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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 02.07.2003
Aktenzeichen: BVerwG 3 C 46.02
Rechtsgebiete: GG, VwVfG


Vorschriften:

GG Art. 12 Abs. 1
VwVfG § 25 Satz 2
VwVfG § 29 Abs. 1
Das Grundrecht aus Art.12 Abs. 1 GG kann es einer Behörde gebieten, bereits im Vorfeld eines Verwaltungsverfahrens (hier: Linienverkehrs-Genehmigungsverfahren) und damit unabhängig von einer verwaltungsverfahrensrechtlichen Beteiligten-Stellung einem potentiellen Verfahrensbeteiligten Informationen zur Verfügung zu stellen, welche dieser bedarf, um sachgerecht die Frage prüfen und entscheiden zu können, ob und in welchem Umfang er sich um eine behördliche Genehmigung (Konzession) bewirbt.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 3 C 46.02

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 2. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Driehaus sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick, Dr. Borgs-Maciejewski, Dr. Brunn und Büge

ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 25. September 2000 und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 7. Dezember 2001 teilweise geändert. Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin bis zum 30. September eines Jahres alle im Zuständigkeitsbereich des Regierungspräsidiums Karlsruhe im Folgejahr ablaufenden Genehmigungen nach §§ 13, 42, 43 PBefG mit Enddatum der Genehmigung und Streckenverlauf mitzuteilen. Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt 3/4 der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, des Berufungsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens sowie die Hälfte der Kosten des Revisionsverfahrens. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Gründe:

I.

Die Klägerin, eine Kommanditgesellschaft, beabsichtigt den Betrieb von Omnibus- und Straßenbahnlinien nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) auch im Zuständigkeitsbereich des Beklagten; in der Vergangenheit hat sich die Klägerin bereits mehrfach erfolglos um Liniengenehmigungen bemüht.

Einem Auskunftsbegehren der Klägerin aus dem Jahre 1999, betreffend Laufzeiten und Bedingungen zugunsten anderer Personen erteilter Genehmigungen, wurde seitens des Beklagten nicht entsprochen. Die auf Auskunftserteilung gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht als unbegründet beurteilt.

Die Berufung der Klägerin war, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, erfolglos. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 7. Dezember 2001 Auskunfts- und Informationsansprüche versagt:

Weder Bestimmungen des Personenbeförderungs- noch des Landesverwaltungsverfahrensrechts sähen entsprechende Ansprüche vor; auch das Gemeinschaftsrecht sei insoweit nicht einschlägig, insbesondere die Niederlassungsfreiheit (Art. 43 ff. EGV) sowie die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs (Art. 49 EGV) könnten sich nicht zugunsten der Klägerin auswirken, weil die Klägerin als nach deutschem Recht gegründete Kommanditgesellschaft, die ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland habe, sich im vorliegenden Streitverfahren ausschließlich innerhalb des Mitgliedstaates Bundesrepublik Deutschland betätigen wolle und es daher des notwendigen grenzüberschreitenden Elements ermangele. Unmittelbar aus der Verfassung lasse sich das geltend gemachte Begehren auch nicht herleiten. Zwar lasse es Art. 19 Abs. 4 GG zu, nach pflichtgemäßem Ermessen entsprechende Informationen und Auskünfte zu erteilen, sofern nicht - wofür keine Anhaltspunkte vorlägen - gesetzliche Auskunfts- bzw. Akteneinsichtsverbote eingriffen. Der Beklagte habe aber diesem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung genügt; es sei nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte auf den erheblichen Verwaltungsaufwand verweise, den das umfassende Gesuch der Klägerin mit sich brächte.

Mit der vom Senat (begrenzt) zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Verurteilung des Beklagten, ihr jeweils bis zum 30. September eines Jahres alle im Zuständigkeitsbereich des Beklagten im Folgejahr ablaufenden Genehmigungen mit deren Enddaten, den Streckenverläufen, den genehmigten Fahrplänen und Tarifen sowie den Auflagen der Bedienungsverbote bzw. Koppelungen von Linien mitzuteilen.

Es gehe ihr ausschließlich darum, diejenigen Informationen zu erhalten, auf deren Kenntnis sie zur Wahrung ihrer (grundrechtlich geschützten) Rechtspositionen unbedingt angewiesen sei. Ohne solche Informationen werde sie insbesondere im Hinblick auf die Inhaber der bestehenden Genehmigungen unzulässig benachteiligt. In einem Fall einer ausgelaufenen Genehmigung habe sie erfahren müssen, dass deren Inhaber bereits längere Zeit vor dem Ablaufdatum die Genehmigungsverlängerung gewährt worden sei, so dass ihre Bewerbung zu spät gekommen sei; aber auch dann, wenn ein Verfahren noch nicht entschieden sei, sei sie ohne die verlangten Informationen in nicht ausgleichbarer Weise benachteiligt. Kennzeichnend für den öffentlichen Personennahverkehr sei es, dass noch nicht vergebene Linien kaum zu "entdecken" seien. Deswegen stoße ein Neubewerber regelmäßig auf "Altkonzessionäre", die aus einer beanstandungsfreien Bedienung in der Vergangenheit auch für die Zukunft Vorrechte herleiten könnten, so dass ein Neubewerber gezwungen sei, ein besseres Angebot abzugeben. Hierzu seien die verlangten Informationen unerlässlich.

Im Einzelnen betreffe dies vor allem die rechtzeitige Mitteilung des Ablaufs von - regelmäßig acht Jahre gültigen - Genehmigungen. Anderenfalls sei die Klägerin gezwungen, "ins Blaue hinein" Genehmigungsanträge zu stellen, was deren Erfolg von vornherein entgegenstünde; soweit das Berufungsgericht auf die Möglichkeit konkreter Auskunftsersuchen abstelle, übersehe es, dass ohne die Kenntnis der ablaufenden Genehmigungen konkrete Auskunftsersuchen nicht anzubringen seien. Auch der räumliche Zuschnitt einer auslaufenden Genehmigung müsse bekannt sein, weil ansonsten die Klägerin Gefahr laufe, die Genehmigung wegen "Überlagerungen" mit anderen - länger laufenden - Genehmigungen nicht oder nur zum Teil zu erhalten. Gerade innerhalb von Verkehrsverbünden könnten erteilte Liniengenehmigungen regelmäßig nicht einwandfrei erkannt werden, weil etwa durch Gestattung der Koppelung der Bedienung verschiedener Linien, durch privatrechtliche Verzichte auf Beförderungsverbote und durch abweichende Darstellungsformen (Teilung von Linien, Aufnahme von Fahrten anderer Unternehmen etc.) eine solche Identifizierung wesentlich erschwert wenn nicht unmöglich gemacht werde.

Der Beklagte verteidigt seine Informationsverweigerung und das Berufungsurteil. Er sei zwar unverändert bereit, auf Nachfragen der Klägerin, die einzelne Liniengenehmigungen beträfen, entsprechende Auskünfte zu erteilen; dann könne nämlich die entsprechende Akte mit den maßgeblichen Daten gezogen werden. Nicht durchführbar sei es aber, der Klägerin - wie von ihr verlangt - Informationen aus einigen hunderten von Genehmigungsakten zu einem bestimmten Stichtag zu erteilen.

II.

Die Revision der Klägerin ist zum Teil begründet. Das angefochtene Berufungsurteil verletzt Bundesrecht im Sinne des § 137 Abs. 1 VwGO mit seiner entscheidungstragenden Annahme, die Klägerin könne auch aus der Verfassung keinen Anspruch gegen den Beklagten darauf ableiten, ihr bis zum 30. September eines Jahres alle im Zuständigkeitsbereich des Beklagten im Folgejahr ablaufenden Genehmigungen nach §§ 13, 42, 43 PBefG mit Enddatum der Genehmigung und Streckenverlauf mitzuteilen. Im Übrigen ist die Revision unbegründet, weil die Klägerin nicht beanspruchen darf, dass ihr - wie von ihr verlangt - weitere Einzelheiten zu den auslaufenden Genehmigungen mitgeteilt werden.

1. Nicht dem Bundesrecht entspricht die Weigerung des Beklagten sowie deren tatsachengerichtliche Bestätigung, bis zum 30. September eines Jahres im Folgejahr ablaufende Genehmigungen mit deren Enddatum und Streckenverlauf mitzuteilen.

a) Allerdings teilt der erkennende Senat die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, weder aus dem geschriebenen (einfachen) Bundesrecht noch aus dem (primären oder sekundären) Gemeinschaftsrecht ergebe sich der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch. Insoweit macht sich der erkennende Senat die im Berufungsurteil dargelegte Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs zu eigen.

Namentlich das Verwaltungsverfahrensgesetz (des Landes wie des Bundes) ergibt in Fällen der hier in Rede stehenden Art keinen gesetzlichen Auskunfts- bzw. Informationsanspruch, weil die Vorschriften, soweit sie überhaupt in Betracht zu ziehen sind, an die Beteiligtenstellung des § 13 Abs. 1 VwVfG anknüpfen (vgl. etwa § 25 Satz 2 und § 29 Abs. 1 VwVfG); einer solchen Beteiligtenstellung berühmt sich indes für den im Streitfall in Betracht zu ziehenden Zeitraum (vor Stellung eines Genehmigungs-Antrags) selbst die Klägerin nicht.

Zutreffend hat das Berufungsgericht auch einen aus den Grundfreiheiten des EG-Vertrages (insbesondere aus der Niederlassungs- bzw. Dienstleistungsfreiheit) ableitbaren Anspruch verneint; das Begehren der Klägerin, die sich als nach deutschem Recht und mit satzungsmäßigem Sitz in der Bundesrepublik Deutschland gegründete Kommanditgesellschaft im Streitfall in der Bundesrepublik Deutschland betätigen möchte, hat keinerlei grenzüberschreitenden Charakter, welcher im vorliegenden Zusammenhang notwendig wäre, um eine Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts ins Blickfeld zu rücken.

b) Indessen folgt das Recht der Klägerin im tenorierten Umfang unmittelbar aus der Verfassung; die aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. etwa BVerfGE 52, 380 <388 ff.>; 73, 280 <294 ff.>; 82, 209 <227>; 84, 34 <45 f.>; 84, 59 <72 f.>) sowie aus dem Prozessgrundrecht des Art. 19 Abs. 4 GG (vgl. BVerfGE 69, 1 <49>) ableitbaren Vorwirkungen namentlich auf das behördliche Verfahren und dessen Gestaltung rechtfertigen insoweit die Zuerkennung eines Auskunfts- und Informationsanspruchs auch für den Zeitraum eines Vor-Verwaltungsverfahrens.

aa) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind solche unmittelbar aus der Verfassung abzuleitenden Ansprüche bereits für denkbar gehalten, gleichwohl aber als im konkreten Einzelfall nicht begründet beurteilt worden (vgl. Urteile vom 16. September 1980 - BVerwG 1 C 52.75 - BVerwGE 61, 15 sowie - BVerwG 1 C 98.79 - BVerwGE 61, 40, vom 5. Juni 1984 - BVerwG 5 C 73.82 - BVerwGE 69, 278 und vom 20. Februar 1990 - BVerwG 1 C 42.83 - BVerwGE 84, 375); jedenfalls dann, wenn eine begehrte und einer Behörde mögliche Auskunfts- bzw. Informationsleistung zum Schutz des grundrechtlich gesicherten Freiheitsraumes des jeweiligen Grundrechtsträgers unerlässlich ist (Urteil vom 16. September 1980 - BVerwG 1 C 52.75 - a.a.O. S. 19), kann an dessen berechtigtem Interesse an einer solchen behördlichen Leistung kein beachtlicher Zweifel bestehen. Der Streitfall gibt Gelegenheit, diesen verfassungsrechtlichen Ansatz weiterzuentwickeln.

bb) Der Streitfall ist durch tatsächliche und rechtliche Umstände gekennzeichnet, die die Bejahung eines verfassungsunmittelbaren Auskunfts- und Informationsanspruchs rechtfertigen. Denn die der Klägerin ernsthaft drohende Gefahr, zugunsten anderer Bewerber, insbesondere zugunsten so genannter "Altkonzessionäre", mit ihrem Begehren zurückgewiesen zu werden, die Genehmigung für die Bedienung konkreter Verkehrslinien zu erhalten, stellt sich als Beeinträchtigung ihres Berufsgrundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG dar; diese muss zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit auf das notwendige Maß beschränkt werden, indem der Klägerin die begehrten Informationen nicht vorenthalten werden. Dies ergibt sich im Einzelnen aus Folgendem:

(1) Auszugehen ist davon, dass § 2 Abs. 1 PBefG die Aufnahme des Linienverkehrs mit Kraftfahrzeugen unter Genehmigungsvorbehalt stellt. Gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 PBefG stellt es einen Versagungsgrund dar, wenn der Verkehr mit den vorhandenen Verkehrsmitteln befriedigend bedient werden kann oder wenn der beantragte Verkehr ohne eine wesentliche Verbesserung der Verkehrsbedienung Verkehrsaufgaben übernehmen soll, die vorhandene Unternehmer bereits wahrnehmen (vgl. hierzu Beschluss vom 6. April 2000 - BVerwG 3 C 7.99 - Buchholz 442.01 § 8 PBefG Nr. 1 m.w.N.). Dies hat vor allem zur Konsequenz, dass während der Geltungsdauer der einem Unternehmer erteilten Liniengenehmigung ein anderer Bewerber - wie die Klägerin - in der Regel keine Möglichkeit hat, eine entsprechende Genehmigung zu erhalten (Verbot der Doppelbedienung). Folglich hat er regelmäßig erst beim Ablauf einer - meist acht Jahre gültigen (vgl. § 16 Abs. 2 PBefG) - Genehmigung eine tatsächlich und rechtlich relevante Gelegenheit, erfolgreich um eine Genehmigung nachzusuchen. In den Fällen, in denen früher erfolgreiche Bewerber sich erneut um eine Genehmigung bemühen, kommt wegen § 13 Abs. 3 PBefG für einen neuen Bewerber hinzu, dass er - schlagwortartig ausgedrückt - das "bessere Angebot" machen muss, um sich gegenüber einem Altkonzessionär durchsetzen zu können (vgl. Beschluss vom 6. April 2000 - BVerwG 3 C 7.99 - a.a.O. S. 3).

(2) Vor diesem normativen Hintergrund liegt es auf der Hand und bedarf keiner vertieften Begründung, dass ein neuer Bewerber wie die Klägerin keine reelle Chance hat, sich sofort und unmittelbar auf einem bereits im Wesentlichen aufgeteilten Markt des Linienverkehrs betätigen zu können. Um zu vermeiden, dass ein Bewerber wegen bestehender und noch längere Zeit gültiger Genehmigungen von vornherein zurückgewiesen wird, ist es deshalb für ihn unerlässlich, sich auf diejenigen Linien zu konzentrieren, die in einer überschaubaren Zukunft ablaufen werden; mit anderen Worten darf er nicht gezwungen sein, sich gewissermaßen blind auf sämtliche überhaupt denkbaren Linien zu bewerben, weil - wie hier nicht weiter dargelegt werden muss - ein ernsthafter und ernst zu nehmender Antrag umfangreiche, unter Umständen erhebliche Kosten verursachende Vorüberlegungen in finanzieller, sächlicher und personeller Hinsicht (bezogen vor allem auf die zu erwartende Rentabilität) voraussetzt.

Auch das vom Beklagten ausgesprochene Zugeständnis, auf konkrete (linienbezogene) Auskunftsersuchen auch konkret zu antworten, beseitigt das vorbeschriebene Dilemma eines Neubewerbers nicht oder allenfalls unzureichend; mangels eines öffentlich zugänglichen Verzeichnisses laufender Liniengenehmigungen ist es einem Bewerber kaum möglich und auch nicht zumutbar, von sich aus diesbezüglich Ermittlungen anzustellen und unter Vorlage eines selbst verfertigten Gesamtverzeichnisses der überhaupt in Betracht zu ziehenden Linien um konkrete Angaben nachzusuchen.

Auf der anderen Seite ist der von der Behörde verlangte Aufwand auch unter der Voraussetzung zumutbar, dass die Behörde nicht über ein elektronisches Erschließungssystem verfügen sollte und sie deswegen - wie der Beklagte im Verfahren vorgebracht hat - gezwungen ist, die Unterlagen über laufende Genehmigungen mit absehbarem Ablauf zugunsten eines Neubewerbers "herauszusuchen". Eine Genehmigungsbehörde, die für die Erteilung gesetzlich vorgeschriebener und zwingend befristeter Genehmigungen zuständig ist, muss in jedem Fall schon zur ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Aufgaben einen ständigen Überblick darüber haben, welche Genehmigungen demnächst auslaufen.

(3) Ein aus dem vorbezeichneten Dilemma eines Neubewerbers folgendes sowie einer Behörde zumutbares Begehren hat auch verfassungsrechtliches Gewicht.

Als inländische Personengesellschaft kann sich die Klägerin zumindest entsprechend Art. 19 Abs. 3 GG hinsichtlich der von ihr angestrebten Erwerbstätigkeit auch auf die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG berufen (vgl. lediglich BVerfGE 21, 261 <266>). Für dieses Grundrecht hat das Bundesverfassungsgericht namentlich im Beschluss vom 18. Juni 1986 (1 BvR 787/80 - BVerfGE 73, 280 <296>, für Notarbewerber) dargelegt, dass durch eine Gestaltung von Auswahlverfahren unmittelbar Einfluss auf Konkurrenzsituationen und damit auf das Ergebnis der Auswahlentscheidung genommen werden kann, so dass ein Verfahren, soll es den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG genügen, gewährleisten muss, dass tatsächlich von allen potentiellen Bewerbern derjenige gefunden wird, der am ehesten den gesetzten Anforderungen entspricht. Diese Anforderungen treffen auch auf das hier in Rede stehende Verfahren nach dem Personenbeförderungsrecht zu. Zwar bietet das gültige allgemeine oder fachbezogene Verfahrensrecht demjenigen Alt- oder Neubewerber hinreichende Möglichkeiten, der sich von vornherein nur auf eine kleine Anzahl von Linien konzentriert oder gar für sich bereits eine konkrete Auswahlentscheidung getroffen hat, nicht aber bietet es eine ausreichende Handhabe, in einem Vorklärungsprozess aus einer Vielzahl überhaupt in Betracht zu ziehender Linien diejenigen zu ermitteln, die als Antragsobjekte ernsthaft in Betracht zu ziehen sein könnten. Dieser Umstand rechtfertigt einen verfassungsunmittelbaren Auskunfts- und Informationsanspruch.

2. Aus den vorstehenden Darlegungen folgen für das Streitverfahren zugleich die Grenzen eines verfassungsunmittelbaren Anspruchs.

a) Von vornherein versteht es sich von selbst, dass sich ein Anspruch der vorbezeichneten Art nur auf Informationen beziehen kann, über die eine Behörde befugtermaßen und in dem Sinne ausschließlich verfügt, dass der Anspruchsteller sie sich nicht mit zumutbaren Anstrengungen auf anderweitige Weise verschaffen kann. Dies folgt aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass derjenige kein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse an einer behördlichen oder gerichtlichen Leistung hat, welcher zumutbar auf andere Weise zu einem entsprechenden Ergebnis gelangen kann.

Daher trifft die Behauptung des Beklagten zu, die Klägerin könne sich Einzelangaben über Tarife und Fahrzeiten der auslaufenden Linien ohne Mühe selbst verschaffen; hat die Klägerin durch eine behördliche Auskunft über den Streckenverlauf einer auslaufenden Linie die Möglichkeit einer Vorauswahl im Hinblick auf die von ihr angestrebten Bewerbungen, so ist sie durch Ausschöpfung allgemein zugänglicher Quellen wie Fahrplänen und Entgeltaufstellungen in der Lage, entsprechende Überlegungen sowie Kalkulationen zur Frage anzustellen, ob sie ein ähnliches oder besseres Angebot abgeben kann.

b) Gleichfalls nicht von einem verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch erfasst sind im vorliegenden Zusammenhang solche Informationen, deren Preisgabe die berechtigten Interessen anderer Bewerber in nicht vertretbarer Weise beeinträchtigen würde.

Denn auch diese anderen Bewerber können sich - wie die Klägerin - auf ihren Grundrechtsschutz und die staatliche Pflicht berufen, für eine den Grundrechtsschutz effektuierende Organisations- und Verfahrensgestaltung zu sorgen (vgl. hierzu lediglich Jarass/Pieroth, GG, 6. Aufl., Vorbemerkung vor Art. 1 Rn. 11 m.w.N.); auch diese Bewerber werden von der wettbewerbsfördernden Wirkung des Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. Jarass/Pieroth a.a.O. Art. 12 Rn. 15 m.w.N.) erfasst und begünstigt. Deshalb kann ein potentieller Neubewerber nur verlangen, durch entsprechende Informationen in eine dem Altkonzessionär gleichwertige Ausgangslage gebracht zu werden, nicht aber, ihm gegenüber begünstigt zu werden. Letzteres wäre aber der Fall, wenn dem potentiellen Neubewerber solche Informationen über Einzelheiten der ablaufenden Genehmigung erteilt würden, denen in einem sich anschließenden Wettbewerb um die künftige Genehmigung keine Informationen entsprechen, welche der Altkonzessionär von dem Neubewerber erfährt oder erfahren müsste. Kennzeichnend für einen rechtmäßigen Wettbewerb um eine Genehmigung ist es nämlich, dass die Wettbewerber zwar der Genehmigungsbehörde gegenüber die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel und ihre Absichten offenbaren müssen, aber nicht ihren Konkurrenten; denn Grundregel jedes Ausschreibungsverfahrens im weiteren Sinne - und ein Wettbewerbsverfahren um eine behördliche Konzession kann zwanglos als Ausschreibungsverfahren im weiteren Sinne begriffen werden - ist es, dass jeder Anbieter sein Angebot eigenständig und ohne Kenntnis des Angebots der übrigen Bewerber abzugeben hat.

Da die Annahme nahe liegend ist, dass ein Altkonzessionär eine erfolgreich betriebene Verkehrslinie unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen weiter betreiben will, bestünde im Falle der Informationserteilung, die über den zeitlichen Ablauf sowie die Streckenführung einer genehmigten Linie hinausgeht, immer die grundsätzlich nicht hinnehmbare Gefahr einer unzulässigen Preisgabe von Strategien und Geschäftsgeheimnissen des Altkonzessionärs bereits im Vorfeld des eigentlichen Wettbewerbs.

Daher kann die Klägerin nicht verlangen, dass ihr auch bisherige Gestattungen von Koppelungen der Bedienung verschiedener Linien, Linienteilungen, Aufnahmen von Fahrten anderer Unternehmer sowie Verzichte auf Beförderungsverbote bekannt gegeben werden.

3. Bei der Kostenentscheidung ist der erkennende Senat davon ausgegangen, dass von dem ursprünglichen Begehren der Klägerin sich schon in und nach den tatsachengerichtlichen Instanzen ein wesentlicher Anteil nicht als berechtigt erwiesen hat und auch das Nichtzulassungs- und Revisionsverfahren nur noch zu einem Teilerfolg der Klägerin geführt hat. Dies rechtfertigt die tenorierte Kostenverteilung.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 4 090,33 € festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus einer Übernahme des berufungsgerichtlichen Streitwertes abzüglich des Streitwert-Anteils, der dem bereits nach Abschluss des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens abgewiesenen Begehren entspricht (zwei Drittel).

Ende der Entscheidung

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