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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 15.12.2005
Aktenzeichen: BVerwG 3 C 53.04
Rechtsgebiete: VO (EWG) Nr. 2204/90, MOG


Vorschriften:

VO (EWG) Nr. 2204/90
MOG § 14 Abs. 1
Eine besondere Vergünstigung im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 MOG muss auf der Grundlage eines begünstigenden Verwaltungsakts gewährt worden sein. Ihre Erstattung setzt voraus, dass dieser Verwaltungsakt zuvor nach § 10 MOG zurückgenommen oder widerrufen worden ist.

Abgaben zu Marktordnungszwecken im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 MOG setzen die Rechtmäßigkeit der Produktion voraus. Zahlungspflichten, die durch unrechtmäßiges Handeln ausgelöst werden, sind keine Abgaben, sondern Sanktionen.


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 3 C 53.04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 15. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick, Dr. Dette, Liebler und Prof. Dr. Rennert ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 5. Februar 2004 wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussrevision der Klägerin wird das genannte Urteil geändert. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 23. September 1999 wird im vollen Umfang zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.

Gründe:

I.

Nach Art. 11 der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (ABl Nr. L 148/13), bis 1991 zuletzt geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 1630/91 (ABl Nr. L 150/19), wird für Magermilch, die in der Gemeinschaft hergestellt worden ist und zu Kasein verarbeitet wird, eine Beihilfe gewährt. Damit soll den betreffenden Erzeugern in der Gemeinschaft eine Marktstellung gewährleistet werden, die derjenigen der außerhalb der Gemeinschaft ansässigen Kasein- und Kaseinathersteller entspricht, deren Erzeugnisse in die Gemeinschaft eingeführt und hier zum Weltmarktpreis angeboten werden. Allerdings hat die technische Entwicklung dazu geführt, dass derart subventioniertes Kasein und Kaseinat unter anderem für die Herstellung von Käse verwendet wurde. Dadurch wurde das Gleichgewicht des Milchmarktes gestört. Um dem entgegenzuwirken, erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 2204/90 vom 24. Juli 1990 mit zusätzlichen, Käse betreffenden Grundregeln der gemeinsamen Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (ABl Nr. L 201/7), die seit dem 15. Oktober 1990 galt. Nach deren Art. 1 setzt die Verwendung von Kasein und Kaseinat zur Herstellung von Käse eine vorherige Genehmigung voraus, die nur erteilt wird, wenn die Verwendung dieser Stoffe für die Herstellung der Erzeugnisse erforderlich ist. Art. 3 Abs. 3 der Verordnung bestimmt, dass "unbeschadet der von den Mitgliedstaaten festgelegten oder festzulegenden Strafen für die ohne Genehmigung verwendete Menge Kasein und Kaseinat ein Betrag zu zahlen (ist), der dem Unterschied zwischen dem Preis, der sich aus dem Interventionspreis für Magermilchpulver ergibt, und dem Marktpreis für Kasein und Kaseinat, erhöht um 10 %, entspricht".

Die Klägerin betreibt eine Käserei. Sie erhielt 1989 die Lieferung eines kaseinhaltigen Stoffes. Eine Betriebsprüfung ergab, dass in ihrem Betrieb vom 6. Dezember 1990 bis zum 30. August 1991 insgesamt 12 000 kg dieses Stoffes ohne Genehmigung bei der Herstellung von Käse verwendet wurden. Mit Bescheid vom 28. Oktober 1992 forderte die Bundesanstalt für Landwirtschaftliche Marktordnung (BALM) die Klägerin daher unter Hinweis auf Art. 3 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 2204/90 zur Zahlung von 84 506,24 DM bis zum 30. November 1992 auf. Der letzte Absatz der Begründung lautete:

"Das Nichteinhalten der gesetzten Zahlungsfrist hat gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 ... MOG ... zur Folge, dass der angeforderte Betrag vom Fälligkeitstag an mit 3 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen ist."

Auf den Widerspruch der Klägerin wurde der angeforderte Betrag auf 59 576,97 DM reduziert. Der weitergehende Widerspruch wurde zurückgewiesen, die nachfolgende Klage rechtskräftig abgewiesen. Am 20. Mai 1997 bezahlte die Klägerin den festgesetzten Betrag.

Mit Bescheid vom 28. Juli 1997 setzte die Beklagte - zwischenzeitlich Funktionsnachfolgerin der BALM - unter Berufung auf § 14 Abs. 1 MOG Zinsen für die Zeit vom 1. Dezember 1992 bis zum 20. Mai 1997 auf 20 051,10 DM fest. Mit ihrem Widerspruch bestritt die Klägerin, dass der Zinsanspruch auf § 14 Abs. 1 Satz 1 MOG gestützt werden könne, weil eine Beihilferückforderung nicht in Rede stehe. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 1997 zurück, weil die Zinsforderung "gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 MOG" dem Grunde nach bereits im Bescheid vom 28. Oktober 1992 geltend gemacht worden sei; dieser Bescheid sei bestandskräftig.

Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin die Berechtigung der Zinsforderung dem Grunde nach bestritten und sich hilfsweise für den Zeitraum vor dem 1. Januar 1996 auf Verjährung berufen.

Mit Urteil vom 23. September 1999 hat das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main die angefochtenen Bescheide aufgehoben. An einer Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit sei es nicht durch die Bestandskraft des Bescheides vom 28. Oktober 1992 gehindert, denn dort sei hinsichtlich der Zinspflicht lediglich auf die Rechtslage hingewiesen, aber keine Regelung getroffen worden. Die Zinsforderung finde in § 14 Abs. 1 MOG keine Grundlage. Die Hauptforderung stelle nämlich weder eine Rückforderung noch eine Abgabe, sondern eine Verwaltungssanktion dar. Das belege der Umstand, dass nicht nur der Unterschieds- bzw. Beihilfebetrag gefordert werde, sondern obendrein ein 10-prozentiger Zuschlag.

Auf die Berufung der Beklagten hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 5. Februar 2004 das erstinstanzliche Urteil geändert. Er hat den angefochtenen Zinsbescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides nur hinsichtlich des vor dem 1. Januar 1996 gelegenen Zeitraums für rechtswidrig angesehen und die Berufung der Beklagten insoweit zurückgewiesen, die Klage hinsichtlich des nach dem 31. Dezember 1995 gelegenen Zeitraums hingegen abgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt: Die Beklagte könne ihre Zinsforderung auf § 14 Abs. 1 Satz 2 MOG stützen; denn der mit dem Ausgangsbescheid vom 28. Oktober 1992 geforderte Unterschiedsbetrag gemäß Art. 3 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 2204/90 stelle eine Abgabe zu Marktordnungszwecken im Sinne des Marktorganisationengesetzes dar. Dass es sich entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht um eine Sanktion handeln könne, ergebe sich bereits aus den Erwägungsgründen zu dieser Verordnung, wonach die Festlegung von Sanktionen den Mitgliedstaaten obliege; eine zusätzliche gemeinschaftsrechtliche Sanktion wäre dann mit dem Grundsatz "ne bis in idem" unvereinbar. Es ergebe sich auch aus Sinn und Zweck des gemeinschaftsrechtlichen und nationalen Regelungssystems. Die ungenehmigte Verwendung von Kasein zur Käseherstellung sei nämlich nach Gemeinschaftsrecht nicht verboten. Allerdings sei die damit einhergehende mittelbare Subventionierung unerwünscht. Daher sei die Verwendung mit einer Abgabepflicht belegt, von der die Erteilung der Genehmigung befreie. Diese Sichtweise werde durch das nationale Recht bestätigt. Wer Kasein zur Käseherstellung verwende, sei hiernach anzeigepflichtig. Das solle die Behörde nur in den Stand setzen, den Unterschiedsbetrag einzufordern. Die Selbstanzeige verbotenen Tuns sei hingegen mit dem deutschen Rechtssystem kaum vereinbar. Für die Annahme einer Lenkungs- und Finanzierungsabgabe spreche schließlich, dass die eingezogenen Unterschiedsbeträge der Refinanzierung der Kaseinbeihilfe dienten. Auch der 10-prozentige Aufschlag spreche nicht für eine Sanktion. Er diene vielmehr dem pauschalen Ausgleich für Marktschwankungen, weil es in der Gemeinschaft keinen einheitlichen Marktpreis für Magermilchpulver gebe und der deshalb herangezogene Interventionspreis regelmäßig - teilweise sogar deutlich - unter dem jeweiligen Marktpreis liege. Das Ergebnis werde durch die Bestimmungen der Verordnung (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABl Nr. L 312/1) bestätigt, denen zufolge die Wiedereinziehung durch Unregelmäßigkeiten erlangter Vorteile keine Sanktion darstelle, Sanktionen umgekehrt nur bei Verschulden verhängt werden dürften, worauf es vorliegend nicht ankomme. Die Berufung der Beklagten habe gleichwohl nur hinsichtlich der nach dem 31. Dezember 1995 gelegenen Zeit Erfolg, weil die Zinsforderung hinsichtlich der Zeit davor bei ihrer Festsetzung bereits verjährt gewesen sei. Es gelte nämlich die einjährige Verjährungsfrist nach § 239 Abs. 1 AO.

Zur Begründung ihrer Revision macht die Beklagte geltend, bei der dem Zinsbescheid zugrunde liegende Hauptforderung habe es sich nicht um eine Abgabe im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2, § 12 Abs. 1 MOG, sondern um die Erstattung einer besonderen Vergünstigung gehandelt, für die nicht die einjährige Festsetzungsverjährung nach § 239 Abs. 1 AO, sondern die vierjährige Verjährung nach § 197 BGB gelte. Daher seien auch die Zinsen für den Zeitraum vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 1995 im Zeitpunkt der Festsetzung am 28. Juli 1997 noch unverjährt gewesen.

Die Klägerin ist der Revision entgegengetreten und beantragt im Wege der Anschließung, das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen.

Die Beklagte tritt der Anschlussrevision entgegen.

Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich nicht am Verfahren.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

II.

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Anschlussrevision der Klägerin hingegen hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

1. Die Revision der Beklagten kann nur Erfolg haben, wenn der Zahlungsanspruch nach Art. 3 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2204/90 des Rates vom 24. Juli 1990 mit zusätzlichen, Käse betreffenden Grundregeln der gemeinsamen Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (ABl Nr. L 201/7) ein Anspruch auf Erstattung von besonderen Vergünstigungen im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 des Marktorganisationengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. September 1995 (BGBl I S. 1146) - MOG 1995 -, geändert durch das Gesetz vom 2. Mai 1996 (BGBl I S. 656), wäre, der nach dieser Vorschrift vom Zeitpunkt des Empfanges an mit 3 vom Hundert über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen ist. Nur dann nämlich kommt in Betracht, dass - das Entstehen eines Zinsanspruchs unterstellt - jedenfalls die Zinsen für den Zeitraum ab dem 1. Januar 1993 im Zeitpunkt ihrer Festsetzung durch den angefochtenen Bescheid vom 28. Juli 1997 noch nicht verjährt waren (vgl. § 197 BGB a.F. sowie Urteil vom 17. August 1995 - BVerwG 3 C 17.94 - BVerwGE 99, 109).

Der Zahlungsanspruch nach Art. 3 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 2204/90 ist jedoch kein Anspruch auf Erstattung einer besonderen Vergünstigung im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 MOG 1995.

Eine besondere Vergünstigung im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 MOG 1995 muss auf der Grundlage eines begünstigenden Verwaltungsakts gewährt worden sein; ihre Erstattung setzt voraus, dass dieser Verwaltungsakt zuvor nach § 10 MOG 1995 zurückgenommen oder widerrufen worden ist. Dafür spricht schon, dass auch § 10 Abs. 1 Satz 2 MOG 1995 von der "Erstattung von ... Vergünstigungen" und § 10 Abs. 3 MOG 1995 von den "zu erstattenden Beträgen" spricht; hieran schließt § 14 Abs. 1 Satz 1 MOG 1995 sprachlich und systematisch an. Das bestätigt die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Sie findet ihre Vorläuferin in § 12 der ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 31. August 1972 (BGBl I S. 1617). Dort hieß es, dass durch Rechtsverordnung bestimmt werden könne, dass "bei Rückforderung von zu Unrecht gewährten Vergünstigungen" Zinsen erhoben würden. Die Rückforderung setzt aber die vorherige Gewährung voraus und meint die Gewährung aufgrund eines begünstigenden Bescheides. Die damals im Zweiten Abschnitt des Gesetzes enthaltene Vorschrift wurde durch das Zweite MOG-Änderungsgesetz vom 27. August 1986 (BGBl I S. 1389) - zunächst als § 8b, dann umbenannt in § 14 (vgl. BGBl 1986 I S. 1397) - in den Ersten Titel des Zweiten Abschnitts übernommen. Ausweislich der Entwurfsbegründung geschah dies, "da die Zinserhebung sachlich im Zusammenhang mit der dort geregelten Aufhebung rechtswidriger Bescheide sowie der Rückforderung zu Unrecht gewährter Beträge steht" (BTDrucks 10/5236 S. 13 <zu § 8b>). Schließt § 14 Abs. 1 Satz 1 MOG 1995 aber systematisch an § 10 MOG an, so entspricht die Regelung § 49a Abs. 3 und 4 VwVfG. Das wird dadurch bestätigt, dass bei Schaffung dieser Vorschrift durch das Gesetz vom 2. Mai 1996 (BGBl I S. 656) § 14 Abs. 1 Satz 1 MOG sprachlich dem neuen § 49a VwVfG angeglichen wurde.

Der Zahlungsanspruch nach Art. 3 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 2204/90 richtet sich nicht auf die Erstattung einer auf der Grundlage eines begünstigenden Verwaltungsakts gewährten Leistung. Als derartige Leistung kommt allenfalls die Gewährung einer Beihilfe für die Verarbeitung von Magermilch zu Kasein in Betracht. Diese Beihilfe wurde indes nicht der Klägerin, sondern ihrem Lieferanten, dem Hersteller des Kaseins oder der Kaseinate, gewährt (vgl. Art. 2 der Verordnung/EWG Nr. 987/68 des Rates vom 15. Juli 1968 zur Festlegung der Grundregeln für die Gewährung einer Beihilfe für Magermilch, die zu Kasein und Kaseinaten verarbeitet worden ist, ABl Nr. L 169/6, bis 1991 zuletzt geändert durch die Verordnung/EWG Nr. 1435/90, ABl Nr. L 138/8). Der Zahlungsanspruch nach Art. 3 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 2204/90 setzt auch nicht voraus, dass der der Beihilfegewährung zugrunde liegende Bewilligungsbescheid zuvor zurückgenommen oder widerrufen wurde; eine derartige Aufhebung des Bewilligungsbescheides steht auch gar nicht in Rede. Schließlich bemisst sich der Zahlungsanspruch nicht nach der Höhe der gewährten Beihilfe, sondern nach dem wirtschaftlichen Vorteil für die Klägerin.

Der Hinweis der Beklagten auf § 10 Abs. 1 Satz 2 MOG geht fehl. Hiernach können in Rechtsverordnungen nach den §§ 6 und 8 MOG, soweit Regelungen des Gemeinschaftsrechts dies erfordern, zur Erstattung von zu Unrecht gewährten Vergünstigungen unter bestimmten Voraussetzungen auch Dritte verpflichtet werden. Damit ließe sich allenfalls überwinden, dass die Klägerin nicht Begünstigte des Bewilligungsbescheides über die Kasein-Beihilfe war, sondern Dritte. Das ändert aber nichts daran, dass der Zahlungsanspruch nach Art. 3 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 2204/90 nicht die Erstattung dieser Beihilfe zum Gegenstand hat, wie sich schon aus der unterschiedlichen Bemessung ergibt. Hinzu kommt, dass § 10 Abs. 1 Satz 2 MOG voraussetzt, dass der Bewilligungsbescheid als rechtswidrig zurückgenommen wurde; zudem muss eine Rechtsverordnung die Behörde ermächtigen, die Erstattungsforderung auch bei Dritten geltend zu machen. An all dem fehlt es.

2. Die Anschlussrevision der Klägerin ist zulässig (§ 141 Satz 1, § 127 VwGO) und begründet. Das Berufungsgericht hat die Klage teilweise abgewiesen, weil die angefochtenen Zinsbescheide ihre Rechtsgrundlage in § 14 Abs. 1 Satz 2 MOG 1995 fänden und die Zinsforderung im Zeitpunkt ihrer Festsetzung teilweise unverjährt sei. Das verletzt Bundesrecht. Die Bescheide lassen sich nicht auf § 14 Abs. 1 Satz 2 MOG 1995 stützen.

Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 MOG sind Abgaben, die nicht rechtzeitig gezahlt werden, vom Fälligkeitstag an mit 3 vom Hundert über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen. Die Vorschrift meint Abgaben zu Marktordnungszwecken im Sinne von § 12 MOG, etwa zur Steuerung der Produktion oder zum Ausgleich von Lagerkosten (vgl. § 8 Abs. 1 MOG 1972 und dazu BTDrucks VI/2553 S. 26). Abgaben zur Steuerung der Produktion sollen das Produkt verteuern und so die Produktion verringern, im Grenzfall - wie bei der Milchabgabe - wirtschaftlich nachteilig machen. Sie setzen aber die Rechtmäßigkeit der Produktion voraus. Zahlungspflichten, die durch unrechtmäßiges Handeln ausgelöst werden, sind keine Abgabepflichten, sondern Sanktionen.

Das hat das Berufungsgericht nicht verkannt. Es meint aber, die Zahlungspflicht nach Art. 3 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 2204/90 werde nicht durch unrechtmäßiges Handeln ausgelöst. Vielmehr sei die Herstellung von Käse unter Verwendung von Kasein oder Kaseinat erlaubt. Daran ändere nichts, dass die Verwendung von Kasein oder Kaseinat zur Herstellung von Käse nach Art. 1 der Verordnung eine vorherige Genehmigung voraussetze. Diese Genehmigung mache die Verwendung nicht erst rechtmäßig, sondern befreie nur von der Zahlungspflicht. Dem kann nicht gefolgt werden.

Schon der Wortlaut von Art. 1 der Verordnung zeigt, dass die Verwendung von Kasein und Kaseinat nur unter bestimmten, von der Kommission festzulegenden Bedingungen zulässig ist und einer vorherigen Genehmigung bedarf. Die Verwendung ohne Genehmigung ist damit eine Unregelmäßigkeit im Sinne des Gemeinschaftsrechts, die die Verhängung einer Verwaltungsstrafe rechtfertigt (vgl. Art. 1 Abs. 2 VO/EG, EURATOM Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften, ABl Nr. L 312/1). Die nach Art. 3 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 2204/90 bestehende Pflicht, bei ungenehmigter Verwendung von Kasein oder Kaseinat zur Käseherstellung einen näher bestimmten Betrag zu bezahlen, stellt eine solche Verwaltungsstrafe dar. Das besagen die Erwägungsgründe zur Verordnung ausdrücklich. Hier heißt es: "Für das reibungslose Funktionieren einer solchen Regelung ist es notwendig, dass die Mitgliedstaaten eine Kontrolle durchführen, die die Einhaltung der vorgesehenen Verpflichtungen gewährleistet. Zu diesem Zweck sind insbesondere Kontrollvorschriften zu erlassen und entsprechende Strafen vorzusehen. Die diesbezüglichen Strafen müssen so ausfallen, dass der durch eine unzulässige Verwendung erzielte wirtschaftliche Vorteil aufgewogen wird." Art. 3 der Verordnung setzt diese Motive um. Art. 3 Abs. 1 und 2 verpflichtet die Mitgliedstaaten, ein näher bestimmtes Kontrollsystem einzuführen und der Kommission alle in diesem Zusammenhang ergriffenen Maßnahmen mitzuteilen. Die "vorzusehenden" "entsprechenden" Strafen werden sodann in Absatz 3 desselben Artikels geregelt. Dass auch diese Vorschrift in Umsetzung der zitierten Erwägungsgründe erging, zeigt nicht nur der Umstand, dass die dort vorgesehene Zahlungspflicht tatbestandlich an die unzulässige Verwendung von Kasein bei der Käseherstellung anknüpft, sondern auch dass sie in ihrer Höhe im Ausgangspunkt dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Interventionspreis für Magermilchpulver und dem Marktpreis für Kasein und Kaseinat entspricht, also den durch die unzulässige Verwendung erzielten wirtschaftlichen Vorteil aufwiegt.

Aus dem Umstand, dass Art. 3 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 2204/90 den zu zahlenden Betrag "unbeschadet der von den Mitgliedstaaten festgelegten oder festzulegenden Strafen" bestimmt, ergibt sich nichts anderes. Das Berufungsgericht meint, damit sei die Festlegung von Sanktionen vollständig den Mitgliedstaaten überlassen; die gemeinschaftsrechtliche Zahlungspflicht müsse daher etwas anderes als eine Sanktion sein. Das trifft nicht zu. Art. 3 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 2204/90 erlaubt den Mitgliedstaaten lediglich, weitere Strafen vorzusehen, welche die Einhaltung des Gemeinschaftsrechts sichern sollen. Dabei spricht viel für die Annahme, dass die Mitgliedstaaten die in Art. 3 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 2204/90 vorgesehene Strafe nicht erhöhen - also nicht für denselben Tatbestand eine zusätzliche nationale Verwaltungsstrafe verhängen - dürfen. Ihnen ist aber unbenommen, etwa Kontroll- und Anzeigepflichten mit Sanktionen zu bewehren. Dementsprechend hat Deutschland jeden, der Kasein bei der Käseherstellung verwenden will, ohne eine Erlaubnis zu besitzen, zur Anzeige innerhalb einer bestimmten Frist verpflichtet (§ 4 Kasein-Verwendungs-verordnung - KaseinVV - vom 22. November 1990, BGBl I S. 2538) und die Nichteinhaltung dieser Pflicht mit einem Bußgeld bedroht (§ 11 Kasein-VV).

Dass die Zahlungspflicht nach Art. 3 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 2204/90 eine Verwaltungsstrafe darstellt, hat der Gemeinschaftsgesetzgeber schließlich selbst bestätigt. Die Vorschrift wurde nämlich durch die Verordnung (EG) Nr. 2583/2001 des Rates vom 19. Dezember 2001 (ABl Nr. L 345/6) geändert. In den Erwägungsgründen dieser Änderungsverordnung wurde die Zahlungspflicht nach Art. 3 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 2204/90 ausdrücklich als "Gemeinschaftsstrafe" bezeichnet.

Zu ergänzen bleibt, dass auch der nationale Gesetzgeber den Zahlungsbetrag nach Art. 3 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 2204/90 nicht als Abgabe im Sinne von § 12, § 14 Abs. 1 Satz 2 MOG ansieht. Andernfalls hätte er seine Verwaltung den Finanzbehörden zuweisen müssen (Art. 108 Abs. 1 Satz 1 GG), wie es etwa für die Milchabgabe geschehen ist (§ 3 MAV). Zuständig ist jedoch die Beklagte (§ 2 Kasein-VV).

3. Das Berufungsurteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Es bedarf auch keiner Zurückverweisung; die Sache ist vielmehr im Sinne der Klägerin entscheidungsreif. Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar letztlich offen gelassen, ob die umstrittene Zinsforderung dem Grunde nach bereits mit dem - bestandskräftigen - Bescheid vom 28. Oktober 1992 geltend gemacht worden ist, wie die Beklagte meint. Deshalb braucht die Sache jedoch nicht an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen zu werden. Weil das Berufungsgericht den Bescheid vom 28. Oktober 1992 selbst nicht ausgelegt hat, ist das Revisionsgericht an einer eigenen Auslegung nicht gehindert (Urteil vom 1. Dezember 1989 - BVerwG 8 C 17.87 - BVerwGE 84, 158 <161 f.>; stRspr). Diese Auslegung ergibt, dass die BALM mit der fraglichen Passage - die nicht in den Ausspruch des Bescheides aufgenommen, sondern der Begründung angefügt war - keine Regelung getroffen, sondern lediglich einen Hinweis auf die ihrer Auffassung nach bestehende Rechtslage gegeben hat. Das hat das Verwaltungsgericht ebenso gesehen, und auch der Verwaltungsgerichtshof hat dieser Auslegung zugeneigt.

Nach allem ist das Berufungsurteil auf die Anschlussrevision der Klägerin zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts im vollen Umfang zurückzuweisen. Diese Entscheidung kann der Senat treffen, ohne dass es einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof bedürfte; denn der Rechtsstreit betrifft nationales Recht und die gemeinschaftsrechtlichen Vorfragen sind zweifelsfrei zu beantworten.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 10 251,96 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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