmungen der Zweck zu entnehmen sein sollte, das Sondervermögen Reichsbahn möglichst zusammenzuhalten, ist jedoch kein hinreichender Anhalt dafür auszumachen, das Reichsbahnvermögen habe einer vermögenszuordnungsrechtlichen Sonderbehandlung unterzogen und grundsätzlich oder sogar ausnahmslos von Privatisierungen namentlich durch das Treuhandgesetz ausgenommen werden sollen. Auch und gerade die das Reichsbahnvermögen betreffenden Vorschriften des Treuhandgesetzes lassen nicht den Schluss zu, dass diesbezügliches Vermögen als Folge einer Umwandlung nach § 11 Abs. 1 TreuhG entgegen der im nachfolgenden Absatz 2 der Bestimmung normierten Regel nicht auf die neu gebildete Kapitalgesellschaft hat übergehen sollen, in deren Rechtsträger- oder Fondsinhaberschaft es sich zuvor befand.

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass § 1 Abs. 5 TreuhG, der sich mit volkseigenem Vermögen befasst, dessen Rechtsträger u.a. die Deutsche Reichsbahn war, nicht etwa die Anwendung des Treuhandgesetzes auf solche Vermögensgegenstände überhaupt, sondern nur die Anwendung der "Vorschriften dieses Paragraphen" ausschließt (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2001 - V ZR 463/99 - ZOV 2001, 160). Ein Eigentumsübergang auf die vom Kläger vertretene GmbH wäre nur zu verneinen, wenn deren Rechtsvorgänger einem Umwandlungsverbot nach § 11 Abs. 3 TreuhG unterlegen hätte. Davon kann aber keine Rede sein, denn das u.a. die "Deutsche Reichsbahn" betreffende Verbot kann auf ihn nicht erstreckt werden.

Dieser Befund wird bestätigt durch § 21 Abs. 1 VZOG. Bleibt hiernach u.a. für "Eigentumsübergänge nach Maßgabe des Artikel 26 des Einigungsvertrages" (§ 17 Satz 1 VZOG) § 11 Abs. 2 Satz 2 TreuhG unberührt, so ist hierin der gesetzgeberische Wille zu erkennen, die Umwandlungsfolgen auch für das von Art. 26 Abs. 1 Satz 1 EV erfasste Vermögen gelten zu lassen.

b) Die Rechtsträgerschaft der Reichsbahn an dem streitbefangenen Grundstück stand dem gesetzlichen Eigentumsübergang auf die Treuhand-Kapitalgesellschaft wegen deren Fondsinhaberschaft nicht entgegen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt es auf die Rechtsträgerschaft in den hier in Rede stehenden Fällen des Auseinanderfallens von Rechtsträgerschaft an Grund und Boden sowie der Fondsinhaberschaft an aufstehenden Gebäuden dann nicht an, wenn das Grundstück zu betrieblichen Zwecken des Fondsinhabers genutzt worden ist (vgl. Urteile vom 13. Oktober 1994 - BVerwG 7 C 48.93 - BVerwGE 97, 31 <35 ff.> und vom 19. November 1998 - BVerwG 3 C 28.97 - Buchholz 115 Nr. 18; vgl. auch BGH, Urteil vom 23. Februar 2001 - V ZR 463/99 - ZOV 2001, 160 f.). Diese Voraussetzung ist nach den tatsachengerichtlichen Feststellungen gegeben.

Nichts anderes gilt - entgegen dem Vorbringen der Revision - auch dann, wenn die Reichsbahn Rechtsträgerin von Vermögensgegenständen gewesen ist, die ihr vor 1945 gehörten und nach 1945 in sozialistisches Eigentum (Eigentum des Volkes) überführt worden waren, soweit die Reichsbahn wie im Streitfall den Vermögensgegenstand nicht selbst nutzte.

c) Stand somit der beanspruchte Vermögensgegenstand ab dem 1. Juli 1990 im Eigentum der Nachfolgegesellschaft des VEB, so konnte er am 3. Oktober 1990 nicht im Sinne des Art. 26 Abs. 1 Satz 1 EV zum Reichsbahnvermögen "gehören".

Ebenso wenig wie ein in Verwaltungsnutzung (durch Bund, Land oder Gemeinde) im Sinne des Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EV befindlicher Vermögensgegenstand trotz Reichsbahn-Rechtsträgerschaft zum Reichsbahnvermögen im Sinne des Art. 26 Abs. 1 Satz 1 EV gehören kann (vgl. zuletzt Urteil vom 23. November 2000 - BVerwG 3 C 27.00 - Buchholz 111 Art. 26 EV Nr. 5 m.w.N. = ZOV 2001, S. 129) und ebenso wenig wie ein von den Umwandlungsfolgen des § 11 Abs. 2 Satz 2 TreuhG erfasster volkseigener Vermögensgegenstand noch zum Verwaltungsvermögen im Sinne des Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EV gehören kann (vgl. grundlegend Urteil vom 18. März 1993 - BVerwG 7 C 13.92 - BVerwGE 92, 215, 218, seither stRspr), lässt die neue eigentumsrechtliche Qualität, die der betreffende Vermögensgegenstand durch die Umwandlungsfolgen des § 11 Abs. 2 Satz 2 TreuhG gewonnen hat, dessen Zugehörigkeit zum Reichsbahnvermögen des Art. 26 Abs. 1 Satz 1 EV zu, an die die vorgesehene Rechtsfolge des gesetzlichen Eigentumsübergangs (vgl. Urteile vom 26. Mai 1999 - BVerwG 3 C 27.98 - BVerwGE 109, 128 und vom 15. Juli 1999 - BVerwG 3 C 15.98 - BVerwGE 109, 221) anknüpfen könnte.

2. Der gesetzliche Eigentumsübergang auf die Treuhand-Kapitalgesellschaft zum 1. Juli 1990 besagt noch nicht, dass das Grundstück der Bahn unwiederbringlich verloren gegangen wäre. Vielmehr ist der Vermögensgegenstand in einem vermögenszuordnungsrechtlichen Zustand in das Recht der vereinigten Bundesrepublik Deutschland überführt worden, der eine öffentliche Restitution im Prinzip zuließ (a). Im Streitfall allerdings scheitert ein öffentlicher Restitutionsanspruch der Beigeladenen jedenfalls am Vorliegen des restitutionsausschließenden Tatbestandsmerkmals der "Widmung für bahnfremde Zwecke" in Art. 26 Abs. 1 Satz 2 (letzter Teilsatz) EV (b).

a) Die Rechtsnachfolger der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Post können die Rückübertragung solcher Vermögensgegenstände verlangen, die zu den in den Art. 26 Abs. 1 und 27 Abs. 1 EV bezeichneten Vermögensmassen gehören und nicht bereits kraft Gesetzes auf sie übergegangen sind. Die in Art. 26 Abs. 1 Satz 2 und Art. 27 Abs. 1 Satz 5 EV geregelten Tatbestände stellen Restitutionsansprüche dar, "die wie die Restitution aus Art. 21 Abs. 3 und Art. 22 Abs. 1 Satz 7 i.V.m. Art. 21 Abs. 3 des Einigungsvertrages bei den Zuordnungsstellen beantragt werden müssen" (vgl. BTDrucks 12/5553, S. 204).

Der Restitutionsanspruch nach Art. 26 Abs. 1 Satz 2 EV umfasst auch dasjenige Reichsbahnvermögen, das bereits am 8. Mai 1945 zum Sondervermögen Deutsche Reichsbahn gehörte. Bereits im Urteil vom 15. Juli 1999 (a.a.O. S. 225 f.) hat der Senat darauf hingewiesen, dass kein nachvollziehbarer Grund dafür erkennbar ist, warum in Art. 26 Abs. 1 Satz 2 EV früheres Reichsbahnvermögen anders als in Art. 27 Abs. 1 Satz 5 (1. Alternative) EV früheres Reichspostvermögen nicht eigens erwähnt ist. Dies spricht für eine entsprechende Anwendung des Art. 27 Abs. 1 Satz 5 EV. Die tatsächliche (historische) Ausgangslage und die jeweils zu berücksichtigenden rechtlich geschützten Interessen sind für beide Altvermögen als nahezu identisch zu bewerten. Da zudem die Art. 26 und 27 EV für die jeweils zu regelnden Materien die sachnäheren und damit spezielleren Vorschriften im Verhältnis zu Art. 21 Abs. 3 und Art. 22 Abs. 1 Satz 7 EV sind, liegt eine ausfüllungsfähige und -bedürftige Lücke in Art. 26 Abs. 1 Satz 2 EV vor, die ohne Wertungswidersprüche durch eine entsprechende Anwendung des Art. 27 Abs. 1 Satz 5 (1. Alternative) EV zu schließen ist. Diese Annahme wird durch die vornehmlich das Reichsbahn- und das Reichspostvermögen regelnden Vorschriften der §§ 17 ff. VZOG bestätigt. Durch die §§ 18 und 19 VZOG werden nämlich die in Art. 26 EV bzw. Art. 27 EV enthaltenen Übertragungstatbestände hinsichtlich der Art ihrer Durchführung nahezu gleich lautend geregelt.

Restitutionsansprüche der Bahn oder der Post setzen sich auch gegenüber den Eigentumsrechten jener Treuhand-Kapitalgesellschaften durch, auf die der streitbefangene Vermögensgegenstand - wie im vorliegenden Fall - kraft Umwandlungsfolge übergegangen ist. Dies ergibt sich aus § 11 Abs. 1 Satz 2 VZOG, wonach die Rückübertragung eines Vermögenswertes nicht allein dadurch ausgeschlossen wird, dass dieser in das Eigentum einer vollständig von der Treuhand gehaltenen Kapitalgesellschaft übergegangen ist. Für eine Rückübertragung zugunsten der Bahn (oder der Post) gilt nichts anderes, wie sich aus § 21 Abs. 2 VZOG (entsprechende Anwendung des 3. Abschnitts) ergibt.

b) Wegen der inhaltlichen Übereinstimmung der Restitutionsansprüche von Bahn und Post muss sich die Beigeladene im Streitverfahren den Einwand der Widmung für betriebsfremde Zwecke gemäß Art. 26 Abs. 1 Satz 2 (letzter Teilsatz) EV ebenso entgegenhalten lassen wie die Post bei gleicher Ausgangslage den entsprechenden Einwand des Art. 27 Abs. 1 Satz 5 (letzter Teilsatz) EV. Der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass diese Ausnahmevorschriften für sämtliche Vermögensgruppen heranzuziehen sind, die in den genannten Sätzen zuvor Erwähnung finden (vgl. Urteil vom 15. Juli 1999 a.a.O. S. 226), wovon im Streitfall auch die entsprechende Anwendung des Art. 27 Abs. 1 Satz 5 (1.Alternative) EV im Zusammenhang des Art. 26 EV erfasst wird. Hieran hält er nach erneuter Prüfung fest. Somit scheidet eine Restitution aller Vermögensgegenstände aus, die "in der Folgezeit mit Zustimmung der Deutschen Reichsbahn einem anderen Zweck gewidmet worden" sind.

Mit einer ordnungsgemäßen einvernehmlichen Widmung, die auch nicht den Grundsätzen einer unter den Bedingungen der DDR ordnungsgemäßen Eisenbahnwirtschaft bzw. postalischen Wirtschaft widersprochen hat (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 2 und § 19 Abs. 1 Satz 2 VZOG), sind regelmäßig nicht nur die Voraussetzungen entfallen, unter denen ein Vermögensgegenstand gemäß Art. 26 Abs. 1 Satz 1 und Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EV als zu Bahn- oder Postzwecken betriebsgenutztes Vermögen ohne weiteres zuordnungsfähig gewesen wäre. Es ist damit auch der Rückübertragungen regelmäßig rechtfertigende Grund entfallen, Restitutionsprätendenten mit ehemals volkseigenem Vermögen auszustatten, von dem im Allgemeinen anzunehmen ist, dass sie es zur Erfüllung ihrer zukünftigen Aufgaben benötigen. Die durch eine einvernehmliche Nutzungs-Widmung zu DDR-Zeiten erklärte "Freigabe" eines Vermögensgegenstandes hat diesen bereits vor dem Jahre 1990 aus dem der Reichsbahn im weitesten Verständnis zuzurechnenden Vermögenskomplex in einer Weise ausgesondert, dass die rechtliche Bewertung gerechtfertigt ist, er sei mit keinem Restitutionsvorbehalt "belastet" in eine andere Eigentümerschaft überführt worden; daraus folgt, dass er auch bedenkenfrei - wie hier - zur Befriedigung von Gläubigern einer Treuhand-Kapitalgesellschaft zur Verfügung stehen kann (vgl. Urteil vom 18. März 1993 - BVerwG 7 C 13.92 - BVerwGE 92, 215, 219 f.).

Für den Streitfall hat das Verwaltungsgericht rechtlich bedenkenfrei angenommen, die vorgenannten Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Nutzungs-Widmung hätten vorgelegen. In den Gründen seines Urteils hat es maßgeblich darauf abgehoben, dass das Grundstück mit dem Willen der zuständigen übergeordneten Stellen auf Dauer anderen als Bahnzwecken zugeführt und bestimmungsgemäß genutzt worden ist. Dieser Ansatz ist ebenso zutreffend wie die weitere Annahme, eine ordnungsgemäße Umwidmung sei nicht von einem Rechtsträgerwechsel abhängig, zumal der Streitfall von dem Umstand geprägt ist, dass der Vermögensgegenstand schon Jahrzehnte vor seiner Überführung in Volkseigentum immer gewerblich für bahnfremde Zwecke genutzt war, so dass nicht eigentlich von einer "Umwidmung", sondern von einer in der Folgezeit von der Deutschen Reichsbahn vorgenommenen "Widmungs-Bestätigung" zu sprechen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und Abs. 3 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 10 000 DM festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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