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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 16.12.2003
Aktenzeichen: BVerwG 3 C 47.02
Rechtsgebiete: MPG 2002, MPBetreibV, SGB V
Vorschriften:
MPG 2002 § 13 Abs. 1 | |
MPBetreibV § 8 Abs. 1 | |
MPBetreibV § 8 Abs. 5 | |
SGB V § 2 Abs. 1 | |
SGB V § 33 | |
SGB V § 126 |
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
BVerwG 3 C 47.02
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 16. Dezember 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Driehaus sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick, Dr. Dette, Liebler und Prof. Dr. Rennert ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. September 2002 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die klagende Betriebskrankenkasse verpflichtet ist, ein Bestandsverzeichnis der von ihr unter Einschaltung eines Sanitätshauses leihweise an ihre Versicherten abgegebenen Medizinprodukte zu erstellen und der beklagten Bezirksregierung Einsicht in dieses Verzeichnis zu gewähren.
Die Klägerin stellt ihren Versicherten die von diesen benötigten Hilfsmittel wie Gehhilfen und Rollstühle, Krankenbetten und Beatmungsgeräte in großem Umfang leihweise zur Verfügung. Die Klägerin bleibt Eigentümerin dieser Geräte. Lieferung, eventuell notwendige Reparaturen, Wartung und Rückholung erfolgen durch ein Sanitätshaus, das nach § 126 SGB V als Leistungserbringer zugelassen ist. Die Klägerin hat mit dem Sanitätshaus eine Hilfsmittelvereinbarung geschlossen, in der die Einzelheiten der Pool-Verwaltung und des Wiedereinsatzes bestimmter Hilfsmittel sowie die Zustimmungsvorbehalte der Klägerin bei Lieferungen, Reparaturen und Verschrottung geregelt sind.
Mit Schreiben vom 27. September 2000 teilte die Beklagte der Klägerin mit, diese sei Betreiberin der von ihr verliehenen Hilfsmittel im Sinne des Gesetzes über Medizinprodukte (Medizinproduktegesetz - MPG) vom 2. August 1994 (BGBl I S. 1963) und der Medizinprodukte-Betreiberverordnung - MPBetreibV - vom 29. Juni 1998 (BGBl 1998 I S. 1762). Sie sei daher verpflichtet, für alle aktiven nichtimplantierbaren Medizinprodukte (z.B. elektrisch betriebene Rollstühle, elektrisch verstellbare Betten, TENS-Geräte, Beatmungsgeräte u.a.) ein Bestandsverzeichnis zu führen. Sie bat, ihr dieses Bestandsverzeichnis in Kopie vorzulegen. Da die Klägerin sich unter Berufung auf eine gemeinsame Stellungnahme der Spitzenverbände der Krankenkassen weigerte, dieser Aufforderung nachzukommen, gab die Beklagte der Klägerin durch Bescheid vom 7. Juni 2001 auf, innerhalb von vier Wochen nach Erhalt der Verfügung für alle in ihrem Eigentum befindlichen aktiven nichtimplantierbaren Medizinprodukte ein Bestandsverzeichnis anzulegen und der Beklagten anschließend Einsicht in das Bestandsverzeichnis zu gewähren. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin sei Betreiberin der Medizinprodukte im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 MPBetreibV, weil sie die rechtliche Sachherrschaft über die den Versicherten zur Verfügung gestellten Medizinprodukte habe und somit Art, Umfang und Zeitdauer des Betriebes der Medizinprodukte maßgeblich bestimme.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, nach § 1 Abs. 2 MPBetreibV finde diese Verordnung keine Anwendung, weil die von ihr bereitgestellten Hilfsmittel weder gewerblichen noch wirtschaftlichen Zwecken dienten und in ihrem Gefahrenbereich auch keine Arbeitnehmer beschäftigt seien. Sie erfülle lediglich ihre Sachleistungspflicht nach § 2 SGB V aus den solidarisch finanzierten Beiträgen der Mitglieder und der Arbeitgeber. Die Sachleistung spreche die Eigenverantwortung des Versicherten an; dieser habe die Rechtsstellung eines Entleihers und Besitzers nach bürgerlichem Recht, während die Klägerin keinen Besitz mehr innehabe.
Mit Bescheid vom 26. September 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die dagegen gerichtete Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 26. Februar 2002 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die streitigen Medizinprodukte unterfielen dem Anwendungsbereich der Medizinprodukte-Betreiberverordnung, weil der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 MPBetreibV nicht eingreife. Nach dem Sinn und Zweck dieser Regelung, nämlich dem Schutz des Patienten und der Qualitätssicherung in der Medizin, sei eine wirtschaftliche Zwecksetzung schon dann zu bejahen, wenn der jeweilige Betreiber das Medizinprodukt nachhaltig bzw. berufsmäßig sowie möglichst Kosten sparend einsetze. Das treffe auf die Klägerin zu. Diese sei auch Betreiberin der verliehenen Medizinprodukte. Als Betreiber sei derjenige anzusehen, der die rechtliche, aber nicht unbedingt die tatsächliche Sachherrschaft über das Produkt habe und damit über Art, Umfang und Zeitdauer des Betriebes des Produkts entscheidend bestimme. Das sei die Klägerin und nicht das in ihrem Auftrag tätige Sanitätshaus.
Der hiergegen gerichteten Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 17. September 2002 stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Dazu hat es ausgeführt, zwar treffe die in § 1 Abs. 2 MPBetreibV geregelte Ausnahme vom Anwendungsbereich der Verordnung auf die Klägerin nicht zu. Das Ausleihen von Medizinprodukten über einen Leistungserbringer sei eine wirtschaftliche Betätigung ohne Rücksicht darauf, ob sie mit Gewinnerzielungsabsicht erfolge. Gleichwohl könne die Klägerin nicht auf Führung eines Bestandsverzeichnisses in Anspruch genommen werden, weil sie nicht Betreiberin der Medizinprodukte sei. Unter Berücksichtigung der Aufgaben eines Betreibers sei die Betreibereigenschaft nicht an die rechtliche, sondern an die tatsächliche Sachherrschaft über das Medizinprodukt zu koppeln. Dem Betreiber seien in der Medizinprodukte-Betreiberverordnung zahlreiche Pflichten wie die regelmäßige sicherheitstechnische Überprüfung, die Beseitigung eventuell festgestellter Mängel, die Weiterleitung erkennbarer Fehler des Medizinprodukts oder auch die Untersuchung des Produkts nach Rückgabe durch den Versicherten auferlegt. Die Erfüllung dieser Aufgaben setze den Besitz, nicht dagegen notwendig das Eigentum an den jeweiligen Medizinprodukten voraus. Den für die Aufgabenerfüllung erforderlichen Besitz hätten in der Regel die Leistungserbringer, nicht aber die Krankenkassen. Auch die Kompetenz für die ordnungsgemäße Wahrnehmung dieser Aufgaben liege eher bei den Leistungserbringern als bei den letztlich nur auf der Verwaltungsebene tätigen und über kein eigenes Kassenlager verfügenden Krankenkassen. Es komme hinzu, dass nach § 140 SGB V kasseneigene Abgabestellen für Heil- und Hilfsmittel nur noch eingeschränkt betrieben werden dürften; es sei nicht verständlich, dass sie als Betreiber mit entsprechenden Verpflichtungen angesehen würden, obgleich sie diese Medizinprodukte in einem eigenen Lager nicht mehr führen könnten. Die hiernach erforderliche tatsächliche Sachherrschaft komme der Klägerin nicht zu. Das ergebe sich aus dem mit dem Sanitätshaus abgeschlossenen Hilfsmittelvertrag. Dieser Vertrag begründe keinen tatsächlichen Besitz der Klägerin an den Medizinprodukten in einem zur Anerkennung der Betreibereigenschaft führenden Umfang.
Mit ihrer vom Berufungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Das Berufungsgericht habe den Begriff des Betreibers in § 8 Abs. 1 MPBetreibV unrichtig ausgelegt. Die Klägerin sei als gesetzliche Krankenkasse Inhaberin der rechtlichen und tatsächlichen Sachherrschaft über die von ihr an die Versicherten ausgegebenen Medizinprodukte und gelte deshalb als Betreiberin; die vom Berufungsgericht vorgenommene Differenzierung zwischen rechtlicher und tatsächlicher Sachherrschaft sei weder sachgerecht noch zutreffend. Weder aus der mangelnden Fachkompetenz noch aus dem Nichtvorhandensein eines eigenen Kassenlagers könne auf die fehlende Betreibereigenschaft geschlossen werden. Die Klägerin versuche lediglich, die sich aus der Medizinprodukte-Betreiberverordnung ergebende Notwendigkeit des Aufbaus einer eigenen fachlich kompetenten Organisation zur Erfüllung der Betreiberpflichten zu umgehen. Die ihr durch den Hilfsmittelvertrag verbleibende mittelbare Sachherrschaft genüge zur Begründung der Betreibereigenschaft. Auf der Grundlage der Anforderungen des Berufungsgerichts müsste letztlich der entleihende Patient als Betreiber betrachtet werden; das könne aber nicht sein.
Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Dazu wiederholt und vertieft sie ihr früheres Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor, der Gesetzgeber sei beim Erlass des Medizinproduktegesetzes davon ausgegangen, dieses werde kostenneutral sein. Die ihr von der Beklagten angesonnenen Pflichten hätten dagegen wegen der großen Zahl verliehener Geräte und der weiten Streuung der Einsatzorte eine enorme Kostenbelastung zur Folge. Es könne daher nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber eine solche Regelung gewollt habe.
Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich nicht am Verfahren. Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
II.
Die Revision ist unbegründet. Die Entscheidung des Berufungsgerichts, die angefochtene Verfügung in der Fassung des Widerspruchsbescheides sei rechtswidrig, verletzt kein Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO).
1. Die angefochtenen Bescheide stützen sich auf das Medizinproduktegesetz vom 2. August 1994 (BGBl I S. 1963) sowie auf § 8 der auf dieses Gesetz gestützten Medizinprodukte-Betreiberverordnung vom 29. Juni 1998 (BGBl I S. 1762). Inzwischen gelten diese Rechtsgrundlagen in neuer Fassung. Das Medizinproduktegesetz ist am 7. August 2002 (BGBl I S. 3146) neu bekannt gemacht worden, nachdem es durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Medizinproduktegesetzes vom 13. Dezember 2001 (BGBl I S. 3586) wesentlich umgestaltet worden war. Die Medizinprodukte-Betreiberverordnung gilt nunmehr in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. August 2002 (BGBl I S. 3396). Zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide sind die nunmehr geltenden Bestimmungen heranzuziehen, denn bei der Ausgangsverfügung vom 7. Juni 2001 handelt es sich um einen Dauerverwaltungsakt. Die der Klägerin auferlegte Verpflichtung, ein Bestandsverzeichnis anzulegen, erschöpft sich nicht in der einmaligen Erstellung eines solchen Verzeichnisses. Die Beklagte verlangt vielmehr, wie in der Begründung ausdrücklich festgehalten ist, dass die Klägerin ein solches Bestandsverzeichnis "führt". Dies ist ein sich fortwährend erneuernder Vorgang. Ebenso ist die der Klägerin auferlegte Verpflichtung, der Beklagten Einsicht in das Bestandsverzeichnis zu gewähren, als eine dauerhaft bestehende Pflicht zu verstehen, die sich jeweils durch ein Einsichtnahmeverlangen der Beklagten konkretisiert.
Rechtlich ist der Wechsel der Rechtsgrundlagen ohne Belang, denn inhaltlich sind weder das Medizinproduktegesetz noch die Medizinprodukte-Betreiberverordnung im Hinblick auf die hier maßgeblichen Regelungen verändert worden. Insbesondere hat § 8 MPBetreibV keinerlei Änderungen erfahren.
2. Die angefochtenen Bescheide leiten zu Unrecht die der Klägerin auferlegte Pflicht zur Führung eines Bestandsverzeichnisses aus § 8 Abs. 1 MPBetreibV und die Pflicht zur Einsichtsgewährung aus § 8 Abs. 5 MPBetreibV her. Die Klägerin ist nicht Betreiberin der von ihr verliehenen Geräte.
2.1 Nach § 8 Abs. 1 MPBetreibV hat der Betreiber für alle aktiven nichtimplantierbaren Medizinprodukte der jeweiligen Betriebsstätte ein Bestandsverzeichnis zu führen. Der Begriff des aktiven Medizinprodukts ist definiert in Anhang IX Ziff. 1.4 der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte (ABl Nr. L 169 S. 1), worauf § 13 Abs. 1 MPG verweist. Danach ist ein aktives Medizinprodukt ein Medizinprodukt, dessen Betrieb von einer Stromquelle oder einer anderen Energiequelle (mit Ausnahme der direkt vom menschlichen Körper oder durch die Schwerkraft erzeugten Energie) abhängig ist. Die insoweit in Betracht kommenden Geräte sind sehr vielfältig. Außer elektrischen Rollstühlen und elektrisch verstellbaren Betten sowie Beatmungsgeräten gehören dazu neben vielem anderen Aufrichthilfen, Waschsysteme, Hausnotrufgeräte, Badewannen- und Treppenlifte oder auch Bildschirmlesegeräte.
§ 8 Abs. 2 MPBetreibV legt den Inhalt des Bestandsverzeichnisses fest. Danach sind in das Bestandsverzeichnis aufzunehmen: Bezeichnung, Art und Typ, Loscode oder die Seriennummer, Anschaffungsjahr des Medizinproduktes, Name oder Firma und die Anschrift des für das jeweilige Medizinprodukt Verantwortlichen, die der CE-Kennzeichnung hinzugefügte Kennnummer der benannten Stelle, soweit diese nach den Vorschriften des Medizinproduktegesetzes angegeben ist, soweit vorhanden betriebliche Identifikationsnummer, Standort und betriebliche Zuordnung sowie die vom Hersteller angegebene Frist für die sicherheitstechnische Kontrolle oder die vom Betreiber festgelegte Frist für die sicherheitstechnische Kontrolle. Nach § 8 Abs. 5 MPBetreibV ist der zuständigen Behörde auf Verlangen beim Betreiber jederzeit Einsicht in das Bestandsverzeichnis zu gewähren.
2.2 Das Berufungsgericht verneint eine Pflicht der Klägerin, über die von ihr verliehenen aktiven nichtimplantierbaren Medizinprodukte ein Bestandsverzeichnis zu führen, weil die Klägerin nicht Betreiberin dieser Geräte sei. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision gehen fehl.
Die Begriffe des Betreibers und des Betreibens werden im Medizinproduktegesetz und in der Medizinprodukte-Betreiberverordnung zwar vielfach verwendet. Eine Definition findet sich aber weder im Gesetz noch in der Verordnung. Die Gesetzesmaterialien geben dazu nichts her. Das Gemeinschaftsrecht kennt den Begriff des Betreibers nicht.
In der Literatur wird der Begriff des Betreibers unterschiedlich ausgelegt. Baumann (Medizinproduktejournal 1999 S. 3) meint, Betreiber sei derjenige, der die rechtliche (nicht unbedingt die tatsächliche) Sachherrschaft über das Produkt habe und damit über Art, Umfang und Zeitdauer des Betriebes des Produktes maßgeblich bestimme. Aus dieser Definition folgert er, dass die Krankenkassen Betreiber der an ihre Versicherten verliehenen Medizinprodukte seien. Kindler/Menke (MPG, 4. Aufl., S. 68 f.) sehen als Betreiber hingegen die natürliche oder juristische Person an, welche die im Geschäftsverkehr anerkannte tatsächliche Sachherrschaft über das Medizinprodukt besitzt. Maßgeblich seien die Besitzverhältnisse und nicht die Eigentumsverhältnisse. Betreiber seien danach beispielsweise der Inhaber einer Arztpraxis oder der Träger eines Krankenhauses für die dort eingesetzten Geräte. Auch derjenige übe die Sachherrschaft über ein Medizinprodukt aus, der beispielsweise ein Gerät aufgrund eines Leasing- bzw. Mietvertrages nutze, ohne Eigentümer zu sein.
In dieselbe Richtung dürfte die Aussage von Schorn (Medizinprodukte-Recht M 2-1/12 § 2 Rn. 12) gehen, wonach das "Betreiben" eines Medizinproduktes alle Vorgänge oder Maßnahmen beinhaltet, die sich auf den Gebrauch und die Nutzung eines Medizinproduktes beziehen. Ähnlich meint Deutsch (in Deutsch/Lippert/Ratzel, MPG 2000, § 2 Rn. 18), die Tätigkeit des Betreibens sei auf den Gebrauch und wohl auch auf die Nutzung des Medizinproduktes bezogen; während das "Anwenden" sich auf den Patienten beziehe, sei das Betreiben noch vom Patienten losgelöst.
Während die Beklagte sich auf die Auffassung von Baumann stützt, hält das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit Kindler/Menke die tatsächliche Sachherrschaft für ausschlaggebend.
2.3 Die Auslegung des Begriffs "Betreiber" muss vom Wortsinn ausgehen. Das Wort "Betreiben" wird in vielfältigen Zusammenhängen verwendet. Man kann zum Beispiel Studien, ein Geschäft, ein Handwerk, eine Angelegenheit, Ackerbau, Handel oder auch eine Liebhaberei betreiben (vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Aufl. 2000, Stichwort "Betreiben"; Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 2. Aufl., Stichwort "Betreiben"). Allen diesen Verwendungen ist gemeinsam, dass sie eine Tätigkeit bezeichnen. Insbesondere wenn vom Betreiben einer Maschine die Rede ist, steht für das allgemeine Sprachempfinden außer Frage, dass der tatsächliche Gebrauch und die Benutzung der Maschine gemeint sind. Betreiber ist danach derjenige, der - selbst oder durch seine Mitarbeiter - die Arbeit der Maschine steuert, sie an- und auch wieder abstellt und sie während des Betriebes überwacht. Entscheidend ist hierfür das Vorhandensein der tatsächlichen Sachherrschaft. An diesem Wortsinn orientiert sich ersichtlich auch die aufgeführte neuere Kommentarliteratur. Geht man davon aus, so liegt auf der Hand, dass der Verleiher eines Geräts, der dieses einem anderen zum Gebrauch und zur Nutzung überlässt, nicht Betreiber ist.
Das Fehlen einer gesetzlichen Definition des Begriffs Betreiber kann angesichts der Vielzahl anderer im Medizinproduktegesetz enthaltenen Definitionen nur dahin gedeutet werden, dass der Gesetzgeber diesen Begriff für eindeutig hielt und ihn im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs verwendet wissen wollte. Dies spricht für die Richtigkeit der Auslegung des Berufungsgerichts.
Zu Recht hat das Berufungsgericht auch darauf hingewiesen, dass viele der dem Betreiber in der Medizinprodukte-Betreiberverordnung auferlegten Pflichten von der Klägerin als Verleiherin kaum zu erfüllen sind. So kann sie beispielsweise den Meldepflichten über Vorkommnisse nach § 3 MPBetreibV praktisch nicht nachkommen, weil diese Vorkommnisse ihr nicht bekannt sind. Ebenso fehlt ihr das Zugangsrecht zu den Geräten, um die gebotenen Untersuchungen durchzuführen. Die Pflichten, die die Medizinprodukte-Betreiberverordnung an die Betreibereigenschaft knüpft, setzen ganz überwiegend voraus, dass sich das Gerät im Verantwortungsbereich des Betreibers befindet. Diese Voraussetzung ist bei einem Verleiher nicht erfüllt. Es kann nicht angenommen werden, dass die Verordnung jemandem Pflichten auferlegt, die er mangels Zugriffsmöglichkeiten nicht erfüllen kann.
Ersichtlich ist die Beklagte der Auffassung, der Schutzzweck des Medizinproduktegesetzes und der Medizinprodukte-Betreiberverordnung geböten es gleichwohl, der Klägerin aufgrund ihres Eigentums und ihres mittelbaren Besitzes die Betreibereigenschaft zuzusprechen und ihr die daraus folgenden Pflichten aufzuerlegen. Dazu verweist sie auf die Verpflichtungen, die die Klägerin im Hilfsmittelvertrag dem Sanitätshaus als Leistungserbringer auferlegt hat. Damit verkennt sie jedoch, dass es bei diesem Vertrag allein um die Erfüllung der Pflichten der Klägerin als gesetzliche Krankenversicherung geht, die mit den Pflichten eines Medizinprodukte-Betreibers nicht deckungsgleich sind.
Nach § 2 Abs. 1 SGB V stellen die Krankenkassen den Versicherten die notwendigen Leistungen zur Verfügung. Das Verhältnis zwischen Krankenkasse und Versichertem ist folglich durch das Sach- und Dienstleistungsprinzip geprägt. Was die hier in Rede stehenden Hilfsmittel angeht, hat der Versicherte nach § 33 SGB V Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Als Regelfall geht das Gesetz davon aus, dass die Krankenversicherung dem Versicherten die von ihm benötigten Hilfsmittel zu Eigentum überlässt. Geschieht dies, so steht völlig außer Frage, dass die Krankenkasse nicht länger Betreiber der überlassenen Geräte ist. Das schließt nicht aus, dass sie bei Betriebsstörungen weiterhin zur Reparatur verpflichtet bleibt. Nach § 33 Abs. 1 Satz 2 SGB V umfasst der Anspruch gegen die Krankenkasse auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Dies ist aber eine Verpflichtung, die sich aus dem Sozialversicherungsrecht und nicht aus dem Medizinprodukterecht ergibt. Das zeigt, dass die Krankenkassen nicht automatisch die Verantwortung für die von ihnen zur Verfügung gestellten Medizinprodukte behalten.
Vor diesem Hintergrund ist die hier streitige leihweise Überlassung von Medizinprodukten an die Versicherten zu sehen. Nach § 33 Abs. 5 Satz 1 SGB V kann die Krankenkasse den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sinn dieser Regelung ist es, den Krankenkassen die Wiederverwendung der Hilfsmittel zu ermöglichen, wenn der erste Patient sie nicht mehr braucht. Für die Dauer der Verwendung geht die Entscheidung über Art und Umfang des Gebrauchs aber ebenso auf den Versicherten über wie im Falle der Eigentumsüberlassung. Das schließt es aus, die Krankenkasse als Betreiberin anzusehen.
Die Auffassung der Beklagten steht auch im Widerspruch zu der allgemein geteilten Ansicht, dass im Falle des Einsatzes von gemieteten oder geleasten Geräten im Krankenhaus oder in einer Arztpraxis die Träger und Inhaber dieser Einrichtungen und nicht die Vermieter oder Verleiher der Geräte deren Betreiber sind. Warum dies beim Verleih von Geräten durch die Krankenkasse anders sein soll, ist unerfindlich.
Das Berufungsgericht verneint die Betreibereigenschaft der Krankenkassen, indem es die Leistungserbringer als Alternative ins Feld führt. Dies wird jedoch der Eigenart der hier zu beurteilenden Rechtsbeziehungen nicht gerecht. Der Leistungserbringer, der der Zulassung bedarf, steht in Vertragsbeziehungen nur zur Krankenkasse (§§ 126, 127 SGB V). Gegenüber dem Versicherten erfüllt er die Pflichten der Krankenkasse. Das bedeutet, dass er bei der Überlassung von Geräten im Wege der Leihe anstelle des Verleihers handelt und dessen Rechte und Pflichten wahrnimmt. Er verfügt damit ebenso wie eine Krankenkasse, die selbst dem Patienten ein Gerät unmittelbar überlässt, nicht über die für die Betreibereigenschaft notwendige tatsächliche Sachherrschaft. Das rechtfertigt es aber entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, auf die Krankenkasse als Betreiberin zurückzugreifen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 4 000 € festgesetzt.
Ende der Entscheidung
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