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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 26.04.2007
Aktenzeichen: BVerwG 3 C 36.06
Rechtsgebiete: AMG
Vorschriften:
AMG § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 | |
AMG § 30 Abs. 1 | |
AMG § 109a Abs. 3 | |
AMG § 109a Abs. 4 |
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
BVerwG 3 C 36.06
Verkündet am 26. April 2007
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. April 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick, Dr. Dette, Liebler und Prof. Dr. Rennert
für Recht erkannt:
Tenor:
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 17. Februar 2005 wird aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Streichung von "Gelée Royale", dem Futtersaft der Bienenköniginnen, aus der Liste der traditionell in Arzneimitteln verwendeten Stoffe.
Die Klägerin vertreibt das fiktiv zugelassene Arzneimittel "Alsiroyal Gelée Royale und Vitamin E Kapseln mit Ginseng" mit den Anwendungsgebieten "Generator bei körperlichen und geistigen Ermüdungserscheinungen, vorbeugend bei Gedächtnis- und Konzentrationsschwäche, altersbedingten Versagenszuständen auf intellektuellem und emotionellem Gebiet, besonders bei psychisch und physisch überforderten Personen, bei geistiger und körperlicher Potenzschwäche". Jede Kapsel des frei verkäuflichen Präparats enthält 1,5 mg Gelée Royale. Der Jahresumsatz liegt bei mehr als 1,5 Mio. €.
Im Dezember 1989 beantragte die Klägerin die Verlängerung der Zulassung ("Nachzulassung") für das Arzneimittel. Auf ihre Anregung hin nahm das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte durch Bekanntmachung vom 15. September 1995 (Bundesanzeiger vom 14. Oktober 1995, S. 11058) unter der laufenden Nr. 378 folgende Position in die sog. Traditionsliste nach § 109a Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes (AMG) auf: "Bienenköniginnenfuttersaft; Kapseln Ginsengwurzel; SE mit Ethanol-Wasser, Tocopherolacetat a-; Weizenkeimöl". Als Anwendungsgebiet ist angegeben "zur Stärkung oder Kräftigung des Allgemeinbefindens. Diese Angabe beruht ausschließlich auf Überlieferung und langjähriger Erfahrung". Daraufhin teilte die Klägerin dem Bundesinstitut unter dem 5. Oktober 1998 mit, sie erstrebe die Zulassung des Arzneimittels "als traditionelles Arzneimittel unter Anwendung von § 109a AMG".
Nachdem Berichte über Nebenwirkungen von Arzneimitteln, die Gelée Royale enthalten, bis hin zu drei tödlich verlaufenen anaphylaktischen Schocks insbesondere aus Australien bekannt geworden waren, empfahl die nach § 109a Abs. 3 AMG berufene Kommission, alle Positionen mit Gelée Royale aus der Traditionsliste zu streichen. Die Kommission begründete dies damit, dass derartige Nebenwirkungen auch in Deutschland vorstellbar seien und unter dem Aspekt des Verbraucherschutzes sowie des nicht ausreichend belegten therapeutischen Nutzens die Aufnahme Gelée-Royale-haltiger Präparate in die Indikationsliste nach § 109a AMG nicht tolerabel sei. Daraufhin gab das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte durch die 41. Bekanntmachung über die Verlängerung der Zulassungen nach § 105 AMG (Anwendungsgebiete für traditionelle Arzneimittel nach § 109a AMG) vom 17. Februar 1999 die Streichung der Listenposition 378 bekannt (Bundesanzeiger vom 1. April 1999, S. 5514).
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, ein Grund für die Streichung sei nicht ersichtlich. Mit Bescheid vom 12. Mai 1999 wies das Bundesinstitut den Widerspruch zurück; die Aufnahme von Stoffen und Stoffkombinationen in die Liste nach § 109a Abs. 3 AMG sei ebenso wie deren Streichung eine unselbständige behördliche Verfahrenshandlung und könne gemäß § 44a VwGO nur mit einem Rechtsbehelf gegen die Sachentscheidung angegriffen werden.
Auf die Anfechtungsklage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht die Bekanntmachung der Listenstreichung vom 17. Februar 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 1999 aufgehoben, weil die Streichung ein selbständig anfechtbarer Verwaltungsakt sei. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzliche Entscheidung mit Urteil vom 13. Dezember 2001 geändert und die Klage abgewiesen. Die Klage sei nach § 44a VwGO unzulässig, weil die Streichung aus der Traditionsliste nur eine behördliche Verfahrenshandlung sei. Durch Urteil vom 20. November 2003 - BVerwG 3 C 29.02 - hat der erkennende Senat das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Dazu hat er ausgeführt, die Aufnahme in die Traditionsliste wie auch die Streichung daraus seien feststellende Verwaltungsakte, die mit der Klage angefochten werden können.
Zur Begründung ihrer Berufung hat die Beklagte daraufhin vorgetragen, Gelée Royale sei gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 AMG zu Recht aus der Traditionsliste gestrichen worden, weil nachträglich ein Versagungsgrund bekannt geworden sei. Die nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG erforderliche Risiko-Nutzen-Abwägung führe angesichts des bestehenden Nebenwirkungspotenzials einerseits und der medizinisch nicht belegten Wirksamkeit andererseits zu einem negativen Ergebnis. Es gebe zahlreiche Berichte insbesondere aus dem Ausland über Nebenwirkungen, die von Gelée Royale in Arzneimitteln ausgelöst würden. Diese seien teilweise äußerst schwerwiegend bis hin zum Eintritt des Todes. Diese neuen Erkenntnisse hätten 1999 zu einem Stufenplanverfahren geführt, in dem für Gelée-Royale-haltige Arzneimittel Warnhinweise und die Aufnahme von Gegenanzeigen angeordnet worden seien.
Die Klägerin hat vorgetragen, die Erfahrung aufgrund jahrzehntelanger Anwendung zeige, dass Arzneimittel mit Gelée Royale unbedenklich seien. Von 1994 bis 1998 seien in Deutschland über 84 Mio. Tagesdosen abgegeben worden. Die Unbedenklichkeit ergebe sich auch daraus, dass Gelée Royale unbeanstandet in Lebensmitteln wie Honig verwendet werde und in jedem Supermarkt gekauft werden könne. Im Ausland gewonnene Kenntnisse könnten nicht auf Deutschland übertragen werden.
Das Oberverwaltungsgericht hat der Berufung der Beklagten durch Urteil vom 17. Februar 2005 erneut stattgegeben und die Klage abgewiesen. Dazu hat es ausgeführt, die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Listenstreichung ergebe sich aus § 30 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG. Beide Bestimmungen seien hier entsprechend anzuwenden, weil sie sich auf die arzneimittelrechtliche Zulassung bezögen, während die Einräumung der Listenposition keine Zulassung darstelle, sondern die therapeutische Wirksamkeit bestimmter Stoffe/Stoffkombinationen für bestimmte Anwendungsgebiete feststelle. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG, auf den § 30 Abs. 1 AMG verweise, stehe der Eintragung des Arzneimittels entgegen, weil der begründete Verdacht bestehe, dass es bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen habe, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgingen. Diese Bestimmung sei auch für die Aufnahme in die Traditionsliste nach § 109a Abs. 3 AMG relevant, obwohl dort nicht von der Unbedenklichkeit des Arzneimittels die Rede sei. Die Gesetzesmaterialien zeigten, dass der Gesetzgeber risikobehaftete Arzneimittel nicht in die Liste habe aufnehmen lassen wollen. Bei der entsprechenden Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG auf die Listeneintragung sei zu berücksichtigen, dass die Bestimmung für Arzneimittel gelte; für sie müssten im Zulassungsverfahren Unterlagen beigebracht werden, die als wissenschaftliches Erkenntnismaterial Aufschluss über Nebenwirkungen gäben. Hier dagegen gehe es um Stoffe, die in traditionellen Arzneimitteln seit längerer Zeit verwendet worden seien, ohne wissenschaftlich geprüft zu sein. So wie die jahrelange Anwendung deshalb nur einen außerwissenschaftlichen Anschein begründe, sie seien unschädlich, und allein dieser Anschein bereits den Zugang zur Traditionsliste eröffne, so genüge spiegelbildlich bereits eine Erschütterung des Anscheins, um die Grundlage für die Aufnahme in die Traditionsliste entfallen zu lassen. Ein Verdacht dafür, dass der betreffende Stoff schädliche Wirkungen habe, sei deshalb schon dann begründet, wenn gravierende Schadensfälle bei Menschen - gleichviel ob im Inland oder Ausland - bekannt geworden seien oder in einem Spontanerfassungssystem nicht nur vereinzelte Verdachtsmitteilungen zu registrieren gewesen seien. Ein solcher Verdacht folge aus den von der Beklagten zitierten Berichten des In- und Auslandes. Danach stehe außer Frage, dass auch in Deutschland schädliche, insbesondere allergische Reaktionen auftreten könnten. So habe eine in Hongkong durchgeführte klinische Untersuchung das allergene Potenzial von Gelée Royale belegt. Darüber hinaus seien die Berichte über im Ausland aufgetretene Nebenwirkungen teilweise schwerwiegender Art zu berücksichtigen, die die Kommission 1999 zur Empfehlung der Listenstreichung veranlasst hätten. Schließlich habe die Beklagte 43 in den Jahren 1990 bis 1999 abgegebene spontane Arztmeldungen über unerwünschte Arzneiwirkungen (UAW) aufgelistet, von denen 35 die Ursächlichkeit von Gelée Royale als möglich bezeichneten. Das Spektrum der Nebenwirkungen reiche von Übelkeit bis zu Schwellungen an den Beinen und Hautreaktionen mit Bronchialproblemen. Damit sei der Anschein der Unbedenklichkeit erschüttert, so dass es auf eine Abwägung mit dem - wissenschaftlich ohnehin bisher nicht erwiesenen - therapeutischen Nutzen des Stoffes nicht mehr ankomme.
Mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Ziel, die Streichung von Gelée Royale aus der Traditionsliste aufzuheben, weiter. Dazu trägt sie vor, das Berufungsgericht sei zu Unrecht von einer nur entsprechenden Anwendung des § 30 AMG i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG ausgegangen. Insbesondere habe es den nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG anzuwendenden Maßstab verkannt. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte für einen begründeten Verdacht, dass von Gelée Royale in Arzneimitteln ins Gewicht fallende Nebenwirkungen ausgehen könnten. In keiner der vom Berufungsgericht herangezogenen Quellen sei die Kausalität des Stoffes für die aufgetretenen unerwünschten Erscheinungen positiv festgestellt. Bei den aus dem Ausland berichteten Fällen sei zudem nicht auszuschließen, dass die spezifische Zusammensetzung des dort verwendeten Gelée Royale (z.B. Art der Pollen) oder qualitative Defizite für die aufgetretenen Allergien verantwortlich seien. Die 43 von der Beklagten benannten UAW-Meldungen ließen sich weder örtlich noch zeitlich einordnen und ermöglichten auch im Übrigen keine zuverlässige Beurteilung der Kausalität. Das Berufungsgericht habe seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung verletzt, weil es zum Nebenwirkungspotenzial von Gelée Royale kein Sachverständigengutachten eingeholt habe. Die Streichung sei auch deshalb rechtswidrig, weil die in § 30 Abs. 3 Satz 1 AMG vorgeschriebene Anhörung nicht erfolgt sei.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Während des Rechtsstreits hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte den Antrag der Klägerin auf Verlängerung der Zulassung für das Arzneimittel "Alsiroyal, Gelée Royale und Vitamin E Kapseln mit Ginseng" durch Bescheid vom 17. Juni 2003 mit der Begründung abgelehnt, es gebe keine Listenposition nach § 109a Abs. 3 AMG, auf die sich die Klägerin zum Nachweis der Wirksamkeit des Arzneimittels berufen könne. Die dagegen gerichtete Klage ist beim Verwaltungsgericht Köln unter dem Az. 7 K 4410/03 anhängig.
II
Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat die Entscheidung der Beklagten, die von der Klägerin verwendete Stoffkombination wegen des Gehalts an Gelée Royale aus der Traditionsliste nach § 109a Abs. 3 AMG zu streichen, aus unzutreffenden Gründen als rechtmäßig angesehen. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Oberverwaltungsgericht (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO), da die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz für eine abschließende Entscheidung in der Sache nicht ausreichen.
1. Die Rechtsgrundlage für die Entscheidung der Beklagten hat das Berufungsgericht in § 30 Abs. 1 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1998 (BGBl I S. 3587) gesehen. Diese Fassung ist hier maßgeblich, weil sie bei Erlass der angefochtenen Bescheide in Geltung war. Nach der genannten Bestimmung ist die Zulassung u.a. zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass der Versagungsgrund des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG bei der Erteilung vorgelegen hat. Der Versagungsgrund ist gegeben, wenn bei dem Arzneimittel der begründete Verdacht besteht, dass es bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen.
Die Anwendbarkeit des § 30 AMG hat der Senat bereits in seinem zurückverweisenden Urteil vom 20. November 2003 bejaht. Zwar handelt es sich dabei nicht um eine tragende Begründung, so dass keine Bindungswirkung nach § 144 Abs. 6 VwGO eingetreten ist. In der Sache ist an der Aussage aber festzuhalten, da die Regelung des § 30 AMG über die Aufhebung einer arzneimittelrechtlichen Zulassung der hier im Raum stehenden Entscheidung über die Löschung einer Eintragung in die Traditionsliste angemessener ist als die ansonsten in Betracht kommende Heranziehung der §§ 48, 49 VwVfG. Insbesondere der Ausschluss von Ermessensspielräumen in § 30 Abs. 1 AMG, der der Arzneimittelsicherheit geschuldet ist, spricht für die Anwendung der Regelung und gegen die Anwendung der §§ 48, 49 VwVfG.
Das Berufungsgericht hat angenommen, § 30 Abs. 1 Satz 1 und § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG seien auf die Eintragung in die Traditionsliste nicht unmittelbar, sondern nur entsprechend anzuwenden. Dagegen wendet sich die Revision mit der Behauptung, der Senat habe in seinem zurückverweisenden Urteil die unmittelbare Anwendung verbindlich vorgegeben. Das trifft nicht zu. Abgesehen davon, dass der Hinweis auf § 30 AMG ohnehin keine Bindungswirkung nach § 144 Abs. 6 VwGO entfaltet, lautet die vom Senat gewählte Formulierung "dafür (d.h. für die Rechtmäßigkeitsprüfung) ist abzustellen auf die Regeln des § 30 AMG". Ob damit eine unmittelbare oder eine analoge Anwendung gemeint ist, ist offen.
In der Sache erscheint die Aussage des Berufungsgerichts, dass nur eine analoge Anwendung in Betracht komme, überzeugend. Die genannten Bestimmungen regeln unmittelbar nur die Aufhebung einer Arzneimittelzulassung. Dass die Eintragung in die Traditionsliste keine Arzneimittelzulassung darstellt, ist unbestreitbar. Sie regelt lediglich einen Ausschnitt aus den Zulassungsvoraussetzungen und schichtet diesen mit Verbindlichkeit für die Zulassungsentscheidung ab. Diese Funktion rechtfertigt es, die für die Beseitigung einer Zulassung geltenden Regeln auf die die Wirksamkeit des Arzneimittels betreffende Teilentscheidung zu übertragen. Dies ist aber typischerweise der Vorgang einer entsprechenden Anwendung.
2. Der vom Berufungsgericht herangezogene § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG betrifft die Unbedenklichkeit des Arzneimittels. Seine Formulierung deckt sich in der hier maßgeblichen Fassung mit der Definition der Unbedenklichkeit in § 5 Abs. 2 AMG. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Regelung des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG auf die Traditionslisteneintragung angewandt, obwohl § 109a Abs. 3 AMG die Unbedenklichkeit des traditionell angewandten Arzneimittels nicht anspricht. Dort heißt es lediglich, die Anforderungen an die Wirksamkeit seien erfüllt, wenn das Arzneimittel Anwendungsgebiete beanspruche, die in einer von der zuständigen Bundesoberbehörde nach Anhörung der dafür eingerichteten Kommission erstellten Aufstellung der Anwendungsgebiete für Stoffe oder Stoffkombinationen anerkannt seien. Grundlage der Eintragung sind dabei einerseits die Besonderheiten der Arzneimittel und andererseits die tradierte und dokumentierte Erfahrung. Davon, dass auch die Unbedenklichkeit des Arzneimittels durch die Eintragung in die Traditionsliste belegt sei, ist in der Vorschrift nicht die Rede. Für die Ansicht des Berufungsgerichts spricht aber der Zweck des § 109a Abs. 3 AMG, freiverkäufliche traditionell angewendete Arzneimittel von der Durchführung der in § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 AMG vorgeschriebenen pharmakologisch-toxikologischen und der klinischen Prüfung freizustellen. Das wird nicht zuletzt deutlich an der Regelung des § 109a Abs. 2 AMG, wonach das in § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 geforderte analytische Gutachten vorliegen muss. Die beiden genannten weiteren Prüfungen haben aber nicht nur die therapeutische Wirksamkeit, sondern auch die Unbedenklichkeit des Arzneimittels zum Gegenstand. Bezöge sich § 109a Abs. 3 AMG nur auf die Wirksamkeit, nicht aber auf die Unbedenklichkeit, die nach § 5 AMG alle Arzneimittel einschließlich der traditionellen aufweisen müssen, so wäre der erstrebte Entlastungseffekt nicht erreicht.
Zutreffend hat das Berufungsgericht darüber hinaus darauf hingewiesen, der Gesetzgeber sei bei Erlass des § 109a AMG als selbstverständlich davon ausgegangen, dass die vor Aufnahme in die Traditionsliste durchzuführende Prüfung auch die Unbedenklichkeit des Arzneimittels einschließe (vgl. BTDrucks 12/7272 S. 8). Bei der Einfügung des § 109a Abs. 4 AMG durch das 10. AMG-Änderungsgesetz vom 4. Juli 2000 (BGBl I S. 1002) ist dies noch einmal bestätigt worden (vgl. BTDrucks 14/3320 S. 16).
3. Der in § 30 Abs. 1 AMG in Bezug genommene § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG verlangt die Ablehnung der Zulassung, wenn der begründete Verdacht besteht, dass das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen. Die Bestimmung verlangt also zweierlei: die Feststellung des begründeten Verdachts schädlicher Wirkungen sowie ein Überwiegen der damit verbundenen Risiken gegenüber dem therapeutischen Nutzen. Eine Subsumtion des vorliegenden Sachverhalts unter diese beiden Voraussetzungen hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen. Es geht zwar noch von dem Merkmal des begründeten Verdachts schädlicher Wirkungen aus. Es meint aber, im Hinblick auf die Eintragung in die Traditionsliste müsse dieses Merkmal anders als im normalen Zulassungsverfahren definiert werden. Bei der normalen Arzneimittelzulassung beruhe das Urteil über die Unbedenklichkeit auf der Vorlage wissenschaftlicher Unterlagen. Dagegen würden Stoffe, die in traditionellen Arzneimitteln seit längerer Zeit verwendet worden seien, eingetragen, ohne wissenschaftlich - insbesondere pharmakologisch-toxikologisch und klinisch - geprüft worden zu sein. So wie die jahrelange Anwendung nur den außerwissenschaftlichen Anschein begründe, sie seien unschädlich, und zu diesem Merkmal allein dieser Anschein den Zugang zur Traditionsliste eröffne, so genüge spiegelbildlich bereits eine Erschütterung des Anscheins, um die Grundlage für die Aufnahme in die Traditionsliste entfallen zu lassen. Eine Nutzen-Risiko-Abwägung hält das Gericht unter diesen Voraussetzungen für überflüssig.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Sie bedeuten eine erhebliche Einschränkung des in § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG vorgegebenen Maßstabes. Das steht im Widerspruch zu den im Urteil des Senats vom 20. November 2003 gemachten Aussagen zur Bedeutung der Aufnahme in die Traditionsliste. Danach wird durch die Eintragung die Beurteilung der Wirksamkeit des Arzneimittels "abgeschichtet". Aufgrund der von der zuständigen Kommission und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte festgestellten tradierten und dokumentierten Erfahrungen "sind die Anforderungen an die Wirksamkeit erfüllt". Diese Feststellung kann nach § 30 Abs. 1 Satz 2 AMG aufgehoben werden, wenn sich herausstellt, dass dem Arzneimittel die therapeutische Wirksamkeit fehlt. Dagegen reicht es nicht, dass der Anschein der Wirksamkeit lediglich erschüttert wird. Dies belegt auch § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AMG, der die unzureichende Begründung der therapeutischen Wirksamkeit nur dann als Rücknahmegrund anerkennt, wenn dem pharmazeutischen Unternehmer nach § 28 Abs. 3 AMG durch Auflagen die Beibringung zusätzlicher Nachweise aufgegeben worden war. Durch die Eintragung in die Traditionsliste ist der Nachweis der Wirksamkeit in vollem Umfang erbracht. Dem kann nicht die Grundlage entzogen werden, indem unter Umgehung der Anforderungen des § 30 Abs. 1 AMG die Aufhebung der Eintragung gegenüber der Rücknahme einer Zulassung dadurch erleichtert wird, dass der fehlende wissenschaftliche Nachweis für die Wirksamkeit zur Grundlage einer Reduzierung der Rücknahmevoraussetzungen gemacht wird.
Diese Überlegungen gelten in gleicher Weise für die durch die Eintragung in die Traditionsliste belegte Unbedenklichkeit des Arzneimittels. Ist die Entscheidung mit der Eintragung gefallen, so gilt für deren Aufhebung ohne Einschränkung § 30 Abs. 1 Satz 1 AMG i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG.
Die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung zielt auf eine Verringerung des Schutzes der durch die Eintragung Begünstigten gegen eine Beseitigung der Eintragung. Für den pharmazeutischen Unternehmer hat dies gravierende Folgen. Nach Einfügung des § 109a Abs. 4 AMG durch das 10. AMG-Änderungsgesetz vom 4. Juli 2000 - BGBl I S. 1002 - musste er sich entscheiden, ob er das normale Zulassungsverfahren nach § 105 AMG oder das Verfahren nach § 109a Abs. 3 AMG unter Inkaufnahme der damit verbundenen Nachteile wie der eingeschränkten Anwendungsgebiete in Anspruch nehmen wollte. Ein nachträglicher Wechsel ist ausgeschlossen. Dies bedeutet, dass dem Unternehmer, der sich für eine Zulassung nach § 109a AMG entschieden hat, durch die Streichung der dafür in Anspruch genommenen Listenposition die Basis für die Zulassung seines Arzneimittels entzogen wird. Dazu reicht die Erschütterung des Anscheins der Wirksamkeit so wenig aus wie die Erschütterung des Anscheins der Unbedenklichkeit.
Keine Grundlage gibt es für die Ansicht des Berufungsgerichts, die Erschütterung des Anscheins der Unbedenklichkeit mache zugleich die in § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG geforderte Abwägung überflüssig. Das Gesetz fordert eine solche Abwägung selbst bei Vorliegen des Verdachts einer schädlichen Wirkung. Warum sie entfallen soll, wenn die Anforderungen an den Verdacht einer schädlichen Wirkung reduziert werden, ist nicht einsehbar.
Das Berufungsgericht hat hiernach § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG fehlerhaft ausgelegt.
4. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts reichen für eine abschließende Entscheidung in der Sache nicht aus. Insbesondere erweist sich das angefochtene Urteil nicht aus anderen Gründen als zutreffend (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen bieten keine hinreichende Grundlage für die Bejahung oder die Verneinung der Voraussetzungen des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG.
Zwar hat das Berufungsgericht festgestellt, aus den von der Beklagten zitierten Berichten des In- und Auslandes ergebe sich, dass auch in Deutschland schädliche, insbesondere allergische Reaktionen auftreten könnten. Die Klägerin stellt auch nicht in Frage, dass solche Reaktionen, die nach den genannten Berichten von Übelkeit bis zu anaphylaktischem Schock mit Todesfolge reichen können, schädliche Wirkungen im Sinne des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG sind. Sie bestreitet jedoch das Vorliegen eines begründeten Verdachts, weil die Kausalität von Gelée Royale für aufgetretene gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht ausreichend belegt sei. Das könnte dahin verstanden werden, dass die Klägerin einen positiven Nachweis der kausalen Beziehung zwischen der Einnahme von Gelée Royale und aufgetretenen Nebenwirkungen verlangt. Damit würde jedoch der Begriff des begründeten Verdachts verkannt. Ein solcher Verdacht ist schon dann gegeben, wenn ernstzunehmende Erkenntnisse den Schluss nahelegen, dass das fragliche Arzneimittel unvertretbare Nebenwirkungen hat (vgl. Kloesel/Cyran, AMG § 25 Rn. 59; Rehmann, AMG 2. Aufl. § 5 Rn. 2). Ein positiver Nachweis ist nicht erforderlich. Seine Notwendigkeit würde dem Gebot der Arzneimittelsicherheit zuwiderlaufen.
Gleichwohl reichen die Feststellungen des Berufungsgerichts schon zur Bejahung eines begründeten Verdachts nicht aus. Die Klägerin hat unter Vorlage von Belegen vorgetragen, von 1994 bis 1998 seien in Deutschland 84 Mio. Tagesrationen Gelée Royale verabreicht worden. Sie hat außerdem auf die allgemeinkundige Tatsache hingewiesen, dass Gelée Royale in Lebensmitteln verwendet wird und in dieser Form in Supermärkten frei erworben werden kann. Mit diesen Umständen hat sich das Berufungsgericht in seinem Urteil nicht auseinandergesetzt. Es hat auch im Übrigen keine Bewertung der ausländischen Berichte, die nicht bei den Akten sind, insbesondere zu aufgetretenen schwerwiegenden Nebenwirkungen im Hinblick auf die Frage vorgenommen, wie naheliegend die Einnahme von Gelée Royale als Ursache für die eingetretenen Gesundheitsstörungen ist und ob möglicherweise spezifische Bestandteile von Gelée Royale in Australien dafür verantwortlich sein können. Andererseits erlauben es die tatsächlichen Feststellungen aber auch nicht, das Risiko eines anaphylaktischen Schocks mit tödlichem Ausgang auszuschließen.
Darüber hinaus fehlt jede Abwägung von Nutzen und Risiko. In diese Abwägung darf entgegen der Ansicht der Beklagten nicht das Argument eingestellt werden, die therapeutische Wirksamkeit des Arzneimittels sei nicht erwiesen. Auch insoweit ist vielmehr von der durch die Eintragung belegten Wirksamkeit auszugehen. Abzuwägen ist daher der dem traditionellen Arzneimittel zugesprochene therapeutische Nutzen mit den von ihm ausgehenden Risiken.
Zweifeln begegnet die hier angefochtene Behördenentscheidung schließlich auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit. Diese drängen sich auf, weil das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf die vorliegenden Erkenntnisse zu Nebenwirkungen von Gelée Royale gegenüber zugelassenen Arzneimitteln, die diesen Stoff enthalten, nicht etwa mit einer Rücknahme der Zulassung reagiert hat. Es hat vielmehr im Wege der Auflage die Aufnahme von Warnhinweisen bzw. von Gegenanzeigen verfügt, die insbesondere die Einnahme durch Asthmatiker verhindern sollen. Dieses Vorgehen wirft die Frage auf, ob im Hinblick auf die Eintragung in die Traditionsliste tatsächlich deren Rücknahme in Form der Streichung geboten ist.
Die angesprochenen Punkte machen eine Bewertung durch das Tatsachengericht notwendig. Dem Bundesverwaltungsgericht ist sie verwehrt. Die Sache ist daher zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ende der Entscheidung
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