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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 15.07.1999
Aktenzeichen: BVerwG 3 C 28.98
Rechtsgebiete: LuftVG, LuftVZO, EGV
Vorschriften:
LuftVG § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 | |
LuftVZO § 3 Abs. 2 | |
EGV Art. 30 |
Es ist weder gemeinschaftsrechtlich noch nach nationalem Recht zu beanstanden, daß nach der Luftverkehrszulassungsordnung die Verkehrszulassung eines zuvor in Dänemark zugelassenen Flugzeugs in der Bundesrepublik Deutschland von inzwischen hier national verschärften Lärmgrenzwerten abhängig gemacht wird, obwohl baugleiche Flugzeuge, die bereits früher die deutsche Verkehrszulassung erlangt haben, diese uneingeschränkt behalten.
Urteil des 3. Senats vom 15. Juli 1999 - BVerwG 3 C 28.98 -
I. VG Braunschweig vom 29.09.1993 - Az.: VG 10 A 10445/92 - II. OVG Lüneburg vom 14.11.1999 - Az.: OVG 12 L 6139/93 -
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
BVerwG 3 C 28.98 OVG 12 L 6139/93
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 15. Juli 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Driehaus sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick, Dr. Borgs-Maciejewski, Kimmel und Dr. Brunn
ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 14. November 1994 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die verbindliche Feststellung, daß die Betriebsgeräusche eines in Dänemark im Jahre 1992 gebraucht erworbenen Flugzeugs seiner Verkehrszulassung in Deutschland nicht entgegenstehen. Es handelt sich um ein Propellerflugzeug der Marke Piper PA 28-140 mit der Werksnummer 28-745324, das seit dem 2. August 1974 in Dänemark zum Verkehr zugelassen ist.
Mit Schreiben vom 30. Juli 1992 beantragte die Klägerin beim Luftfahrt-Bundesamt der Beklagten für dieses Flugzeug die deutsche Verkehrszulassung sowie die Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens. Das Luftfahrt-Bundesamt antwortete mit Schreiben vom 12. August 1992, daß ein deutsches Kennzeichen vorgemerkt sei. Außerdem vermerkte es auf diesem Schreiben handschriftlich: "PS(:) Beachten Sie bitte, daß das LFZ aus Lärmschutzgründen keine Verkehrszulassung erhält."
Gegen diesen handschriftlichen Zusatz legte die Klägerin mit Schreiben vom 25. August 1992 Widerspruch ein, den das Luftfahrt-Bundesamt mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 1992 zurückwies.
Auf die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht den Widerspruchsbescheid aufgehoben, die Klage im übrigen jedoch abgewiesen. Im anschließenden Berufungsverfahren hat die Klägerin nicht mehr die Verkehrszulassung des Flugzeugs, sondern nur noch die Verpflichtung der Beklagten beantragt, eine Vorabentscheidung darüber zu treffen, daß das Flugzeug trotz seiner Betriebsgeräusche in Deutschland zum Verkehr zugelassen werden kann. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung mit der Begründung zurückgewiesen, die Betriebsgeräusche des Flugzeugs überschritten die in Deutschland dafür maßgeblichen Lärmgrenzwerte.
Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts richtet sich die Revision.
Auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 1996 hat der seinerzeit zuständige 11. Senat des Bundesverwaltungsgerichts das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art. 177 EGV eine Frage zur Auslegung des Art. 30 EGV vorgelegt (vgl. Buchholz 442.40 § 2 LuftVG Nr. 2 S. 1 f.).
Mit Urteil vom 14. Juli 1998 (Rechtssache C-389/96) hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften die Vorlage wie folgt beschieden:
"Art. 30 EG-Vertrag steht einer nationalen Regelung, die die inländische Erstzulassung von zuvor in einem anderen Mitgliedsstaat zugelassenen Flugzeugen von der Einhaltung von Lärmgrenzwerten abhängig macht, die strenger als die der Richtlinie 80/51/EWG des Rates vom 20. Dezember 1979 zur Verringerung der Schallemissionen von Unterschalluftfahrzeugen in der Fassung der Richtlinie 83/206/EWG des Rates vom 21. April 1983 vorgesehenen Werte sind, aber Flugzeuge, die vor der Umsetzung der Richtlinie im Inland zugelassen wurden, hiervon freistellt, nicht entgegen."
Die Parteien haben unter Aufrechterhaltung ihrer bisherigen Rechtsstandpunkte dazu Stellung genommen.
II.
Die zulässige Revision, über die der Senat im Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat keinen Erfolg. Die Annahme des Berufungsgerichts, das Propellerflugzeug der Klägerin könne nicht in Deutschland zum Verkehr zugelassen werden, weil dessen Betriebsgeräusche die in Deutschland dafür maßgeblichen Grenzwerte überschritten, entspricht der Rechtslage.
Der 11. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat in dem den Parteien bekannten Vorlagebeschluß an den Europäischen Gerichtshof vom 25. September 1996 im einzelnen dargelegt, nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 LuftVG könne ein Luftfahrzeug zum Verkehr nur zugelassen werden, wenn seine technische Ausrüstung so gestaltet sei, daß das durch seinen Betrieb entstehende Geräusch das nach dem jeweiligen Stand der Technik im Zulassungszeitpunkt unvermeidbare Maß nicht übersteige; diese Voraussetzung sei - wie sich aus § 3 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b und Abs. 2 LuftVZO ergebe - dann erfüllt, wenn die von der Zulassungsbehörde bekanntgemachten Lärmgrenzwerte eingehalten werden. Nach der - gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden - Feststellung des Berufungsgerichts entspreche das Flugzeug der Klägerin mit 72,2 dB(A) nicht den danach maßgeblichen Lärmgrenzwerten. Überdies seien die Ausführungen des Berufungsgerichts darüber, daß die behördlich festgesetzten und bekanntgegebenen nationalen Lärmgrenzwerte entgegen der Ansicht der Klägerin rechtlich einwandfrei seien, revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Der damit gekennzeichneten Rechtsauffassung schließt sich der erkennende Senat an. Der Vortrag der Klägerin in diesem Revisionsverfahren gibt keinen Anlaß zu einer Vertiefung.
Der 11. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat sich seinerzeit jedoch aus folgender Überlegung gehindert gesehen, der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zuzustimmen, das Flugzeug der Klägerin dürfe wegen Überschreitung der in Deutschland zulässigen Lärmgrenzwerte nicht zum Verkehr zugelassen werden: Dieses Flugzeug sei seit 1974 in Dänemark zum Verkehr zugelassen, könne aber eine deutsche Zulassung wegen der jetzt geltenden strengeren deutschen Lärmgrenzwerte nicht mehr erhalten. Flugzeuge desselben Bautyps mit denselben Lärmdaten, die zuvor in Deutschland zugelassen worden seien, behielten dagegen trotz Überschreitung der jetzigen deutschen Lärmgrenzwerte ihre Zulassung uneingeschränkt. Da in dieser Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit eine nach Art. 30 EGV verbotene Ungleichbehandlung liegen könnte, bedürfe diese Frage einer Klärung durch den EuGH. Durch das Urteil des EuGH vom 14. Juli 1998 (Rechtssache C-389/96) ist dieses Entscheidungs-"Hindernis" entfallen. Danach steht Art. 30 EGV einer derartigen Differenzierung nicht entgegen.
Sonstige Gründe, die geeignet sein könnten, der Revision zum Erfolg zu verhelfen, sind weder von der Klägerin vorgebracht worden noch sonst ersichtlich. Namentlich verstößt es nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, daß früher in Deutschland zugelassene Flugzeuge desselben Typs und derselben Musterzulassung wie das der Klägerin weiter ihre Verkehrszulassung behalten. Diesen Bestandsschutz nicht auch auf Flugzeuge auszudehnen, für die erst nach einer Zulassung im Ausland die Verkehrszulassung in Deutschland beantragt wird, ist schon deswegen sachlich gerechtfertigt, weil andernfalls der in Deutschland vorhandene Bestand von Flugzeugen, die nicht mehr dem neuesten Stand der Technik entsprechen, nicht nur gehalten, sondern entgegen dem angestrebten Schutzziel der Lärmminimierung sogar noch vergrößert würde.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Beschluß
Der Wert des Streitgegenstandes für das Revisionsverfahren wird auf 12 000 DM festgesetzt.
Ende der Entscheidung
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