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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 23.11.2006
Aktenzeichen: BVerwG 3 C 6.06
Rechtsgebiete: VwGO, VZOG, MauerG
Vorschriften:
VwGO § 42 Abs. 2 | |
VZOG § 2 Abs. 1 | |
MauerG § 2 | |
MauerG § 3 |
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
BVerwG 3 C 6.06
Verkündet am 23. November 2006
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. November 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick, Dr. Dette, Liebler und Prof. Dr. Rennert
für Recht erkannt:
Tenor:
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 25. August 2005 wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Gründe:
I
Der Kläger wendet sich gegen die Zuordnung mehrerer Grundstücke an die beigeladene Gemeinde.
Der Kläger ist ein eingetragener Kleingartenverein, der 1931 gegründet wurde und entlang der Havel ein Kleingartengelände zu Eigentum erwarb und anlegte, darunter die Flurstücke 94 bis 86, die in einer Reihe liegen; das Flurstück Nr. 94 grenzt an die Havel, das Flurstück 86 an eine Straße. Die Grundstücke wurden 1963 unter staatliche Verwaltung gestellt. Das seeseitige Flurstück Nr. 94 wurde von der DDR angekauft, die Flurstücke Nr. 88, 89, 91, 92 und 93 wurden 1966 nach § 10 des Verteidigungsgesetzes der DDR in Volkseigentum überführt. Rechtsträger wurde das Ministerium für nationale Verteidigung, später - 1985 - der Rat des Kreises Oranienburg. Die Flurstücke Nr. 86, 87 und 90 verblieben - möglicherweise versehentlich - im Eigentum des Klägers.
Entlang der Havel hatte die DDR Grenzzäune und Kontrollwege errichtet, so auch auf dem Flurstück 94. Auf den weiteren Grundstücken 95/1 und 95/2, die seitlich an sämtliche acht vorerwähnten Flurstücke angrenzen, befand sich eine Kasernenanlage für die Grenztruppen der DDR. Der Kläger behauptet, dass sich auch auf den Flurstücken 86 bis 93 Grenzanlagen befunden hätten, die erst im August 1990 geräumt worden seien.
Am 31. Juli 1995 beantragte die Beigeladene, am 24. April 1997 die Bundesrepublik Deutschland die Zuordnung der Grundstücke, während der Landkreis Oberhavel keine Ansprüche erhob. Bei einem Ortstermin am 22. August 2000 wurde festgestellt, dass die Grundstücke 88 bis 93 als Kleingärten genutzt wurden. Der Bund nahm daraufhin seinen Zuordnungsantrag zurück. Mit Bescheid vom 4. Oktober 2000 wurden die Grundstücke Flst.-Nr. 88, 89, 91, 92 und 93 der Beigeladenen zugeordnet. In der Begründung heißt es, die Zuordnung erfolge nach Art. 22 Abs. 1 EV und unbeschadet privater Rechte Dritter. Die Beigeladene wurde als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.
Nachdem ein Antrag auf vermögensrechtliche Restitution abgelehnt worden war, hatte der Kläger am 12. August 1996 einen Antrag auf käuflichen Erwerb der Grundstücke nach § 2 MauerG gestellt. Am 29. November 2001 wurde der Antrag abgelehnt, weil die Grundstücke zwischenzeitlich aus dem Bundesvermögen ausgeschieden seien. Hiergegen erhob der Kläger Klage zum Landgericht Cottbus. Das Landgericht erklärte das Zuordnungsverfahren für vorgreiflich und setzte den Rechtsstreit aus.
Am 16. Januar 2002 beantragte der Kläger, den Zuordnungsbescheid vom 4. Oktober 2000 zurückzunehmen. Die Zuordnung an die Beigeladene sei fehlerhaft, weil auf die Nutzung am 1. Oktober 1989 und nicht am 3. Oktober 1990 abzustellen sei und die Grundstücke damals zu Verteidigungszwecken genutzt worden seien. Die Beklagte lehnte die Rücknahme unter dem 8. März 2002 ab. Eine Rechtsmittelbelehrung enthielt das Schreiben nicht.
Am 17. Juli 2002 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er zuletzt die Aufhebung des Bescheides vom 4. Oktober 2000 und die Verpflichtung der Beklagten beantragt hat, die Flurstücke 88, 89, 91, 92 und 93 der Bundesrepublik Deutschland zuzuordnen. Mit Urteil vom 25. August 2005 hat das Verwaltungsgericht Potsdam die Klage als unzulässig abgewiesen. Dem Kläger fehle die Klagebefugnis. Als Privatperson sei er am Zuordnungsverfahren nicht beteiligt. Dementsprechend sei der angefochtene Zuordnungsbescheid unbeschadet privater Rechte Dritter ergangen. Aus dem Mauergrundstücksgesetz ergebe sich nichts anderes. Zwar sehe § 2 MauerG vor, dass ein privater Alteigentümer Mauergrundstücke, die im Eigentum des Bundes stehen, zurückerwerben könne. Das begründe jedoch allenfalls eine Erwerbschance, aber kein subjektives Recht darauf, dass derartige Grundstücke dem Bund auch zugeordnet würden, zumal dem Kläger Entschädigungsansprüche gegen den Bund nach § 3 MauerG zustünden. Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet, der angefochtene Zuordnungsbescheid rechtmäßig. Die Bundesrepublik Deutschland habe ihren Zuordnungsantrag nach einer gemeinsamen Ortsbegehung zurückgenommen. Darin sei eine Einigung unter den Beteiligten zu sehen, an die die Zuordnungsbehörde gebunden sei. Zudem habe die Beklagte die Grundstücke der Bundesrepublik Deutschland nicht gegen deren Willen zuordnen können.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Revision. Zur Begründung trägt der Kläger vor: Die umstrittenen Grundstücke seien am 1. Oktober 1989 für Grenzanlagen der DDR genutzt worden. Sie seien daher am 3. Oktober 1990 ins Eigentum der Bundesrepublik Deutschland gefallen. Die Zuordnung an die Beigeladene sei daher rechtswidrig. Das könne er, der Kläger, auch rügen. Mit der fehlerhaften Zuordnung werde nämlich sein Ankaufsrecht aus § 2 MauerG vereitelt. Zwar ergehe der Zuordnungsbescheid vorbehaltlich privater Rechte Dritter. Das Ankaufsrecht aus § 2 MauerG stelle indes kein derartiges privates Recht am Grundstück dar, sondern ein subjektiv-öffentliches Recht, das sich gegen die Bundesrepublik Deutschland richte und deren Eigentum zur Voraussetzung habe.
Die Beklagte erwidert, Zuordnungsentscheidungen griffen nicht in private Rechte Dritter ein. Anderes gelte auch nicht mit Blick auf § 2 MauerG. Diese Vorschrift gebe dem Alteigentümer lediglich ein privilegiertes Erwerbsrecht, sofern das Grundstück im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland stehe. Das Erwerbsrecht sei aber gegen abweichende Zuordnungsentscheidungen nicht gesichert und erweise sich daher als bloße Erwerbschance. Die Dispositionsbefugnis des Bundes werde dadurch nicht berührt. Vielmehr sei der Alteigentümer bei anderweitiger Disposition des Bundes auf Sekundäransprüche verwiesen. So räume ihm § 3 MauerG einen Entschädigungsanspruch für den Fall ein, dass der Bund das Grundstück aus übergeordneten Gründen selbst nutze oder veräußere. Gleiches müsse gelten, wenn der Bund das Grundstück verschenke oder wie hier auf die Zuordnung verzichte. Notfalls stünden dem Alteigentümer Ansprüche aus Amtshaftung zu. Insgesamt habe das Mauergrundstücksgesetz anders als das Vermögensgesetz oder die Rehabilitierungsgesetze nicht primär die Wiedergutmachung von Teilungsunrecht zum Ziel; §§ 2, 3 MauerG dienten lediglich der Abschöpfung als unbillig empfundener Vermögenszuwächse des Bundes. Selbst wenn dem allem nicht zu folgen sein sollte, so müsse die Revision gleichwohl erfolglos bleiben, weil das Verwaltungsgericht die Klage mit zutreffender Begründung auch als unbegründet abgewiesen habe.
Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.
II
Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht sowohl mit seiner Haupt- (1.) als auch mit seinen Hilfsbegründungen (2.) auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Da es für eine Entscheidung über die Klage noch tatsächlicher Feststellungen bedarf, die das Revisionsgericht nicht treffen kann, muss die Sache an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen werden.
1. Der Kläger begehrt - unter Aufhebung des anderslautenden Zuordnungsbescheides vom 4. Oktober 2000 - die Verpflichtung der Beklagten, die umstrittenen fünf Grundstücke der Bundesrepublik Deutschland zuzuordnen. Das Verwaltungsgericht hat diese Klage für unzulässig erachtet, weil dem Kläger die Klagebefugnis fehle; der Kläger könne unter keinen denkbaren Umständen durch die Ablehnung der begehrten Zuordnung an die Bundesrepublik Deutschland in seinen Rechten verletzt sein (§ 42 Abs. 2 VwGO). Einen eigenen Anspruch auf diese Zuordnung könne er namentlich nicht aus § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über den Verkauf von Mauer- und Grenzgrundstücken an die früheren Eigentümer (Mauergrundstücksgesetz - MauerG) vom 15. Juli 1996 (BGBl I S. 980) herleiten. Das ist mit Bundesrecht nicht vereinbar.
a) Auszugehen ist davon, dass ein Vermögenszuordnungsbescheid in Rechte privater Dritter regelmäßig nicht eingreift. Gegenstand eines Vermögenszuordnungsbescheids ist die Zuordnung öffentlichen Vermögens. Potentiell zuordnungsberechtigt sind Körperschaften des öffentlichen Rechts, Treuhandgesellschaften und Wohnungsgenossenschaften (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 VZOG). Andere Private gehören nicht dazu. Das gilt unabhängig davon, ob sich die Regelung des Zuordnungsbescheids darauf beschränkt, den kraft Gesetzes erfolgten Übergang eines Grundstücks in das Eigentum des Zuordnungsberechtigten festzustellen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VZOG), oder ob der Zuordnungsbescheid dem Zuordnungsberechtigten im Wege der öffentlichen Restitution (vgl. § 1 Abs. 4 Satz 1 Alt. 1 VZOG i.V.m. Art. 21 Abs. 3 und Art. 22 Abs. 1 Satz 7 EV) oder der nachträglichen Zuordnung als Kommunalvermögen (vgl. § 1 Abs. 4 Satz 1 Alt. 2 sowie § 10 Abs. 1 VZOG) aufgrund eines hierauf gerichteten Anspruchs das Eigentum an einem Gegenstand des öffentlichen Vermögens überträgt (vgl. Urteile vom 27. Juli 1995 - BVerwG 7 C 32.94 - Buchholz 428.2 § 2 VZOG Nr. 2 und vom 29. Februar 1996 - BVerwG 7 C 70.94 - BVerwGE 100, 318 = Buchholz 428.2 § 2 VZOG Nr. 6).
Mit dem Vermögenszuordnungsbescheid verbindet sich regelmäßig auch kein Eingriff in Rechte eines privaten Dritten an dem zugeordneten Gegenstand öffentlichen Vermögens. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 VZOG bleibt das Vermögensgesetz unberührt, und gemäß § 2 Abs. 1 Satz 5 VZOG ergeht der Zuordnungsbescheid vorbehaltlich des Eigentums, der Rechtsinhaberschaft oder sonstiger privater Rechte Dritter an dem Vermögensgegenstand. Damit bestehen private Restitutionsansprüche sowie dingliche private Rechte an dem zugeordneten Vermögensgegenstand fort und können außerhalb des Zuordnungsverfahrens weiterhin geltend gemacht werden. Anderes gilt nur dort, wo das Gesetz ausdrücklich anordnet, dass der Zuordnungsbescheid private Rechte gestaltet (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 4, § 2 Abs. 2b Satz 5 VZOG); doch handelt es sich insoweit um Ausnahmen (vgl. Urteile vom 27. Juli 1995 und vom 29. Februar 1996 a.a.O.).
Allerdings kann der Zuordnungsbescheid dazu führen, dass obligatorische Ansprüche, die einem privaten Dritten gegen die bislang verfügungsberechtigte öffentlich-rechtliche Körperschaft zustehen, vereitelt werden, weil ihre Erfüllung der Körperschaft unmöglich wird. Der Anspruchsinhaber sieht sich dann auf Sekundäransprüche verwiesen. Das wirft die Frage auf, ob und unter welchen Voraussetzungen der private Dritte die Rechtmäßigkeit eines solchen Zuordnungsbescheides überprüfen lassen kann. Grundsätzlich nimmt das Gesetz es hin, dass ein Gläubiger seinen Primäranspruch nicht mehr realisieren kann, weil dem Schuldner die Erfüllung unmöglich wird (vgl. § 275 Abs. 1 und 4 BGB). Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Klagebefugnis des privaten Dritten aber dann bejaht, wenn das Gesetz ihm den Verlust seines obligatorischen Primäranspruchs nur für den Fall ansinnen will, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Zuordnung erfüllt sind; in diesen Fällen bezieht das Gesetz den privaten Dritten in seinen normativen Schutz ein und gibt ihm die Befugnis, die Wahrung der Voraussetzungen, unter denen sein Anspruch der öffentlichen Zuordnung an eine andere Körperschaft zu weichen hat, gerichtlich überprüfen zu lassen (Urteil vom 29. Februar 1996 a.a.O. <S. 321 bzw. S. 12>; vgl. zuvor bereits Urteil vom 24. März 1994 - BVerwG 7 C 21.93 - BVerwGE 95, 295 <296> = Buchholz 111 Art. 22 EV Nr. 2 <S. 1 f.>).
b) So liegt der Fall hier.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über den Verkauf von Mauer- und Grenzgrundstücken an die früheren Eigentümer (Mauergrundstücksgesetz - MauerG) vom 15. Juli 1996 (BGBl I S. 980) kann der ehemalige Eigentümer eines Mauer- oder Grenzgrundstücks im Sinne des § 1 Abs. 1 MauerG oder dessen Rechtsnachfolger sein früheres Grundstück unter bestimmten Voraussetzungen erwerben, sofern der Bund es nicht für dringende eigene öffentliche Zwecke verwenden oder im öffentlichen Interesse an Dritte veräußern will. Das ist nicht lediglich eine Erwerbschance, wie die Beklagte meint, sondern ein Erwerbsanspruch und damit ein (obligatorisches) Recht, wie sich schon aus der Bezeichnung des Alteigentümers und seines Rechtsnachfolgers als "Berechtigte" ergibt und auch in der Gesetzesbegründung unmissverständlich hervorgehoben wurde (BTDrucks 13/3734 S. 8). Der Anspruch setzt allerdings voraus, dass das Grundstück im Zeitpunkt des Erwerbs bundeseigen ist, also mittelbar oder unmittelbar im Eigentum des Bundes steht (vgl. § 1 Abs. 2 MauerG). Scheidet das Grundstück aus dem Eigentum des Bundes aus, bevor der Anspruch realisiert werden konnte, so geht das Erwerbsrecht unter, und es bleibt die Frage, ob an seine Stelle sekundäre Ersatzansprüche nach § 3 MauerG oder nach allgemeinen Vorschriften - etwa nach den Grundsätzen der Amtshaftung - treten.
Der Gesetzgeber hat verschiedene Fallgestaltungen eines Eigentumsverlusts des Bundes bedacht. So betrifft § 3 Abs. 1 MauerG den Verkauf an Dritte und § 3 Abs. 2 MauerG den Eigentumsverlust in einem Flurbereinigungsverfahren oder einem Verfahren zur Feststellung und Neuordnung der Eigentumsverhältnisse nach dem Achten Abschnitt des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes. Hierbei wird der Berechtigte auf bloße Sekundäransprüche verwiesen, wenn der Eigentumsverlust des Bundes bereits vor Inkrafttreten des Mauergrundstücksgesetzes erfolgt war und der primäre Erwerbsanspruch daher nicht entstehen konnte (§ 3 Abs. 1 Satz 4 und 5, Abs. 2 MauerG). Befand sich das Grundstück bei Inkrafttreten des Gesetzes am 19. Juli 1996 hingegen noch im Bundeseigentum, ist der Erwerbsanspruch entstanden. Das Gesetz lässt dessen Vereitelung jetzt nicht mehr ohne weiteres zu. Zwar wird die Rechtsstellung des Erwerbsberechtigten in einem Verfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz oder nach dem Achten Abschnitt des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes nicht geregelt (vgl. §§ 10 ff. FlurbG, § 56 f. LwAnpG; Wasmuth in: RVI, 150 B, Rn. 50 zu § 3 MauerG). Für die Fallgruppe des Verkaufs bestimmt das Gesetz aber ausdrücklich, dass der Bund nach Stellung des Erwerbsantrags das Grundstück nicht mehr beliebig, sondern nur im öffentlichen Interesse an Dritte veräußern darf (§ 2 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 Satz 1 MauerG). Zugleich ist sichergestellt, dass das Erwerbsrecht nicht durch eine hiernach unberechtigte Veräußerung vereitelt wird. Der Erwerbsberechtigte ist nämlich befugt, die Ablehnung seines Antrags anzufechten (§ 3 Abs. 1 Satz 2, § 7 Abs. 2 MauerG) und deren Berechtigung damit der gerichtlichen Überprüfung zuzuführen. Gleiches gilt, wenn der Bund das Grundstück behalten will; dies setzt voraus, dass er es für dringende eigene öffentliche Zwecke benötigt, und unterliegt ebenfalls der gerichtlichen Überprüfung.
Der Erwerbsanspruch des Berechtigten wird auch vereitelt, wenn das Mauergrundstück in einem Zuordnungsverfahren einem anderen Verwaltungsträger als dem Bund oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft zugeordnet wird. Dieser Fall ist im Gesetz nicht geregelt. Es muss angenommen werden, dass das Gesetz den Anspruchsverlust nur eintreten lassen will, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die anderweitige Zuordnung vorliegen. Das Gesetz geht davon aus, dass Mauer- und Grenzgrundstücke im Sinne des § 1 Abs. 1 MauerG im Eigentum des Bundes stehen. Diese Annahme ist nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EV jedenfalls für Mauer- und Grenzgrundstücke begründet, die am 1. Oktober 1989 für Zwecke von Sperranlagen an der ehemaligen innerdeutschen Grenze dienten und auch am 3. Oktober 1990 noch für diese Zwecke genutzt wurden und daher nach diesen Regelungen als Verwaltungsvermögen des Bundes anzusehen sind (vgl. dazu Urteil vom 16. Dezember 2003 - BVerwG 3 C 50.02 - BVerwGE 119, 349 = Buchholz 111 Art. 21 EV Nr. 50). Mit der Möglichkeit einer späteren - fehlerhaften - anderweitigen Zuordnung hat der Gesetzgeber ersichtlich nicht gerechnet. Hätte er sie bedacht, so hätte er den Erwerbsberechtigten nicht schutzlos gelassen. Das ergibt sich daraus, dass er dem Erwerbsberechtigten in dem vergleichbaren Fall der unberechtigten Veräußerung - wie gezeigt - Rechtsschutzmöglichkeiten an die Hand gibt. Es kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber dem Erwerbsberechtigten im Fall der unberechtigten Veräußerung Rechtsschutz gewähren, ihm aber im Fall der unberechtigten anderweitigen Zuordnung Rechtsschutz vorenthalten wollte, zumal auch eine solche Zuordnung auf der Grundlage einer Vereinbarung, also mit Willen des Bundes, erfolgen kann (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 6 VZOG).
Dies gilt umso mehr, als eine Regelung des Verhältnisses zum Vermögenszuordnungsrecht offenbar nur versehentlich unterblieben ist. Dem Mauergrundstücksgesetz ging eine Initiative des Bundesrates voran, der für Alteigentümer von Mauer- und Grenzgrundstücken einen Restitutionsanspruch nach dem Vermögensgesetz begründen wollte (vgl. BTDrucks 13/120). Ein derartiger Restitutionsanspruch wäre durch eine anderweitige Vermögenszuordnung nicht berührt worden (§ 7 Abs. 1 Satz 1 VZOG). Der Deutsche Bundestag trat demgegenüber für einen bloßen - entgeltlichen - Erwerbsanspruch des Alteigentümers ein (vgl. BTDrucks 13/3734); das setzte sich im Vermittlungsverfahren durch (vgl. BTDrucks 13/4589). Diese Lösung machte es erforderlich, das Mauergrundstücksrecht aus dem Vermögensrecht herauszulösen und zu verselbständigen. Dass es damit auch dem Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 Satz 1 VZOG entzogen wurde, stellt eine Folge der gewählten rechtlichen Konstruktion dar, die als solche ersichtlich nicht bedacht wurde.
c) Wer nach § 2 Abs. 1 Satz 1 MauerG ein Mauer- und Grenzgrundstück erwerben darf, kann nach alldem verlangen, dass das Grundstück, wenn es am 3. Oktober 1990 in das Eigentum des Bundes oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft gelangt ist, auch dem Bund oder dieser Körperschaft zugeordnet wird. Dieses Recht fließt aus der Berechtigung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 MauerG. Es setzt mithin - zum einen - voraus, dass das in Rede stehende Grundstück ein Mauer- oder Grenzgrundstück im Sinne von § 1 Abs. 1 MauerG und dass der Anspruchsteller der ehemalige Eigentümer oder dessen Rechtsnachfolger im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 MauerG ist. Es ist - zum anderen - akzessorisch zur Zuordnungsberechtigung des Bundes. Selbstverständlich kann der Anspruchsteller nicht Zuordnung an sich, sondern nur an den Bund verlangen, und auch dies nur, sofern der Bund nach materiellem Zuordnungsrecht Eigentum erlangt hat. Namentlich kann der Anspruchsteller nicht die Zuordnung eines Grundstücks an den Bund verlangen, das zu dem maßgeblichen Zeitpunkt nicht (mehr) zu Zwecken von Sperranlagen diente und stattdessen rechtswirksam für andere Verwaltungsaufgaben gewidmet worden ist, die nach dem Grundgesetz von Ländern, Gemeinden (Gemeindeverbänden) oder sonstigen Trägern öffentlicher Verwaltung wahrzunehmen sind, und das deshalb gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EV am 3. Oktober 1990 in das Eigentum eines anderen Verwaltungsträgers als des Bundes gefallen ist. Dies gilt auch dann, wenn das Grundstück seinerzeit von der DDR für Zwecke der Errichtung oder des Ausbaus solcher Sperranlagen in Volkseigentum überführt wurde und deshalb ein Mauer- oder Grenzgrundstück im Sinne von § 1 Abs. 1 MauerG ist. Eine anderweitige zwischenzeitliche Verwaltungsnutzung geht vor und lässt Ansprüche nach dem Mauergrundstücksgesetz - auch Ersatzansprüche nach § 3 MauerG - entfallen.
Wenn das in Rede stehende Recht aus der Erwerbsberechtigung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 MauerG fließt, so entsteht es erst mit Stellung des Erwerbsantrags. Von diesem Zeitpunkt an kommt dem Erwerbsberechtigten im Zuordnungsverfahren die Stellung eines sonstigen Beteiligten im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 2 VwVfG zu. Er ist von der Einleitung des Zuordnungsverfahrens zu benachrichtigen - weshalb der Bund das Vorliegen eines Erwerbsantrags im Zuordnungsverfahren mitteilen muss - und kann sich am Zuordnungsverfahren beteiligen (vgl. Urteil vom 27. Juli 1995 a.a.O. <S. 3>). Dabei kann er die Zuordnung an den Bund auch dann beantragen, wenn der Bund selbst einen solchen Antrag nicht stellt oder zurücknimmt.
Schließlich steht dem Erwerbsberechtigten in Ansehung eines Zuordnungsbescheides, der das Grundstück einem anderen Verwaltungsträger als dem Bund oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft zuordnet, gerichtlicher Rechtsschutz zu. Das gebietet Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Erhebt der Bund Klage, so ist der Erwerbsberechtigte zum Rechtsstreit beizuladen (§ 65 Abs. 2, § 66 Satz 2 VwGO); er kann aber - wie hier - auch selbst Klage erheben.
2. Das angefochtene Urteil lässt sich auch nicht auf die Erwägungen stützen, mit denen das Verwaltungsgericht die Klage jedenfalls für unbegründet hält. Der angefochtene Zuordnungsbescheid soll hiernach schon deshalb rechtmäßig sein, weil er einer Einigung unter den Zuordnungsprätendenten entspreche, an die die beklagte Zuordnungsbehörde gebunden sei, jedenfalls aber deshalb, weil der Bund seinen Zuordnungsantrag zurückgenommen habe und ihm das Grundstück nicht aufgenötigt werden dürfe. Beide Begründungen stehen mit dem Bundesrecht nicht in Einklang.
a) Der angefochtene Zuordnungsbescheid ist nicht allein deshalb rechtmäßig, weil er dem Inhalt einer Einigung unter den Zuordnungsprätendenten entspräche (§ 2 Abs. 1 Satz 6 VZOG). Allerdings hat der Bund nach einer gemeinsamen Ortsbegehung mit den übrigen am Verfahren beteiligten Zuordnungsprätendenten seinen Zuordnungsantrag zurückgenommen; darin mag - ähnlich wie in einem Negativattest (vgl. Urteil vom 18. Juli 2002 - BVerwG 3 C 30.01 - Buchholz 428.2 § 2 VZOG Nr. 13) - eine Willenserklärung zu sehen sein, deren konkludente Annahme durch einen anderen, allein noch in Betracht kommenden Prätendenten eine Einigung im Zuordnungsstreit herbeiführt. Die Beklagte wäre an eine solche Einigung aber nur gebunden gewesen, wenn sie wirksam war. Daran fehlt es, wenn sie in Rechte Dritter eingreift, sofern der Dritte nicht zustimmt. Diesem Grundsatz verleiht § 58 Abs. 1 VwVfG allgemeinen Ausdruck. Er wird auch von § 2 Abs. 1 Satz 6 VZOG aufgegriffen. Hiernach ist die Befugnis der Verfahrensbeteiligten, eine Einigung unter Abweichung von der materiellen Zuordnungsrechtslage zu treffen, davon abhängig, dass damit Rechte anderer Zuordnungsberechtigter nicht verletzt werden. Das Gesetz erwähnt ausdrücklich nur die Rechte anderer Zuordnungsberechtigter, weil im Regelfall allein diese von der Vermögenszuordnung in ihren Rechten betroffen werden können. Daraus lässt sich aber nicht schließen, dass eine Einigung nach § 2 Abs. 1 Satz 6 VZOG auf die Rechte privater Dritter selbst dann keine Rücksicht zu nehmen brauchte, wenn solche ausnahmsweise berührt sein können. Das gilt namentlich dann, wenn das Recht des privaten Dritten - wie hier - gerade darin besteht, die materielle Zuordnungsberechtigung eines der an der Einigung beteiligten Prätendenten - und sei es gegen dessen Willen - geltend zu machen.
b) Der angefochtene Zuordnungsbescheid ist auch nicht deshalb rechtmäßig, weil die strittigen Grundstücke dem Bund, nachdem dieser seinen Zuordnungsantrag zurückgenommen hatte, nicht hätten "aufgedrängt" werden dürfen und deshalb allein noch eine Zuordnung an die Beigeladene in Betracht gekommen sei. Der Zuordnungsbescheid ist - außer im Falle der öffentlich-rechtlichen Restitution - kein mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt; er setzt zu seiner Rechtmäßigkeit nicht den Antrag des Zuordnungsempfängers voraus. Das ergibt sich schon aus § 1 Abs. 6 VZOG, demzufolge die Zuordnungsbehörde bei öffentlichem Interesse in den Fällen des Absatzes 1 auch von Amts wegen entscheidet. Es folgt auch aus Sinn und Zweck des Zuordnungsrechts, welches den zuständigen Verwaltungsträger bestimmen soll. Das kann nicht von dessen Zustimmung abhängig sein. Andernfalls könnten etwa Grundstücke, die mehr Lasten als Nutzen versprechen, kaum je zugeordnet werden (vgl. Urteil vom 27. April 2006 - BVerwG 3 C 23.05 - ZOV 2006, 284).
Ende der Entscheidung
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