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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 19.01.2006
Aktenzeichen: BVerwG 3 C 52.04
Rechtsgebiete: VO (EWG) Nr. 1765/92, VO (EWG) Nr. 3887/92, KpfAusV


Vorschriften:

VO (EWG) Nr. 1765/92 Art. 7 Abs. 6
VO (EWG) Nr. 3887/92 Art. 9
KpfAusV § 12a
Dem Europäischen Gerichtshof wird die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob Art. 9 Abs. 2 bis 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 dahin auszulegen ist, dass die Berechnung der Höchstfläche, die für Ausgleichszahlungen für eine freiwillige Flächenstilllegung in Betracht kommt, auf der Grundlage der beantragten oder der tatsächlich ermittelten Anbaufläche erfolgt.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 3 C 52.04

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Januar 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick, Dr. Dette, Liebler und Prof. Dr. Rennert

beschlossen:

Tenor:

Soweit über die Sache nicht durch Teilurteil entschieden worden ist, wird das Verfahren ausgesetzt.

Dem Europäischen Gerichtshof wird folgende Frage zur Vor-abentscheidung vorgelegt:

Ist Art. 9 Abs. 2 bis 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1648/95 dahin auszulegen, dass die Berechnung der Höchstfläche, die für Ausgleichszahlungen für Flächenstilllegung nach Art. 7 Abs. 6 Satz 2 und 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2989/95 in Betracht kommt, auf der Grundlage der beantragten oder der tatsächlich ermittelten Anbaufläche erfolgt?

Gründe:

Der Kläger ist Landwirt in Brandenburg. Am 2. Mai 1996 stellte er einen Antrag auf flächenbezogene Ausgleichszahlung für 13,3830 Hektar (ha) Eiweißpflanzen, 45,9521 ha Öllein und 29,2247 ha konjunkturelle Flächenstilllegung. Mit Bescheid vom 6. Januar 1997 bewilligte der Beklagte eine Beihilfe von 7 739,57 DM. Für die Anbauflächen wurde keine Beihilfe gewährt, weil 2,5000 ha der Eiweißpflanzenfläche und 29,5998 ha der Ölleinfläche nicht förderfähig seien und dies jeweils 20 v.H. der als förderfähig festgestellten Flächen übersteige. Ausgleichszahlungen für die Stilllegungsfläche kämen nur für maximal 33 v.H. der insgesamt anerkennungsfähigen Fläche in Betracht. Weil zusammen nur 27,2353 ha der Anbaufläche als förderfähig ermittelt worden sei, könne nur für 13,4144 ha der Stilllegungsfläche - nach der Pauschalkürzung für das Land Brandenburg: für 12,76 ha - Stilllegungsausgleich gewährt werden. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. Mai 1997 zurück.

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Potsdam hat der Beklagte den Bescheid vom 6. Januar 1997 dahin geändert, dass für Eiweißpflanzen eine Fläche von 11,1530 ha als beihilfefähig festgestellt und der Berechnung der Ausgleichszahlung zugrunde gelegt wird. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit daraufhin hinsichtlich der Ausgleichszahlung für Eiweißpflanzen für erledigt erklärt.

Hinsichtlich der Ausgleichszahlung für Öllein hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen, das Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg die Berufung des Klägers insoweit zurückgewiesen. Mit Teilurteil vom heutigen Tage hat das Bundesverwaltungsgericht auch die Revision des Klägers in diesem Umfang zurückgewiesen. Nach den tatsächlichen Feststellungen hatte der Kläger auf 42,3371 ha der mit Öllein bebauten Fläche bereits im Vorjahr 1995 Öllein angebaut. Nach einer Vorschrift der Kulturpflanzen-Ausgleichszahlungs-Durchführungsverordnung des Landes Brandenburg ist bei Ölfrüchten ein unmittelbar nachfolgender Anbau derselben Fruchtart nicht beihilfefähig. Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass diese Vorschrift gültig sei und dass hierin eine anerkannte ortsübliche Norm über den Anbau und die Pflege von Kulturpflanzen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchstaben b und c der Verordnung (EG) Nr. 658/96 zu sehen sei. In Anwendung von Art. 9 Abs. 2 UAbs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 stehe dem Kläger daher für den Anbau von Öllein überhaupt keine Beihilfe zu.

Im Streit steht noch der Anspruch auf Zahlung eines Stilllegungsausgleichs. Insoweit hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben, das Oberverwaltungsgericht hat sie abgewiesen. Mit seiner Revision erstrebt der Kläger insoweit die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

II.

Die Entscheidung über die Revision hängt von der Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 der Kommission vom 23. Dezember 1992 (ABI Nr. L 391 S. 36) in der Fassung von Art. 1 Ziff. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1648/95 der Kommission vom 6. Juli 1995 (ABI Nr. L 156 S. 27) ab. In Frage steht, ob Art. 9 Abs. 2 bis 4 VO (EWG) Nr. 3887/92 dahin auszulegen ist, dass die Berechnung der Höchstfläche, die für Ausgleichszahlungen für Flächenstilllegung nach Art. 7 Abs. 6 Satz 2 und 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2989/95 in Betracht kommt, auf der Grundlage der beantragten oder der tatsächlich ermittelten Anbaufläche erfolgt. Das Verfahren ist deshalb auszusetzen, und die Auslegungsfrage ist gemäß Art. 234 EG dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen.

1. Der Anspruch des Klägers auf eine Ausgleichszahlung (Beihilfe) für stillgelegte Flächen beruht auf Art. 2 Abs. 1, 2 und 5, Art. 7 Abs. 5 und 6 der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 des Rates vom 30. Juni 1992 zur Einführung einer Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (ABI Nr. L 181 S. 12), für das vorliegend maßgebliche Wirtschaftsjahr 1996/97 zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2989/95 des Rates vom 19. Dezember 1995 (ABI Nr. L 312 S. 5), insbesondere auf Art. 7 Abs. 6. Nach Satz 1 dieser Bestimmung können Erzeuger den in Absatz 5 vorgesehenen Ausgleich für Flächen erhalten, die sie zur stärkeren Eindämmung der Erzeugung über ihre Verpflichtung hinaus stillgelegt haben. Nach Satz 2 darf in diesem Fall die brachgelegte Fläche nicht größer sein als diejenige für Kulturpflanzen, für die eine Ausgleichszahlung beantragt wird. Gemäß Satz 4 können die Mitgliedstaaten eine niedrigere Stilllegungsrate vorsehen, um den besonderen Erfordernissen ihrer Landwirtschaft wie dem Umweltschutz oder der Gefahr einer übermäßigen Verringerung der landwirtschaftlichen Tätigkeit in bestimmten Regionen Rechnung zu tragen.

Von der in Art. 7 Abs. 6 Satz 4 VO (EWG) Nr. 1765/92 vorgesehenen Möglichkeit, eine niedrigere Stilllegungsrate vorzusehen, hat Deutschland durch § 12a Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über eine Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter land-wirtschaftlicher Kulturpflanzen (Kulturpflanzen-Ausgleichszahlungs-Verordnung) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. November 1995 (BGBl I S. 1561) - KpfAusV - Gebrauch gemacht. Diese Bestimmung lautet:

§ 12a Höchstgrenze für Stilllegungsausgleich

(1) Ausgleichszahlungen für stillgelegte Flächen können höchstens für 33 v.H. der Flächen eines Betriebes gewährt werden, für die ein Antrag auf Ausgleichszahlungen nach den in § 1 genannten Rechtsakten gestellt worden ist. (...)

Der in Bezug genommene § 1 KpfAusV lautet:

§ 1 Anwendungsbereich

Die Vorschriften dieser Verordnung gelten für die Durchführung der Rechtsakte des Rates und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über die Einführung einer Stützungsregelung für die Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen sowie eines integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen hinsichtlich

1. der vereinfachten Ausgleichszahlung für Kleinerzeuger,

2. der allgemeinen Ausgleichszahlung für Erzeuger, die Flächen stilllegen,

3. der Flächenstilllegung im Rahmen der Regelung über die allgemeine Ausgleichszahlung,

4. des Anbaus nachwachsender Rohstoffe auf stillgelegten Flächen im Rahmen der Regelung über die allgemeine Ausgleichszahlung.

2. Der Kläger hat Stilllegungsausgleich nach Art. 7 Abs. 6 der Verordnung für die freiwillige Stilllegung einer Fläche von 29,2247 ha beantragt. Die beantragte Fläche ist grundsätzlich beihilfefähig; es ist nicht festgestellt, dass der Kläger die stillgelegte Fläche zu groß angegeben oder dass er sie unerlaubt genutzt hätte. Die beantragte Fläche übersteigt auch nicht 33 v.H. der Flächen des Betriebes, für die ein Antrag auf Ausgleichszahlungen nach den in § 1 KpfAusV genannten Rechtsakten gestellt worden ist. Der Kläger hat Ausgleichszahlungen nach der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 für eine Gesamtfläche von 88,5598 ha beantragt. 33 v.H. hiervon sind genau 29,2247 ha.

Allerdings haben die Kontrollen des Beklagten ergeben, dass ein erheblicher Teil der mit Kulturpflanzen (Eiweißpflanzen, Öllein) bebauten Flächen nicht im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchstaben b und c der Verordnung (EG) Nr. 658/96 der Kommission vom 9. April 1996 (ABI Nr. L 91 S. 46) ordnungsgemäß angesät bzw. gepflegt wurden und deshalb nicht beihilfefähig waren. Die Ausgleichszahlungen für die Anbauflächen für Eiweißpflanzen bzw. für Öllein wurden deshalb gekürzt. Das führt zu der Frage, ob dies auch Auswirkungen auf die Ausgleichszahlung für die Flächenstilllegung hat und gegebenenfalls welche.

3. Die nationale Vorschrift des § 12a Abs. 1 Satz 1 KpfAusV, die für die Berechnung der beihilfefähigen Höchststilllegungsfläche nach ihrem Wortlaut auf die Betriebsflächen abstellt, für die ein Antrag auf Ausgleichszahlungen gestellt worden ist, lässt sich nicht eigenständig - d.h. ohne Rücksicht auf die europarechtlichen Vorgaben - einschrän kend dahin auslegen, dass damit nur die Flächen gemeint seien, hinsichtlich derer der Antrag begründet ist. Für eine derartige Regelung fehlt den Mitgliedstaaten die Kompetenz. Art. 7 Abs. 6 Satz 4 VO (EWG) Nr. 1765/92 ermächtigt die Mitgliedstaaten nur dazu, eine niedrigere (Höchst-) Stilllegungsrate vorzusehen. Die Vorschrift ermächtigt die Mitgliedstaaten jedoch nicht dazu, die Folgen von Unregelmäßigkeiten zu regeln.

Auch Art. 7 Abs. 6 Satz 2 und 4 VO (EWG) Nr. 1765/92 lässt sich nicht dahin auslegen, dass es für die Berechnung der Höchststilllegungsfläche auf diejenige Anbaufläche ankäme, für die eine Ausgleichszahlung begründet beantragt wird. Wenn für die Gewährung einer Beihilfe relevante Rechtsvorschriften nicht eingehalten werden, so liegt eine Unregelmäßigkeit vor (vgl. Art. 2 Buchstabe h der Verordnung <EG> Nr. 2419/2001 der Kommission vom 11. Dezember 2001, ABI Nr. L 327 S. 11). Die Rechtsfolgen von Unregelmäßigkeiten ergeben sich im Bereich der Marktorganisationen nicht aus den einzelnen Sektorenverordnungen, sondern aus den Vorschriften über das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem, also aus der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates vom 27. November 1992 (ABI Nr. L 355 S. 1) und der hierzu ergangenen Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 der Kommission vom 23. Dezember 1992 (ABI Nr. L 391 S. 36), die im vorliegenden Wirtschaftsjahr 1996/97 in der Fassung von Art. 1 Ziff. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1648/95 der Kommission vom 6. Juli 1995 (ABI Nr. L 156 S. 27) anzuwenden ist, hinsichtlich der Beihilfen für Kulturpflanzen aus Art. 9 VO (EWG) Nr. 3887/92. Diese Vorschriften können nicht dadurch unterlaufen werden, dass der jeweiligen Sektorenverordnung - hier der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 - ebenfalls Rechtsfolgen von Unregelmäßigkeiten entnommen werden, zudem in unklarem Ausmaß.

4. Art. 9 VO (EWG) Nr. 3887/92 enthält für die in Rede stehende Frage keine unmittelbar einschlägige Regelung.

Es wurde festgestellt, dass die im Beihilfeantrag des Klägers hinsichtlich der Anbauflächen für Eiweißpflanzen und für Öllein angegebenen Flächen über den insoweit "ermittelten" Flächen lagen, also über den Flächen, bei denen alle vorgeschriebenen Bedingungen erfüllt waren. Aus Art. 9 Abs. 2 UAbs. 1 Satz 1, UAbs. 6 VO (EWG) Nr. 3887/92 ergibt sich, dass der Beihilfeantrag deshalb auf der Grundlage der bei der Kontrolle tatsächlich ermittelten Fläche berechnet wird, vorbehaltlich noch zusätzlicher Kürzungen im Wege der Sanktion. Gemäß Art. 9 Abs. 3 VO(EWG) Nr. 3887/92 werden jedoch für die Anwendung des Absatzes 2 - also einschließlich dessen ersten Satzes - nur Futterflächen, Stilllegungsflächen und Anbauflächen der einzelnen Ackerpflanzen, für welche ein unterschiedlicher Beihilfebetrag gilt, gesondert berücksichtigt. Dieses so genannte Blockprinzip bewirkt, dass sich die Folgen der Unregelmäßigkeit, die in der Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Bedingungen beim Anbau von Eiweißpflanzen und von Öllein liegen, auf die Beihilfe für die Eiweißpflanzen und für den Öllein beschränken. Eine Querwirkung auf die Ausgleichszahlung für die Flächenstilllegung sieht die Vorschrift nicht vor. Im Gegenteil bilden die Stilllegungsflächen in Art. 9 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 3887/92 ausdrücklich einen gesonderten "Block".

Eine blockübergreifende Querwirkung sieht lediglich Art. 9 Abs. 4 Buchstabe a Satz 2 VO (EWG) Nr. 3887/92 vor. Hiernach erfolgt die Berechnung der Höchstfläche, die für Ausgleichszahlungen zugunsten der Erzeuger von Ackerkulturen in Betracht kommt, auf der Grundlage der tatsächlich ermittelten Stilllegungsfläche und entsprechend dem Anteil der einzelnen Kulturen. Diese Vorschrift ist hier aber nicht einschlägig. Sie regelt den umgekehrten Fall, nämlich die Auswirkungen einer geringeren Stilllegungsfläche als im Antrag angegeben auf die Beihilfe für den Anbau von Kulturpflanzen. Ihr Ausgangspunkt ist, dass die Erzeuger von Kulturpflanzen Ausgleichszahlungen nur beanspruchen können, wenn sie einen Teil ihrer Betriebsfläche stilllegen (Art. 2 Abs. 5 Satz 2 VO <EWG> Nr. 1765/92). Hierfür schreibt das Gemeinschaftsrecht eine Mindestquote von ursprünglich 15 v.H., ab dem Wirtschaftsjahr 2000/2001 von 10 v.H. vor (Art. 7 Abs. 1 UAbs. 2 VO <EWG> Nr. 1765/92; Art. 6 Abs. 1 UAbs. 2 VO <EG> Nr. 1251/1999). Die Einhaltung dieser Stilllegungspflicht ist eine maßgebliche Voraussetzung für die Gewährung der Ausgleichszahlungen. Wird sie nicht eingehalten, so soll dies Auswirkungen auf den Anspruch auf Ausgleichszahlungen auch für die Kulturpflanzen haben. Daher bestimmt Art. 9 Abs. 4 Buchstabe a Satz 2 VO (EWG) Nr. 3887/92, dass Ausgleichszahlungen für Kulturpflanzen - und bei mehreren Kulturpflanzen mit unterschiedlichen Beihilfesätzen anteilig - gekürzt werden, wenn die festgestellte Stilllegungsfläche hinter der beantragten zurückbleibt und dadurch die Mindeststilllegungsquote unterschritten wird (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 17. Juli 1997 - Rs. C-354/95, National Farmers' Union - Slg. 1997, 1-4559, 4590 <Rn. 27 ff.>, sowie die Schlussanträge des Generalanwalts Léger vom 6. März 1997, ebd. 4562 <Rn. 47 ff.>).

Für den vorliegenden Fall ergibt die Vorschrift jedoch keinen Sinn. Zwar gibt es auch für den Stilllegungsausgleich eine Höchstfläche, die in Abhängigkeit von den angebauten Kulturpflanzen bestimmt wird. Das betrifft freilich nur die freiwillige Stilllegung nach Art. 7 Abs. 6 VO (EWG) Nr. 1765/92 über die Stilllegungspflicht nach Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung hinaus. Denkbar ist eine Vorschrift, derzufolge die Berechnung der Höchstfläche, die für Ausgleichszahlungen für Flächenstilllegungen in Betracht kommt, auf der Grundlage der tatsächlich ermittelten Anbauflächen erfolgt. Der Wortlautvergleich mit dieser gedachten Vorschrift zeigt indes, dass Art. 9 Abs. 4 Buchstabe a Satz 2 VO (EWG) Nr. 3887/92 diesen Fall gerade nicht erfasst. Auch dessen Nachsatz - dass die Berechnung der Höchstfläche "entsprechend dem Anteil der einzelnen Kulturen" erfolgt - schließt eine Anwendung auf die Stilllegungshöchstfläche aus; denn hier gibt es gerade keine Kulturen, vollends nicht verschiedenartige.

Dass Art. 9 Abs. 4 Buchstabe a VO (EWG) Nr. 3887/92 den vorliegenden Fall nicht erfasst, wird durch die Regelungsgeschichte bestätigt. Die ursprüngliche Fassung von Art. 9 Abs. 4 VO (EWG) Nr. 3887/92 trat in demselben Jahr in Kraft wie die Sektorenverordnung (EWG) Nr. 1765/92. Deren ursprüngliche Fassung kannte nur eine Stilllegungspflicht, aber noch keine freiwillige zusätzliche Stilllegung, mithin eine Mindeststilllegungsfläche, aber noch keine Höchststilllegungsfläche. Die Möglichkeit der freiwilligen zusätzlichen Stilllegung wurde erst durch die Änderungsverordnung (EG) Nr. 231/94 des Rates vom 24. Januar 1994 (ABI Nr. L 30 S. 2) geschaffen. Erst jetzt gab es beiderseitige Höchstflächen - sowohl bei den Anbauflächen wie bei den Stilllegungsflächen -, und es stellte sich das Problem, ob Art. 9 Abs. 4 VO (EWG) Nr. 3887/92 nunmehr in beiden Richtungen wirken sollte oder nicht. Die Frage wurde durch mehrfache Änderung dieser Vorschrift durch die Verordnung (EG) Nr. 229/95 vom 3. Februar 1995 (ABI Nr. L 27 S. 3) und die Verordnung (EG) Nr. 1648/95 vom 6. Juli 1995 (ABI Nr. L 156 S. 27) dahin geklärt, dass - wie im Ausgangspunkt des Jahres 1992 - nur die Auswirkungen einer Unterschreitung der Mindeststilllegungsfläche auf die Berechnung der Beihilfe für Anbauflächen erfasst werden, nicht aber umgekehrt die Auswirkungen von Minderflächen bei den Kulturpflanzen auf die Berechnung des Stilllegungsausgleichs.

5. Der Blick auf die Regelungsgeschichte wirft die Frage auf, ob der Verordnungsgeber bei der Einführung einer Ausgleichszahlung für freiwillige Flächenstilllegung im Jahre 1995 die möglichen blockübergreifenden Auswirkungen von Minderflächen bei den Kulturpflanzen übersehen oder ob er Art. 9 Abs. 3 und 4 VO (EWG) Nr. 3887/92 bewusst unverändert gelassen hat, und wie im ersteren Falle die dann anzunehmende Regelungslücke zu schließen ist.

a) Für die Annahme, der Verordnungsgeber habe das in Rede stehende Problem übersehen, spricht die Beobachtung, dass das europäische Gemeinschaftsrecht im Bereich der Agrarsubventionen praktisch durchgängig nicht auf die im Antrag angegebenen, sondern auf die tatsächlich als beihilfefähig ermittelten Werte abstellt. Andernfalls bestünde auch die Gefahr, dass sich der Landwirt durch Phantasieangaben im Antrag Beihilfevorteile verschafft. Das Ziel der Bestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem, missbräuchliche Antragstellungen zu verhindern, könnte dann nicht mehr zufriedenstellend erreicht werden.

Ausgangspunkt für eine Auslegung von Art. 9 VO (EWG) Nr. 3887/92, die dieses Ziel zu erreichen sucht, könnte die Überlegung sein, dass Art. 7 Abs. 6 VO (EWG) Nr. 1765/92 die Ausgleichszahlung für freiwillige Flächenstilllegung in eine Abhängigkeit von den Anbauflächen stellt. Diese blockübergreifende Abhängigkeit ist gerade eine wesentliche Voraussetzung für die Gewährung des Stilllegungsausgleichs. Dann aber erscheint zweifelhaft, ob und inwieweit das Blockprinzip des Art. 9 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 3887/92 überhaupt anwendbar ist. Zwar mag Art. 9 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 3887/92 eine blockübergreifende Querwirkung verhindern, soweit es um eine Kürzung der Ausgleichszahlungen im Wege der Sanktion geht, wie sie von Art. 9 Abs. 2 Sätze 2 ff. VO (EWG) Nr. 3887/92 vorgesehen ist. Eine blockübergreifende Querwirkung der Grundregel des Art. 9 Abs. 2 Satz 1 VO (EWG) Nr. 3887/92, dass nicht auf die beantragten, sondern auf die tatsächlich ermittelten Flächen abzustellen ist, verhindert Art. 9 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 3887/92 jedoch nicht. Dieser Gedanke liegt auch Art. 9 Abs. 4 Buchstabe a Satz 2 VO (EWG) Nr. 3887/92 zugrunde, ungeachtet des Umstandes, dass diese Vorschrift unmittelbar nur den umgekehrten Fall der Auswirkungen von Fehlern bei den Stilllegungsflächen auf die Ausgleichszahlungen für die Anbauflächen erfasst.

b) Hiergegen ist freilich einzuwenden, dass sich eine derartige Auslegung allzu weit vom Wortlaut und von der Entstehungsgeschichte des Art. 9 Abs. 3 und 4 VO (EWG) Nr. 3887/92 entfernt. Hinzu kommt, dass diese Auslegung ein Ziel zu erreichen sucht, von dem nicht mit der gebotenen Sicherheit gesagt werden kann, dass es der Ausgleichszahlung für freiwillige Flächenstilllegung überhaupt zugrunde liegt.

Vorauszuschicken ist, dass für den umgekehrten Fall die Abhängigkeit der Ausgleichszahlungen für den Anbau von Kulturpflanzen von der Einhaltung der Mindeststilllegungspflicht nach Art. 7 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 1765/92 auf der Hand liegt. Die Erzeuger von Kulturpflanzen sollen hierfür Beihilfen nur erhalten, wenn sie zugleich einen Teil ihrer Betriebsfläche stilllegen. Unterschreiten sie ihre Stilllegungspflicht, so soll dies nicht ohne Auswirkung auf die Ausgleichszahlungen für die Kulturpflanzen sein. Dem dient Art. 9 Abs. 4 Buchstabe a Satz 2 VO (EWG) Nr. 3887/92.

Eine vergleichbare Abhängigkeit für den vorliegend umstrittenen Fall ist aber keineswegs offenkundig. Das Ziel der Mindeststilllegungspflicht, die Produktion von Kulturpflanzen zu beschränken, scheidet hier von vornherein aus. Im Gegenteil wird dieses Ziel umso mehr gefördert, je größer die stillgelegte Fläche eines Betriebes ist. Weshalb das Gemeinschaftsrecht die Ausgleichszahlungen für freiwillig stillgelegte Flächen auf 50 v.H. der Betriebsfläche beschränkt (Art. 7 Abs. 6 Satz 2 VO <EWG> Nr. 1765/92) und den Mitgliedstaaten erlaubt, eine niedrigere (Höchst-) Stilllegungsrate vorzusehen (Art. 7 Abs. 6 Satz 4 VO <EWG> Nr. 1765/92), lässt sich den Erwägungsgründen zur Änderungsverordnung (EG) Nr. 231/94 nicht entnehmen. Lediglich mittelbar ergibt sich aus Art. 7 Abs. 6 Satz 4 VO (EWG) Nr. 1765/92, dass die Höchstgrenze dazu dient, den besonderen Erfordernissen der Landwirtschaft wie dem Umweltschutz oder der Gefahr einer übermäßigen Verringerung der landwirtschaftlichen Tätigkeit in bestimmten Regionen Rechnung zu tragen.

All dies hat mit der Einhaltung der vorgeschriebenen Bedingungen für Ausgleichszahlungen für den Anbau von Kulturpflanzen auf den nicht stillgelegten Flächen nichts zu tun. Es ist auch nicht erkennbar, weshalb die Nichteinhaltung dieser Bedingungen nicht nur durch die Verminderung oder gegebenenfalls den vollständigen Wegfall der Beihilfe für diese Kulturpflanzen sanktioniert werden soll, sondern obendrein noch durch eine Verminderung der Beihilfe für die Flächenstilllegung, selbst wenn diese für sich betrachtet alle Beihilfevoraussetzungen erfüllt.

Ende der Entscheidung

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