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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 26.02.2009
Aktenzeichen: BVerwG 3 C 8.08
Rechtsgebiete: KHG, BPflV


Vorschriften:

KHG § 18 Abs. 4
KHG § 18 Abs. 5
BPflV § 6 Abs. 1
BPflV § 19 Abs. 3
Im Rechtsstreit um eine Pflegesatzvereinbarung sind mehrere Sozialleistungsträger notwendige Streitgenossen.

Für Rechtsstreitigkeiten um eine Pflegesatzvereinbarung und einen diesbezüglichen Schiedsspruch sieht § 18 Abs. 5 KHG die Klage gegen die behördliche Genehmigung oder deren Versagung vor. Direktklagen zwischen den Pflegesatzparteien sind ausgeschlossen.

Soweit § 19 Abs. 3 BPflV die Vereinbarung nach § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 BPflV der Zuständigkeit der Schiedsstelle entzieht, ist die Vorschrift mit § 18 Abs. 4 und 5 KHG unvereinbar und nichtig.


In der Verwaltungsstreitsache

...

hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts

auf die mündliche Verhandlung vom 26. Februar 2009

durch

den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und

die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Dette, Liebler, Prof. Dr. Rennert und Buchheister

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 17. April 2007 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe:

I

Der Kläger ist Träger eines psychiatrischen Fachkrankenhauses, das mit 383 Betten verschiedener Fachrichtungen (Neurologie, Psychotherapie, Allgemeine Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Strahlentherapie) in den Krankenhausplan des Landes aufgenommen ist. Er begehrt die Verurteilung der Beklagten, mit ihm eine Vereinbarung über eine Erhöhung der Fallzahlen für die Ermittlung der Obergrenze des Budgets für 2003 zu schließen.

Die Pflegesatzvereinbarung für 2002 hatte für das Krankenhaus des Klägers den Gesamtbetrag der Erlöse (ohne Ausgleiche und Berichtigungen) auf 30 807 692 EUR festgesetzt und hierbei 129 778 vollstationäre Berechnungstage (Auslastungsquote 96,36%) bei 3 784,5 Fällen mit einer durchschnittlichen Verweildauer von 34,29 Tagen veranschlagt. Bei den Pflegesatzverhandlungen für das Jahr 2003 verlangte der Kläger eine Festsetzung des Gesamtbetrages der Erlöse in Höhe der Obergrenze, zu deren Ermittlung der Gesamtbetrag des Vorjahres nicht nur um die Veränderungsrate sowie um Mehrkosten wegen Vorgaben aus der Psychiatrie-Personalverordnung, sondern außerdem um 3 008 847 EUR wegen gestiegener Fallzahlen zu erhöhen sei. Seine Leistungs- und Kalkulationsaufstellung veranschlagte 130 581 vollstationäre Berechnungstage, nunmehr aber 4 434 - also 744,5 zusätzliche - Fälle bei einer durchschnittlichen Verweildauer von 29,45 Tagen. Zur Begründung verwies der Kläger auf die Ist-Zahlen für 2002. Hiernach seien tatsächlich 129 372 vollstationäre Berechnungstage abgerechnet worden, nämlich 4 856 Fälle mit einer durchschnittlichen Verweildauer von 26,64 Tagen.

Die Beklagten stimmten der Erhöhung der Fallzahl um 744,5 nicht zu. Die Schiedsstelle setzte mit Beschluss vom 18. November 2003 den Gesamtbetrag der Erlöse (ohne Ausgleichen und Berichtigungen) auf 31 684 038 EUR fest. Damit folgte sie dem Antrag der Beklagten. Ein um 3 008 847 EUR höherer Gesamtbetrag, wie vom Kläger verlangt, setze eine Vereinbarung der Beteiligten über eine Erhöhung der Fallzahl voraus. Daran fehle es; die Vereinbarung könne auch nicht durch die Schiedsstelle ersetzt werden. Der Schiedsspruch wurde vom Regierungspräsidium Tübingen mit Bescheid vom 4. Mai 2004 genehmigt. Über die dagegen erhobene Klage ist bislang nicht entschieden worden.

Mit seiner am 29. Dezember 2004 erhobenen Klage hat der Kläger - soweit hier noch im Streit - beantragt,

1. die Beklagten zu verurteilen, mit ihm für den Budgetzeitraum vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Dezember 2003 eine Veränderung der Fallzahlen von 744,5 Fällen zu vereinbaren,

2. hilfsweise festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, mit ihm eine Pflegesatzvereinbarung für den Budgetzeitraum 2003 mit der Maßgabe abzuschließen, dass der Gesamtbetrag der Erlöse um Mehrkosten für 744,5 Fälle in Höhe von 3 008 847 EUR erhöht wird.

Zur Begründung hat er ausgeführt: Der Gesamtbetrag der Erlöse sowie sämtliche diesbezüglichen Berechnungsfaktoren unterlägen der Vereinbarung der Pflegesatzparteien. Insofern bestehe ein Kontrahierungszwang; die Beklagten seien nicht berechtigt, die Verhandlung und Vereinbarung eines Punktes zu verweigern. Inhaltlich seien sie an das materielle Pflegesatzrecht gebunden, das eine Erhöhung der Obergrenze bei einer Veränderung der Fallzahlen vorsehe. Dass die Vereinbarung über eine Veränderung der Fallzahlen nicht der Zuständigkeit der Schiedsstelle unterliege, ändere an all dem nichts. Es führe nur dazu, dass auf die Zustimmung des Vertragspartners zu einer gebotenen Erhöhung der Fallzahlen unmittelbar geklagt werden könne.

Die Beklagten haben erwidert, die Klage sei unzulässig. Rechtsschutz sei nur gegen die Genehmigung des Schiedsspruchs eröffnet; die Vereinbarung über eine Erhöhung der Fallzahlen aber sei der Zuständigkeit der Schiedsstelle verschlossen. Dadurch blieben Mehrleistungen nicht etwa unvergütet; die Krankenhäuser würden vielmehr auf den nachträglichen Mehrerlösausgleich verwiesen, was zumutbar sei.

Mit Urteil vom 9. Februar 2006 hat das Verwaltungsgericht die Beklagten verurteilt, mit dem Kläger für den Budgetzeitraum 2003 über eine Veränderung der Fallzahlen auf der Basis von 744,5 Fällen zu verhandeln und eine Vereinbarung zu schließen. Die Klage sei zulässig; durch den Ausschluss der Schiedsstellenfähigkeit werde nicht der Rechtsschutz als solcher ausgeschlossen. Die Klage sei auch im Sinne der Entscheidungsformel begründet. § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 BPflV sehe vor, dass die Obergrenze des Budgets eines Krankenhauses erhöht werden dürfe, wenn zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Veränderungen der medizinischen Leistungsstruktur oder der Fallzahlen dies erforderlich machten. Eine dahingehende Vereinbarung zu schließen, stehe nicht im Belieben der Beklagten; als materielle Träger öffentlicher Verwaltung seien sie vielmehr an Recht und Gesetz gebunden und dürften daher eine Vereinbarung über höhere Fallzahlen nicht ohne sachlichen Grund verweigern. Die Vereinbarung sei hier auch erforderlich, weil zusätzliche Fälle auch zusätzlichen Aufwand etwa für die Aufnahmeprozedur oder für die Aufnahme- und Entlassungsuntersuchung bedingten. Kostenersparnisse wegen verkürzter Verweildauer ließen sich nicht gegenrechnen; damit sinke das medizinisch leistungsgerechte Budget jedenfalls nicht unter die - im Sinne der Klage erhöhte - Kappungsgrenze.

Die Beklagten zu 2. und 3. haben Berufung eingelegt. Sie hätten sich nicht ohne sachlichen Grund geweigert, höhere Fallzahlen zu vereinbaren. Dem Kläger seien höhere Mehrkosten nicht entstanden. Zum einen habe er den "Drehtüreffekt" nicht herausgerechnet, zum anderen werde übersehen, dass etwa höhere Personalkosten - die 80% aller Kosten ausmachten - durch die Psychiatrie-Personalkostenverordnung und § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 4 BPflV ohnehin berücksichtigt würden. Im Übrigen komme dem Kläger der Mehrerlösausgleich zugute.

Mit Urteil vom 17. April 2007 hat der Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Eine Erhöhung der Budgetobergrenze wegen erhöhter Fallzahlen erlaube § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 BPflV nur, wenn die Pflegesatzparteien dies vereinbarten. Einen Kontrahierungszwang sehe das Gesetz ebenso wenig vor wie eine Ersetzung der Vereinbarung durch Schiedsspruch. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts komme eine Ersetzung der Vereinbarung durch Urteil allenfalls nach Maßgabe des § 315 BGB in Betracht. Dessen Voraussetzungen lägen aber jedenfalls derzeit nicht vor. Das ergebe sich schon daraus, dass die Beteiligten das medizinisch leistungsgerechte Budget bislang nicht vereinbart hätten; einer Festlegung der Obergrenze bedürfe es erst, wenn das medizinisch leistungsgerechte Budget darüber liege. Zudem richte sich der Bedarf an therapeutischem Personal sowohl in Ansehung des medizinisch leistungsgerechten Budgets als auch in Ansehung der Budgetobergrenze allein nach der Psychiatrie-Personalverordnung, für deren Anwendung die Fallzahl grundsätzlich unerheblich sei. Schließlich habe der Kläger bislang nicht plausibel gemacht, inwiefern 744,5 Mehrfälle 3 008 847 EUR - also 4 041,43 EUR pro Mehrfall - an zusätzlichen Kosten verursachten, die weder über die Fortschreibung des Vorjahresbudgets noch über die Anwendung der Psychiatrie-Personalverordnung finanziert würden. Solange all diese Fragen offen seien, sei für eine Leistungsbestimmung durch Urteil nach § 315 BGB kein Raum.

Zur Begründung seiner Revision bringt der Kläger im Wesentlichen vor: Die Pflegesatzparteien unterlägen einem Kontrahierungszwang. Dies ergebe sich schon daraus, dass das gesamte Pflegesatzrecht seit 1985 dem Vereinbarungsmodell mit generellem Kontrahierungszwang unterstellt sei, nachdem es zuvor preisrechtlich geregelt gewesen sei. Damit sei unvereinbar, die Vereinbarung eines maßgeblichen Faktors der Pflegesatzberechnung ins Belieben der Beklagten zu stellen. Zu den maßgeblichen Berechnungsfaktoren gehöre die voraussichtliche Leistungsstruktur und -entwicklung und damit auch die Fallzahl. Diese sei daher schon auf der "ersten Stufe" der Ermittlung des medizinisch leistungsgerechten Budgets zu vereinbaren und ggf. von der Schiedsstelle festzusetzen; für die "zweite Stufe" der Ermittlung der Obergrenze müsse die Zahl dann lediglich übernommen werden. Welche konkreten Folgekosten eine höhere Fallzahl nach sich zöge, sei nicht Streitgegenstand und damit unerheblich, solange nur überhaupt Mehrkosten entstünden; das aber stehe nicht in Zweifel. Die Vereinbarung einer höheren Fallzahl nach § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 BPflV erübrige sich ferner nicht dadurch, dass nach § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 4 BPflV auch die Vorgaben der Psychiatrie-Personalverordnung eine Erhöhung der Obergrenze zuließen. Die beiden Ausdeckelungstatbestände stünden selbständig nebeneinander. Die Psychiatrie-Personalverordnung erfasse nur die Kosten für das therapeutische Personal und damit weder die Kosten für das übrige Personal noch die Sachkosten.

Die Beklagten verteidigen das Berufungsurteil. Sie tragen ergänzend vor: Dass sie in Ansehung des § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 BPflV keinem Kontrahierungszwang unterlägen, ergebe sich auch daraus, dass diese Vorschrift durch § 19 Abs. 3 BPflV ebenso wie andere Vorschriften vom Schiedsverfahren ausgenommen werde und diese durchweg zweifelsfrei als Kann-Vorschriften ausgestaltet seien. Der Gesetzgeber habe damit die Position der Krankenkassen stärken wollen. Richtig sei, dass ihr Ermessen durch das Willkürverbot begrenzt werde. Für ihre Weigerung, höhere Fallzahlen zu vereinbaren, hätten sie aber gute Gründe.

II

Die Revision ist unbegründet. Das angefochtene Urteil erweist sich im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Vorinstanzen hätten die Klage schon als unzulässig abweisen müssen. Dem Kläger steht - allein - der Rechtsweg gegen die behördliche Genehmigung des Schiedsspruchs offen. Dieser durch das Krankenhausfinanzierungsgesetz vorgeschriebene Weg bietet hinlänglichen Rechtsschutz; die zwischen den Beteiligten strittige Frage kann und muss dort entschieden werden; § 19 Abs. 3 BPflV steht dem nicht entgegen.

1.

Das Berufungsurteil ist nicht schon wegen Verstoßes gegen § 128 Satz 1 VwGO teilweise fehlerhaft, weil es in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils auch die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage abweist, obwohl diese Beklagte keine Berufung eingelegt hat. Die Beklagte zu 1 wird als durch die Beklagten zu 2 und 3 vertreten angesehen, weil ihre Streitgenossenschaft eine notwendige ist (§ 64 VwGO i.V.m. § 62 Abs. 1 ZPO; ebenso VGH Mannheim, Urteil vom 19. Juni 2001 - 9 S 2208/00 - NVwZ-RR 2002, 39). Über die Klage kann allen Beklagten gegenüber nur einheitlich entschieden werden. Sie sind notwendige Parteien der Pflegesatzvereinbarung (§ 18 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 KHG). Sie können damit für das Krankenhaus des Klägers nur eine einheitliche Pflegesatzvereinbarung schließen. Auch ein Schiedsspruch nach § 18 Abs. 4 KHG oder die behördliche Genehmigung der Vereinbarung oder des Schiedsspruchs nach § 18 Abs. 5 KHG kann nur allen Vertragsparteien gegenüber einheitlich ergehen. Nichts anderes gilt hinsichtlich einer Vereinbarung über eine Veränderung der Fallzahlen nach § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 BPflV, deren Zugehörigkeit zur Pflegesatzvereinbarung infolge des § 19 Abs. 3 BPflV zweifelhaft sein mag, die mit dieser aber zumindest in unauflöslichem sachlichem Zusammenhang steht.

2.

Die Klage ist jedoch - anders als sich aus den Gründen des Berufungsurteils ergibt - mit beiden noch im Streit stehenden Anträgen unzulässig.

Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 KHG werden die nach Maßgabe dieses Gesetzes für das einzelne Krankenhaus zu verhandelnden Pflegesätze zwischen dem Krankenhausträger und den Sozialleistungsträgern vereinbart. Kommt eine Vereinbarung über die Pflegesätze innerhalb einer bestimmten Frist nicht zustande, so setzt die Schiedsstelle auf Antrag einer Vertragspartei die Pflegesätze nach § 18 Abs. 4 KHG unverzüglich fest. Nach § 18 Abs. 5 KHG werden die vereinbarten oder festgesetzten Pflegesätze von der zuständigen Landesbehörde genehmigt, wenn sie den Vorschriften dieses Gesetzes und sonstigem Recht entsprechen; gegen die Genehmigung (wie gegen deren Versagung) ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Damit legt das Gesetz den Weg des Verfahrens einschließlich des Rechtsschutzes fest: Die Pflegesatzvereinbarung der Vertragsparteien bedarf ebenso wie die sie ggf. ersetzende Pflegesatzfestsetzung der Schiedsstelle der behördlichen Genehmigung; diese unterliegt sodann der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. Zugleich schließt das Gesetz einen alternativen Rechtsschutz aus: Den Vertragsparteien ist die unmittelbare Vertragsklage untereinander - unter Umgehung der behördlichen Genehmigung - verwehrt (zur Unzulässigkeit der Klage gegen die Schiedsstelle vgl. Urteil vom 23. November 1993 - BVerwG 3 C 47.91 - BVerwGE 94, 301 = Buchholz 451.74 § 18 KHG Nr. 3).

Das gilt nicht nur für die Vereinbarung oder Festsetzung der Pflegesätze selbst, sondern auch für einzelne Berechnungsfaktoren, selbst wenn über sie eine gesonderte Vereinbarung erforderlich ist. Auch für derartige vorgreifliche Vereinbarungen steht kein gesondertes Verwaltungs- und Rechtsschutzverfahren offen; vielmehr bilden auch sie, sofern und soweit sie in die Vereinbarung oder Festsetzung der Pflegesätze einfließen, den Gegenstand der behördlichen Genehmigung und ggf. einer nachfolgenden gerichtlichen Kontrolle nach § 18 Abs. 5 KHG (vgl. Urteil vom 21. Januar 1993 - BVerwG 3 C 66.90 - BVerwGE 91, 363 <368 f.> = Buchholz 451.74 § 18 KHG Nr. 2 <S. 5 f.>). Diese Vorschrift könnte ihren Zweck der Verfahrenskonzentration und -beschleunigung nicht erreichen, würde für den Streit um einzelne Vor- und Detailfragen ein weiteres Verfahren eröffnet. Der Gesetzeszweck würde nicht nur verfehlt, wenn dieses weitere Verfahren zu dem in § 18 Abs. 5 KHG vorgesehenen Verfahren hinzuträte, sondern auch dann, wenn einzelne Fragen dem in § 18 Abs. 5 KHG vorgesehenen Verfahren entzogen und einem anderen Verfahren zugewiesen werden sollten. In beiden Fällen verlöre das gesetzliche Verfahren seine konzentrierende Wirkung; die dortigen Entscheidungen blieben sachlich unvollkommen und durch vorgreifliche Drittentscheidungen vorbehaltbelastet; hinzu träte die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen. Zudem würde sich das Pflegesatzverfahren deutlich verzögern, was der erkennbaren Beschleunigungsabsicht des Gesetzes zuwiderliefe, die in den engen Fristen des § 18 Abs. 4 und 5 KHG zum Ausdruck kommt (Urteil vom 23. November 1993 a.a.O. <S. 305 bzw. S. 14>).

All dies gilt auch für solche vorgreiflichen Gegenstände, für die zwischen den Pflegesatzparteien umstritten ist, ob sie dem Vereinbarungszwang unterliegen und/oder ob sie schiedsstellenfähig sind. Genehmigung und verwaltungsgerichtliche Klage nach § 18 Abs. 5 KHG sind Verfahren der Rechtskontrolle; sie dienen der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Vereinbarung oder Festsetzung der Pflegesätze (Urteile vom 21. Januar 1993 a.a.O. <S. 366 ff. bzw. S. 3 ff.> , vom 22. Juni 1995 - BVerwG 3 C 34.93 - Buchholz 451.74 § 18 KHG Nr. 5 <S. 3 f.> und vom 26. September 2002 - BVerwG 3 C 49.01 - Buchholz 451.74 § 18 KHG Nr. 10 <S. 7>). Die Frage, ob ein vorgreiflicher Gegenstand dem Vereinbarungszwang unterliegt und/oder schiedsstellenfähig ist, ist ebenfalls eine Rechtsfrage. Daher ist eine Pflegesatzvereinbarung oder -festsetzung, die deshalb auf unvollständiger Grundlage beruht, weil eine Einigung oder eine Schiedsstellenentscheidung über einen vorgreiflichen Gegenstand nicht getroffen wurde, obwohl hierüber eine Vereinbarung und/oder eine Schiedsstellenentscheidung getroffen werden musste, rechtswidrig und nicht genehmigungsfähig; eine gleichwohl erteilte Genehmigung ist ihrerseits rechtswidrig und muss auf Klage hin aufgehoben werden.

Die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob der Krankenhausträger einen Anspruch auf Abschluss einer Vereinbarung über eine Veränderung der Fallzahlen nach § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 BPflV hat und ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die Veränderung der Fallzahlen nach § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 BPflV trotz der Bestimmung des § 19 Abs. 3 BPflV der Zuständigkeit der Schiedsstelle unterliegt, ist eine derartige Rechtsfrage, die im Zuge der Genehmigung der Pflegesatzvereinbarung oder -festsetzung von der zuständigen Landesbehörde und im Falle der Genehmigungsklage vom Verwaltungsgericht in dem von § 18 Abs. 5 KHG vorgesehenen Verfahren zu prüfen ist. Einer Überprüfung in einem anderen behördlichen oder gerichtlichen Verfahren ist sie entzogen.

3.

Durch die Unzulässigkeit der Direktklage und die Verweisung auf den in § 18 Abs. 5 KHG vorgesehenen Weg wird der Anspruch des Klägers auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz, der sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergibt, nicht unzumutbar verkürzt. Das wäre freilich zu besorgen, wenn § 19 Abs. 3 BPflV tatsächlich die Wirkung hätte, dass gerichtlicher Rechtsschutz hinsichtlich der Anwendung des § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 BPflV auf dem in § 18 Abs. 5 KHG vorgesehenen Weg nicht oder nur unzureichend zu erlangen wäre. So liegt es aber nicht.

Der Krankenhausträger hat - ebenso wie die übrigen Vertragsparteien - einen Anspruch auf Abschluss einer Vereinbarung nach § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 BPflV, wenn die Voraussetzungen dieses "Ausdeckelungstatbestandes" gegeben sind. Kommt eine hiernach gebotene Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien nicht zustande, so bedarf es eines Verfahrens, in dem die Vereinbarung ersetzt wird. Hierfür sieht § 18 Abs. 4 KHG - allein - das Schiedsverfahren vor. Soweit § 19 Abs. 3 BPflV die Vereinbarung nach § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 BPflV der Zuständigkeit der Schiedsstelle entzieht, ist die Vorschrift mit § 18 Abs. 4 und 5 KHG unvereinbar und nichtig.

a)

Die Bundespflegesatzverordnung ist materiell Verordnungsrecht. Daran ändert nichts, dass Teile der Bundespflegesatzverordnung und auch § 19 Abs. 3 BPflV, soweit die Vorschrift hier in Rede steht, durch förmliches Gesetz erlassen worden sind (vgl. Art. 5 Nr. 8 des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22. Dezember 1999, BGBl. I S. 2626). Bei Widerspruch mit höherrangigem Gesetzesrecht, insbesondere mit dem Krankenhausfinanzierungsgesetz, auf dem sie beruht (§ 16 KHG), ist sie nichtig. Das kann auch ein Verwaltungsgericht - und damit das Bundesverwaltungsgericht - feststellen; eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 GG kommt nicht in Betracht. All dies hat das Bundesverfassungsgericht - und zwar gerade für die Bundespflegesatzverordnung - entschieden (Beschluss vom 13. September 2005 - 2 BvF 2/03 - BVerfGE 114, 196 <233 ff., 239 f. >; vgl. zuvor bereits BVerwG, Urteil vom 16. Januar 2003 - BVerwG 4 CN 8.01 - BVerwGE 117, 313 <317 ff.> = Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 160 S. 96 ff.).

b)

Gemäß § 19 Abs. 3 BPflV entscheidet die Schiedsstelle nicht über die Anwendung einer Reihe von Vorschriften der Bundespflegesatzverordnung. Soweit diese Vorschriften fakultative Vereinbarungen (sog. Kann-Vereinbarungen) der Pflegesatzparteien betreffen, ist dagegen nichts zu erinnern. Soweit diese Vorschriften hingegen obligatorische Vereinbarungen (sog. Muss-Vereinbarungen) betreffen, widerspricht § 19 Abs. 3 BPflV dem Verfahrens- und Rechtsschutzkonzept des § 18 Abs. 4 und 5 KHG; insoweit ist die Vorschrift nichtig.

Die Bundespflegesatzverordnung sieht verschiedentlich vor, dass die Vertragsparteien von ihren Regeln abweichen dürfen. So sieht § 3 Abs. 2 Satz 3 die jährliche Vereinbarung eines medizinisch leistungsgerechten Budgets vor; § 3 Abs. 2 Satz 4 erlaubt den Vertragsparteien aber, stattdessen das Budget des Vorjahres mit der Veränderungsrate fortzuschreiben. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 sind bei nicht oder nur teilweise geförderten Krankenhäusern in dem Budget und den Pflegesätzen zusätzlich zu den pflegesatzfähigen Kosten auch Abschreibungen auf Anlagegüter nach steuerrechtlichen Vorschriften zu berücksichtigen; § 8 Abs. 2 erlaubt den Vertragsparteien, pauschale Abschreibungsbeträge zu vereinbaren. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 beträgt der Pflegesatzzeitraum grundsätzlich ein Kalenderjahr; nach § 17 Abs. 2 Satz 2 können die Vertragsparteien einen Pflegesatzzeitraum von mehreren Kalenderjahren vereinbaren. Ob die Vertragsparteien von derartigen Abweichungsbefugnissen Gebrauch machen, steht in ihrem Belieben; rechtlich sind sie insofern nicht gebunden. Sie brauchen sich insofern auch keiner fremden Entscheidung zu unterwerfen. Es begegnet daher keinen Bedenken, wenn die Anwendung derartiger Abweichungsbefugnisse der Entscheidung der Schiedsstelle entzogen ist.

Anders liegt es bei solchen Gegenständen, zu denen eine Vereinbarung getroffen werden muss (vgl. § 17 Abs. 4 BPflV in Verbindung mit der Leistungs- und Kalkulationsaufstellung nach den Anhängen 1 und 2 zur Bundespflegesatzverordnung). Kommt eine in diesem Sinne obligatorische Vereinbarung nicht zustande, so muss sie ersetzt werden, weil anders das Budget und der Pflegesatz rechtmäßig nicht bestimmt werden können. Für diese Ersetzung sieht § 18 Abs. 4 KHG den Schiedsspruch vor; der Schiedsstelle stehen die ansonsten den Vertragsparteien zukommenden Gestaltungsmöglichkeiten zu (Urteil vom 19. Juni 1997 - BVerwG 3 C 24.96 - BVerwGE 105, 97 <100> = Buchholz 451.73 § 28 BPflV Nr. 1 <S. 3>; Urteil vom 8. September 2005 - BVerwG 3 C 41.04 - BVerwGE 124, 209 <Rn. 18> = Buchholz 451.74 § 18a KHG Nr. 3; Beschluss vom 6. November 2006 - BVerwG 3 B 71.06 - Buchholz 451.74 § 17 KHG Nr. 19 <Rn. 4>). Zugleich schließt § 18 Abs. 4 und 5 KHG die denkbaren Alternativen aus. So kommt eine Ersetzung weder durch die Landesbehörde noch durch das Gericht in Betracht. Die Landesbehörde ist nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KHG darauf beschränkt, die Vereinbarung der Vertragsparteien über das Budget und die Pflegesätze zu genehmigen oder die Genehmigung zu verweigern; sie hat aber nicht das Recht zur eigenen Vertragsgestaltung, also dazu, den Inhalt einer Vereinbarung zu korrigieren oder zu ergänzen oder eine fehlende Vereinbarung zu ersetzen. Die Genehmigungsbehörde ist mit anderen Worten auf eine Rechtskontrolle beschränkt; ihr steht die Ausübung eines Gestaltungsermessens nicht zu, wie es für die inhaltliche Vertragsgestaltung unerlässlich wäre (Urteile vom 21. Januar 1993 a.a.O. <S. 366 ff. bzw. S. 3 ff.>, vom 22. Juni 1995 a.a.O. <S. 3 f.> und vom 26. September 2002 a.a.O. <S. 7>). Nichts anderes gilt nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KHG für das Gericht. Dieses ist auf die Überprüfung der Genehmigungsentscheidung der Behörde und damit ebenfalls auf eine Rechtskontrolle beschränkt; die Ausübung eines richterlichen Gestaltungsermessens (etwa nach Billigkeit), wie dies für eine richterliche Vertragsgestaltung erforderlich wäre und wie es von § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB dementsprechend vorgesehen wird, ist ihm verwehrt (Urteile vom 23. November 1993 a.a.O. <S. 305 f. bzw. S. 14 f.> und vom 26. September 2002 a.a.O. <S. 7>). § 18 Abs. 4 und 5 KHG steht damit einer Verordnungsbestimmung entgegen, welche die Anwendung von Vorschriften, die obligatorische Vereinbarungen der Pflegesatzparteien betreffen, der Zuständigkeit der Schiedsstelle entzieht.

c)

§ 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 BPflV betrifft eine in diesem Sinne obligatorische Vereinbarung der Pflegesatzparteien. § 19 Abs. 3 BPflV ist daher mit § 18 Abs. 4 und 5 KHG unvereinbar und nichtig, soweit die Vorschrift auch die Anwendung des § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 BPflV der Entscheidung der Schiedsstelle entzieht. Die Schiedsstelle darf eine Festsetzung zu § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 BPflV nicht mit der Begründung verweigern, die in dieser Vorschrift nochmals eigens vorgesehene Vereinbarung sei nicht zustande gekommen.

Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 BPflV darf der Gesamtbetrag den um die maßgebliche Rate veränderten Gesamtbetrag des Vorjahres überschreiten, wenn eine in der Pflegesatzvereinbarung zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Veränderung der medizinischen Leistungsstruktur oder der Fallzahlen dies erforderlich macht. Macht eine Veränderung der medizinischen Leistungsstruktur oder der Fallzahlen eine Überschreitung erforderlich, so hat der Krankenhausträger einen Anspruch auf Abschluss der Änderungsvereinbarung. Den Sozialleistungsträgern steht es nicht frei, nur eine Veränderung geringeren Ausmaßes zu vereinbaren oder den Abschluss der Änderungsvereinbarung gänzlich zu verweigern.

Wortlaut, systematische Stellung und Regelungsgegenstand der Vorschrift sprechen gegen die Annahme einer freiwilligen Vereinbarung. In sämtlichen anderen von § 19 Abs. 3 BPflV genannten Fällen stellt schon der Wortlaut der jeweiligen Bestimmung klar, dass es sich um fakultative Vereinbarungen handelt. § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 BPflV lässt Derartiges hingegen nicht erkennen. Dass dies lediglich aus sprachlichen Gründen unterblieben sei, wie die Beklagten meinen, ist nicht ersichtlich. Die Vorschrift unterscheidet sich auch sachlich von den in § 19 Abs. 3 BPflV aufgezählten Kann-Vereinbarungen. Während es dort um Abweichungsbefugnisse geht, die den Vertragsparteien Vereinfachungen gegenüber der Regelberechnung gestatten, ohne dass davon das sachliche Ergebnis der Budget- und Pflegesatzberechnung nennenswert berührt würde, steht hier die Obergrenze des Budgets und damit das sachliche Ergebnis der Budgetberechnung gerade im Mittelpunkt. § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 BPflV rückt damit neben die übrigen Ausdeckelungstatbestände des § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 bis 8 BPflV. Diese sind durchweg zwingendes Recht. Das Gesetz lässt zwar die Erhöhung der Obergrenze nicht aus jedem Grund, sondern nur zu, wenn einer der Tatbestände aus dem Katalog des § 6 Abs. 1 Satz 4 BPflV gegeben ist ("darf nur"). Wenn aber einer dieser Tatbestände sachlich vorliegt, so ist die Obergrenze zu erhöhen; ein irgendwie gearteter Ermessensspielraum der Krankenkassen, der Erhöhung zuzustimmen oder auch nicht, besteht nicht (Urteil vom 8. September 2005 a.a.O. <Rn. 30>). Das ergibt sich schon daraus, dass auch die Beachtung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 KHG, § 6 Abs. 1 Satz 3 ff. BPflV) nicht dazu führen darf, dass die vereinbarten tagesgleichen Pflegesätze dem Krankenhaus auch bei wirtschaftlicher Betriebsführung nicht mehr ermöglichen, den Versorgungsauftrag zu erfüllen (§ 17 Abs. 2 Satz 1 KHG; vgl. Urteil vom 24. Oktober 2002 - BVerwG 3 C 38.01 - Buchholz 451.73 § 6 BPflVO Nr. 1 <S. 4 f.>).

Dass die Anwendung der Ausdeckelungstatbestände des § 6 Abs. 1 Satz 4 BPflV in diesem Sinne nicht im Belieben jeder der Vertragsparteien stehen, ist bei den Tatbeständen der Nr. 2 bis 8 zweifelsfrei. Es ist nicht erkennbar, dass dies bei § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 BPflV anders sein sollte. Dieser Tatbestand wurde - als § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BPflV - durch Art. 11 Nr. 2 Buchst. b des 2. GKV-Neuordnungsgesetzes vom 23. Juni 1997 (BGBl. I S. 1520) geschaffen. Hierbei handelte es sich fraglos um zwingendes Recht; der Tatbestand unterschied sich strukturell nicht von den übrigen Ausdeckelungstatbeständen (vgl. BTDrucks 13/6087 S. 33). Namentlich fehlte noch der Einschub, dass die Veränderung der medizinischen Leistungsstruktur oder der Fallzahlen "in der Pflegesatzvereinbarung zwischen den Vertragsparteien vereinbart" werden müsse. Diese Ergänzung erfolgte erst durch Art. 5 Nr. 1 Buchst. a des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22. Dezember 1999 (a.a.O.). Damit sollte der Ausdeckelungstatbestand jedoch nicht in das Belieben jeder der Vertragsparteien gestellt werden. Vielmehr wurde der prinzipielle Anspruch der Krankenhäuser auf die Berücksichtigung einer veränderten medizinischen Leistungsstruktur oder veränderter Fallzahlen aufrechterhalten. Der Gesetzgeber wollte lediglich die Verhandlungsposition der Krankenkassen hinsichtlich der Konsequenzen, die aus einer veränderten Leistungsstruktur oder aus veränderten Fallzahlen für die Budgetobergrenze zu ziehen sind, stärken (vgl. hierzu auch § 17 Abs. 2 Satz 2 KHG). Er glaubte, dieses Ziel dadurch erreichen zu können, dass er diese Frage durch gleichzeitige Ergänzung des § 19 Abs. 3 BPflV der Zuständigkeit der Schiedsstelle entzog (Art. 5 Nr. 8 GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000). Weil die Änderung erst im Vermittlungsausschuss beschlossen wurde, fehlt es insoweit an einer Entwurfsbegründung. Der Leiter der Unterabteilung Gesundheitsversorgung im Bundesministerium für Gesundheit hat aber erläutert, dass der Gesetzgeber den Krankenkassen "ein stärkeres Mitspracherecht als bisher" zuerkennen wollte, wenn Fallzahlsteigerungen oder Leistungsstrukturveränderungen zu Zuwächsen oberhalb der Grundlohnrate führten. Dies bedeute aber nicht, dass der grundsätzliche Anspruch der Krankenhäuser auf leistungsgerechte Vergütung suspendiert würde oder dass die Krankenkassen einseitig und nach freiem Ermessen Leistungsstrukturentwicklungen und Fallzahlentwicklungen den einzelnen Krankenhäusern vorgeben könnten (Baum, f & w 2000, 118 <118 f.>). Später wurde durch Art. 4 Nr. 3 des Beitragssicherungsgesetzes vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4637) § 6 Abs. 1 Satz 5 BPflV angefügt, demzufolge auch die Tatbestände nach Absatz 1 Satz 4 Gegenstand der Pflegesatzverhandlungen sind. Damit sollte "klargestellt" werden, dass die Krankenhäuser einen Anspruch darauf besitzen, dass über die Ausdeckelungstatbestände auch tatsächlich verhandelt wird. Dies betraf auch den Tatbestand der Nr. 1, auch wenn nach der Auffassung der Entwurfsbegründung im Falle einer Nichteinigung eine Zuständigkeit der Schiedsstelle insoweit nicht gegeben war (BTDrucks 15/28 S. 18).

Die Absicht des Gesetzgebers, die Verhandlungsposition der Krankenkassen zu stärken, indem dieser Punkt der Zuständigkeit der Schiedsstelle und damit dem in § 18 Abs. 4 und 5 KHG vorgesehenen Verwaltungs- und Rechtsschutzverfahren entzogen wurde, ließ sich auf dem Verordnungswege nicht verwirklichen; der Gesetzgeber hätte zugleich § 18 Abs. 4 und 5 KHG hierfür öffnen und ggf. einen alternativen Rechtsschutz bereitstellen müssen, woran es fehlt. Hieraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, die Anwendung des § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 BPflV vollends ins Belieben der Krankenkassen zu stellen, weil die Zuständigkeit der Schiedsstelle nur dann systemkonform hätte ausgeschlossen werden können. Dass der Gesetzgeber so weit nicht gehen wollte, steht außer Zweifel.

Es wäre auch sachlich kaum zu rechtfertigen. Nach § 3 Abs. 2 Satz 3 BPflV kann das Krankenhaus darauf bestehen, zunächst das medizinisch leistungsgerechte Budget zu vereinbaren (und diesem erst in einem zweiten Schritt die Obergrenze gegenüberzustellen; vgl. Urteil vom 8. September 2005 a.a.O. <Rn. 28>); das Krankenhaus ist nicht gezwungen, sich mit dem einfacheren Weg der bloßen Ermittlung der Obergrenze nach § 3 Abs. 2 Satz 4 BPflV zu begnügen. Für die Ermittlung des medizinisch leistungsgerechten Budgets und dessen Umsetzung in tagesgleiche Pflegesätze aber ist die Vereinbarung der Leistungsmengen - darunter der Fallzahl - vorgeschrieben. § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 BPflV ist hierfür ohne Bedeutung (Beschluss vom 6. November 2006 a.a.O. <Rn. 6>). Dementsprechend sieht die Leistungs- und Kalkulationsaufstellung die Vereinbarung von Fallzahlen vor, worauf der Kläger mit Recht hinweist. Hinzu kommt, dass das Krankenhaus, wenn die tatsächlich erbrachte Leistungsmenge von der vorauskalkulierten wesentlich abweicht, also den Rahmen der normalen Fehlerquote bei der Vorauskalkulation überschreitet, nicht in allen Fällen auf den Mehrerlösausgleich nach § 12 Abs. 2 BPflV verwiesen ist, sondern nach Maßgabe des § 12 Abs. 3 Satz 2 BPflV sogar eine Neuverhandlung des Budgets verlangen kann (Urteil vom 16. November 1995 - BVerwG 3 C 32.94 - Buchholz 451.73 § 4 BPflV Nr. 3 <S. 4 f.>; zum Mehrerlösausgleich noch Urteil vom 20. Dezember 2007 - BVerwG 3 C 53.06 - Buchholz 451.73 § 12 BPflVO Nr. 1 <insb. Rn. 31>). Sind aber die Vertragsparteien gezwungen, zur Ermittlung des medizinisch leistungsgerechten Budgets Fallzahlen zu verhandeln und zu vereinbaren, so ist nicht einzusehen, weshalb die Krankenkassen bei der Ermittlung der Obergrenze eine Verhandlung und Vereinbarung über Fallzahlen mit Blick auf § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 BPflV sollen ablehnen dürfen. Hierbei kann es keinen Unterschied machen, ob die Vertragsparteien zunächst ein medizinisch leistungsgerechtes Budget vereinbaren und erst anschließend die Obergrenze ermitteln oder ob sie sich nach § 3 Abs. 2 Satz 4 BPflV mit der Ermittlung der Obergrenze begnügen; auch dann kann das Krankenhaus die Vereinbarung einer Veränderung der Fallzahlen verlangen, wenn die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 BPflV gegeben sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Ende der Entscheidung

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