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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 21.06.2007
Aktenzeichen: BVerwG 3 C 39.06
Rechtsgebiete: AMG


Vorschriften:

AMG § 10
AMG § 11
AMG § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
AMG § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4
AMG § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5
AMG § 28 Abs. 2
AMG § 105 Abs. 4a
AMG § 105 Abs. 4f
1. Fehlt in der Zulassungsentscheidung für ein Arzneimittel eine Gegenanzeige, die eine ganze Personengruppe wie z.B. Kinder unter 12 Jahren von der Anwendung des Präparats ausschließt, so darf die Aufnahme einer solchen Gegenanzeige in die Packungsbeilage nicht im Wege der Auflage nach § 28 Abs. 2 AMG angeordnet werden.

2. Bei der Nachzulassung eines homöopathischen Kombinationspräparats, für dessen Wirkstoffe sämtlich Aufbereitungsmonografien vorliegen und das insgesamt den Kriterien der Kommission D für die Nachzulassung solcher Präparate genügt, kann eine Teilversagung betreffend die Anwendung bei Kindern nicht darauf gestützt werden, es lägen insoweit keine ausreichenden Prüfungen i.S.d. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AMG vor.


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 3 C 39.06

Verkündet am 21. Juni 2007

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick, Dr. Dette, Liebler und Prof. Dr. Rennert

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. September 2005 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten über die Berechtigung einer Auflage, die die Beklagte im Rahmen eines arzneimittelrechtlichen Nachzulassungsbescheides gegenüber der Klägerin festgesetzt hat.

Die Firma K.P. GmbH beantragte im April 1990 die Verlängerung der Zulassung eines homöopathischen Kombinationsarzneimittels mit dem Namen "Arnica Komplex". Dieses Arzneimittel befand sich bereits seit Jahren aufgrund einer "fiktiven Zulassung" nach Maßgabe des § 105 Abs. 1 und 2 des Arzneimittelgesetzes - AMG - im Verkehr. Es wurden acht wirksame Bestandteile benannt und folgende Anwendungsgebiete angegeben: Vegetative Dystonie, Neurastenie, psychogene Reaktionen, nervöse Schwächezustände, innere Unruhe, Einschlafstörungen, beginnende Herzmuskelschwäche und Depressionen.

Im Juni 1992 zeigte die Firma K. P. GmbH gegenüber der Beklagten an, dass das Nachzulassungsverfahren nunmehr von der Klägerin fortgeführt werde. Unter dem 22. November 1993 teilte die Klägerin mit, dass sie das Arzneimittel unter der Bezeichnung "Nervoregin Tabletten" weiter in den Verkehr bringen wolle. In ihrem Antragsformular verwies die Klägerin auf die von der Kommission D (Arzneimittelkommission für Homöopathische Arzneimittel) veröffentlichten Monografien für die acht enthaltenen Wirkstoffe. Unter der Rubrik "Gegenanzeigen" gab sie an "keine bekannt".

Nach einer entsprechenden Beanstandung der Beklagten verringerte die Klägerin die Zahl der in dem Arzneimittel enthaltenen Wirkstoffe auf fünf. Dabei handelt es sich um folgende Bestandteile: Acidum phosphoricum Dil. D1 0,160 mg, Anamirta cocculus Trit. D3 10,0 mg, Avena savita Urtinktur 20,0 mg, Hypericum perforatum Trit. D1 10,0 mg, Passiflora incarnata Urtinktur 10,0 mg. Die Bezeichnung wurde in "Nervoregin H Tabletten" geändert.

Mit Bescheid vom 14. September 2000 verlängerte die Beklagte die Zulassung nach Maßgabe des § 105 AMG. Zum Anwendungsgebiet enthält der Bescheid folgende Angaben: "Die Anwendungsgebiete leiten sich von den homöopathischen Arzneimittelbildern ab. Dazu gehören nervös bedingte Erschöpfungszustände".

Sodann heißt es dort:

Die Verlängerung der Zulassung wird mit folgenden Auflagen verbunden:

Auflagen gemäß § 28 Abs. 2 AMG:

A. 3. Gegenanzeigen

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

"Zur Anwendung dieses Arzneimittels bei Kindern liegen keine ausreichend dokumentierten Erfahrungen vor. Es soll deshalb bei Kindern unter 12 Jahren nicht angewendet werden."

Begründung:

Entsprechend der 5. Novelle des AMG ist bei den Angaben nach § 11 AMG Satz 1 Nr. 7 bis 9 (Gegenanzeigen, Vorsichtsmaßnahmen; Wechselwirkungen) auf die besondere Situation bestimmter Personengruppen einzugehen, wie zum Beispiel von Kindern. Die Aufbereitungsmonografien der Kommission D wurden stoffbezogen und nicht präparatbezogen erstellt.

Zum Beleg der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit für diese Altersgruppe bis 12 Jahren können die Monografien deshalb bei dem vorliegenden Arzneimittel nicht verwendet werden. Bei Monopräparaten kann ggf. Erkenntnismaterial in Form von homöopathischer Fachliteratur herangezogen werden. Bei dem vorliegenden Arzneimittel handelt es sich jedoch um ein Kombinationspräparat, wozu kein präparatspezifisches Erkenntnismaterial vorliegt.

Als Anlage 2 war dem Bescheid der "Wortlaut der für die Packungsbeilage vorgesehenen Angaben" beigefügt; dort wurde die Gegenanzeige zur Anwendung des Arzneimittels bei Kindern unter 12 Jahren wörtlich wiederholt.

Das Verwaltungsgericht hat auf die Anfechtungsklage der Klägerin die in dem Bescheid enthaltene Auflage A.3 durch Urteil vom 1. Oktober 2003 mit der Begründung aufgehoben, die Auflage sei von der im Bescheid herangezogenen Ermächtigungsgrundlage des § 28 Abs. 2 AMG nicht gedeckt. Es seien keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass Anwendungsrisiken für die in Rede stehende Personengruppe bestünden. Vielmehr sei das Arzneimittel seit Jahren im Verkehr, ohne dass derartige Anwendungsrisiken bekannt geworden seien. Ebenso wenig komme § 105 Abs. 5a Satz 1 und 2 Alt. 2 AMG in Betracht, da es sich hier nicht um eine Anordnung zur Mängelbeseitigung handele.

Die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht durch Urteil vom 27. September 2005 zurückgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, die Klage sei als Anfechtungsklage statthaft, weil die angefochtene Auflage lediglich den Inhalt und die Angaben auf der Packungsbeilage betreffe. Die Auflage sei rechtswidrig, weil sie nicht durch eine Ermächtigungsgrundlage gedeckt sei. Die Festsetzung einer in den Zulassungsunterlagen nicht benannten Gegenanzeige stelle der Sache nach eine Einschränkung im Sinne einer teilweisen Versagung der beantragten Zulassung dar. Dies sei auch dann der Fall, wenn aus dem Anwendungsgebiet eine bestimmte Personengruppe herausgenommen werde. Dabei mache es in der Anwendungspraxis keinen Unterschied, ob die Gegenanzeige mit der Formulierung "darf nicht" oder "soll nicht" formuliert werde. Gegenanzeigen betreffend die Nichtanwendbarkeit für bestimmte Personen seinen demnach als Teil der Zulassungsentscheidung selbst anzusehen und an den Versagungsgründen des § 25 Abs. 2 AMG zu messen. Solche wesentlichen Entscheidungen dürften nicht auf Nebenbestimmungen verlagert werden. Auch der die Packungsbeilage betreffende § 11 AMG ermächtige nicht zur eigenständigen Festsetzung von Gegenanzeigen; er regele nur die förmliche Umsetzung einer entsprechend eingeschränkten Zulassung.

Der Klägerin sei eine uneingeschränkte Zulassung erteilt worden. Ihr Zulassungsantrag sehe eine Zulassung des Arzneimittels auch für Kinder unter 12 Jahren vor. Dieser Personenkreis sei nicht im Sinne einer teilweisen Versagung aus dem Anwendungskreis herausgenommen worden. Auf den Seiten 1 und 2 mit den eigentlichen Festsetzungen der Zulassung sei kein Hinweis auf eine Einschränkung enthalten. Ab Seite 3 seien nur die Auflagen aufgeführt, die sich auf die Gestaltung der Packungsbeilage erstreckten.

Die vorhandenen Auflagenermächtigungen seien jedenfalls nicht geeignet, die Auflage A.3. abzudecken. Die Aufnahme einer Gegenanzeige nach § 105 Abs. 5a Satz 1 und 2 Alt. 1 i.V.m. § 28 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) AMG setze voraus, dass eine (Teil-)Versagung vorliege, der dann in der Packungsbeilage Rechnung getragen werde. Nicht zulässig sei es, unter dem Gesichtspunkt der (Warn-)Hinweise oder Vorsichtsmaßnahmen im Wege der Auflage Anordnungen zu treffen, die faktisch einer (Teil)Versagung gleichkämen. Die Versagungsentscheidung werde lediglich auf die Auflagenebene verlagert und auf dem (Um-)Weg über die Packungsbeilage getroffen, was tatsächlich zu einer identischen Belastung führe. Auch sei eine unmittelbare oder mittelbare Gefährdung der Gesundheit nicht ersichtlich. Die Ermächtigung des § 28 Abs. 2 Nr. 3 AMG greife ebenfalls nicht, da diese Vorschrift nur die Anpassung der Angaben auf der Packungsbeilage an die eingereichten Unterlagen oder die Anpassung an eine von den Zulassungsunterlagen abweichende Zulassung erlaube. Die Auflage könne auch nicht auf die umfassende Auflagenbefugnis des § 28 Abs. 1 Satz 1 AMG unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG gestützt werden. Die Zulassung sei ohne Auflage nicht rechtswidrig.

Die vom erkennenden Senat zugelassene Revision hat die Beklagte damit begründet, das Berufungsurteil verletze § 28 AMG. Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass sich die in § 28 AMG normierte Auflagenbefugnis nur auf die formale Umsetzung der Zulassungsentscheidung beschränke, sei unzutreffend.

Es gebe keine ausdrücklichen Regelungen zum (Mindest-)Inhalt der Zulassungsentscheidung. Auf der Zulassungsebene werde allein entschieden, ob überhaupt eine Zulassung erteilt werden könne, weil der wesentliche Inhalt der Zulassungsentscheidung das Nichtvorliegen von Versagungsgründen sei. Regelungen, die die unbedenkliche Anwendung im Einzelfall gewährleisten sollten, seien nicht Bestandteil der Entscheidung über die Zulassung.

Die eigenständige Anordnung von Auflagen zur Beschränkung des Anwenderkreises durch Angaben in den Informationstexten sei auf der Grundlage des § 28 Abs. 1 AMG zulässig. Diese Bestimmung enthalte eine weit reichende Auflagenbefugnis, die einen Rückgriff auf § 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG entbehrlich mache, aber sicherstelle, dass die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt würden. Die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen seien nur mit der erteilten Auflage erfüllt, weil eine uneingeschränkte Anwendungsempfehlung im Widerspruch zu dem fehlenden Nachweis der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit stünde. Auch von den spezielleren Auflagenbefugnissen des § 28 Abs. 2 AMG sei die Auflage gedeckt. Bei § 28 Abs. 2 Nr. 2 AMG handele es sich um eine separate Auflagenermächtigung, die es der Behörde ermögliche, auf die Ausgestaltung der Packungsbeilage Einfluss zu nehmen. Nach § 28 Abs. 2 Nr. 3 AMG sei sicherzustellen, dass die Angaben nach den §§ 10, 11, 11a AMG den für die Zulassung eingereichten Unterlagen entsprächen. Damit sei nicht nur eine rein formale Kongruenz zwischen eingereichten Unterlagen bzw. Zulassungsentscheidung und Informationstexten gemeint. Vielmehr werde es der Beklagten ermöglicht, Einfluss auf die inhaltlichen Angaben in den Informationstexten entsprechend dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und den darin liegenden Änderungen der Zulassungsunterlagen zu nehmen. Der Verbraucher müsse auf fehlende Erkenntnisse und das daraus resultierende Risiko hingewiesen werden. Die Auflage A.3 könne auch auf § 28 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) AMG gestützt werden. Hier handele es sich um eine präventive Vorschrift, nach der bereits eine Gefährdung verhütet werden solle. Deshalb müsse der Verbraucher durch einen entsprechenden Hinweis darüber informiert werden, dass bestimmte Risiken infolge unzureichender Unterlagen oder mangels Erkenntnismaterials nicht eingeschätzt werden könnten.

Eine Teilversagung hätte auf § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AMG gestützt werden können, da das Arzneimittel bezogen auf Kinder nicht nach dem gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse geprüft worden sei. Gemäß § 105 Abs. 5 Satz 4 AMG sei dieser Versagungsgrund vorrangig durch Auflagen zu beseitigen. Eine Teilversagung hätte zudem die Gruppe der Kinder völlig aus der Anwendung ausgeschlossen. Hier habe man nur davon abgesehen, eine Anwendungsempfehlung auszusprechen.

Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

II

Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat das der Klage stattgegebende erstinstanzliche Urteil zu Recht bestätigt. Die angefochtene Auflage A.3 im Zulassungsbescheid der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Das Berufungsgericht hat die Anfechtungsklage zutreffend als statthaft angesehen. Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist gegen belastende Nebenbestimmungen eines Verwaltungsakts die Anfechtungsklage gegeben (vgl. Urteile vom 19. Januar 1989 - BVerwG 7 C 31.87 - BVerwGE 81, 185, 186; vom 22. November 2000 - BVerwG 11 C 2.00 - BVerwGE 112, 221, 224; Beschluss vom 17. Juli 1995 - BVerwG 1 B 23.95 - Buchholz 451.20 § 33i GewO Nr. 19). Dies gilt insbesondere für einem begünstigenden Verwaltungsakt beigefügte Auflagen. Wird geltend gemacht, eine solche Nebenbestimmung finde im Gesetz keine Grundlage, so kann dies mit der Klage auf Aufhebung der Nebenbestimmung geltend gemacht werden. Ob diese Klage zur isolierten Aufhebung der Nebenbestimmung führen kann, hängt davon ab, ob der begünstigende Verwaltungsakt ohne die Nebenbestimmung sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann; dies ist eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des Anfechtungsbegehrens, sofern nicht eine isolierte Aufhebbarkeit offenkundig von vornherein ausscheidet (BVerwG a.a.O.).

Die vorliegende Klage richtet sich gegen eine derartige belastende Nebenbestimmung. Die Anordnung betreffend die Nichtanwendung des zugelassenen Arzneimittels bei Kindern unter 12 Jahren ist im Bescheid ausdrücklich als Auflage bezeichnet und auf § 28 Abs. 2 Arzneimittelgesetz (AMG) gestützt, der die Auflagenbefugnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte regelt. Darüber hinaus wird der Klägerin mit der Vorbemerkung, unter "Gegenanzeigen" seien zusätzlich die folgenden Formulierungen aufzunehmen, ein bestimmtes Tun aufgegeben; dies entspricht der Definition der Auflage in § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG. Dementsprechend ist die streitige Regelung von der Klägerin stets als Auflage verstanden und mit der Begründung angegriffen worden, für sie gebe es keine gesetzliche Grundlage.

2. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend entschieden, dass jedenfalls eine Gegenanzeige, die eine ganze Personengruppe wie Kinder, Schwangere und Stillende oder alte Menschen von der Anwendung eines Arzneimittels ausschließt, nur dann im Wege der Auflage für die Packungsbeilage verbindlich gemacht werden darf, wenn diese Gegenanzeige in der Zulassungsentscheidung selbst enthalten ist.

a) Gegenanzeigen, die auch als Kontraindikationen bezeichnet werden (vgl. Kloesel/Cyran, AMG § 11 Bem. 33), bezeichnen die Umstände, unter denen das Arzneimittel nicht, nur beschränkt oder nur unter besonderen Voraussetzungen angewendet werden darf. Gegenanzeigen sind damit das Gegenstück zur Festlegung der Anwendungsgebiete ("Indikationen"), die den Einsatzbereich des Arzneimittels bezeichnen. Die Festlegung der Anwendungsgebiete ist das zentrale Element der Zulassungsentscheidung, da die Wirksamkeit (§ 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AMG) und auch das Nutzen-Risiko-Verhältnis (§ 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG) als wesentlichste Zulassungsvoraussetzungen nur im Hinblick auf die betroffenen Anwendungsgebiete beurteilt werden können. Die Anwendungsgebiete sind daher Gegenstand der Zulassungsentscheidung selbst und können nicht in Auflagen betreffend die Angaben in der Gebrauchsinformation eigenständig festgelegt werden (vgl. Kloesel/Cyran, AMG § 28 Bem. 14). Was für die Anwendungsgebiete gilt, muss auch für deren Einschränkung im Wege von Kontraindikationen gelten. Die Bestimmung, dass das Arzneimittel unter bestimmten Voraussetzungen nicht eingenommen werden darf, stellt eine Einschränkung der Anwendungsgebiete dar und steht folglich mit deren Festlegung auf einer Stufe. Dem entspricht es, dass in § 22 Abs. 1 Nr. 6 und 7 AMG die Anwendungsgebiete und die Gegenanzeigen unmittelbar nebeneinander als Umstände aufgeführt werden, über die in den Zulassungsunterlagen Angaben zu machen sind.

Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob diese Überlegungen ausnahmslos für alle Gegenanzeigen zutreffen. Zumindest Gegenanzeigen, die ganze Personengruppen von der Anwendung des Arzneimittels ausschließen, sind in ihrer Bedeutung für den die Zulassung betreibenden pharmazeutischen Unternehmer wie auch für die auf das Arzneimittel angewiesene Bevölkerung von gleichem Gewicht wie die Abgrenzung der Anwendungsgebiete. Die Notwendigkeit, beide gleichermaßen in der Zulassungsentscheidung selbst festzulegen, steht daher außer Zweifel.

b) Die von der Beklagten herangezogenen Vorschriften des § 28 AMG führen zu keinem anderen Ergebnis.

Fehl geht insoweit zunächst die Auffassung der Beklagten, § 28 Abs. 1 Satz 1 AMG gebe ihr eine umfassende in ihr pflichtgemäßes Ermessen gestellte Auflagenbefugnis. Die Arzneimittelzulassung ist nach § 25 Abs. 2 AMG eine gebundene Entscheidung, die nur bei Vorliegen der im Gesetz vorgesehenen Gründe versagt werden darf. Damit wäre eine umfassende gesetzlich nicht konkretisierte Auflagenbefugnis unvereinbar.

Auch der von der Beklagten konkret benannte § 28 Abs. 2 Nr. 2 AMG stützt die Auffassung der Beklagten, sie könne eine nicht in der Zulassungsentscheidung enthaltene Gegenanzeige durch Auflage anordnen, nicht. Nach dieser Bestimmung kann eine Auflage angeordnet werden, um sicherzustellen, dass die Packungsbeilage den Vorschriften des § 11 AMG entspricht. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) AMG sind Gegenanzeigen in die Packungsbeilage aufzunehmen. Dass dies auch dann geschehen könne, wenn die Gegenanzeige in der Zulassungsentscheidung nicht vorkommt, besagt die Vorschrift nicht.

Auf § 28 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a) AMG kann die Beklagte sich ebenfalls nicht berufen. Danach kann angeordnet werden, dass in die Packungsbeilage Hinweise oder Warnhinweise aufgenommen werden müssen, soweit sie erforderlich sind, um bei der Anwendung des Arzneimittels eine unmittelbare oder mittelbare Gefährdung der Gesundheit von Mensch oder Tier zu verhüten. Eine Gegenanzeige, wie sie hier im Streit ist, ist kein Hinweis oder Warnhinweis im Sinne dieser Bestimmung.

Ebenso wenig findet die Auffassung der Beklagten in § 28 Abs. 2 Nr. 3 AMG eine Grundlage. Wenn es dort heißt, Auflagen könnten angeordnet werden, um sicherzustellen, dass die Angaben nach den §§ 10, 11 und 11a den für die Zulassung eingereichten Unterlagen entsprechen, so zielt dies auf eine Übereinstimmung der vorgelegten Unterlagen etwa mit dem Inhalt der Packungsbeilage. Dass die Behörde auf dieser Grundlage auch Angaben darüber verlangen könne, dass bestimmte Unterlagen nicht vorgelegt worden seien, gibt die Bestimmung schon ihrem Wortlaut nach nicht her. Auch der Nachsatz dieser Regelung, wonach die Angabe weiterer Gegenanzeigen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen zulässig bleibt, hilft nicht weiter. Diese Bestimmung soll lediglich die Änderung der Angaben nach §§ 10, 11 und 11a des Arzneimittelgesetzes ermöglichen, soweit weitere Gegenanzeigen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen nach § 29 des Arzneimittelgesetzes angezeigt werden (vgl. Begründung zum Entwurf des 3. AMG-Änderungsgesetzes, BTDrucks 11/2357 S. 7). Eine generelle Auflagenbefugnis betreffend die Packungsbeilage und die Gebrauchsinformationen etwa unter dem Gesichtspunkt der Arzneimittelsicherheit oder der Transparenz ist damit nicht verbunden.

Die Beklagte kann sich schließlich nicht darauf berufen, dass die angefochtene Auflage keinen absoluten Anwendungsausschluss des Arzneimittels für Kinder unter 12 Jahren angeordnet habe. Zwar lautet die vorgegebene Formulierung, das Präparat solle Kindern unter 12 Jahren nicht verabreicht werden. Im juristischen Sprachgebrauch bleibt dies hinter einer Anordnung, das Medikament dürfe nicht verwendet werden, zurück. Zu Recht hat das Berufungsgericht aber festgestellt, dass dieser Unterschied für die praktischen Auswirkungen beim Verbraucher ohne Bedeutung sei. Ein verantwortungsbewusster Verbraucher wird einer solchen Aussage in jedem Fall die Bedeutung beimessen, dass die Anwendung des Arzneimittels bei Kindern ein unkalkulierbares Risiko darstelle und deshalb nicht in Betracht komme. Dies gilt umso mehr, als im Text keinerlei Anhaltspunkte enthalten sind, unter welchen Voraussetzungen die Einnahme gleichwohl unbedenklich sein könnte. Dem entspricht es, dass der Anwendungsausschluss im Bescheid als Gegenanzeige bezeichnet ist, worin deutlich die Aufforderung zum Ausdruck kommt, von der Anwendung unter den dort genannten Voraussetzungen Abstand zu nehmen.

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten scheitert die Anfechtungsklage nicht daran, dass die Nachzulassung des Arzneimittels ohne die angefochtene Auflage rechtmäßigerweise keinen Bestand haben könnte. Die Zulassung ist ohne einen Anwendungsausschluss für Kinder rechtmäßig. Damit erübrigt sich zugleich eine Erörterung des Beklagtenvorbringens, die angefochtene Auflage sei nach § 36 Abs. 1 VwVfG zulässig, weil sie sicherstelle, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt würden.

Nach § 105 Abs. 4f AMG besteht auf die Verlängerung der Zulassung ein Rechtsanspruch, wenn kein Versagungsgrund nach § 25 Abs. 2 AMG vorliegt. Dabei sind die Besonderheiten einer bestimmten Therapierichtung wie z.B. hier der Homöopathie zu berücksichtigen. Ein Versagungsgrund nach § 25 Abs. 2 AMG war nicht gegeben.

Die Beklagte meint, der Verlängerung der Zulassung habe § 25 Abs. 2 Nr. 2 AMG entgegengestanden, weil das Arzneimittel hinsichtlich seiner Wirksamkeit und Unbedenklichkeit für Kinder nicht nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft worden sei. Dazu beruft sie sich auf die allgemeinkundige Erkenntnis, dass die Wirkungen, die ein Arzneimittel bei Erwachsenen hervorruft, nicht ohne weiteres etwa im Wege eines Dosierungsabschlags auf Kinder übertragen werden können (vgl. BTDrucks 14/9544 S. 4 f.). Das rechtfertigt aber nicht den von der Beklagten angeordneten Anwendungsausschluss.

Es kann offenbleiben, inwieweit der vorgenannte Grundsatz unter den besonderen Bedingungen der homöopathischen Therapie überhaupt Geltung beanspruchen kann. Darauf kommt es nicht an, weil das Arzneimittelgesetz für die Nachzulassung homöopathischer Arzneimittel hinsichtlich der durchzuführenden Prüfungen ohnehin besondere Regelungen enthält. Das ergibt sich aus § 105 Abs. 4a Satz 2 AMG. Nach Satz 1 dieser Regelung sind zu dem Antrag auf Verlängerung der Zulassung die Unterlagen nach § 22 Abs. 2 Nr. 2 und 3 sowie die Gutachten nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 vorzulegen. Diese Bestimmung findet aber nach Satz 2 keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer im homöopathischen Teil des Arzneibuchs beschriebenen Verfahrenstechnik hergestellt sind. Das bedeutet, dass bei homöopathischen Arzneimitteln, zu denen das streitige Arzneimittel gehört, im Rahmen der Nachzulassung keine Unterlagen über eine pharmakologisch-toxikologische und eine klinische Prüfung vorzulegen sind. Dies sind aber eben die Unterlagen, die der Beurteilung der therapeutischen Wirksamkeit und der Unbedenklichkeit eines Arzneimittels zugrunde zu legen sind. Da das Gesetz ihre Vorlage bei der Nachzulassung homöopathischer Arzneimittel nicht verlangt, kann aus ihrem Fehlen keine unzureichende Prüfung i.S.d. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AMG hergeleitet werden.

Ein Versagungsgrund im Sinne eines Anwendungsausschlusses für Kinder ergibt sich auch nicht aus § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und 5 AMG. Danach ist die Zulassung zu versagen, wenn dem Arzneimittel die vom Antragsteller angegebene therapeutische Wirksamkeit fehlt oder diese nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis vom Antragsteller unzureichend begründet ist (Nr. 4) sowie wenn das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig ist (Nr. 5.). Dass diese Bestimmungen der Zulassung des streitigen Arzneimittels nicht generell entgegenstehen, ist unstreitig. Für sämtliche in dem Medikament enthaltenen Wirkstoffe liegen Aufbereitungsmonografien vor. Diese belegen die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Einzelstoffe. Ebenso genügt das Präparat den Bewertungskriterien der Kommission D nach § 25 Abs. 6 und 7 AMG für fixe Kombinationen homöopathischer Einzelmittel vom 24. April 1997 (BAnz. Nr. 100 S. 6724). Auf dieser Grundlage ist die Nachzulassung erteilt worden. Die genannten Unterlagen machen aber keinen Unterschied zwischen der Anwendung bei Erwachsenen und bei Kindern. Bei Monopräparaten lässt daher auch die Beklagte die entsprechenden Monografien als ausreichenden Beleg für Wirksamkeit und Unbedenklichkeit für die Zulassung ohne Anwendungsausschluss für Kinder genügen. Warum dies für Kombinationsarzneimittel nicht gelten soll, ist nicht ersichtlich. Das Fehlen spezifischer Untersuchungen in Bezug auf Kinder, das für die Vergangenheit generell festzustellen ist, rechtfertigt es nicht, sämtlichen homöopathischen Kombinationsarzneimitteln auf Verdacht die Verlängerung der Zulassung für Kinder zu verweigern, obwohl diese Arzneimittel seit Jahrzehnten unbeanstandet auf dem Markt sind. Ausweislich der Mitteilung über ihre 24. Sitzung am 7. September 2005 ist die Kommission nach § 25 Abs. 6 und 7 AMG für die homöopathische Therapierichtung (Kommission D) dabei, ein Kriterienpapier zur Anwendung von homöopathischen Arzneimitteln bei Kindern und Jugendlichen zu erarbeiten. Die Praxis der Beklagten, wegen des derzeitigen Fehlens solcher Maßstäbe homöopathischen Kombinationsarzneimitteln generell die Zulassung für Kinder zu verweigern, findet im Gesetz keine Grundlage.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Ende der Entscheidung

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