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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 30.04.2008
Aktenzeichen: BVerwG 3 C 17.07
Rechtsgebiete: LAG
Vorschriften:
LAG § 349 Abs. 5 Satz 4 Halbsatz 1 | |
LAG § 349 Abs. 5 Satz 4 Halbsatz 2 |
Die Frist beträgt zehn statt vier Jahre, wenn der Verpflichtete auf entsprechende Aufforderung hin nähere Angaben, die für die Rückforderung erforderlich sind, nicht, unvollständig oder unrichtig macht und dadurch die Rückforderung erheblich erschwert oder verzögert.
Über diese zehn Jahre hinaus ist eine Verlängerung der Ausschlussfrist auch durch eine Unterbrechung gemäß § 349 Abs. 5 Satz 5 LAG nicht möglich.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
BVerwG 3 C 17.07
Verkündet am 30. April 2008
In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30. April 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Dette, Liebler, Prof. Dr. Rennert und Dr. Bier
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 24. Mai 2007 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Rückforderung von Lastenausgleichsleistungen, die ihre Rechtsvorgänger als Erben bzw. Erbeserben nach einer Gesellschafterin für Wegnahmeschäden am Betriebsvermögen einer Offenen Handelsgesellschaft (OHG) erhalten haben, infolge Verfristung ausgeschlossen ist.
Das Ausgleichsamt Ludwigshafen stellte durch Bescheid vom 14. Dezember 1973 und Ergänzungsbescheid vom 12. Juni 1975 im Verfahren zur einheitlichen Feststellung von Vermögensschäden nach dem Beweissicherungs- und Feststellungsgesetz (BFG) bei Beteiligung mehrerer unmittelbar Geschädigter u.a. einen Wegnahmeschaden der 1953 verstorbenen Gesellschafterin Anna H. in Höhe von 159 302 RM/M-Ost bei einem Gesellschaftsanteil von 22 % fest. Auf dieser Grundlage erkannte das Ausgleichsamt Wilmersdorf durch zwei Bescheide vom 3. Oktober 1975 den Erben nach Anna H. (Dr. W. H. und E. H.) jeweils eine Hauptentschädigung zu.
Die Treuhandanstalt schloss mit Rechtsnachfolgern der ehemaligen Gesellschafter der OHG, zu denen auch die Erben nach Anna H. zählten, eine Vereinbarung über die Auskehr des Erlöses aus Grundstücksverkäufen und die Rückgabe von Vermögenswerten des eingestellten Unternehmens. Zudem stellte das Thüringer Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen durch Bescheid vom 16. Oktober 1997 die Berechtigung u.a. der Erben nach Anna H. auf Rückübertragung von Vermögenswerten bzw. Erlösauskehr an die OHG i.L. fest. Das Ausgleichsamt Ludwigshafen informierte 1998 das Landesausgleichs-amt Berlin über den teilweisen Schadensausgleich. Dieses hörte die Klägerin zu 1 und die Rechtsvorgängerin des Klägers zu 2 zur beabsichtigten Rückforderung von Ausgleichsleistungen an. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger informierte die Behörde daraufhin mit Schreiben vom 23. April 2001 über einen weiteren Erbfall, räumte einen teilweisen Schadensausgleich ein und wies insbesondere auf den Antrag an das Ausgleichsamt Kaiserslautern hin, mit dem die Kläger die einheitliche Feststellung eines Restschadens begehrten. Das Landesausgleichsamt Berlin stellte dem Prozessbevollmächtigten der Kläger daraufhin am 21. Mai 2001 die Unterbrechungsmitteilung vom 17. Mai 2001 zu. Ein Sachbearbeiter gab die Akten am 22. Januar 2002 ins Lager und verfügte deren Wiedervorlage bei Eingang der Restschadensberechnung.
Das Ausgleichsamt Kaiserslautern übersandte mit Schreiben vom 22. November 2005 seinen bestandskräftigen einheitlichen Bescheid über die Höhe des Schadensausgleichs bei Schäden an Beteiligungen an Personenhandelsgesellschaften vom 6. November 2003. Danach ergab sich bezogen auf den Gesellschaftsanteil der verstorbenen Gesellschafterin Anna H. ein Restschaden in Höhe von 120 428 M/Ost. Das Landesausgleichsamt Berlin forderte daraufhin durch Rückforderungs- und Leistungsbescheide vom 13. März 2006 von der Klägerin als Erbin nach Dr. W. H. 1 633,61 € und von beiden Klägern als Erbeserben nach E. H. jeweils 896,27 € an gewährter Hauptentschädigung zurück.
Das Verwaltungsgericht hat die Rückforderungs- und Leistungsbescheide mit Urteil vom 24. Mai 2007 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Rückforderung von Hauptentschädigung sei mit Ablauf der in § 349 Abs. 5 Satz 4 Halbsatz 1 des Lastenausgleichsgesetzes (LAG) geregelten Ausschlussfrist unzulässig geworden. Für die Frage, ob die in Halbsatz 1 geregelte vierjährige Frist oder die in Halbsatz 2 vorgesehene zehnjährige Frist eingreife, sei maßgeblich, ob der Empfänger von Schadensausgleichsleistungen die ihm durch § 349 Abs. 5 Satz 3 LAG auferlegte Anzeigepflicht erfüllt habe. Dies sei hier der Fall. Die Anzeigepflicht sei selbst an keine Frist gebunden, so dass sie noch während des laufenden Verfahrens erfüllt werden könne. Aus dem Regelungsgefüge des § 349 Abs. 5 Satz 3 und 4 LAG ergäben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass durch eine Meldung des Anzeigepflichtigen nur dann die Rechtsfolgen des § 349 Abs. 5 Satz 4 Halbsatz 2 LAG vermieden werden könnten, wenn diese vor einer anderweitigen Kenntniserlangung durch die Ausgleichsbehörde abgegeben worden sei.
Zur Begründung seiner Revision trägt der Beklagte vor, nach § 349 Abs. 5 Satz 3 und 4 LAG gelte die Zehnjahresfrist, wenn das Rückforderungsamt die erforderliche Kenntnis nicht durch eine Anzeige des Schadensausgleichsempfängers, sondern auf anderem Wege erlange. Maßgeblich für den Beginn der Rückforderungsfrist sei nach dem Gesetzeswortlaut nicht die Anzeige des Schadensausgleichsempfängers, sondern die positive (erste) Kenntnis des Ausgleichsamtes vom Schadensausgleich und von der Person des Rückzahlungspflichtigen. Stehe der Fristbeginn einmal fest, könne er sich nachträglich durch eine Anzeige des Anzeigepflichtigen nicht mehr verschieben. Im vorliegenden Fall liege ein Verstoß gegen die Anzeigepflicht vor, da der (teilweise) Schadensausgleich erst ca. drei Jahre nach seinem Eintritt und auch erst auf Anfrage des Rückforderungsamtes angezeigt worden sei. Die kürzere vierjährige Ausschlussfrist trage dem Umstand Rechnung, dass die Ausgleichsbehörde infolge vollständiger Angaben des Rückzahlungspflichtigen weitere Ermittlungen nicht durchzuführen brauche und allein aufgrund dieser Anzeige unmittelbar die Rückforderung in die Wege leiten könne. Das setze voraus, dass der Anzeigepflichtige die Behörde von sich aus sofort und umfassend informiere. Erlange die Ausgleichsverwaltung ihre Kenntnis hingegen - wie hier - von Dritten oder durch eigene Ermittlungen, sei von einer erschwerten Sachverhaltsaufklärung und damit von der Zehnjahresfrist auszugehen.
Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil. Der Beklagte verkenne, dass das Verwaltungsgericht zwei unterschiedliche Fristen untersucht habe, deren Lauf, je nachdem ob das Ausgleichsamt vom Schadensausgleich von dritter Seite oder durch eine zusätzliche Anzeige des Rückzahlungspflichtigen erfahren habe (Doppelkenntnis), unabhängig voneinander zu verschiedenen Zeitpunkten beginne. Habe die Ausgleichsbehörde ohne Mitwirkung des Anzeigepflichtigen Kenntnis vom Schadensausgleich erhalten, könne sie den Sachverhalt innerhalb von zehn Jahren aufklären. Komme der Verpflichtete seiner Anzeigepflicht auch noch während dieser Zeit nach, greife die Privilegierung des Halbsatzes 1; vom Eingang der Anzeige laufe daher dann die vierjährige Frist.
II
Die Revision des Beklagten ist nicht begründet, da das angefochtene Urteil Bundesrecht nicht verletzt (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben, da die Rückforderungs- und Leistungsbescheide vom 13. März 2006 rechtswidrig waren. Zwar liegen die Voraussetzungen für die Rückforderung von zuviel gezahlten Ausgleichsleistungen gemäß § 349 Abs. 1 Satz 1 LAG i.V.m. § 342 Abs. 3 LAG unstreitig vor. Infolge Fristablaufs kann die Rückzahlung jedoch nicht mehr verlangt werden.
Maßgeblich ist insofern § 349 Abs. 5 Satz 4 des Lastenausgleichsgesetzes - LAG - i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. Juni 1993 (BGBl I S. 845, ber. I 1995, S. 248), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 21. Juni 2006 (BGBl I S. 1323). Nach Halbsatz 1 dieser Vorschrift ist die Rückforderung nach Ablauf von vier Jahren nach dem Kalenderjahr, in dem die Ausgleichsbehörde von dem Schadensausgleich und von der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt hat, frühestens jedoch nach dem 31. Dezember 1996, ausgeschlossen; die Frist beträgt nach Halbsatz 2 zehn Jahre, wenn der Empfänger einer Schadensausgleichsleistung seiner Verpflichtung nach Satz 3 nicht nachgekommen ist. Nach Satz 3 sind Empfänger von Schadensausgleichsleistungen verpflichtet, dies der zuständigen Ausgleichsbehörde anzuzeigen und die für die Rückforderung erforderlichen Angaben zu machen.
1. Bei Erlass der angefochtenen Bescheide war die Vierjahresfrist des § 349 Abs. 5 Satz 4 Halbsatz 1 LAG abgelaufen.
a) Diese Frist beginnt, wie bereits aus dem Wortlaut folgt, nachdem die Ausgleichsbehörde von dem Schadensausgleich und von der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt hat. Hierfür ist gleichgültig, woher sie diese Kenntnis bezieht; es ist nicht erforderlich, dass die Kenntnis gerade auf einer Mitteilung des Verpflichteten beruht.
Auf eine Mitteilung des Verpflichteten hebt erst § 349 Abs. 5 Satz 4 Halbsatz 2 LAG ab. Dem kann, wie die Entstehungsgeschichte belegt, für Halbsatz 1 keine Bedeutung zukommen. Halbsatz 2 wurde nämlich erst nachträglich angefügt. Ursprünglich bestand die Regelung allein aus dem heutigen Halbsatz 1 (mit dem einzigen Unterschied, dass der Beginn der Vierjahresfrist durch das 33. LAG-Änderungsgesetz vom 16. Dezember 1999 <BGBl I S. 2422> vom Zeitpunkt der Kenntniserlangung auf den Ablauf des Kalenderjahres der Kenntniserlangung hinausgeschoben wurde). Die Ursprungsregelung wurde durch das Gesetz vom 24. Juli 1992 (BGBl I S. 1389) erlassen und damit begründet, die Vorschrift diene dem Rechtsfrieden; kein Betroffener müsse befürchten, nach Ablauf von mehr als vier Jahren mit einem Rückforderungsanspruch überzogen zu werden (BTDrucks 12/2170 S. 12). Halbsatz 2 wurde erst durch das 32. LAG-Änderungsgesetz vom 27. August 1995 (BGBl I S. 1090) angefügt, um die Vorschrift an die Regelungen in § 290 Abs. 1 Satz 2 und § 350a Abs. 1 Satz 2 LAG anzupassen (BTDrucks 13/188 S. 6).
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist daher die Vierjahresfrist nicht an die Mitteilung des Verpflichteten zu knüpfen. Damit würde der Anwendungsbereich der Vorschrift zu sehr eingeschränkt. Die Kenntnis der Ausgleichsbehörde von dem Schadensausgleich und von der Person des Verpflichteten wird nämlich nur in der Minderzahl der Fälle auf eine Mitteilung des Verpflichteten zurückgehen. Zumeist wird die Ausgleichsbehörde diese Kenntnis durch eine Mitteilung des zuständigen Vermögensamts erhalten (vgl. § 317 Abs. 2 LAG, § 27 Abs. 2 VermG), wie dies auch im vorliegenden Verfahren der Fall war. Entstehungsgeschichte und Systematik der Vorschrift zeigen aber, dass Halbsatz 1 die Regel aufstellt, von der Halbsatz 2 lediglich eine Ausnahme macht. Dann aber darf Halbsatz 1 nicht im Wege der Auslegung mit einem zusätzlichen einschränkenden Merkmal versehen werden, das die Vorschrift praktisch zur Ausnahme werden lässt.
b) Die Kenntnis der Behörde muss sich auf die Tatsache des Schadensausgleichs und auf die Person des Verpflichteten beziehen. Schadensausgleichsleistungen sind die Leistungen, die nach dem 31. Dezember 1989 (vgl. § 342 Abs. 3, § 349 Abs. 1 Satz 1 LAG) zum Ausgleich des Schadens gewährt worden sind (vgl. § 349 Abs. 2 Satz 1 LAG) und neben der früheren Ausgleichsleistung (Hauptentschädigung) zur Doppelentschädigung geführt haben. Mit der "Person des Verpflichteten" meint das Gesetz den Rückzahlungspflichtigen im Sinne von § 349 Abs. 5 Satz 1 LAG, also den Empfänger der Schadensausgleichsleistung, sei dies noch der Empfänger der Hauptentschädigung oder dessen Erbe oder Erbeserbe. Das gilt auch dann, wenn der Rückzahlungsverpflichtete stirbt oder die Schadensausgleichsleistung Dritten zuwendet. Zwar haftet unter bestimmten Voraussetzungen auch der Rechtsnachfolger des Rückzahlungsverpflichteten (vgl. § 349 Abs. 5 Satz 2 LAG). Durch die Rechtsnachfolge wird aber die Ausschlussfrist des § 349 Abs. 5 Satz 4 LAG nicht erneut in Lauf gesetzt; dies würde zu Unsicherheiten führen und die Abwicklung der Rückforderungsfälle entgegen der Absicht des Gesetzgebers unbestimmt verlängern. Es ist vielmehr gerade der Zweck der vierjährigen Frist, der Behörde auch die Ermittlung etwaiger Rechtsnachfolger des Rückzahlungsverpflichteten zu ermöglichen; bei Bedarf steht der Behörde zudem frei, den Fristlauf zu unterbrechen (§ 349 Abs. 5 Satz 5 LAG).
c) Der Beklagte hatte hier die Kenntnis vom Schadensausgleich und von der Person des Verpflichteten bereits 1998 durch das Ausgleichsamt Ludwigshafen erhalten. Die Vierjahresfrist hat daher am 1. Januar 1999 zu laufen begonnen. Durch die Mitteilung vom 17. Mai 2001 wurde der Fristlauf unterbrochen, was zum Neubeginn der Frist führte (vgl. § 217 BGB in der bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung und § 212 BGB in der Fassung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26. November 2001, BGBl I S. 3138). Sie endete danach spätestens am 31. Dezember 2005, war also bei Erlass der angefochtenen Bescheide verstrichen. Da es sich um eine Ausschlussfrist handelt, konnte der Rückforderungsanspruch danach nicht mehr durchgesetzt werden.
2. Hiergegen kann sich der Beklagte nicht auf § 349 Abs. 5 Satz 4 Halbsatz 2 LAG berufen. Hiernach beträgt die Frist für die Rückforderung zehn Jahre, wenn der Empfänger einer Schadensausgleichsleistung seiner Verpflichtung nach Satz 3 nicht nachgekommen ist, dies der zuständigen Ausgleichsbehörde anzuzeigen und die für die Rückforderung erforderlichen Angaben zu machen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht gegeben.
a) Allerdings unterlagen auch die Kläger der Mitwirkungspflicht nach § 349 Abs. 5 Satz 3 LAG, obwohl sie nicht "Empfänger der Schadensausgleichsleistung" sind, sondern deren Erben. Die Mitwirkungspflicht soll der Behörde die Ermittlung von Umständen ermöglichen oder erleichtern, die in der Sphäre des Pflichtigen liegen; hierzu gehört auch eine etwaige Rechtsnachfolge. Dann aber muss die Mitwirkungspflicht auch für den Rechtsnachfolger gelten. Das wird durch die parallele Vorschrift des § 289 Abs. 3 LAG bestätigt.
b) Die Verletzung der Mitwirkungspflicht nach § 349 Abs. 5 Satz 3 LAG führt nicht zwingend und in jedem Falle zur Verlängerung der Ausschlussfrist auf zehn Jahre. Das setzt vielmehr zusätzlich voraus, dass durch die Verletzung die Aufklärung des Sachverhalts erschwert oder verzögert wird. Dieses Kausalitätserfordernis sieht das Gesetz in der Parallelvorschrift des § 330a Abs. 3 LAG ausdrücklich vor. Es wird auch im Wortlaut des § 349 Abs. 5 Satz 3 LAG selbst angedeutet, wenn der Betroffene verpflichtet wird, die "erforderlichen" Angaben zu machen. Erforderlich sind nur diejenigen Angaben, die die Behörde erst in den Stand setzen, den Rückforderungsanspruch nach Bestand und Höhe festzustellen und sodann zu realisieren. Hingegen sind Angaben über Umstände, die die Behörde ohnedies kennt, nicht mehr "erforderlich".
Die Beschränkung auf kausale Pflichtverletzungen entspricht auch Sinn und Zweck der Vorschrift. Dabei muss in Rechnung gestellt werden, dass der Betroffene nach § 349 Abs. 5 Satz 3 LAG zu zwei Mitteilungen verpflichtet ist, zur Anzeige der Schadensausgleichsleistung sowie zu ergänzenden Angaben. Auf die Nichtanzeige der Schadensausgleichsleistung kann sich die Verlängerung der Ausschlussfrist vernünftigerweise nicht beziehen. Wie gezeigt, wird das Ausgleichsamt Kenntnis vom Schadensausgleich und von der Person des Empfängers der Schadensausgleichsleistung in aller Regel von Seiten des Vermögensamtes erlangen (§ 317 Abs. 2 LAG, § 27 Abs. 2 VermG). Der zusätzlichen Anzeige durch den Empfänger der Schadensausgleichsleistung oder dessen Rechtsnachfolger bedarf es dann nicht; sie wird diesem auch überflüssig erscheinen, wenn er von der Mitteilung des Vermögensamtes Kenntnis erhält. An ihre Unterlassung gleichwohl Verfahrensnachteile zu knüpfen, ließe sich daher nicht rechtfertigen. Unterbleibt demgegenüber die Mitteilung des Vermögensamtes, so ist das Ausgleichsamt zwar regelmäßig auf die Anzeige des Begünstigten angewiesen, um überhaupt Kenntnis vom Schadensausgleich zu erlangen. Doch wäre bei Nichtanzeige eine Verlängerung der Rückforderungsfrist sinnlos, weil mangels Kenntnis der Behörde ohnehin keine Frist liefe, selbst nicht die gewöhnliche vierjährige (vgl. § 349 Abs. 5 Satz 4 Halbsatz 1 LAG).
Die zehnjährige Frist des § 349 Abs. 5 Satz 4 Halbsatz 2 LAG hat mithin ausschließlich Bedeutung für den Fall, dass der Betroffene seine Pflicht verletzt, die für die Rückforderung erforderlichen Angaben zu machen. Anders als bei der Anzeige vom Schadensausgleich, die dem Betroffenen nach dem Empfang der Leistung ohne weiteres möglich ist, weiß der Verpflichtete regelmäßig nicht, ob und welche zusätzlichen Angaben für die Rückforderung erforderlich sind. Insofern ist er auf eine entsprechende Aufforderung der Ausgleichsbehörde angewiesen, die er abwarten darf. Da es sich bei diesen ergänzenden Angaben voraussetzungsgemäß um Informationen aus der Sphäre des Verpflichteten handelt, die der Behörde auf anderem Wege nicht oder nur schwer zugänglich sind, ist es gerechtfertigt, an eine Verletzung dieser Mitteilungspflicht die auf zehn Jahre verlängerte Ausschlussfrist zu knüpfen. Diese Frist gilt demnach, wenn der Verpflichtete auf entsprechende Aufforderung hin nähere Angaben, die für die Rückforderung erforderlich sind, nicht, unvollständig oder unrichtig macht und dadurch die Rückforderung erschwert oder verzögert.
Die Rückforderungsmöglichkeiten der Behörde werden durch diese Auslegung nicht übermäßig beschnitten. Das Gesetz geht für den Regelfall davon aus, dass die vierjährige Frist - die zudem erst nach dem Kalenderjahr der Kenntniserlangung zu laufen beginnt - für die Rückforderung ausreicht. Sollte sich eine Nachfrage beim Betroffenen erst gegen Ende dieser Frist als notwendig erweisen, so bedarf es keiner Fristsetzung für die Beantwortung der Nachfrage, wie sie das Gesetz für den im Übrigen vergleichbaren Fall des § 330a Abs. 3 LAG vorsieht. Vielmehr kann die Behörde den Lauf der vierjährigen Frist durch schriftliche Mitteilung an den Verpflichteten - die auch mit der Anfrage verbunden werden kann - unterbrechen (§ 349 Abs. 5 Satz 5 LAG). Die vierjährige Frist beginnt dann erneut. Sollte der Betroffene nicht oder nur unzureichend antworten, beträgt die Ausschlussfrist zehn Jahre.
c) Über diese zehn Jahre hinaus ist jedoch eine Verlängerung auch durch eine Unterbrechung nicht möglich. Das ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift sowie ihrem Sinn und Zweck. Wie bereits ausgeführt, wurde Halbsatz 2 des § 349 Abs. 5 Satz 4 LAG erst nachträglich durch das 32. LAG-Änderungsgesetz vom 27. August 1995 eingefügt. Das deutet bereits darauf hin, dass sich die schon in der früheren Fassung enthaltene Unterbrechungsmöglichkeit ausschließlich auf die zunächst ausnahmslos geltende Vierjahresfrist beziehen soll. Gestützt wird dies durch den Zweck, den der Gesetzgeber mit der Bemessung der zusätzlich eingeführten Frist auf immerhin zehn Jahre verfolgt. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll sie dazu dienen, dass "die Akten endgültig geschlossen werden können" (BTDrucks 12/2170 S. 20). Es soll sich demgemäß - auch im Sinne des Rechtsfriedens - um eine absolute Obergrenze handeln.
d) Im vorliegenden Falle liegen die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Ausschlussfrist auf zehn Jahre nicht vor. Die Kläger sind ihrer in diesem Zusammenhang allein maßgeblichen Pflicht zu ergänzenden Angaben nachgekommen. Sie haben auf Anfrage mit Schreiben vom 23. April 2001 rechtzeitig, zutreffend und vollständig die erforderlichen Angaben gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Ende der Entscheidung
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