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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 09.11.2006
Aktenzeichen: BVerwG 4 A 2001.06
Rechtsgebiete: FluglärmG, GG, LuftVG, LuftVO, LuftVZO, ROG, SächsLPlG, UVPG, VwVfG, 23. BImSchV


Vorschriften:

FluglärmG § 3 Anlage
GG Art. 2 Abs. 2
GG Art. 14 Abs. 1
GG Art. 14 Abs. 3
LuftVG § 6
LuftVG § 8
LuftVG § 9 Abs. 2
LuftVG § 10
LuftVG § 27c
LuftVG § 29b Abs. 1 Satz 2
LuftVO § 27a
LuftVZO § 48a
LuftVZO § 48b
ROG § 15 Abs. 2
SächsLPlG § 16
UVPG § 5
VwVfG § 74 Abs. 2 Satz 2
VwVfG § 74 Abs. 2 Satz 3
VwVfG § 76
23. BImSchV § 2 Abs. 2
1. Die Planrechtfertigung im Sinne der Zielkonformität ist nicht nur zu prüfen, wenn Dritte für das planfestgestellte Vorhaben (hier: Ausbau des Verkehrsflughafens Leipzig/Halle) enteignet werden sollen, sondern auch dann, wenn sich Grundeigentümer gegen mittelbare Beeinträchtigungen durch das Vorhaben zur Wehr setzen.

2. Die Zulassung eines nächtlichen Flugbetriebs ist wegen der Pflicht, auf die Nachtruhe der Bevölkerung in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen (§ 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG), vor allem in der Kernzeit von 0:00 Uhr bis 5:00 Uhr in erhöhtem Maße rechtfertigungsbedürftig (wie BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116). Das Gebot wird nicht schon dadurch erfüllt, dass dem Vorhabenträger aufgegeben wird, für großzügig dimensionierten passiven Schallschutz zu sorgen.

3. Ein Lärmschutzkonzept, das Flugverkehr auch während der Nachtstunden ermöglicht, hat sich vorrangig an dem Ziel auszurichten, fluglärmbedingte Aufwachreaktionen zu vermeiden. Dieser Zweck lässt sich nicht nur mit der Festsetzung eines um einen Dauerschallpegel ergänzten Maximalpegels erreichen, sondern auch mit dem Konzept des DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V.), das nicht an akustische Kenngrößen anknüpft, sondern auf einer Dosis-Wirkungsbeziehung aufbaut.

4. Die mögliche Beteilung Dritter am Scoping-Termin (§ 5 Satz 4 UVPG) dient nicht deren Schutz, sondern hat allein die Funktion, die Behörde bei der sachgerechten Bestimmung des voraussichtlichen Inhalts und Umfangs der Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterstützen.


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 4 A 2001.06

Verkündet am 9. November 2006

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 24. und 25. Oktober 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rojahn, Gatz und Dr. Jannasch sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp am 9. November 2006 für Recht erkannt:

Tenor:

Der Beklagte wird verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut darüber zu entscheiden, ob der Nachtflugbetrieb, soweit es nicht um Frachtflüge zum Transport von Expressgut geht, über die unter A II. 4.7.1. des Planfeststellungsbeschlusses vom 4. November 2004 in der Gestalt des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 9. Dezember 2005 getroffenen flugbetrieblichen Regelungen hinaus beschränkt wird. Soweit der Planfeststellungsbeschluss dieser Verpflichtung entgegensteht, wird er aufgehoben.

Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.

Von den Gerichtskosten sowie den außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen tragen die Kläger zu 1 und 2 als Gesamtschuldner 300/355, die Klägerin zu 3 40/355 und die Kläger zu 4 und 5 als Gesamtschuldner 25/710.

Der Beklagte und die Beigeladene tragen jeweils 5/1420 der Gerichtskosten sowie jeweils 1/12 der außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 4 und 5. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Gründe:

I

Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Leipzig (im Folgenden: Beklagter) für das Vorhaben "Ausbau des Verkehrsflughafens Leipzig/Halle Start-/Landebahn Süd mit Vorfeld".

Der Flughafen Leipzig/Halle verfügt über zwei Start- und Landebahnen, die im Jahre 1960 fertig gestellte Start- und Landebahn Süd mit einer Länge von 2 500 m und die im Jahre 2000 in Dienst gestellte Start- und Landebahn Nord mit einer Länge von 3 600 m. Die Bahnen sind in der Form eines nach Osten offenen V konfiguriert. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss sieht im Kern vor, die als grundsanierungsbedürftig bezeichnete Südbahn durch Drehung um einen Winkel von 20° gegen den Uhrzeigersinn parallel zur Nordbahn auszurichten und auf 3 600 m zu verlängern; er ermöglicht ferner zahlreiche bauliche Veränderungen im Umfeld der Start- und Landebahnen. Zentrales Planungsziel ist der Ausbau des Flughafens zu einem Knotenpunkt für den Luftfrachtverkehr. Beide Start- und Landebahnen sollen auf der Grundlage der unbefristeten Nachtfluggenehmigung vom 20. September 1990 in der Gestalt der Genehmigung vom 14. März 2000 im Wesentlichen ohne zeitliche Einschränkung für den Luftverkehr zur Verfügung stehen. Lediglich An- und Abflüge im Rahmen von Ausbildungs- und Übungsflügen sind in der Nachtzeit (22:00 Uhr bis 6:00 Uhr) unzulässig (PFB A II. 4.7.1., S. 32 f.).

Das Planfeststellungsverfahren nahm folgenden Verlauf: Am 3. November 2003 beantragte die Beigeladene beim Beklagten die Planfeststellung für das streitige Vorhaben. Dem Antrag waren die planfestzustellenden Unterlagen, Erläuterungen, Gutachten, nachrichtliche Planunterlagen und weitere Anlagen beigefügt. Diese lagen ohne Änderungen oder Ergänzungen in verschiedenen sächsischen und sachsen-anhaltischen Städten und Gemeinden zwischen dem 21. November und 22. Dezember 2003, in der Stadt Halle bis zum 7. Januar 2004, öffentlich aus. Mit ihren fristgerecht erhobenen Einwendungen setzten sich die Kläger zu 1 bis 3 gegen das Vorhaben zur Wehr. Schwerpunktmäßig forderten sie ein Nachtflugverbot und eine Entschädigung für die zu erwartenden Wertminderungen ihrer Grundstücke. Vom 19. April bis 5. Mai 2004 fand der Erörterungstermin statt. Im Anschluss hieran reichte die Beigeladene eine Reihe ergänzender Gutachten, Stellungnahmen und Unterlagen nach und holte der Beklagte zur weiteren Sachverhaltsaufklärung und Beurteilung diverse Gutachten und gutachterliche Stellungnahmen ein; die Kläger zu 1 bis 3 vertieften und ergänzten ihre Einwendungen. In der Verwaltungsgemeinschaft Laucha-Schwarzeiche, in der die Kläger zu 4 und 5 ihre Grundstücke haben, lagen die Antragsunterlagen nicht aus.

Am 4. November 2004 stellte der Beklagte den Plan fest. Der im Verwaltungsverfahren erhobenen Forderung nach Verhängung eines Nachtflugverbots erteilte er mit der Begründung eine Absage, ein solches Verbot würde dem mit der Einrichtung eines Fracht-Hubs implizierten Verkehrsbedürfnis an der Bedienung weltweiter Destinationen im Luftfrachtverkehr zuwider laufen. Ein zentraler Fracht-Hub beruhe logistisch auf einem Hub- und Spoke-System, mit dem Expresssendungen über Nacht zum Empfänger befördert würden. Insbesondere die weltweiten Einkaufsmöglichkeiten über Internet (E-commerce) mit ihrem Bedürfnis an schnellen Transportmöglichkeiten ließen ein weiteres Wachsen dieses Marktsegmentes erwarten. Das Transportsystem sei auf Nachtflüge zwingend angewiesen, weil sich ohne die Möglichkeit zum Nachtflug nicht gewährleisten lasse, dass die angelieferte Tagesproduktion am folgenden Tag an ihrem Bestimmungsort in Deutschland oder im europäischen Ausland ausgeliefert werden könne (sog. Nachtsprung). Aufgrund der auf das absolute Minimum reduzierten Zeitfenster der Logistikkette sei mit einer Verteilung der Frachtflugbewegungen auf zwei Spitzenzeiten zwischen 0:00 Uhr und 1:30 Uhr (Ankunft) sowie zwischen 4:00 Uhr und 5:30 Uhr (Abflug) zu rechnen.

Der Planfeststellungsbeschluss verweist die Flughafenanwohner auf passiven Lärmschutz. Er formuliert Schutzziele und setzt Nacht- und Tagschutzgebiete fest. Zusätzlich markiert er ein Entschädigungsgebiet "Übernahmeanspruch" und verpflichtet die Beigeladene, Entschädigung für die Beeinträchtigung der Nutzung von Außenwohnbereichen zu leisten. Weitere Auflagen zum Lärmschutz behält er sich vor.

Unter A II. 4.2.1. (PFB S. 23) ordnet der Planfeststellungsbeschluss an, dass die Beigeladene auf Antrag des Eigentümers eines innerhalb des Nachtschutzgebietes gelegenen Grundstücks, das am 22. November 2003 bebaut oder bebaubar war, für Schallschutzvorrichtungen an Schlafräumen Sorge zu tragen hat. Die Schallschutzvorrichtungen haben zu gewährleisten, dass durch An- und Abflüge von den beiden Start- und Landebahnen im Mittel weniger als eine zusätzliche (nicht erinnerbare) Aufwachreaktion verursacht wird und im Mittel Maximalpegel innen von 65 dB(A) und mehr ausgeschlossen sind. Für jedes Wohngebäude ist die gemäß der Dosis-Wirkungs-Beziehung des DLR erforderliche Pegeldifferenz gemäß Anlage 7 des Planfeststellungsbeschlusses zu ermitteln. In dem so berechneten Gebiet mit einer Pegeldifferenz von 25 dB(A) und mehr ist die erforderliche Pegeldifferenz um 3 dB(A) zur Gewährleistung des Wiedereinschlafens zu erhöhen. Ist der gebotene Schallschutz nur dadurch zu bewirken, dass die Fenster von Schlafräumen geschlossen gehalten werden, hat die Beigeladene auf Antrag des Eigentümers eines im Nachtschutzgebiet gelegenen Grundstücks für Belüftungseinrichtungen an diesen Schlafräumen Sorge zu tragen und sicherzustellen, dass bei geschlossenen Fenstern eine Mindestpegeldifferenz außen/innen von 25 dB(A) gewährleistet ist.

Das Nachtschutzgebiet umfasst das Gebiet, welches von der durch das DLR ermittelten Dosis-Wirkungs-Beziehung errechneten Kontur von im Mittel einer zusätzlichen Aufwachreaktion bei einer Pegeldifferenz von außen/innen von 15 dB(A) - unter Berücksichtigung eines Zuschlags von 1,4 dB(A) auf jedes Fluggeräusch in dem Zeitraum zwischen 2:00 Uhr und 6:00 Uhr - umschlossen wird sowie das Gebiet, das durch die fluglärmbedingte Maximalpegelkontur von im Mittel 1 x 80 dB(A)außen umschlossen wird (PFB A II. 4.2.2. i.d.F. des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 9. Dezember 2005). Die Pegeldifferenz von 15 dB(A) entspricht der angenommenen Lärmdämmwirkung eines gekippten Fensters, die Festlegung der Maximalpegelkontur dient dem Schutz vor einem erinnerbaren Aufwachen. Die Festlegung des Nachtschutzgebietes dient der Beweiserleichterung. Innerhalb seiner Grenzen wird zugunsten der Eigentümer von bebauten oder bebaubaren Grundstücken unwiderlegbar vermutet, dass ein Anspruch auf geeignete Schallschutzvorrichtungen an Schlafräumen besteht. Außerhalb der Grenzen ist durch eine Einzelfallprüfung das Erfordernis von Schallschutzvorrichtungen vom Eigentümer nachzuweisen.

Bei dem in den Auflagen erwähnten DLR handelt es sich um das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V., dem Forschungszentrum der Bundesrepublik Deutschland für Luft- und Raumfahrt, Energie und Verkehr. Es hat zwischen 1999 und 2004 in experimentellen Studien den Zusammenhang zwischen dem Maximalpegel eines Fluggeräuschs (Dosis) und der Wahrscheinlichkeit, durch das Fluggeräusch zu erwachen (Wirkung), erforscht. Die Ergebnisse sind in einer Tabelle abgebildet, in der die Abhängigkeit der Anzahl der Fluggeräusche, die zu einer fluglärmbedingten Aufwachreaktion führen, von dem jeweiligen Einzelschallwert des Fluggeräuschs dargestellt ist. Die Werte der Tabelle gehen zusammen mit den Daten des prognostizierten Verkehrsaufkommens, der Lage der Flugrouten, der höhenmäßigen Entfernungen und der Zusammensetzung des künftigen Flugzeugmixes in eine Rechenformel ein, die als Anlage 7 Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses geworden ist.

Die Auflage A II. 4.2.1. (PFB S. 23) wird durch die Regelung in A II. 4.2.4. (PFB S. 24 f.) ergänzt. Danach ist, wenn innerhalb des Nachtschutzgebietes der flughafeninduzierte Bodenlärm (Rolllärm, Bodenlärm Luft- und Landseite) einen energieäquivalenten Dauerschallpegel = 45 dB(A)außen erreicht, unter Bildung des Summenpegels von Fluglärm und flughafeninduziertem Bodenlärm der Schallschutz zu ermitteln, der einen Innenraumpegel von 30 dB(A) gewährleistet. Ist der so ermittelte Schallschutz qualitativ besser als der Schallschutz nach A II. 4.2.1., hat die Beigeladene diesen qualitativ besseren Schallschutz zu leisten.

Mit der Auflage A II. 4.1.1. (PFB S. 22) verpflichtet der Planfeststellungsbeschluss die Beigeladene, auf Antrag des Eigentümers eines innerhalb der Tagschutzgebiete gelegenen Grundstücks, das am 22. November 2003 bebaut oder bebaubar war, für Schallschutzvorrichtungen an Aufenthaltsräumen Sorge zu tragen. Die Schallschutzvorrichtungen haben zu gewährleisten, dass durch An- und Abflüge von den beiden Start- und Landebahnen im Rauminnern bei geschlossenen Fenstern keine höheren Einzelschallpegel als 55 dB(A) auftreten. Die Tagschutzgebiete umfassen die Gebiete, die von den Grenzlinien eines für die Tagstunden (6:00 Uhr bis 22:00 Uhr) der sechs verkehrsreichsten Monate ermittelten energieäquivalenten Dauerschallpegels von 60 dB(A)außen und der 19 x 82 dB(A) Maximalpegelkonturaußen umschlossen werden (PFB A II. 4.1.2., S. 22).

Die Beigeladene ist ferner gehalten, auf Antrag des Eigentümers eines innerhalb des Entschädigungsgebietes "Übernahmeanspruch" gelegenen, am 22. November 2003 bebauten oder bebaubaren Grundstücks eine Entschädigung nach den Regelungen des Enteignungsrechts gegen Übereignung des Grundstücks zu leisten (PFB A II. 4.3.1., S. 26). Das Entschädigungsgebiet "Übernahmeanspruch" erfasst das Gebiet, welches von der Grenzlinie eines für die Nachtstunden (22:00 Uhr bis 6:00 Uhr) der sechs verkehrsreichsten Monate ermittelten energieäquivalenten Dauerschallpegels von 58,7 dB(A)außen umschlossen wird (PFB A II. 4.3.2., S. 26). Außenwohnbereiche sind zu entschädigen, wenn in den Tagstunden der sechs verkehrsreichsten Monate ein energieäquivalenter Dauerschallpegel von 62 dB(A) erreicht oder überschritten wird (PFB A II. 4.4.1. und 4.4.2. i.d.F. der Erklärung des Beklagten vom 25. Oktober 2006).

Die Kläger zu 1 und 2 sind Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in Leipzig-Hohenheida. Das Grundstück liegt innerhalb des festgesetzten Nachtschutzgebietes. Die Klägerin zu 3 nennt ein Wohngrundstück in Schkeuditz-Radefeld ihr Eigen, das von der Kontur flughafeninduzierter Bodenlärm Leq = 45 dB(A)nachts erfasst wird. Den Klägern zu 4 und 5 gehört ein Wohngrundstück in Delitz am Berge. Das Grundstück liegt außerhalb der festgesetzten Schutzgebiete.

Die Kläger haben im Januar 2005 Klage erhoben. Sie halten den Planfeststellungsbeschluss aus einer Vielzahl von Gründen für formell und materiell rechtswidrig.

In formeller Hinsicht rügen sie schwerpunktmäßig, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung an Defiziten leide. Der Beklagte habe zu Unrecht auf einen Scoping-Termin verzichtet und verschiedenen Belangen des Natur-, Landschafts- und Umweltschutzes nicht ausreichend Rechnung getragen. Der Planfeststellungsbeschluss leide ferner daran, dass ihm als gesonderte Verfahrensstufe kein Raumordnungsverfahren nach § 15 Abs. 1 ROG (Raumordnungsgesetz), § 15 Abs. 1 SächsLPlG (Gesetz zur Raumordnung und Landesplanung des Freistaates Sachsen) vorausgegangen sei.

Materiell rechtswidrig sei der Planfeststellungsbeschluss in erster Linie wegen fehlender Planrechtfertigung. Bei der Planung handele es sich um eine unzulässige Angebotsplanung. Der Planfeststellungsbeschluss sei zudem mit Abwägungsfehlern behaftet. U.a. habe der Beklagte verkannt, dass das bestehende Bahnensystem zur Abwicklung des erwarteten Transportaufkommens ausreichend sei. Kritik üben die Kläger ferner an der Zulassung eines nahezu unbeschränkten Nachtflugbetriebs sowie am Konzept des passiven Lärmschutzes, das sie in mehrfacher Hinsicht für nachbesserungsbedürftig halten.

Die Kläger beantragen,

den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Leipzig vom 4. November 2004 i.d.F. des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 9. Dezember 2005 aufzuheben,

hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten,

I. zum Nachtschutz

1. a)

aa) ein Nachtflugverbot für die Nutzung der beiden Start- und Landebahnen des Flughafens Leipzig/Halle in der Zeit von 23:00 Uhr bis 6:00 Uhr zu verhängen,

hilfsweise hierzu,

Landungen nur zwischen 6:00 Uhr und 24:00 Uhr zuzulassen,

bb) ein nicht überschreitbares Kontingent nächtlicher Flugbewegungen festzulegen,

b) die ausnahmslose Gleichverteilung aller Flugbewegungen auf beide Start- und Landebahnen festzuschreiben,

c) anzuordnen, dass bei nächtlichem Flugbetrieb in der Zeit von 0:00 Uhr bis 5:00 Uhr strahlgetriebene Flugzeuge mit einer maximal zulässigen Abflugmasse von mehr als 20 t nur starten und landen dürfen, wenn der Nachweis erbracht ist, dass deren gemessene Lärmzertifizierungswerte in der Summe mindestens 10 EPNdB unter der Summe der für sie geltenden Grenzwerte gemäß Band 1, Teil II, Kapitel 3, Anhang 16 des Abkommens über die internationale Zivilluftfahrt liegen,

d) An- und Abflugverfahren mit möglichst steilem An-/Abflugwinkel festzuschreiben,

2. das Nachtschutzgebiet wie folgt neu festzusetzen:

Das Nachtschutzgebiet umfasst folgende Gebiete:

- Gebiet, welches aufgrund der vom DLR ermittelten Dosis-Wirkungs-Beziehung errechneten Kontur von im Mittel 0,5 zusätzlichen Aufwachreaktionen unter Zugrundelegung einer Pegeldifferenz von außen/innen von 13 dB(A) - unter Berücksichtigung eines Zuschlags von 3 dB(A) auf jedes Fluggeräusch in dem Zeitraum zwischen 2:00 Uhr und 6:00 Uhr - umschlossen wird,

- Gebiet, das durch die fluglärmbedingte Maximalpegelkontur von im Mittel 75 dB(A)außen umschlossen wird,

II. zum Tagschutz

1. Starts nur in der Zeit von 5:00 Uhr bis 24:00 Uhr zuzulassen,

2. die ausnahmslose Gleichverteilung aller Flugbewegungen auf beide Start- und Landebahnen festzuschreiben,

3. anzuordnen, dass bei nächtlichem Flugbetrieb in der Zeit von 0:00 Uhr bis 5:00 Uhr strahlgetriebene Flugzeuge mit einer maximal zulässigen Abflugmasse von mehr als 20 t nur starten und landen dürfen, wenn der Nachweis erbracht ist, dass deren gemessene Lärmzertifizierungswerte in der Summe mindestens 10 EPNdB unter der Summe der für sie geltenden Grenzwerte gemäß Band 1, Teil II, Kapitel 3, Anhang 16 des Abkommens über die internationale Zivilluftfahrt liegen,

4. An- und Abflugverfahren mit möglichst steilem An-/Abflugwinkel festzuschreiben,

III. der Beigeladenen aufzugeben, auf Antrag der Kläger zu 1 und 2 für den Fall schwerer Erkrankung eine Entschädigung nach den Regelungen des Enteignungsrechts gegen Übereignung des Grundstücks zu leisten,

hilfsweise dazu,

der Beigeladenen aufzugeben, auf Antrag der Kläger zu 1 und 2 Entschädigung für Verkehrswertminderungen i.H.v. 250 000 € zu leisten,

IV. der Beigeladenen aufzugeben, auf Antrag der Klägerin zu 3 Entschädigung für Verkehrswertminderungen i.H.v. 25 000 € zu leisten.

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen Klagabweisung. Sie halten den Planfeststellungsbeschluss für rechtmäßig.

II

Die Klagen sind nur zum Teil begründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die mit ihrem Hauptantrag begehrte Aufhebung des umstrittenen Planfeststellungsbeschlusses. Die auf Planergänzung gerichteten Hilfsanträge haben lediglich im Umfang des Entscheidungstenors Erfolg.

A.1. Die Kläger können nicht verlangen, dass der Planfeststellungsbeschluss wegen eines Verfahrensfehlers aufgehoben wird.

1.1 Soweit die Kläger monieren, die ausgelegten Antragsunterlagen seien unvollständig gewesen und im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens nur unzureichend ergänzt worden, können sie das nicht aus der Erwägung heraus tun, Dritte seien über das Ausmaß ihrer tatsächlichen und rechtlichen Betroffenheit getäuscht worden. Die Kläger dürfen sich nicht zum Sachwalter fremder Interessen machen, sondern sind auf die Verteidigung eigener Rechte beschränkt.

Zu Unrecht nehmen die Kläger an, den Planfeststellungsbeschluss einer allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle zuführen zu können. Zwar hat derjenige, dessen Grundeigentum notfalls im Wege der Enteignung entzogen werden darf, ein klagefähiges Abwehrrecht gegen die Planfeststellung auch insoweit, als sich die Rechtswidrigkeit des Vorhabens aus der Verletzung objektiv-rechtlicher Vorschriften ergibt und die Inanspruchnahme seines Grundeigentums in einem Ursachenzusammenhang mit dem rechtlichen Mangel steht (grundlegend Urteil vom 18. März 1983 - BVerwG 4 C 80.79 - BVerwGE 67, 74 <76>). Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss sieht einen Zugriff auf das Eigentum der Kläger jedoch nicht vor und entfaltet daher keine enteignungsrechtlichen Vorwirkungen zu ihren Lasten. Die Kläger sind auch nicht deshalb enteignend betroffen, weil ihre Grundstücke, wie sie behaupten, unzumutbaren Lärmbelastungen ausgesetzt werden sollen. Mittelbare Beeinträchtigungen, also solche, durch die - wie vorliegend - das Eigentum nicht vollständig oder teilweise entzogen wird, bestimmen unabhängig von ihrer Intensität Inhalt und Schranken des Eigentums i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG und stellen keine Enteignung i.S.d. Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG dar (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. März 1999 - 1 BvL 7/91 - BVerfGE 100, 226 <240>; BVerwG, Urteil vom 6. Juni 2002 - BVerwG 4 A 44.00 - NVwZ 2003, 209 <210>).

1.2 Ob die Unterlagen, die dem Antrag der Beigeladenen auf Planfeststellung beigefügt waren, unverständlich waren und die Lärmgutachten, die Gegenstand der Auslegung waren, mit Mängeln behaftet sind, kann offen bleiben. Gleiches gilt für die Frage nach der Qualität der von der Planfeststellungsbehörde nachgeforderten Unterlagen und der veranlassten Gutachten und Plausibilitätsprüfungen. Die Kläger könnten die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses wegen der insoweit behaupteten Verfahrensfehler nur beanspruchen, wenn sie dadurch an der rechtzeitigen Geltendmachung ihrer Belange gehindert worden wären (vgl. Beschluss vom 26. August 1998 - BVerwG 11 VR 4.98 - Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 22). Dafür ist nichts vorgetragen und auch nichts ersichtlich. Die Planauslegung dient dazu, die potenziell Betroffenen über das geplante Vorhaben zu unterrichten. Diesem Zweck ist in aller Regel Genüge getan, wenn ihnen die Auslegung Anlass zur Prüfung geben kann, ob ihre Belange von der Planung berührt werden und sie im anschließenden Anhörungsverfahren zur Wahrung ihrer Rechte oder Belange Einwendungen erheben wollen. Jedenfalls auf die Kläger zu 1 bis 3 hat die Auslegung ihre Anstoßwirkung nicht verfehlt. Sie haben die Auslegung zum Anlass genommen, mit ihrem Anliegen im Anhörungsverfahren vorstellig zu werden, das Vorhaben insbesondere wegen der Fluglärmbelastung zur Nachtzeit zu Fall zu bringen.

Die Kläger zu 4 und 5 haben keine Einwendungen erhoben. Dies beruht nach ihrem eigenen Vorbringen allerdings nicht auf der behaupteten Lückenhaftigkeit, Unübersichtlichkeit oder mangelnden Verständlichkeit der ausgelegten Unterlagen, sondern darauf, dass die Unterlagen in der Verwaltungsgemeinschaft Laucha-Schwarzeiche, zu der ihr Wohnort gehört, nicht ausgelegen haben.

1.3 Die Kläger machen geltend, dass die von der Planfeststellungsbehörde verarbeitete Umweltverträglichkeitsstudie eine Reihe von Defiziten aufweise. Die Planfeststellungsbehörde habe zu Unrecht auf einen Scoping-Termin verzichtet. Die Karte 1.1 ("Mensch und Raum") der Umweltverträglichkeitsstudie vom 28. Oktober 2003 stelle das Gebiet dar, das von Fluglärm möglicherweise betroffen sein könne. Sie ermögliche keine Beurteilung, inwieweit tatsächlich mit einer Betroffenheit zu rechnen sei. Die Variantenuntersuchung "Straße" in der Studie sei mangelhaft, da sich keine Darstellung für die "kurze" Westumfahrung finde; für die Staatsstraße S 8a werde nur eine Variante angeführt. Nicht nachvollziehbar sei, wie das während der Bauphase anfallende Schüttgut über die Bundesautobahnen A 9 und A 14 solle abtransportiert werden können. Fehlerhaft werde in dem Verlust erholungswirksamer Strukturen kein Konfliktschwerpunkt erkannt. Querungsmöglichkeiten für Tiere über die Bundesautobahnen fänden sich zur A 14 nicht und seien hinsichtlich der A 9 unzureichend. Die Auswirkungen auf betroffene Kleingartenanlagen seien zu gering bewertet, weil die Darstellung, Kleingärten dienten nicht dem Wohnen, unberücksichtigt lasse, dass die Gärten dem längerfristigen Aufenthalt an Wochenenden und in der Ferienzeit dienten. Fehlende Aussagen beispielsweise zur Überbauung der "Alten Sandgrube" als "alte" Deponie ließen auf eine Ausblendung der gesamten Altlastenproblematik nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz schließen. Versäumt worden sei, die Ortschaft Freiroda vor dem Roll-, Autobahn- und Eisenbahnlärm durch eine ökologisch wertvolle Bepflanzung der Freifläche zwischen Freiroda und der Bundesautobahn zu schützen. All diese Schwachpunkte hätten dazu geführt, dass die Gesamtauswirkungen des Flughafenausbaus auf die Bevölkerung und die Siedlungsgebiete im Raum Leipzig/Halle sowie auf die Belange des Natur-, Landschafts- und Umweltschutzes im Planfeststellungsverfahren nicht hinreichend behandelt worden seien.

Die Einwände sind allesamt unbeachtlich.

Die Kläger können aus dem Verzicht des Beklagten auf Durchführung eines Scoping-Termins nichts zu ihren Gunsten herleiten. Das Scoping dient der Unterrichtung des Vorhabenträgers über den Inhalt und Umfang der voraussichtlich beizubringenden Unterlagen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens. Es ist gesetzlich nicht generell vorgeschrieben, sondern findet nur statt, sofern der Vorhabenträger darum ersucht oder die zuständige Behörde es für erforderlich hält (§ 5 Satz 1 UVPG). Sind - wie hier - weder der Vorhabenträger noch die Behörde an einem Scoping interessiert, hat es damit sein Bewenden. Rechte Dritter werden dadurch nicht tangiert. Deren mögliche Beteiligung an einem Scoping (§ 5 Satz 4 UVPG) erfüllt nicht, wie die Kläger offenbar meinen, eine rechtsschutzgewährende bzw. -wahrende Funktion, sondern dient allein dazu, die Behörde bei der sachgerechten Bestimmung des voraussichtlichen Untersuchungsrahmens zu unterstützen (Erbguth/Schink, UVPG, 2. Aufl. 1996, § 5 Rn. 13; Hoppe/Haneklaus, UVPG, 2. Aufl. 2002, § 5 Rn. 20; Bunge, in: Storm/ Bunge, Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, Band 1, § 5 UVPG Rn. 37).

Auch die sonstigen Mängel, die der Studie anhaften sollen, haben nicht zu einer Verkürzung der Rechte der Kläger geführt. Dies gilt namentlich, soweit es um den angeblich vernachlässigten Schutz von Kleingärten und der Ortschaft Freiroda geht. Die Kläger behaupten nicht, dort zu wohnen oder Grundeigentum zu haben.

1.4 Der an den Beklagten gerichtete Vorwurf, die gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen seien nicht intensiv genug erörtert worden, ist unsubstanziiert. Die Kläger legen nicht - wie dies zur Darlegung einer Verletzung eigener Rechte erforderlich wäre - dar, in welcher Hinsicht die von ihnen erhobenen Einwendungen einer weiteren Erörterung bedurft hätten. Es ist nicht Sache des Senats, die Wortprotokolle über den Erörterungstermin daraufhin durchzusehen, ob und ggf. bei welchen Themenkreisen die Kläger und ihr Prozessbevollmächtigter in der Diskussion mit dem Vertreter des Beklagten, den Vertretern der Beigeladenen und den Sachverständigen zu kurz gekommen sein könnten.

1.5 Mit ihrer Rüge, die Planfeststellungsbehörde habe zu Unrecht angenommen, dass nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 Nr. 1 Alt. 1 ROG, § 16 Halbsatz 2 Nr. 1 Alt. 1 SächsLPlG von einem Raumordnungsverfahren habe abgesehen werden dürfen, können die Kläger nicht gehört werden; denn da ihnen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens als gesonderte Verfahrensstufe zustehen kann (vgl. Beschluss vom 21. Februar 1973 - BVerwG 4 CB 69.72 - DVBl 1973, 448 <450>; Cholewa/Dyong/von der Heide/Arenz, Raumordnung in Bund und Ländern, 4. Aufl., § 15, Rn. 19), können sie durch den Verzicht darauf nicht in ihren Rechten verletzt sein.

Abgesehen davon ist die Kritik der Kläger auch nicht berechtigt. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 Nr. 1 Alt. 1 ROG kann, nach § 16 Halbsatz 2 Nr. 1 Alt. 1 SächsLPlG soll von einem Raumordnungsverfahren abgesehen werden, wenn die Planung oder Maßnahme den Zielen der Raumordnung entspricht. Das ist hier der Fall. Der Landesentwicklungsplan Sachsen vom 16. Dezember 2003 (GVBl 2003, 915) normiert als Ziel (Z) 10.10, dass der Verkehrsflughafen Leipzig/Halle für den interkontinentalen Flugverkehr weiter auszubauen ist und die flughafenbetrieblichen Voraussetzungen, insbesondere für den Luftfrachtverkehr, durch die Optimierung des Start- und Landebahnsystems und die Bereitstellung der erforderlichen Abfertigungseinrichtungen zu schaffen sind. Den Klägern ist darin beizupflichten, dass die Optimierung des Start- und Landebahnsystems, die ausweislich der amtlichen Begründung zum Ziel 10.10. vor allem die Länge und Lage der Start- und Landebahn Süd betrifft, die Anlegung eines Parallelbahnsystems nicht zwingend gebietet. Darauf kommt es aber auch nicht an. Es genügt, dass die Verpflichtung zur Optimierung eine solche Konfiguration zulässt. Die Landesplanung kann sich - wie hier - darauf beschränken, in Richtung auf die örtliche Planung Rahmenbedingungen zu schaffen, und die weitere Konkretisierung nachfolgenden Planungen zu überlassen (vgl. Beschluss vom 20. August 1992 - BVerwG 4 NB 20.91 - BVerwGE 90, 329 <334>; Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 <Rn. 64, 73>).

2. Eine Verletzung des materiellen Rechts, die einen Anspruch der Kläger auf Aufhebung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses begründen könnte, lässt sich ebenfalls nicht feststellen.

2.1 Zu Unrecht wenden die Kläger ein, dass es dem Vorhaben an der Planrechtfertigung fehle.

Entgegen der Ansicht der anderen Beteiligten ist den Klägern allerdings nicht die Berechtigung abzusprechen, die Frage der Planrechtfertigung überhaupt aufzuwerfen. Die Planrechtfertigung ist ein ungeschriebenes Erfordernis jeder Fachplanung und eine Ausprägung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns, das mit Eingriffen in Rechte Dritter verbunden ist (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 182). Sie ist nicht nur zu prüfen, wenn Dritte für das Vorhaben enteignet werden sollen, sondern immer dann, wenn das Vorhaben mit Eingriffen in ihre Rechte einhergeht. Art. 14 Abs. 1 GG schützt den Eigentümer auch vor mittelbaren Beeinträchtigungen seines Eigentums durch ein planfeststellungsbedürftiges Vorhaben. Auch derartige Eigentumsbeeinträchtigungen müssen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Ein mittelbar eigentumsbetroffener Kläger kann deshalb geltend machen, dass für das beabsichtigte Vorhaben - gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes - kein Bedarf streitet. Nicht verlangen kann er freilich die Prüfung, ob die mit dem Vorhaben verfolgten öffentlichen Interessen generell geeignet sind, entgegenstehende Eigentumsrechte zu überwinden, d.h. insbesondere das Gemeinwohlerfordernis des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG auszufüllen (vgl. hierzu Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 179, 183 f.).

Eine Flughafenplanung ist gerechtfertigt, wenn für das beabsichtigte Vorhaben nach Maßgabe der vom Luftverkehrsgesetz verfolgten Ziele einschließlich sonstiger gesetzlicher Entscheidungen ein Bedürfnis besteht, die Maßnahme unter diesem Blickwinkel also objektiv erforderlich ist. Die Planrechtfertigung erfordert mithin die Prüfung, ob das Vorhaben mit den Zielen des Gesetzes übereinstimmt (fachplanerische Zielkonformität) und ob das Vorhaben für sich in Anspruch nehmen kann, in der konkreten Situation erforderlich zu sein. Das ist nicht erst bei Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern bereits dann, wenn es vernünftigerweise geboten ist (Urteile vom 8. Juli 1998 - BVerwG 11 A 53.97 - BVerwGE 107, 142 <145> und vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 182). Hieran gemessen lässt sich dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss die Planrechtfertigung nicht absprechen.

Nach Auskunft des Planfeststellungsbeschlusses (S. 127) stellt die Ausbauplanung sicher, dass - erstens - auf dem Flughafen Leipzig/Halle ein zentraler Knotenpunkt im Luftfrachtverkehr betrieben werden kann, - zweitens - mit der Drehung in Hauptwindrichtung der Nutzungskoeffizient der Start- und Landebahn Süd erhöht wird, - drittens - die dicht besiedelten Gebiete von Leipzig-Nord und Halle-Süd nicht mehr überflogen werden müssen und - viertens - eine Erhöhung der Verkehrssicherheit am Flughafen Leipzig/Halle erreicht wird.

Erstrangiges Planungsziel ist es, die Voraussetzungen für den Betrieb eines Luftfracht-Drehkreuzes zu schaffen. Das steht, wie auch die Kläger nicht in Abrede stellen, mit den Zielsetzungen des Luftverkehrsgesetzes im Einklang. Das Luftverkehrsgesetz soll den Luftverkehr fördern (Urteile vom 16. Juli 1965 - BVerwG 4 C 30.65 - BVerwGE 21, 354 <356> und vom 18. November 2004 - BVerwG 4 C 1.04 - NVwZ 2005, 328 <329>). Es unterscheidet nicht zwischen Personen- und Frachtverkehr. Auch der Frachtverkehr ist Teil des "allgemeinen Verkehrs" (§ 6 Abs. 3 LuftVG, § 38 Abs. 2 Nr. 1 LuftVZO), für den Verkehrsflughäfen genehmigt werden. Die weiteren im Planfeststellungsbeschluss genannten Ziele sind zwar ebenfalls mit den Zielen des LuftVG vereinbar. Sie dürften jedoch angesichts der gegenwärtig geringen Auslastung des Flughafens durch Passagierverkehr nicht geeignet sein, das Vorhaben selbstständig zu rechtfertigen, sondern ihre Berechtigung nur aus der Zielsetzung beziehen, den Flughafen zu einem leistungsfähigen Luftfrachtzentrum auszubauen.

Die Kläger machen geltend, dass das Vorhaben nicht vernünftigerweise geboten sei. Der Beklagte betreibe nämlich eine unzulässige "Angebotsplanung". Er bediene kein vorhandenes Verkehrsbedürfnis, sondern wolle ein solches erst wecken. Dieser Vorwurf ist unberechtigt. Der Beklagte hat schlüssig dargelegt, dass sowohl der Luftfrachtverkehr im Allgemeinen als auch der Expressfrachtverkehr im Besonderen seit 1991/92 - mit Ausnahme des Jahres 2001, dem Jahr der Terroranschläge in den USA - beachtliche Wachstumsraten aufweist. Seine Prognose, die Entwicklungen im internationalen und nationalen Luftfrachtverkehr sprächen dafür, dass sich die Nachfrage nach Express-Luftfrachtdienstleistungen auch in Zukunft verstärken werde, ist vor diesem Hintergrund nachvollziehbar und wird gestützt durch das Gutachten der ProgTransAG vom 31. August 2004, in dem es heißt, dass der deutsche und europäische Markt für Express-Dienste auch in der kommenden Dekade mit jährlichen Wachstumsraten von acht bis zehn v.H. expandieren werde. Konkret belegbar ist der Bedarf an weiteren Frachtknotenpunkten mit der Suche der DHL, einem großen, weltweit operierenden Expressdienstleister, nach einem neuen Luftdrehkreuz. Die DHL hatte wegen Kapazitätsengpässen am derzeitigen Standort Brüssel und verschärfter Beschränkungen des dortigen Nachtflugbetriebs im Vorfeld des Planfeststellungsverfahrens ihr Interesse an einem Standortwechsel bekundet und sich diesbezüglich mit verschiedenen Flughafenbetreibern, u.a. auch mit der Beigeladenen, in Verbindung gesetzt. Der Beigeladenen, die als Anbieter von Flughafenleistungen in einem bundes- und europaweiten Wettbewerb mit anderen Flughafenanbietern steht, war es nicht verwehrt, sich durch die Ertüchtigung des Flughafens Leipzig/Halle nachfragegerecht zu verhalten (vgl. Urteil vom 20. April 2005 - BVerwG 4 C 18.03 - BVerwGE 123, 261 <272>). Die mit der Planfeststellung verbundene Erwartung hat sich im Übrigen erfüllt; denn die DHL hat sich gegenüber der Beigeladenen am 21. September 2005 vertraglich verpflichtet, am Flughafen Leipzig/Halle ein Frachtdrehkreuz zu errichten und zu betreiben.

2.2 Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch nicht an Abwägungsfehlern, die zu seiner Aufhebung führen.

2.2.1 Ohne Erfolg wenden sich die Kläger zunächst gegen die Entscheidung, den Flugbetrieb auf zwei parallel angeordneten, unabhängig voneinander nutzbaren Start- und Landebahnen in den Betriebsrichtungen 08/26 abzuwickeln.

Der Beklagte hält ein Parallelbahnsystem mit zwei unabhängig voneinander nutzbaren Start- und Landebahnen für erforderlich, um einen zentralen Knotenpunkt im Express-Luftfrachtverkehr betreiben zu können (PFB S. 163). Mit dem bestehenden Bahnsystem lasse sich die angestrebte Funktion des Flughafens Leipzig/Halle nicht erfüllen (PFB S. 165). Gegen diese Einschätzung ist nichts zu erinnern.

Die Kläger bestreiten die Notwendigkeit zur Veränderung des vorhandenen Start- und Landebahnsystems mit dem Argument, mit maximal 113 000 jährlichen Flugbewegungen im Prognosejahr 2015 sei das erwartete Verkehrsaufkommen so gering, dass es inklusive sämtlicher Frachtflüge ausschließlich über die Start- und Landebahn Nord mit deren Kapazität für 135 000 Flugbewegungen pro Jahr abgewickelt werden könne. Sie lassen dabei jedoch die Anforderungen außer Acht, die an ein Frachtdrehkreuz gestellt werden. Jedenfalls Frachtflüge mit Expressgut sind nicht beliebig terminierbar. Ohne die Möglichkeit zum Nachtflugbetrieb ist nicht gewährleistet, dass die angelieferte Tagesproduktion am folgenden Tag an ihrem Bestimmungsort in Deutschland oder im europäischen Ausland ausgeliefert werden kann (sog. Nachtsprung). Wie das Gutachten der ProgTransAG vom 31. August 2004 betont, liegt deshalb ein Schlüsselelement in allen Betriebskonzepten der Expressdienstleister (sog. Integratoren) im nächtlichen Umschlag der Frachten am Drehkreuz. Hierfür stehen nur wenige Stunden zur Verfügung. Ausweislich des Gutachtens der ProgTransAG, in dem eine typische logistische Kette dargestellt ist, finden die An- und Abflüge an einem Frachtdrehkreuz üblicherweise in zwei Zeitfenstern von je eineinhalb Stunden statt, die wegen der eng gefassten Zeitvorgaben für die einzelnen Arbeitsschritte eines Transportvorgangs nicht erweiterbar sind. Nach der voraussichtlichen Zahl der Flugbewegungen in diesen Stunden bestimmt sich, über welche luftseitige Kapazität ein Frachtdrehkreuz verfügen muss.

Die Spitzenbelastungen am Flughafen Leipzig/Halle werden in den Zeiträumen zwischen 0:00 Uhr und 1:30 Uhr (Anflüge) und zwischen 4:00 Uhr und 5:30 Uhr (Abflüge) erwartet. Zu ihrer Bewältigung bedarf es nach Überzeugung des Beklagten eines unabhängig zu betreibenden Parallelbahnsystems. Der Beklagte folgt insoweit den Einschätzungen der Gesellschaft für Luftverkehrsforschung (GFL), Berlin, und der Optimized Traffic Systems Development GmbH (OTSD), Bremen. Die für die Beigeladene tätig gewordene GFL gibt die Kapazität des vorhandenen Bahnsystems für den Anflug mit 43 Bewegungen pro Stunde und für den Abflug mit 30 bis 31 Bewegungen an. Unter Berücksichtigung einer Überlagerung der Spitzenstunden durch weitere Flugbewegungen prognostiziert sie bei konservativer Abschätzung für das Jahr 2015 49 Anflüge zwischen 0:00 Uhr und 1:00 Uhr und 48 Abflüge zwischen 4:00 Uhr und 5:00 Uhr und bei optimistischer Einschätzung 60 An- und 49 Abflüge. Sie gelangt daher zu dem Befund, dass die zu erwartenden Verkehre mit dem bestehenden Bahnsystem nicht bewältigt werden können. Die vom Beklagten mit der Überprüfung des GFL-Gutachtens beauftragte OTSD hat zwar andere Werte für die vorhandene An- und Abflugkapazität (35/39-40) ermittelt - die niedrigere Anflugkapazität ergebe sich aus der im GFL-Gutachten nicht betrachteten gegenseitigen Beeinflussung von Starts und Landungen in der Anflugspitze und die höhere Abflugkapazität aus der detailgetreueren Abbildung der Abflugstrecken sowie des Startverhaltens der einzelnen Luftfahrzeuge in der Simulatorumgebung, die wesentlich genauere Aussagen über Abflugintervalle erlaube als eine mathematische Durchschnittsbetrachtung -, in Erwartung von maximal 57 Anflügen in der Stunde ab 0:00 Uhr und 48 Abflügen in der Stunde ab 4:00 Uhr jedoch die Einschätzung der GFL im Ergebnis bestätigt. Im Abschlussbericht vom 10. September 2004 heißt es zusammenfassend, dass die Kapazität des heutigen Start- und Landebahnsystems sowohl bezüglich der geforderten Anzahl von Landungen als auch bezüglich der Anzahl der geforderten Starts absolut unzureichend und der Neubau der SLB Süd unter den vorgegebenen Annahmen für den Betrieb eines Fracht-Hubs als unabdingbar anzusehen sei.

Der Beklagte durfte dem OTSD-Gutachten folgen. Die Analyse der OTSD beruht auf einem langjährig erprobten Simulationssystem, dessen Zuverlässigkeit auch die Kläger nicht in Frage stellen. Sie bemängeln, dass die Gutachter das im Jahr 2015 erwartete Verkehrsaufkommen dem von der Beigeladenen entwickelten Prognoseflugplan entnommen haben, der von einer unrealistisch hohen Anzahl von Flugbewegungen ausgehe. Ihre Kritik ist nicht berechtigt. Die OTSD hat sich von der Beigeladenen versichern lassen, dass die Ausgangsdaten im Prognoseflugplan dieselben seien, die "auch in anderen Gutachten - insbe-sondere der vom Flughafen in Auftrag gegebenen Studie der Gesellschaft für Luftverkehrsforschung (GFL) - verwendet wurden". Dass die OTSD die Angaben aus dem Prognoseflugplan in ihr Simulationsmodell eingestellt hat, ist nicht zu beanstanden; denn die von der GFL ermittelten, dem Prognoseflugplan zugrunde gelegten Daten, denen die Annahme einer jährlichen Marktexpansion im Luftfrachtverkehr zwischen 4,5 % und 6 % zugrunde liegt, sind von der ProgTrans AG als "durchaus plausibel" bezeichnet worden. Als Fazit heißt es im Schlussbericht der ProgTransAG, dass die Prognose (der GFL) für die Luftfracht, die im allgemeinen Trend globaler Handelsprognosen liege, nach der nicht kontinuierlichen, aber insgesamt sehr positiven Entwicklung am Flughafen Leipzig/Halle während der letzten zehn Jahre "nicht unplausibel" sei, aber sicherlich ein aktives Marketing seitens der Flughafenverwaltung voraussetze. Wie die Bemühungen um die Ansiedlung der DHL zeigen, ist die Beigeladene bereit, die für das Erreichen der avisierten Wachstumsraten erforderlichen Anstrengungen zu unternehmen.

Zur Bewältigung der erwarteten Flugbewegungen innerhalb der nächtlichen Zeitfenster reicht das bestehende Bahnensystem nicht aus. Dies wird im OTSD-Gutachten im Einzelnen dargelegt. Die gegen die Kapazitätsanalyse erhobenen Einwände sind nicht stichhaltig.

Fehl geht zunächst der Einwand der Kläger im Anschluss an die von ihnen eingeholte fachgutachterliche Stellungnahme ihres Sachbeistandes F. (fdc Airport Consulting & Partners) vom 9. September 2006, die Flugbewegungen im Frachtflugverkehr seien nicht auf nächtliche Zeitfenster konzentriert, sondern würden sich wegen der Zeitzonen nicht nur auf die gesamte Nacht, sondern auch deutlich auf den Tag verteilen. Die Aussage F. bezieht sich auf Frachtflugbewegungen im Langstreckenverkehr an die Westküste der USA und den Fernen Osten, während die OTSD betrachtet hat, wann Expressfrachtmaschinen aus dem europäischen Raum den Flughafen Leipzig/Halle nutzen. Der Vertreter der DHL hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass diese Maschinen nahezu ausnahmslos zwischen 0:00 Uhr und 1:30 Uhr an- und zwischen 4:00 Uhr und 5:30 Uhr wieder abfliegen.

Unter Bezugnahme auf die fachgutachterliche Stellungnahme F. vom 2. Januar 2005 tragen die Kläger vor, dass die OTSD die Kapazität des derzeitigen Bahnensystems zu gering eingeschätzt habe. Nach dem von der ICAO (Internationale Zivilluftfahrt-Organisation) herausgegebenen Airport Planning Manual Part I verfüge ein System mit konvergierenden Bahnen, wie es am Flughafen Leipzig/Halle vorhanden sei, über eine Kapazität von 50 bis 60 Flugbewegungen pro Stunde. Diese Kapazität genüge, um die für das Jahr 2015 erwarteten 48 bis 49 Flugbewegungen je spitzenbelasteter Stunde abzuwickeln. Die OTSD hat diesem Einwand schlüssig widersprochen: Der von F. zitierte Wert stamme aus dem Jahr 1987 und sei veraltet, weil er nicht die heutigen Verfahren, Vorschriften und Strukturen des Luftverkehrs berücksichtige. Zudem werde im begleitenden Text zum Manual ausdrücklich darauf hingewiesen und von F. verschwiegen, dass sich schneidende oder Rollbahnen in V-Form zum Zweck der Kapazitätserweiterung generell nicht empfehlenswert seien ("...intersecting or open V runways are not generally recommended for the purpose of increasing capacity..."). In anderem Zusammenhang hat die OTSD hervorgehoben, dass ihre Simulation, für die ein elektronisches Modell der Bodeninfrastruktur sowie des Luftraums in einem Bereich von ca. 30 Nautischen Meilen um den Flughafen Leipzig/Halle Verwendung gefunden hat, Werte ergeben habe, die als wesentlich realitätsnäher einzustufen seien als durch eine mathematische Durchschnittsbetrachtung ermittelte Pauschalwerte.

Die Kläger monieren, dass sich die OTSD mit der Begründung für ein Parallelbahnsystem ausgesprochen habe, die momentane Konfiguration des Bahnsystems bedinge im Durchschnitt mehr als vierminütige und damit unvertretbare Verzögerungen bei den An- und Abflügen. Die Dauer vertretbarer Verzögerungen sei zu niedrig angesetzt, weil laut Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen ein Flug noch als pünktlich gelte, wenn er nicht mehr als 15 Minuten von der im Flugplan vorgesehenen Zeit abweiche. Die Kritik der Kläger geht fehl. Der Beklagte war nicht gehalten, sich an dem in der Praxis akzeptierten Maximalwert zu orientieren, sondern durfte sich ehrgeizigere Ziele setzen, die den knapp kalkulierten Zeitplänen der Integratoren Rechnung tragen.

Die Verschwenkung der Start- und Landebahn Süd beseitigt im Übrigen nicht nur einen vorausgesagten Kapazitätsengpass, sondern kann auch für sich in Anspruch nehmen, dass sie - erstens - den sicherheitsrelevanten Missstand behebt, dass sich in der Hauptbetriebsrichtung West die Abflugwege und in der Betriebsrichtung Ost die Anfluggrundlinien der beiden Bahnen in geringer Entfernung zum Flughafen schneiden, - zweitens - dafür sorgt, dass beim geradlinigen Endanflug der dicht besiedelte Norden der Stadt Leipzig und geschlossen bebaute Gebiete im Süden der Stadt Halle nicht mehr überflogen werden (PFB S. 165) und - drittens - die Voraussetzungen für einen bislang nicht möglichen Instrumentenflugbetrieb nach der Sichtflugkategorie CAT III schafft. Die vorhandene Südbahn ist für den Landeanflug in Richtung Osten auf die Zulassung für CAT I beschränkt. Das bedeutet, dass sie nur bei Sichtweiten über 550 m horizontal und 60 m vertikal, d.h. im Sichtflugbetrieb, angeflogen werden darf. Bei Nebel oder starkem Regen darf auf ihr in Richtung Osten nicht gelandet werden, weil die Mindestsichtweiten nicht erreicht werden. Ein CAT III-Flugbetrieb ist bei solch widrigen Wetterverhältnissen jedoch möglich. Er verhindert Brüche in der Logistikkette der Frachtunternehmen, die durch wetterbedingte Umleitungen hervorgerufen werden.

F. behauptet in seiner fachgutachterlichen Stellungnahme vom 9. September 2006, dass eine Überschneidung der Flugbahnen und das dadurch bedingte Kollisionsrisiko mit einer den Verhältnissen angepassten Bahnbelegungsstrategie und veränderten Abflugverfahren vermieden werden könne. Das mag richtig sein. Ebenso mag zutreffen, dass die Eignung des Flughafens Leipzig/Halle als Frachtdrehkreuz nicht davon abhängig ist, dass die Voraussetzungen für einen CAT III-Flugbetrieb für beide Landebahnen und -richtungen vorgehalten werden. Der Planfeststellungsbeschluss dürfte jedoch vom Gericht als abwägungsfehlerhaft nur beanstandet werden, wenn sich das Festhalten am derzeitigen Pistensystem als eindeutig vorzugswürdig aufdrängen würde. Das ist abgesehen davon, dass die Kapazität des jetzigen Systems für den Betrieb eines Frachtknotenpunkts nicht ausreicht, nicht der Fall. Es lässt sich nicht ernstlich bezweifeln, dass die Beibehaltung der jetzigen Lage der Südbahn ungünstiger als die vorgesehene Verschwenkung wäre. Damit müssen sich der Beklagte und die Beigeladene nicht bescheiden.

In das Simulationsmodell der OTSD ist der Ist-Zustand des Flughafens Leipzig/ Halle im Jahr 2004 eingestellt worden, der u.a. dadurch gekennzeichnet ist, dass die Start- und Landebahn Süd wegen ihrer Länge von 2 500 m und ihres schlechten Ausbauzustandes nur für Flugzeuge mit einem Gesamtgewicht von unter 30 t zur Verfügung steht. Die Kläger meinen, dass sich mit einer Reparatur der Start- und Landebahn mögliche Kapazitätsengpässe beseitigen ließen. Das trifft nicht zu. Eine Sanierung der Start- und Landebahn Süd ist kein gleichwertiger Ersatz für die planfestgestellte Maßnahme. Die Kläger gehen in ihrer Klagebegründung davon aus, dass die im Prognoseflugplan aufgeführten Luftfahrzeuge der Typen Boeing B 747, B 767 und McDonnell Douglas MD 11 Startstrecken zwischen 2 925 m und 3 320 m benötigen. Dass sie die Start- und Landebahn Süd in ihrer jetzigen Länge gleichwohl für ausreichend halten, beruht auf der unzutreffenden Annahme, diese Bahn würde ausschließlich für Landungen genutzt. Luftfahrzeugen der Typen Airbus A 300, A 330 und Boeing B 757 genügt eine Startstrecke von 2 500 m nach Angaben der OTSD lediglich bei optimalen Wetterbedingungen. Es versteht sich von selbst, dass der Beklagte unter diesen Umständen einer Verlängerung der vorhandenen Südbahn seine Zustimmung erteilen durfte.

2.2.2 In unmittelbarem Zusammenhang mit der Änderung der Bahnkonfiguration und der Verlängerung der Start- und Landebahn Süd steht die Zulassung von Nachtflügen jedenfalls für den Expressfrachtverkehr. Ohne die Zulassung solcher Flüge wäre der geplante Ausbau nicht erforderlich. Könnten die Kläger deren Verbot verlangen, würde das Grundgerüst der Planung erschüttert und müsste der Planfeststellungsbeschluss aufgehoben werden. Die Entscheidung des Beklagten, Nachtflüge zuzulassen, ist indes, soweit diese dem Transport von Expressgut dienen, nicht zu beanstanden.

Der Beklagte hat die Belange, die für einen nächtlichen Expressfrachtverkehr sprechen, mit den entgegenstehenden Belangen des Lärmschutzes abgewogen (PFB S. 435 ff.). Er hat nicht verkannt, dass nach Durchführung des planfestgestellten Vorhabens die Flughafenumgebung mit einem nicht unerheblichen Anstieg der Fluglärmbelastung zur Nachtzeit zu rechnen hat, hält aber die verkehrlich und wirtschaftlich begründeten öffentlichen Interessen am Ausbau des Flughafens einschließlich der damit verbundenen Notwendigkeit eines nächtlichen Frachtflugbetriebs zum Transport von Expressgut für so gewichtig, dass er den Anliegern zumutet, sich mit passivem Lärmschutz zu begnügen. Diese Entscheidung bewegt sich im Rahmen des Spielraums, den das Abwägungsgebot den Planfeststellungsbehörden bietet.

Als Gewichtungsvorgabe für die Abwägung hatte der Beklagte § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG zu beachten. Das ist ihm nicht entgangen (PFB S. 440). § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG erlegt u.a. der Zulassungsbehörde im Planfeststellungsverfahren die Verpflichtung auf, auf die Nachtruhe der Bevölkerung in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 269). Das gesetzlich eingeforderte Rücksichtnahmegebot führt zwar nicht zwingend zu einem Nachtflugverbot als dem allein rechtmäßigen Abwägungsergebnis (Urteil vom 29. Januar 1991 - BVerwG 4 C 51.89 - BVerwGE 87, 332 <369>), vor seinem Hintergrund bedarf die Zurückdrängung des Lärmschutzinteresses indes gesteigerter Rechtfertigung. Hinsichtlich des geplanten Expressfrachtverkehrs ist sie gegeben.

Für die Zulassung von Nachtflugbetrieb lässt sich zuvörderst das öffentliche Verkehrsinteresse an der zielgerichteten Schaffung von Kapazitäten für den Expressfrachtverkehr anführen. Expressfracht ist dadurch gekennzeichnet, dass sie (von Flügen mit großer Zeitverschiebung abgesehen) an dem auf die Absendung folgenden Tag dem Empfänger ausgeliefert werden soll; sie ist auf den sog. Nachtsprung angewiesen. Nachtflüge, die dem Transport von Expressfracht dienen, müssen nicht nur in den mit einem Sicherheitszuschlag versehenen Spitzenzeiten zwischen 0:00 Uhr und 2:00 Uhr sowie 4:00 Uhr und 6:00 Uhr, sondern auch in der übrigen Nachtzeit, in denen nach dem Gutachten der ProgTransAG, wenn auch in deutlich geringerem Umfang, ebenfalls mit derartigen Flügen zu rechnen ist, durchgeführt werden können. Ein auch nur beschränktes Nachtflugverbot würde der Funktion des Flughafens Leipzig/Halle als einem Luftdrehkreuz für den stark expandierenden Expressfrachtverkehr diametral entgegenstehen. Mit der Zulassung von Nachtflugbetrieb steht und fällt das Ausbauvorhaben. Ob die Nachfrage nach Nachtflugmöglichkeiten einem berechtigten Anliegen der Expressfrachtdienstleister und ihrer Kunden entspringt, liegt jenseits richterlicher Kontrolle. Eine Bedürfnisprüfung etwa in dem Sinne, dass zu fragen wäre, ob längere Transportzeiten, die sich bei einer Verlegung der Nachtflüge in die Tagesrandzeiten oder einer Güterbeförderung auf der Straße oder der Schiene ergäben, den von der Nachtfluggenehmigung Begünstigten zugemutet werden könnten, findet nicht statt (vgl. Urteil vom 20. April 2005 - BVerwG 4 C 18.03 - BVerwGE 123, 261 <275>). Für die Zulassung von nächtlichem Expressfrachtverkehr spricht außerdem, dass der Verkehr eine nicht unerhebliche Zahl von Arbeitsplätzen generiert sowie die Chance eröffnet, als Kristallisationspunkt für Folgeansiedlungen von Gewerbe- und Dienstleistungsbetrieben zu dienen und so für eine nachhaltige Verbesserung der Wirtschaftsstruktur zu sorgen (PFB S. 674).

Diese Belange sind dringlich genug, um sich gegenüber dem gegenläufigen Interesse der Flughafenanwohner am Schutz der Nachtruhe durchzusetzen. Zwar wird die Anwohnerschaft in der Umgebung des Flughafens nach dessen Ausbau zu einem Luftfrachtdrehkreuz massiv durch nächtlichen Fluglärm belastet werden - der Beklagte rechnet bei grober Schätzung mit 100 Flugbewegungen von Expressfrachtfliegern, die in den Spitzenzeiten im Minutentakt stattfinden -, die umstrittene Planung durfte aber deshalb höher gewichtet werden, weil sie einer tatsächlichen, aktuell vorhandenen Nachfrage nach Nachtflugmöglichkeiten für den Transport von Expressgut und nicht nur einer möglichen Bedarfslage Rechnung trägt (vgl. Urteile vom 29. Januar 1991 a.a.O. S. 368 und vom 20. April 2005 a.a.O. S. 268). Bereits im Rahmen der Prüfung der Planrechtfertigung hat der Senat darauf hingewiesen, dass der Planfeststellungsbeschluss Voraussetzung für die Errichtung eines Frachtdrehkreuzes am Flughafen Leipzig/Halle ist.

Das Gewicht der Sekundäreffekte hat der Beklagte nicht überbewertet. Der Prognose des Instituts für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung Halle-Leipzig e.V. (isw) zu den regionalökonomischen Effekten der möglichen Erweiterung von Luftfrachtkapazitäten am Flughafen Leipzig/Halle ist er nicht gefolgt. Er ist weder davon ausgegangen, dass infolge des Ausbaus des Flughafens zum Luftfrachtkreuz im Jahr 2010 3 000 Arbeitsplätze entstanden sein werden, noch hat er angenommen, dass sich ein einkommensinduzierter Nachfrageeffekt von 242 Mio. € einstellen wird. Vielmehr hat er mit der ProgTransAG die Studie des isw einer kritischen Würdigung unterzogen, die Werte des isw als wohl "deutlich" überhöht angesehen und seiner Entscheidung eine pessimistischere Einschätzung der Entwicklung zugrunde gelegt (PFB S. 161). Auf konkrete Zahlen brauchte er sich nicht festzulegen. Es reicht aus, dass die ungefähre Größenordnung erkennbar wird, von der er ausgegangen ist.

Keinen Bedenken unterliegt es, dass der Beklagte aufgrund eigener Einschätzung und ohne Absicherung durch ein Gutachten die Erwartung hegt, schon die bloße Existenz eines Frachtverkehrszentrums am Flughafen Leipzig/Halle werde den gesamten regionalen Wirtschaftsraum in ökonomischer Hinsicht aufwerten und ein positives Geschäfts- und Investitionsklima mit entsprechenden Beschäftigungseffekten schaffen. Er durfte sich - mit der Einschränkung einer nicht vollen Übertragbarkeit der Verhältnisse - an der Entwicklung am Flughafen München orientieren, dessen Fertigstellung in einer einst abgelegenen Region positive Beschäftigungseffekte hatte. Auch durfte er die Aussage im Gutachten der ProgTransAG, namhafte Unternehmen der Luftverkehrsbranche schätzten den Verkehrsflughafen Leipzig/Halle als interessanten Standort ein, dessen Entwicklung man sehr genau beobachte, als Fingerzeig dafür werten, dass die Ansiedlung eines oder mehrerer Frachtdienstleister andere Unternehmen der Luftverkehrs- bzw. supplementärer Branchen nach sich zieht, und auf das Beispiel der Stadt Leipzig verweisen, in der die Errichtung zweier Automobilwerke den Zuzug von Zulieferbetrieben zur Folge hat(te).

2.2.3 Keiner Prüfung bedarf, ob die Anzahl der planfestgestellten Standplatzpositionen und die Größe des genehmigten Vorfeldes Anlass zu Beanstandungen geben könnte; denn es ist nicht ersichtlich, dass die Kläger durch die Schaffung etwaiger Überkapazitäten in ihren Rechten verletzt wären.

2.2.4 Gegen den Ausbau des Flughafens Leipzig/Halle zu einem Frachtdrehkreuz führen die Kläger zu Unrecht ins Feld, dass andere Flughäfen diese Funktion übernehmen könnten und sich dafür auch anböten. Im Planfeststellungsbeschluss ist sorgfältig begründet, warum die als Alternativen in Betracht kommenden Flughäfen Frankfurt/Main, Köln-Bonn und Hahn als Standorte für ein Frachtdrehkreuz nicht offenkundig besser geeignet sind (PFB S. 152 f.). Dem treten die Kläger nicht substanziiert entgegen, sondern beschränken sich auf die bloße Behauptung, die Bewertung der Vergleichsflughäfen sei falsch. Warum sich die Planfeststellungsbehörde mit den von ihnen zur Debatte gestellten Konkurrenzflughäfen Hannover und Berlin-Schönefeld hätte befassen müssen, wird ebenfalls nicht dargelegt. Inzwischen steht überdies fest, dass der Flughafen Berlin-Schönefeld als Alternative ausscheidet, weil dort ein regulärer Nachtflugbetrieb in den Kernstunden der Nacht - jedenfalls nach den bei Erlass des dortigen Planfeststellungsbeschlusses vom 13. August 2004 maßgebenden Verhältnissen - weitgehend unzulässig ist (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 267 ff.).

2.2.5 Der Planfeststellungsbeschluss unterliegt ferner nicht deshalb der Aufhebung, weil er - wie noch darzulegen ist - durch den Verzicht auf ein Nachtflugverbot für andere Verkehre als den Expressfrachtverkehr den Anspruch der Kläger auf gerechte Abwägung ihrer Lärmschutzbelange verletzt. Der Fehler, der dem Beklagten unterlaufen ist, löst nur einen Anspruch der Kläger auf Planergänzung aus, weil er nicht so schwer wiegt, dass die Ausgewogenheit der Planung insgesamt in Frage gestellt erscheint.

2.2.6 Die Kläger leiten den geltend gemachten Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses abschließend aus zwei weiteren Erwägungen her: Zum einen habe der Beklagte nicht in seine Überlegungen einbezogen, dass - bedingt durch den Messestandort sowie die Ansiedlungen von BMW und Porsche - eine Vielzahl von Quartieren für Geschäftsreisende und Messebesucher entstanden sei. Die Attraktivität der vom Fluglärm betroffenen Beherbergungsbetriebe werde deutlich abnehmen, so dass zahlreiche Anbieter in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht würden. Zum anderen habe der Beklagte die Bedeutung von Teilbereichen der Region als Naherholungsgebiet verkannt. Im Braunkohleplan Delitzsch-Südwest sei als Zielvorgabe die intensive Erholungsnutzung mit Badenutzung vorgesehen. Mit diesem Ziel vertrage sich das umstrittene Vorhaben nicht.

Diese Belange weisen keinen Bezug zu Rechten der Kläger auf. Die Kläger sind weder zu Interessenvertretern des Beherbergungsgewerbes noch zu Hütern von Naherholungsgebieten berufen.

B. Mit ihren Hilfsanträgen berühmen sich die Kläger einer Reihe von Planergänzungsansprüchen. Insoweit ist ihre Klage teilweise begründet. Der Planfeststellungsbeschluss ist abwägungsfehlerhaft und damit rechtswidrig, soweit er nahezu vollständig auf Beschränkungen des nächtlichen Flugbetriebs verzichtet.

1. Im Mittelpunkt der Diskussion stehen die Forderungen der Kläger nach Planergänzung beim Lärmschutz.

Grundsätzlich entscheidet die Planfeststellungsbehörde im Rahmen ihrer Gestaltungsfreiheit nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen, in welcher Weise sie den Belangen des Lärmschutzes Rechnung tragen will. Das Ermessen ist durch § 9 Abs. 2 LuftVG begrenzt. Die darin getroffene Anordnung, dass im Planfeststellungsbeschluss dem Unternehmer die Errichtung und Unterhaltung der Anlagen aufzuerlegen sind, die für das öffentliche Wohl oder zur Sicherung der Benutzung der benachbarten Grundstücke gegen Gefahren oder Nachteile notwendig sind, setzt der Planungsentscheidung hinsichtlich der unzumutbar Betroffenen eine äußerste, mit einer "gerechten Abwägung" nicht mehr überwindbare Grenze. Um den Anforderungen des Abwägungsgebots zu genügen, reicht es nicht aus, allein dafür Sorge zu tragen, dass diese Schwelle nicht überschritten wird. Die Lärmschutzinteressen der Anwohner sind auch in die Abwägung einzubeziehen, soweit es die Lärmbelastungen unterhalb dieser Zumutsbarkeitsschwelle betrifft. Dazu gehören insbesondere Erwägungen über flugbetriebliche Beschränkungen gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 LuftVG (vgl. Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 268 m.w.N.).

1.1 Der Beklagte hat zum Schutz der Flughafenanwohner vor nächtlichem Lärm als Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes verfügt, dass An- und Abflüge im Rahmen von Ausbildungs- und Übungsflügen in der Zeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr auf den Start- und Landebahnen nicht zulässig (PFB A II. 4.7.1., S. 32 f.) und die zugelassenen An- und Abflüge unter Berücksichtigung der Siedlungsstruktur, soweit sicherheitstechnisch vertretbar, gleichmäßig auf die beiden Start- und Landebahnen zu verteilen sind (PFB A II. 4.7.6., S. 34). Ein weitergehendes Nachtflugverbot hat er nicht verhängt und auch davon abgesehen, Anforderungen an die Schallleistungen der nachts verkehrenden Flugzeuge zu stellen. Außerdem ist er der Forderung nach einer zahlenmäßigen Begrenzung der Nachtflugbewegungen nicht nachgekommen. Auf flugbetriebliche Regelungen zum Tagschutz hat er ganz verzichtet.

1.1.1 Die Kläger beanspruchen in erster Linie eine strengere Reglementierung des Nachtflugbetriebs.

1.1.1.1 Den Klägern geht der auf Ausbildungs- und Übungsflüge beschränkte Ausschluss von nächtlichen Flugbewegungen nicht weit genug. Nachdem sie auch den nächtlichen Expressfrachtverkehr nicht verhindern können, verlangen sie wenigstens ein teilweises Nachtflugverbot. Auch diese Forderung geht ins Leere, weil das Gericht mit einer entsprechenden Verpflichtung unzulässig in die planerische Gestaltungsfreiheit des Beklagten eingriffe. Allerdings ist der Verzicht auf eine Beschränkung des Nachtflugbetriebs, soweit es nicht um Flüge zum Transport von Expressgut geht, mit dem Abwägungsgebot (§ 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG) nicht vereinbar. Die im Planfeststellungsbeschluss angegebenen Gründe für eine unbeschränkte Zulassung auch des sonstigen Nachtflugbetriebs tragen diese Entscheidung nicht. Die Kläger haben insoweit einen Anspruch auf eine erneute Entscheidung des Beklagten über weitergehende Beschränkungen.

Der Beklagte hat Einschränkungen der Betriebszeit in Bezug auf die Nordbahn von vornherein ausgeschlossen, weil die luftrechtliche Genehmigung in der Fassung vom 14. März 2000 insoweit eine Betriebszeit von 24 Stunden vorgebe. Seine Ansicht, die Nordbahn werde baulich nicht verändert und deshalb seien Regelungen zur Einschränkung der Betriebszeit in Bezug auf die Bahn nicht möglich (PFB S. 435), ist jedoch mit der Folge unzutreffend, dass der Planfeststellungsbeschluss an einem Abwägungsausfall leidet. Nach dem Ausbau des Flughafens kommt der luftrechtlichen Genehmigung eine derartige bindende Wirkung für den Betrieb der Nordbahn nicht mehr zu, jedenfalls soweit es um den Lärmschutz geht.

Änderungen eines Flughafens, die nicht von unwesentlicher Bedeutung sind (vgl. § 8 Abs. 3 LuftVG), bedürfen der Planfeststellung (§ 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG). Eine Änderung der Bahnkonfiguration ändert einen Flughafen wesentlich. Davon geht auch der Beklagte aus (PFB S. 112). Richtung und Länge der Start- und Landebahnen, die in der Genehmigungsurkunde enthalten sein müssen (§ 42 Abs. 2 Nr. 5 LuftVZO <Luftverkehrszulassungsordnung>), bestimmen maßgebend die Funktion und die Kapazität des Flughafens und das Ausmaß der Beeinträchtigungen Dritter. Wird auch nur eine Bahn gedreht oder verlängert, muss im Planfeststellungsverfahren über die Betriebszeiten nicht nur der geänderten Bahn, sondern des Flughafens insgesamt neu entschieden werden. Altbestand und Änderung können - insbesondere auch mit Blick auf den gebotenen Lärmschutz - nicht isoliert voneinander beurteilt werden (vgl. Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 285). Vielmehr steht das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt auf dem Prüfstand (vgl. Urteil vom 17. Juni 1993 - BVerwG 4 C 17.91 - BRS 55 Nr. 72) und ist die luftrechtliche Genehmigung für den Altbestand gegebenenfalls nach § 6 Abs. 4 LuftVG zu ändern.

Abwägungsfehlerhaft ist auch die Entscheidung über Beschränkungen des nächtlichen Flugbetriebs auf der Südbahn, weil der Beklagte nicht erwogen hat, Luftfrachtverkehr, der nicht dem Transport von Expressgut dient, also nicht auf den Nachtsprung angewiesen ist, sowie die Passagierverkehre während der Nachtzeit zu beschränken. Das besondere Gewicht der Lärmschutzbelange ergibt sich im vorliegenden Fall nicht aus der - hier eher geringen - Zahl der Betroffenen (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 283), sondern daraus, dass den Lärmbetroffenen durch den Expressfrachtgutverkehr schon eine massive Beeinträchtigung ihrer Nachtruhe zugemutet wird. Die Verkehrsspitzen liegen nicht - wie bei einem Verkehrsflughafen üblicher Prägung - am Tage, sondern während der eines stärkeren Schutzes bedürftigen Nachtstunden. Die hiervon Betroffenen auch noch zusätzlich und schrankenlos den anderen Verkehren auszusetzen, ohne dass sich gewichtige Gründe dafür ins Feld führen lassen, dass diese Verkehre ebenfalls in der Nacht abgewickelt werden müssen, sprengt den Rahmen planerischer Gestaltungsfreiheit. Der Planfeststellungsbeschluss verweist darauf, dass während der Nachtzeit im beschränkten Ausmaß ein Verkehrsbedürfnis für Charterverkehr (bei sog. dreimaligen Umlauf), für Frachtverkehr sowie für Linienverkehr (destinationsabhängig) bestehe (PFB S. 437). Ein solches allgemeines Verkehrsbedürfnis reicht vor dem Hintergrund des § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG nicht aus, um diesen Verkehren die Möglichkeit zum Nachtflugbetrieb zu bieten. Die Verkehre reklamieren keinen standortspezifischen Nachtflugbedarf, der im Unterschied zur Mehrzahl der anderen deutschen Flughäfen einen unbeschränkten Nachtflugbetrieb zu rechtfertigen geeignet ist (vgl. zu diesem Erfordernis Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 271).

Die Verhältnisse auf den meisten deutschen Flughäfen mit nächtlichen Flugbeschränkungen lassen sich als Beleg dafür werten, dass sich der Passagierverkehr (Linien-, Charter- und Touristikverkehr) ohne existenzgefährdende Einbußen jedenfalls außerhalb der Kernzeit der Nacht (0:00 Uhr bis 5:00 Uhr) abwickeln lässt (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O Rn. 281). Gleiches gilt, wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, auch für den nicht eiligen Frachtflugverkehr. Dennoch trägt der Beklagte den Betreiber- und den Nutzerinteressen in diesen Verkehrssegmenten unbeschränkt Rechnung und bringt die Planung damit in eine Schieflage, zeigt er doch keine Besonderheiten auf, die es rechtfertigen könnten, die Betreiber- und die Nutzerinteressen auf Kosten der Lärmschutzbelange der Anwohner in ungleich stärkerem Umfang zu fördern, als dies auf anderen deutschen Flughäfen üblich ist. Die Absicht, den Verkehren, vor allem dem Charter- und dem Touristikverkehr, optimale Entfaltungsmöglichkeiten zu bieten, rechtfertigt es nicht, die Lärmschutzbelange der Anwohner hintanzustellen. Jeder Flughafenbetreiber, dessen Anlagen noch über freie Kapazitäten verfügen, wird ein wirtschaftliches Interesse daran haben, mit Hilfe zusätzlichen Verkehrs die Auslastung des Flughafens zu erhöhen. Ebenso wird mancher Fluggesellschaft daran gelegen sein, durch zusätzliche Umläufe in der Nacht den Einsatz ihres Fluggeräts effektiver zu gestalten. Daran ist nichts Besonderes. Könnte allein mit diesen Belangen das Gebot des § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG, auf die Nachtruhe der Bevölkerung in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen, überspielt werden, so wäre schwer vorstellbar, mit welcher Begründung denjenigen Flughafenbetreibern eine uneingeschränkte Nachtfluggenehmigung versagt werden könnte, die gleichfalls nicht auf einen wirklich gewichtigen nächtlichen Verkehrsbedarf verweisen können und sich bislang mit mehr oder weniger strengen Nachtflugverboten abfinden müssen.

Auch die Durchführung eines Flugbetriebs in den Nachtrandstunden von 22:00 Uhr bis 24:00 Uhr und von 5:00 Uhr bis 6:00 Uhr bedarf im Rahmen der Abwägung des für einen solchen Betrieb sprechenden öffentlichen Verkehrsinteresses mit den gegenläufigen Lärmschutzinteressen der Anwohner im Hinblick auf § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG einer besonderen Begründung. Starts und Landungen von Flugzeugen ohne Expressfracht dürfen nicht ohne erkennbare Notwendigkeit gerade in diesen Zeitraum - und damit außerhalb der unter Lärmgesichtspunkten weniger problematischen Tagesstunden - gelegt werden (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 287 f.).

Andererseits ist nicht zu verkennen, dass der Lärmschutz in den Nachtrandstunden nicht dasselbe hohe Gewicht wie für die Nachtkernzeit besitzt, die nach der Entscheidung des Senats vom 16. März 2006 (a.a.O.) grundsätzlich von Flugaktivitäten frei zu halten ist. Daraus folgt, dass sich plausibel nachgewiesene sachliche Gründe, weshalb ein bestimmter Verkehrsbedarf oder ein bestimmtes Verkehrssegment nicht befriedigend innerhalb der Tagesstunden abgewickelt werden kann, im Zuge der Abwägung gegen die Belange des Lärmschutzes durchsetzen können. Solche für die Nutzung der Nachtrandzeiten sprechenden Gründe können sich z.B. aus den Erfordernissen einer effektiven Flugzeug-Umlaufplanung, aus den Besonderheiten des Interkontinentalverkehrs (Zeitzonen, Verspätungen, Verfrühungen) oder aus dem Umstand ergeben, dass der Flughafen als Heimatflughafen oder Wartungsschwerpunkt von Fluggesellschaften deren Bedürfnisse nachvollziehbar nicht ausschließlich in den Tageszeiten abdecken kann. All dies muss in einer neuen Regelung des nächtlichen Flugbetriebs belastbar dargelegt und in ein ausgewogenes Verhältnis zu den berechtigten Lärmschutzbelangen der Anwohner gebracht werden. Dabei ist dem Lärmschutz ein umso höheres Gewicht beizumessen, je näher die zuzulassenden Flugbewegungen zeitlich an den Kernzeitraum heranrücken würden (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 287 f.).

Entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen trägt der Planfeststellungsbeschluss dem Gebot des § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG nicht schon dadurch abwägungsfehlerfrei Rechnung, dass er den Lärmbetroffenen - wie noch dargelegt wird - großzügig dimensionierten passiven Schallschutz zuteilwerden lässt. Die Kläger haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zutreffend darauf hingewiesen, dass Schutzgegenstand des § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG nicht der Nachtschlaf, sondern die Nachtruhe ist. Der Begriff der Nachtruhe indiziert, dass der durch die übliche Geschäftigkeit verursachte Taglärm verstummen und sich durch eine Lärmpause die Nacht vom Tag unterscheiden soll. Damit stimmt überein, dass sich das Flughafenkonzept der Bundesregierung vom 30. August 2000 u.a. dafür ausspricht, den Flugverkehr so weit wie möglich in die Tag- und die Randzeiten der Nacht zu verlegen.

Die Flughafenanwohner sind des Schutzes, den § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG gewährt, nicht deshalb nicht mehr bedürftig, weil die Nachtruhe durch den Expressfrachtverkehr ohnehin gestört wird. Der passive Schallschutz, den der Planfeststellungsbeschluss vorsieht, verhindert nicht, dass die auftretenden Fluggeräusche akustisch noch wahrgenommen werden können. Deshalb bedeutet jeder zusätzliche Flug eine zusätzliche Belastung, jeder Flug, der unterbleibt, eine Entlastung. Besonders spürbar ist der Entlastungseffekt in der Zeit zwischen 2:00 Uhr und 4:00 Uhr, in der nur mit einer marginalen Zahl von Flugbewegungen des Expressgutverkehrs gerechnet wird.

Die Abwägungsfehler sind nicht nach § 10 Abs. 8 Satz 1 LuftVG unbeachtlich. Sie sind offensichtlich, weil sie sich aus dem Planfeststellungsbeschluss selbst ergeben. Sie sind auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Da nichts dafür spricht, dass für sämtliche Verkehrsarten ein unbeschränkter Nachtflugbetrieb zugelassen werden kann, ist es nicht nur konkret möglich, sondern sogar überwiegend wahrscheinlich, dass ohne den Mangel die Planung anders hätte ausfallen und ein beschränktes Nachtflugverbot hätte verhängt werden müssen. Wie ein solches Verbot auszusehen hat, bleibt der Entscheidung des Beklagten in einem Planergänzungsverfahren vorbehalten, für das § 1 Satz 1 SächsVwVfG (Sächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz) i.V.m. § 76 VwVfG die verfahrensrechtliche Grundlage bietet. Solange die gebotene Vervollständigung des Lärmschutzkonzepts aussteht, ist nach Inbetriebnahme der planfestgestellten Start- und Landebahn Süd jeglicher Flugverkehr, der nicht dem Transport von Expressgut dient, zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr unzulässig. Ausgenommen von dem Verbot sind Notlandungen und Flüge zur Bewältigung eines Katastrophenfalles.

1.1.1.2 Soweit die Kläger weitere betriebliche Beschränkungen für die Nachtzeit einfordern, bleibt ihr Begehren erfolglos.

Die Kläger können nicht verlangen, dass der Beklagte eine zahlenmäßige Begrenzung der Nachtflugbewegungen verfügt. Eine Kontingentierung ist mit der Funktion eines Frachtknotenpunkts, der auf Flexibilität bei der Nutzung der vorgehaltenen Kapazität angewiesen ist, nicht vereinbar. Sie ist auch nicht geboten, um wirksamen Lärmschutz zu gewähren. Effektiver Lärmschutz setzt eine Beschränkung der Anzahl der Flugbewegungen und ihrer Häufigkeit in einem bestimmten Zeitraum nicht notwendig voraus (Urteil vom 20. April 2005 - BVerwG 4 C 18.03 - BVerwGE 123, 261 <278>).

Die Kläger können auch nicht beanspruchen, dass der Beklagte eine gleichmäßige Verteilung der Flugbewegungen auf beide Start- und Landebahnen sowie An- und Abflugverfahren mit möglichst steilem An- und Abflugwinkel vorschreibt. Der Beklagte ist für den Erlass solcher Anordnungen nicht zuständig. Die Verteilung des Flugverkehrs ist nach § 27c Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1a und b LuftVG Aufgabe der Flugsicherung, d.h. der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS), die Festlegung von Flugverfahren nach § 27a Abs. 2 Satz 1 LuftVO (Luftverkehrs-Ordnung) Sache des Luftfahrt-Bundesamtes. Mehr als einen Appell an die DFS, bei ihren Ermessensentscheidungen aus Gründen des Lärmschutzes den Grundsatz der hälftigen Verteilung der Flugbewegungen anzustreben (PFB A II. 4.7.6., S. 34), und die Verpflichtung der Beigeladenen, der Fluglärmkommission halbjährlich über die Einhaltung der Auflage A II. 4.7.7. zu berichten (PFB A II. 4.7.7., S. 34), kann der Beklagte nicht aussprechen. Die Sorge der Kläger, der nächtliche Expressfrachtverkehr werde wegen der Situierung der Anlagen zum Umschlag des Frachtguts die Start- und Landebahn Süd bevorzugen, wird durch den Vorbehalt der Anordnung weiterer Auflagen zum Nachtschutz (PFB A II. 4.9.2., S. 35) abgefedert. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung angekündigt, von diesem Vorbehalt im Bedarfsfall Gebrauch zu machen.

Die Kläger haben schließlich keinen Anspruch auf den Ausschluss "überlauten" Fluggeräts. Dem Planfeststellungsbeschluss haftet nicht als Abwägungsmangel an, dass der Beklagte dasjenige Fluggerät, das nur knapp die Anforderungen nach Annex 16 Kapitel 3 des ICAO-Abkommens erfüllt, nicht von der Benutzung des Flughafens ausgeschlossen hat. Der Beklagte geht davon aus, dass sich die Frachtflugzeugflotten noch in nennenswertem Umfang aus älteren, lautstärkeren Maschinen zusammensetzen, und nimmt vor diesem Hintergrund an, dass eine Beschränkung auf neuere, lärmärmere Flugzeuge dem Planungsziel, einen funktionsfähigen Frachtumschlag zu gewährleisten, zuwiderliefe (PFB S. 400). Der Senat hält den Verzicht auf den Ausschluss besonders lauten Fluggeräts deshalb für noch akzeptabel, weil der Beklagte den Einsatz älteren Fluggeräts zu Recht nur für eine Übergangszeit bis zur Erneuerung der Flotten erwartet und die Beigeladene durch ihre Gebührengestaltung wirtschaftliche Anreize setzt, laute Flugzeuge vorzeitig auszumustern und durch lärmarmes Fluggerät zu ersetzen oder lautes Fluggerät auf lärmärmere Triebwerke umzurüsten (PFB S. 383).

Aus § 48b LuftVZO, der zu Beschränkungen des Zugangs von knapp die Vorschriften erfüllenden zivilen Unterschallstrahlflugzeugen ermächtigt, lässt sich zugunsten der Kläger nichts herleiten. Denn die Norm ist zum einen erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses, nämlich am 9. April 2005, in Kraft getreten und zum anderen auf den Flughafen Leipzig/Halle nicht anwendbar, weil die erforderliche Anzahl von mehr als 50 000 Flugbewegungen ziviler Unterschallstrahlflugzeugen im Kalenderjahr unter Berücksichtigung des Durchschnitts der letzten drei Kalenderjahre vor der Anwendung des § 48b LuftVZO auf den Flughafen (vgl. § 48a Nr. 1 LuftVZO) nicht erreicht worden ist. Die von der Beigeladenen herausgegebene Verkehrsstatistik (im Internet abrufbar unter www.leipzig-halle-airport.de) weist aus, dass die Zahl der jährlichen Starts und Landungen seit 1997 kontinuierlich unter 50 000 liegt. Zudem verpflichtet die Bestimmung nicht zu einer Beschränkung des Zugangs von knapp die Vorschriften erfüllenden zivilen Unterschallstrahlflugzeugen, sondern stellt die Entscheidung in das behördliche Ermessen. Die Richtlinie 2002/30/EG vom 26. März 2002 (ABl EG Nr. L 85/40) - Betriebsbeschränkungsrichtlinie - hilft den Klägern ebenfalls nicht weiter. Dabei kann unterstellt werden, dass die Richtlinie zwischen dem Ablauf der Umsetzungsfrist zum 28. September 2003 und dem In-Kraft-Treten der §§ 48a bis 48f LuftVZO unmittelbare Wirkung entfaltet hat. Für den Flughafen Leipzig/Halle galt sie jedenfalls wegen Art. 2 a nicht, der mit § 48a Nr. 1 LuftVZO wortgleich ist.

1.1.2 Um die von den Klägern erstrebten flugbetrieblichen Regelungen zur Verbesserung des Taglärmschutzes braucht der Planfeststellungsbeschluss nicht ergänzt zu werden. Der Antrag der Kläger, den Beklagten zu verpflichten, Starts nur in der Zeit von 5:00 Uhr bis 24:00 Uhr zuzulassen, ist identisch mit der unbegründeten Forderung nach einem Nachtflugverbot in der Kernzeit der Nacht. Die Anträge auf Verpflichtung des Beklagten, die ausnahmslose Gleichverteilung aller Flugbewegungen auf beide Start- und Landebahnen sowie An- und Abflugverfahren mit möglichst steilem An- und Abflugwinkel festzuschreiben, bleiben ebenfalls ohne Erfolg. Zu ihnen ist bereits an anderer Stelle das Erforderliche gesagt. Der Antrag, den Beklagten zu verpflichten, dass bei nächtlichem Flugbetrieb in der Zeit von 0:00 Uhr bis 5:00 Uhr strahlgetriebene Flugzeuge mit einer maximal zulässigen Abflugmasse von mehr als 20 t nur starten und landen dürfen, wenn der Nachweis erbracht ist, dass deren gemessene Lärmzertifizierungswerte in der Summe mindestens 10 EPNdB unter der Summe der für sie geltenden Grenzwerte gemäß Band 1, Teil II, Kapitel 3, Anhang 16 des Abkommens über die internationale Zivilluftfahrt liegen, ist kein Antrag zur Verbesserung des Taglärmschutzes. Auch insoweit ist das Erforderliche im Zusammenhang mit dem Nachtlärmschutz ausgeführt (vgl. B. 1.1.1.2).

1.2 Die Maßnahmen zum Lärmschutz, die der Beklagte nach § 9 Abs. 2 LuftVG zum Schutz vor unzumutbarem Lärm angeordnet hat, halten der gerichtlichen Kontrolle stand. Die von den Klägern erstrebten Nachbesserungen sind nicht geboten.

1.2.1 Die Maßnahmen des passiven Schutzes vor nächtlichem Fluglärm haben die Vermeidung von Schlafstörungen und die Gewährleistung des Wiedereinschlafens nach spontanem Aufwachen zum Ziel. Außerdem geht es dem Beklagten um den Schutz der Anwohnerschaft vor flughafeninduziertem Bodenlärm und die Vermeidung von Gesundheitsgefahren durch den Gesamtlärm. Allen Zielen liegt die Intention des Beklagten zugrunde, den Nachtschlaf der Flughafenanwohner effektiv zu schützen.

Nächtlicher Fluglärm kann wie auch sonstiger nächtlicher Lärm dazu führen, dass sich die Schlafstruktur, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sich verschiedene Phasen abwechseln, deutlich verändert. Das kann kurzfristig zu erhöhter Müdigkeit und verminderter Leistungsfähigkeit am Tag führen, im Falle von Wiederholungen möglicherweise langfristig auch zu anderen Gesundheitsstörungen, z.B. zu einer Erhöhung des Herzinfarktrisikos. In der Schlafforschung werden das Wachstadium, der leichte Schlaf (Schlafstadium S 1 und S 2), der Tiefschlaf (Schlafstadium S 3 und S 4) sowie der besonders empfindliche Traumschlaf (REM-"rapid eye movement"-Schlaf) unterschieden. Bei normalem Schlafverhalten folgt auf einen Tiefschlafzustand regelmäßig eine Traumphase. Die erste Nachthälfte ist in der Regel durch längere Tiefschlafphasen gekennzeichnet, die durch kurze Traumphasen unterbrochen werden. In der zweiten Nachthälfte werden die Traumphasen länger und die Tiefschlafphasen immer kürzer. Für die regenerative Funktion des Schlafes ist neben der Dauer auch die Verteilung der Schlafstadien wichtig. Von besonderer Bedeutung ist der Tiefschlaf. Werden durch Umgebungslärm Schlafstadienwechsel ausgelöst, so kann dies zu Beeinträchtigungen der Schlaffunktion insbesondere dann führen, wenn sich die Tiefschlafanteile verkürzen. Die stärkste Ausprägung externer Aktivierung des Organismus im Schlaf sind Aufwachreaktionen. Um die kurz- und eventuell auch langfristigen Folgen von Störungen des Nachtschlafs zu unterbinden, muss es vorrangiges Nachtschutzziel sein, dafür Sorge zu tragen, dass fluglärmbedingte Aufwachreaktionen möglichst vermieden werden. Allerdings ist es nicht notwendig, Störungen gänzlich auszuschließen. Der Mensch ist - wie alle Lebewesen - in gewissen Grenzen in der Lage, sich veränderten Situationen ohne nachteilige Folgen für den Organismus anzupassen (Basner/Isermann/Samel, Zeitschrift für Lärmbekämpfung - ZfL - 2005,109 <117>).

Nach den Erkenntnissen der Lärmwirkungsforschung hängt es sowohl vom Maximalpegel als auch von der Anzahl der Fluglärmereignisse ab, wann Belästigungen, die sich in einem Schlafstadienwechsel äußern, in eine zusätzliche Aufwachreaktion umschlagen können, die sich als Schlafstörung charakterisieren lässt. Die Professoren Griefahn, Jansen, Scheuch und Spreng vertreten in ihrem gemeinsamen Beitrag in der ZfL 2002, S. 171 ff. - sog. Fluglärmsynopse - die Auffassung, dass dem Schutzanliegen, ein zusätzliches fluglärmbedingtes Aufwachen zu vermeiden, ausreichend Rechnung getragen werden kann, wenn gesichert ist, dass nachts ein Maximalpegel von 53 dB(A)innen nicht häufiger als 13-mal überschritten wird. Diese Werte wollte auch die Beigeladene im Planfeststellungsbeschluss festgeschrieben wissen. Diskutiert werden auch andere Faktoren und Maximalpegelwerte. So sieht beispielsweise der Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm in der Umgebung von Flugplätzen (BTDrucks 16/508) in § 2 Abs. 2 für die Zeit bis zum 31. Dezember 2010 ein Wertepaar von 6 x LAmax 57 dB(A) und für die Zeit danach eines von 6 x LAmax 53 dB(A) vor. Als NAT (number <of events> above threshold)-Kriterium weist das Maximalpegel-Häufigkeitskriterium allerdings insoweit Schwachpunkte auf, als sich weder die Zahl der Überflüge mit Pegeln knapp unterhalb des Schwellenwertes steuern noch die Intensität der Lärmbelastungen begrenzen lässt, die in Ausnutzung der Überschreitungsmöglichkeiten oberhalb des Schwellenwertes hervorgerufen werden. Die Unzulänglichkeiten des NAT-Wert-Konzepts werden üblicherweise dadurch in rechtlich vertretbarer Weise kompensiert, dass zusätzlich ein energieäquivalenter Dauerschallpegel (z.B. 35 dB(A)innen) festgesetzt wird, der nicht überschritten werden darf.

Der Beklagte hat sich freilich nicht für ein Lärmschutzkonzept entschieden, das an akustische Kenngrößen anknüpft, sondern sein Konzept auf der Dosis-Wirkungs-Beziehung des DLR aufgebaut. Er hält sein Modell, das erstmalig in einem Planfeststellungsbeschluss Eingang gefunden hat, für vorzugswürdig, weil es wissenschaftlich präziser und zudem im Ergebnis anwohnerfreundlicher sei.

Das DLR hat die Dosis-Wirkungsbeziehung anhand einer Studie zur Wirkung von nächtlichem Fluglärm auf Schlaf, Leistung und Befinden des Menschen ermittelt. Zwischen 1999 und 2003 hat es insgesamt 128 Versuchspersonen während 13 aufeinander folgender Nächte im Labor und 64 Probanden während neun aufeinander folgender Nächte in ihren eigenen Wohnräumen (Feldstudie) mit der Methode der Polysomnografie darauf untersucht, wie sie auf Nachtfluglärm reagieren. Es handelt sich um die bislang umfangreichste experimentelle Studie zum Einfluss von Nachtfluglärm auf den Schlaf.

Während der Nacht wurden kontinuierlich elektrophysiologische Signale der Versuchspersonen erfasst, mit deren Hilfe es möglich war, das Wachstadium zu erfassen sowie den Schlaf den verschiedenen Stadien S 1 bis S 4 und REM-Schlaf zuzuordnen. Simultan zu den elektrophysiologischen Signalen wurde der intermittierend auftretende Fluglärm aufgezeichnet. Beide Parameter bildeten die Grundlage für eine ereigniskorrelierte Auswertung, deren Methodik die Kläger in der mündlichen Verhandlung als wissenschaftlich korrekt anerkannt haben und die daher vorliegend nicht dargestellt und diskutiert zu werden braucht.

Im Labor konnten bis zu Werten von 45 dB(A), also 15 dB(A) über dem von der Klimaanlage erzeugten Hintergrundgeräusch, keine fluglärmbedingten Aufwachreaktionen verzeichnet werden. Unter einer Aufwachreaktion verstehen die Autoren der DLR-Studie, Basner, Isermann und Samel (im Folgenden: Basner et al.), und ihm folgend der Beklagte einen Wechsel vom Schlafstadium REM, S 4, S 3, S 2 in das Schlafstadium S 1 oder das Stadium Wach. Bei einem Maximalpegel von 45 dB(A) haben Basner et al. eine Aufwachwahrscheinlichkeit von 11 % ermittelt. Ferner haben sie festgestellt, dass mit größer werdenden Maximalpegeln die Aufwachwahrscheinlichkeit kurvenförmig ansteigt. Im Feldversuch war bereits bei Maximalpegeln ab 33 dB(A) eine Zunahme der fluglärmbedingten Aufwachwahrscheinlichkeit zu beobachten. Ansonsten war die Reaktionswahrscheinlichkeit im Feld bei gleichen Maximalpegeln signifikant geringer als im Labor. Als mögliche Ursache für die stärkere Lärmresistenz der Feldstudienteilnehmer nennen Basner et al. die "Tatsache, dass die Feldstudienteilnehmer in ihrer vertrauten Umgebung, zu der das eigene Bett gehört, untersucht wurden". Als weiterer Grund kommt nach ihrer Einschätzung "auch die Gewöhnung an das spezifische Geräuschszenario in Betracht". Sie äußern die Annahme, dass "bei Flughafenanwohnern eine Gewöhnung nicht grundsätzlich an Fluggeräusche überhaupt stattzufinden (scheint), sondern vielmehr spezifisch an die spezielle häusliche Geräuschsituation". Anhand einer gleitenden Skala, in der sich die Ergebnisse von 61 Versuchspersonen der Feldstudie widerspiegeln, gibt die DLR-Studie tabellarisch Auskunft darüber, wie oft ein bestimmter Maximalpegel erreicht werden darf, ohne dass es zu einer zusätzlichen fluglärmbedingten Aufwachreaktion kommt (vgl. die Abbildung 5.12 auf S. 65 des Berichts vom April 2004). Die Werte der Tabelle sind in die Berechnung der Kontur des Nachtschutzgebietes eingeflossen und sind maßgeblich, wenn das Ausmaß des notwendigen Schallschutzes an einem Wohngebäude zu ermitteln ist.

1.2.1.1 Obwohl die Kläger betonen, sie stimmten dem auf der DLR-Studie aufbauenden Lärmschutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses prinzipiell zu, versuchen sie, mit einer grundsätzlichen Kritik an der Studie dem Konzept die Grundlage zu entziehen. Sie bemängeln mit dem Epidemiologen Prof. Dr. G., dass die Studie nicht repräsentativ sei, weil die Heranziehung von Freiwilligen als Probanden und die Anwendung einer Vielzahl von Ausschlusskriterien zu einer unzulässigen Verengung des Probandenkreises geführt hätten. Der Senat vermag sich diesen Einwänden nicht anzuschließen.

Prof. Dr. G. macht darauf aufmerksam, dass es sich bei Freiwilligen um eine selbst selektierte Untergruppe der Bevölkerung handele, die sich u.a. durch höhere Bildung, geringere Ausprägung von krank machenden Risikofaktoren, stärkeres Gesundheitsbewusstsein und stärkeres Interesse an Gesundheitsthemen auszeichne. Angehörige der Unterschicht, Raucher, Personen mit Übergewicht seien für eine Teilnahme an Untersuchungen zu Gesundheitsthemen nur schwer zu motivieren. Um zu gewährleisten, dass die Gesamtbevölkerung in der Probandengruppe repräsentiert werde, müsse eine Zufallsstichprobe aus der Allgemeinbevölkerung gezogen werden.

Die Zufallsstichprobe, der Prof. Dr. G. das Wort redet, lässt sich nicht gewinnen, da niemand verpflichtet ist, an einer wissenschaftlichen Studie teilzunehmen. Wer experimentelle Studien durchführt, ist auf Freiwillige angewiesen. Basner et al. stellen nicht in Abrede, dass die von ihnen untersuchte Teilnehmergruppe durch die von Prof. Dr. G. genannten selektiven Merkmale gekennzeichnet gewesen sei, und bestreiten auch nicht, dass dieser Umstand für epidemiologische Studien, deren Endpunkte in der Regel Krankheitsmanifestationen oder gar der Tod seien, eine entscheidende Rolle spiele, da die aufgezählten Faktoren einen starken Einfluss auf Morbidität und Mortalität hätten. Sie behaupten jedoch, dass der moderierende Einfluss der Faktoren auf die Wirkung von Nachtfluglärm auf den Schlaf im Vergleich zur Wirkung auf die Endpunkte Morbidität und Mortalität geringer sei, und vermuten sogar, dass Menschen mit einem stärkeren Gesundheitsbewusstsein und stärkerem Interesse an Gesundheitsthemen sich eher Gedanken über den Einfluss von Nachtfluglärm auf ihren Schlaf machten und entsprechend leichter gestört würden. Für die Richtigkeit dieser Vermutung spricht, dass überdurchschnittlich viele Versuchspersonen an der DLR-Studie teilnahmen, die auf den nächtlichen Fluglärm empfindlich reagierten und sich durch diesen belastet und belästigt fühlten. So hatten sich 13 % der Feldstudienteilnehmer vor der Studie mindestens einmal schriftlich beim Flughafenbetreiber über den Fluglärm beschwert und 19 % der Teilnehmer mindestens einmal an einer Unterschriftenaktion oder Demonstration gegen Fluglärm teilgenommen. Der Anteil der Feldstudienteilnehmer, die sich vor der Studie mittel, stark oder sehr stark durch Fluglärm belästigt fühlten, betrug 75 % im Vergleich zu 15 % einer im Jahr 2000 erhobenen repräsentativen Bevölkerungsstichprobe. Der Selektionsprozess habe, so das von Basner et al. gezogene Fazit, eher in Richtung einer Selektion von Lärmbetroffenen und Lärmempfindlichen als umgekehrt stattgefunden. Das ist plausibel.

Nicht zu beanstanden ist, dass Teilnehmer von der Studie ausgeschlossen waren, die das Ergebnis zu Lasten des Lärmschutzes verzerrt hätten. So leuchtet ein, dass die Versuchspersonen altersentsprechend schlafgesund sein mussten. Bei Personen mit Schlafstörungen, die nicht durch Umwelteinflüsse verursacht werden (sog. intrinsische Schlafstörung), kann nicht beurteilt werden, ob die am nächsten Tag beobachteten sekundären Schlafstörungen (Müdigkeitsgefühl, eingeschränkte Leistungsfähigkeit etc.) durch den Fluglärm oder durch die Störung selbst verursacht wurden, zumal deren Ausmaß in verschiedenen Nächten unsystematisch wechseln kann. Häufige spontane Aufwachreaktionen aufgrund intrinsischer Schlafstörung führen dazu, dass der Anteil lärminduzierter Aufwachreaktionen eher unterschätzt wird. Zudem entwickeln Patienten mit einer intrinsischen Schlafstörung aufgrund der ständig gestörten Schlafstruktur oft einen erhöhten Schlafdruck und reagieren deshalb erst auf lautere Fluggeräusche als schlafgesunde Versuchspersonen. Klar ist auch, dass Schwerhörige und Konsumenten von Sedativa an der Untersuchung nicht teilnehmen konnten.

Der unterbliebenen Einbeziehung von Personen, die - krankheitsbedingt - lärmempfindlicher sein mögen als der Durchschnittsproband sowie von Personen, die älter als 64 Jahre waren, ist dadurch Rechnung getragen worden, dass bei der Aufstellung des Nachtschutzkriteriums die Ergebnisse der DLR-Studie um Sicherheitszuschläge ergänzt worden sind, um auch solche Teile der Bevölkerung zu schützen, für die die Studienpopulation primär nicht repräsentativ war. Beispielhaft ist hervorzuheben, dass als Indikator für eine Störung des Schlafs nicht nur ein Wechsel in das Stadium Wach, sondern auch ein Schlaftiefenwechsel in das oberflächliche Schlafstadium S 1 gewählt und außerdem bei der Berechnung der Dosis-Wirkungskurve, auf der das Nachtschutzgebiet beruht, davon ausgegangen wurde, dass sich der Schläfer in der gesamten Nacht im Schlafstadium S 2 und in der Mitte der empfindlicheren zweiten Nachthälfte befindet. In der Realität besteht eine normale Nacht nur zu etwa 50 % aus dem Schlafstadium S 2. Ferner wurde für schutzbedürftige Einrichtungen (Krankenhäuser, Altenheime, stationäre Pflege- und Habilitationseinrichtungen für Alte, Kranke und Behinderte) und schwer erkrankte Privatpersonen das erforderliche Schalldämmmaß um 3 dB(A) erhöht. Allein die Annahme, dass sich der Schläfer in der gesamten Nacht im Leichtschlafstadium S 2 befindet, hat zu einer Vergrößerung des Nachtschutzgebiets um 28 % geführt. Während das Gebiet bei Zugrundelegung der realen Schlafstadienverteilung 156 km² groß gewesen wäre, ist es durch die Verschiebung der Dosis-Wirkungskurve auf 199 km² erweitert worden (Basner et al., ZfL 2005, 109 <121>). Insgesamt ergeben die Sicherheitsmargen einen Schutz, der nach Darstellung des Beklagten etwa um den Faktor 3 höher liegen soll, als wenn ausschließlich auf die in der Feldstudienpopulation erhobenen Daten abgestellt worden wäre. Das reicht aus, um der eingeschränkten Repräsentativität der untersuchten Population Rechnung zu tragen.

Prof. Dr. G. hält der DLR-Studie außerdem entgegen, dass sie keine Aussage über die mittel- und langfristigen Folgen nächtlichen Fluglärms auf das menschliche Wohlbefinden und die Gesundheit zulasse. Die Annahme, mit dem Schutzziel von im Mittel weniger als einer zusätzlichen Aufwachreaktion langfristige Gesundheitsstörungen vermeiden zu können, erschöpfe sich in Mutmaßungen. Dabei gebe es bereits eine epidemiologische Untersuchung, die sich mit dieser Fragestellung beschäftige. Zu verweisen sei auf einen Bericht über ein Forschungsprojekt "Beeinträchtigung durch Fluglärm: Arzneimittelverbrauch als Indikator für gesundheitliche Beeinträchtigung". Wie sich aus diesem Bericht ergebe, sei anhand von Daten Krankenversicherter in der Stadt Köln, im Rhein-Sieg-Kreis und im Rheinisch-Bergischen Kreis nachweisbar, dass Versicherte in besonders durch nächtlichen Fluglärm belasteten Wohnorten deutlich mehr Schlafmittel, Antidepressiva, Arzneimittel gegen Bluthochdruck und zur Behandlung von Herzkrankheiten verschrieben bekommen hätten als Versicherte in nicht belasteten Wohnorten.

Der Untersuchungsbericht, auf den sich Prof. Dr. G. beruft, vermag das Lärmschutzkonzept schon deshalb nicht in Frage zu stellen, weil er erst im Oktober 2006 und damit nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses publiziert worden ist. Außerdem ist er in seiner Aussagefähigkeit entscheidend limitiert. Abgesehen davon, dass er von der Qualitätssicherung noch nicht freigegeben worden ist, weist er nämlich zum einen nicht nach, inwieweit zwischen den Belastungen durch Fluglärm und den beobachteten (Volks-)Krankheiten ein Ursachenzusammenhang besteht. Er verschweigt nicht eine Vielzahl von weiteren Einflussfaktoren, beim Bluthochdruck z.B. Übergewicht, Rauch- und Bewegungsverhalten, und behält deren Erforschung einer weiterführenden epidemiologischen Studie vor. Er geht zum anderen nicht der Frage nach, wie lange die einzelnen Versicherten an ihrem gegenwärtigen Wohnort schon lebten. Ohne Kenntnis dieser Variablen ist eine Aussage zu den mittel- und langfristigen Wirkungen von Fluglärm nicht möglich.

1.2.1.2 Auch soweit die Kläger ungeachtet ihrer grundsätzlichen Kritik dem Ansatz und den Ergebnissen der DLR-Studie folgen und auf dieser Grundlage weitergehende Maßnahmen des passiven Lärmschutzes fordern, kann die Klage keinen Erfolg haben.

Die Kläger wollen als Nachtschutzgebiet das Gebiet festgesetzt sehen, welches aufgrund der vom DLR ermittelten Dosis-Wirkungs-Beziehung errechneten Kontur von im Mittel nur 0,5 zusätzlichen Aufwachreaktionen unter Zugrundelegung einer Pegeldifferenz von außen/innen von 13 dB(A) - unter Berücksichtigung eines Zuschlags von 3 dB(A) auf jedes Fluggeräusch in dem Zeitraum zwischen 2:00 Uhr und 6:00 Uhr - umschlossen wird sowie das Gebiet, das durch die fluglärmbedingte Maximalpegelkontur von im Mittel 1 x 75 dB(A)außen umschlossen wird. Die Kläger zu 1 bis 3 müssen mit dieser Forderung schon deshalb scheitern, weil ihre Grundstücke bereits jetzt im Nachtschutzgebiet liegen und sie damit in den Genuss der unwiderlegbaren Vermutung kommen, dass ein Anspruch auf geeignete Schallschutzvorrichtungen an Schlafräumen besteht. Eine Veränderung der Gebietsgrenzen könnte diese Rechtsposition nicht weiter verbessern. Von Relevanz wäre eine Erweiterung des Nachtschutzgebietes nur für die Kläger zu 4 und 5. Weil die Kontur des Nachtschutzgebietes mit den Schutzzielen in der Auflage A II. 4.2.1. (PFB S. 23) korrespondiert, müsste eine Ausweitung des Nachtschutzgebiets allerdings mit einer spiegelbildlichen Anpassung der Schutzziele einhergehen. Davon würden auch die Kläger zu 1 bis 3 profitieren.

Soweit die Kontur des Nachtschutzgebietes nach der Dosis-Wirkungsbeziehung gebildet worden ist, ist der Berechnung das Schutzziel zugrunde gelegt worden, im Mittel weniger als eine zusätzliche Aufwachreaktion, auch wenn diese nicht erinnerbar ist, zu vermeiden. Auch dies ist nicht zu beanstanden.

In der Fachwelt wird zwischen nicht erinnerbaren und erinnerbaren Aufwachreaktionen unterschieden. Nicht erinnerbare Aufwachreaktionen sind solche, die mit einer Dauer von 15 bis 45 Sekunden zu kurz sind, um im Gedächtnis haften zu bleiben. Sie treten auch in ungestörten Nächten zwischen 20- und 24-mal auf. Erinnerbare Wachphasen dauern mindestens drei Minuten. Das mit der Planfeststellung verfolgte Schutzziel, im Mittel weniger als eine zusätzliche nicht erinnerbare Aufwachreaktion zu verursachen, führt statistisch gesehen dazu, dass bei der Verteilung auf der Populationsebene pro Nacht etwa ein Drittel der Bevölkerung keinmal zusätzlich, ein weiteres Drittel einmal zusätzlich, ein Fünftel zweimal und weniger als ein Zehntel drei- bis fünfmal zusätzlich durch Fluglärm geweckt wird. Bei der Verteilung auf der individuellen Ebene sind auf das Jahr gesehen in 139 Nächten keine, in 134 Nächten eine, in 66 Nächten zwei und in 21 Nächten drei zusätzliche fluglärminduzierte Aufwachreaktionen zu erwarten. Mit vier oder fünf zusätzlichen Aufwachreaktionen ist selten und mit sechs oder mehr zusätzlichen Aufwachreaktionen ist, wie auch bei der Verteilung auf der Populationsebene, praktisch nicht zu rechnen. Den Klägern ist das Schutzziel nicht anspruchsvoll genug. Sie verlangen, die Zahl der im Mittel zugelassenen Aufwachreaktionen zu halbieren.

Die Kläger beanstanden mit ihrem Sachbeistand Dr.-Ing. M., dass nach dem DLR-Konzept für mehr als 60 % aller Betroffenen ein regelmäßiges, fluglärmbedingtes Erwachen nicht vermieden werde. Durch das Abstellen auf mittlere Aufweckwahrscheinlichkeiten würden die sehr stark streuenden individuellen Aufweckwahrscheinlichkeiten vernachlässigt. Ein Schutzkonzept, das der Wirklichkeit näher kommen wolle, müsse die individuellen Aufweckreaktionen aber berücksichtigen (es würden keine "mittleren" Personen wach). Diese seien erheblich, wenn 25 % der Betroffenen oder mehr mindestens einmal pro Nacht fluglärmbedingt aufwachen. Das führe z.B. dazu, dass die Schwelle der Aufweckwahrscheinlichkeit nicht, wie nach der DLR-Studie, bei 20 Fluggeräuschen mit einem Pegel von 55 dB(A), sondern bereits bei sechs Fluggeräuschen mit diesem Pegel erreicht sei. Um diese Differenz auszugleichen, müsse das Schutzziel, im Mittel eine zusätzliche fluglärmbedingte Aufwachreaktion zu verhindern, dahin revidiert werden, dass eine mittlere Aufweckwahrscheinlichkeit von unter 0,5 anzustreben sei.

Der Senat folgt dem nicht. Auch der Wert von 25 % ist ein statistischer und kein individueller Wert. Er hat sich als Standardwert herausgebildet, wenn es darum geht, ab welcher Schwelle es erheblich ist, dass sich Betroffene auf der Kollektivebene durch Lärm gestört fühlen. Lärm wird als erheblich angesehen, wenn 25 % der Betroffenen in einer Befragung angeben, sich belästigt zu fühlen. Da es hier um den Schutz vor nicht erinnerbaren Aufwachreaktionen geht, ist das Befragungsmodell freilich ungeeignet.

In die gleiche Richtung wie die Forderung nach Anwendung des 25 %-Kriteriums weist das Petitum nach Berücksichtigung eines "Fluglärmmalus". Die Kläger meinen mit M., dass wegen der besonderen Lästigkeit von Fluglärm ein Abschlag auf die hinzunehmenden Lärmwerte von 5 dB(A) vorzunehmen und deshalb die Tabelle in der DLR-Studie dahingehend zu korrigieren sei, dass der jeweiligen Zahl der Fluggeräusche, die zu einer zusätzlichen Aufwachreaktion führen, um 5 dB(A) niedrigere Maximalpegelwerte gegenübergestellt werden müssten. Das trifft nicht zu. Mit einem Lärmmalus wird dem Umstand Rechnung getragen, dass verschiedene Verkehrslärmarten trotz gleichen dB(A)-Pegels subjektiv als unterschiedlich lästig empfunden werden. Dem Nachtlärmschutzkonzept geht es aber nicht um die Reduzierung der Lästigkeit von Fluglärm, sondern um die Bewahrung des Nachtschlafs. Ob dieser unzumutbar gestört wird, richtet sich nach objektiven Kriterien.

In seiner jüngsten Stellungnahme vom 12. Oktober 2006 berichtet M. von einer "Studie über Blutdruck- und Herzfrequenzverhalten unter wechselnder Fluglärmexposition am Flughafen Frankfurt" aus dem Jahr 2005. Sie zeige, dass der Blutdruck so lange mit der wechselnden Geräuschbelastung kovariiere (normale Regulation), wie die Zeiten geringer Belastung ausreichend lang seien. Würden die Zeiten geringerer Fluglärmbelastung kürzer, so verbleibe der Blutdruck auf einem chronisch hohen Niveau (konditionierte Regulationsstörung). Konditionierte Regulationsstörungen seien in der Frankfurter Studie bei solchen Personen zu beobachten gewesen, die langfristig in 75 % der Tage höher belastet gewesen seien. Die Gruppe, die langfristig in 25 % der Tage höheren Belastungen ausgesetzt gewesen seien, habe dagegen eine normale Regulation gezeigt. Aus der Untersuchung lasse sich vorsichtig schließen, dass eine erhöhte Belastung über 25 % der Tage noch kompensiert werden könne und spätestens bei einer erhöhten Belastung über 75 % der Tage die Kompensationsfähigkeit überschritten sei. Deshalb sollten aus präventiv-medizinischer Sicht nicht mehr als an etwa 100 Tagen im Jahr fluglärmbedingte Reaktionen stattfinden. Die Studie, über die M. referiert, ist nicht geeignet, das Schutzziel des Planfeststellungsbeschlusses in Frage zu stellen; denn die Erkenntnisse, die sie vermitteln soll, waren im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses noch nicht veröffentlicht. Unabhängig davon hat der Senat in Anbetracht dessen, dass ein Schläfer ohnehin durchschnittlich 24-mal pro Nacht nicht erinnerbar aufwacht, und angesichts der hohen Variabilität in verschiedenen Nächten einer Person keine Bedenken, der Einschätzung von Basner et al. und des behördlichen lärmmedizinischen Gutachters, Prof. Dr. Dr. K., zu folgen und das behördliche Schutzkonzept als präventiv-medizinisch ausreichend anzusehen.

Der Forderung der Kläger, "zur Kompensation bestehender Unsicherheiten" eine mittlere Aufweckwahrscheinlichkeit von unter 0,5 anzustreben oder auf die Ergebnisse der Labor- statt der Feldstudie abzustellen, braucht nicht näher getreten zu werden. Zwar wird die DLR-Studie die Diskussion über die Auswirkungen des Fluglärms auf den Nachtschlaf nicht beenden, sondern - im Gegenteil - neue Debatten auslösen und möglicherweise weiter gehende, differenziertere Untersuchungen nach sich ziehen. Erst nach deren Abschluss wird sich zeigen, ob und inwieweit die Studie zu einem Grundkonsens in der Fachwelt führt. Trotzdem bedarf es nicht des von den Klägern erstrebten Risikozuschlags für den möglichen Fall neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse; denn es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die DLR-Studie die Grundlage für ein Lärmschutzkonzept geliefert hat, dass schon jetzt anspruchsvoller ist als die Konzepte, die bislang entwickelt worden sind. Indiziert wird die besondere Anwohnerfreundlichkeit des planfestgestellten Lärmschutzkonzepts durch die Größe des festgesetzten Nachtschutzgebiets. Während das Gebiet eine Fläche von 129 km² umfasst hätte, wenn es entsprechend dem Antrag der Beigeladenen nach dem von namenhaften Wissenschaftlern entwickelten Maximalpegel-Häufigkeitskriterium 13 x 53 dB(A)innen in Verbindung mit dem Dauerschallpegelkriterium von 35 dB(A) konturiert worden wäre, ist es jetzt 212 km² groß.

Der Schallpegelunterschied von 15 dB(A) beruht auf der Annahme, dass ein gekipptes Fenster den Lärm um diesen Wert mindert (PFB S. 407). Die Kläger stellen in Abrede, dass sich mit einem gekippten Fenster im Rauminnern eine Dämmwirkung von 15 dB(A) erzielen lässt. Sie geben die Wirkung mit höchstens 13 dB(A) an. Nachweisen zu wollen, wie groß die Dämmwirkung eines nur spaltbreit geöffneten Fensters ist, geht indes am Anliegen des Planfeststellungsbeschlusses vorbei. Es gibt nicht den Dämmwert eines gekippten Fensters "an sich". Die Dämmung hängt von vielen Faktoren ab. Es dürfte zutreffen, dass das Dämmmaß eines gekippten Fensters je nach der Qualität des Fensters und der Spaltöffnung nicht mehr als 9 dB(A) bis 11 dB(A) beträgt (vgl. Kötz, ZfL 2004, 21 <22>). Dieses Dämmmaß kann aber nicht mit dem Gesamtdämmmaß gleichgesetzt werden, da hierbei nicht nur das Fenster, sondern auch die übrigen Umfassungsbauteile berücksichtigt werden müssen. Angesichts der Vielfalt der Variablen bezeichnet der Beklagte den von ihm angesetzten Dämmwert nicht als absoluten, sondern zutreffend als "typischen" Wert (PFB S. 408).

Dass sich der Beklagte für einen Wert von 15 dB(A) als im Einzelfall widerlegbaren Durchschnittswert entschieden hat, ist nicht zu beanstanden. Der Senat hat diesen in der Praxis gängigen Wert bisher nicht bemängelt (vgl. Urteile vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116, Rn. 338 m.w.N. und vom 21. September 2006 - BVerwG 4 C 4.05 - Rn. 27, zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen). Auch im Schrifttum herrscht die Auffassung vor, dass bei der Ermittlung des Innenraumpegels 15 dB(A) als Dämmwert für ein gekipptes Fenster abzuziehen sind (vgl. die Autoren der Fluglärmsynopse, ZfL 2002, 171 <175>). Die DLR-Studie lässt sich als Bestätigung dafür werten, dass diesem Ansatz tragfähige Erwägungen zugrunde liegen. Die Ergebnisse der im Rahmen dieser Studie durchgeführten Messungen weisen als mittlere Pegeldifferenz für gekippte Fenster einen Wert von 18,4 dB(A) aus (Bericht 2004, S. 26). Ein Pegelunterschied von 15 dB(A) zwischen innen und außen bietet sich auch deshalb als plausibler und seriöser Einsatzwert an, weil er im Lichte der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm in der Umgebung von Flugplätzen (Nr. 1, Anlage zu § 3 FluglärmG) "nach den vorliegenden Erkenntnissen dem typischen Dämmwert eines zu Lüftungszwecken gekippten Fensters (entspricht)" (vgl. BTDrucks 16/508, S. 23 f.; ferner Nr. 4.3.2 des Entwurfs der VDI-Richtlinie 3722-2 zur Bewertung von Verkehrsgeräuschen beim Einwirken mehrerer Quellarten).

Die Anordnung, dass auf jedes Fluggeräusch zwischen 2:00 Uhr und 6:00 Uhr ein Zuschlag von 1,4 dB(A) vorzunehmen ist, ist durch den Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 9. Dezember 2005 nachgeschoben worden. Sie hat zu einer Erweiterung des Nachtschutzgebietes um 13 km² geführt. Ihr liegt die ergänzende lärmmedizinische Stellungnahme des DLR vom 11. Juli 2005 zugrunde, in der der Einfluss von Nachtlärm auf das Wiedereinschlafen analysiert worden ist. In der Erkenntnis, dass Behinderungen des Wiedereinschlafens zu längeren Wachepisoden führen können, die wiederum die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die Wachphase am nächsten Morgen erinnert wird, schlägt die Stellungnahme vor, in der zweiten Nachthälfte auftretende Fluggeräusche mit einem Malus von 1,4 dB(A) zu versehen. Dem Vorschlag liegt eine Modellrechnung zugrunde, in der die in der DLR-Feldstudie am Köln-Bonner Flughafen ermittelten Ergebnisse zum Einfluss von Nachtfluglärm auf den menschlichen Schlaf genutzt worden sind, um vorherzusagen, wie stark die Beeinträchtigung des Wiedereinschlafens durch das prognostizierte Flugverkehrsaufkommen am Flughafen Leipzig/Halle 2015 ausfallen wird. Die Kläger zu 4 und 5 beanspruchen demgegenüber, bei der Konturierung des Nachtschutzgebiets einen Malus von 3 dB(A) in Ansatz zu bringen. Weshalb dieser Wert geboten sei, legen sie jedoch nicht dar. Für die Kläger zu 1 bis 3 ist die Diskussion um die angemessene Höhe eines Lärmmalus ohne Bedeutung. Da ihre Grundstücke im Nachtschutzgebiet liegen, ist die Pegeldifferenz von 25 dB(A), um die die Schallschutzmaßnahmen den Fluglärm herunterdämmen müssen, zur Gewährleistung des Wiedereinschlafens um 3 dB(A) zu erhöhen (PFB A II. 4.2.1., S. 23). Diesen Wert, der ursprünglich aus pragmatischen Gründen und unter dem Vorbehalt der Änderung festgesetzt worden war, hat der Beklagte nach Eingang der ergänzenden Stellungnahme des DLR vom 11. Juli 2005 nicht auf 1,4 dB(A) gesenkt, sondern nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung an ihm festgehalten (ÄnderungsPFB S. 27 f.).

Die Kläger können eine Ausweitung des Nachtschutzgebietes und eine Verbesserung des zu gewährenden Schallschutzes nicht mit ihrem Ansinnen erreichen, der Flugverkehr müsse in die Rechenformel in Anlage 7 des Planfeststellungsbeschlusses mit anderen Daten eingehen.

Der Planfeststellungsbeschluss stellt auf den Umfang des im Planjahr 2015 erwarteten Flugverkehrs ab. Die Kläger halten das schon im Ausgangspunkt für falsch. Mit ihrer Ansicht, die Lärmberechnungen seien mit einer Flugbewegungsanzahl vorzunehmen, die einer Maximalauslastung des entstehenden Parallelbahnsystems entspricht, befinden sie sich freilich in einem Irrtum. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist nicht auf die maximale technische Kapazität, sondern auf das tatsächliche Verkehrsaufkommen abzustellen, das in einem überschaubaren Zeitraum zu erwarten ist (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 354 m.w.N.). Zu einer Rechtsschutzlücke für die Kläger führt dies nicht, weil sich der Beklagte die Anordnung weiterer Auflagen zum Nachtschutz vorbehalten hat, wenn sich aufgrund der von der Beigeladenen unaufgefordert vorzulegenden Auswertungen des Flugverkehrs herausstellt, dass der bisherige Schutz nicht ausreicht (PFB A II. 4.9.2., S. 35). Der Vorbehalt ist drittschützend. Das hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung bestätigt.

Den lärmphysikalischen Berechnungen liegt das auf 2015 abstellende Datenerfassungssystem (DES) der Beigeladenen vom 4. Oktober 2004 zugrunde. Es listet die einzelnen Flugrouten auf, die von den beiden Start- und Landebahnen aus beflogen werden, und schlüsselt auf, auf welchen Routen tags (zwischen 06:00 Uhr und 22:00 Uhr) und nachts (zwischen 22:00 Uhr und 06:00 Uhr) in den sechs verkehrsreichsten Monaten des Jahres mit welcher Anzahl von Flugbewegungen (unterteilt nach Luftfahrzeugklassen und aufaddiert) zu rechnen ist. Das DES geht davon aus, dass der nächtliche Frachtverkehr den Hauptanteil des Nachtflugverkehrs ausmacht und zur Nachtzeit während der beiden Spitzenstunden die Kapazitäten beider Bahnen erschöpfend ausgenutzt werden.

Mit ihrem Gutachter F. halten die Kläger das DES für fehlerhaft und unbrauchbar. Anstoß nimmt F. - erstens - an der fehlerhaften Summenbildung auf Seite 20. Dort wird die Anzahl der Flugbewegungen in den sechs verkehrsreichsten Monaten des Jahres getrennt für die Tages- (21 569) und die Nachtzeiten (14 977) aufgelistet, die Summe statt mit 36 546 aber mit 21 564 angegeben. F. kritisiert - zweitens -, dass die bei der Beschreibung einiger Flugrouten eingestellten Kurvenradien, weil mit 1 000 m zu eng bemessen, nicht der Flugdynamik von Verkehrsflugzeugen entsprächen mit der Folge, dass die Flugrouten TADUV x C, BAMKI x C, RELKO x C, ORTAG x C sowie GALMA x C nicht fliegbar und dadurch falsche Betroffenheiten durch Fluglärm ermittelt worden seien. Er bemängelt - drittens -, dass mit einem Prozentsatz von 1,9 ein niedrigerer Anteil an schweren Verkehrsflugzeugen der Luftfahrzeugklasse S 6.2b in das DES eingestellt worden sei als mit einem Prozentsatz von 6,4 in die Verkehrsprognose. Dies bewirke eine zu niedrige Darstellung der Anzahl der durch Fluglärm Betroffenen.

Auf die Stellungnahme F. hat das Planungs- und Beratungsbüro O. erwidert. In der Entgegnung wird die fehlerhafte Addition als unerheblich bezeichnet. Der Rechenfehler habe sich bei der redaktionellen Aufbereitung des DES eingestellt, sich auf die Durchführung der Fluglärmberechnung und die Berechnungsergebnisse aber nicht ausgewirkt, weil hierbei die Belegung der einzelnen Flugspuren, differenziert nach Flugzeuggruppen und hinsichtlich der Beurteilungszeit, und nicht Summen interessierten, insbesondere nicht die Summen aus den im DES übrigens korrekt angegebenen Tag- und Nachtwerten. Der Kritik F. an den Kurvenradien hält O. entgegen, dass die Flugstreckenbeschreibung im Sinne der Fluglärmberechnung nicht den Flugpfad eines einzelnen Luftfahrtzeugs, sondern die Mittellinie eines Flugkorridors erfasse, innerhalb dessen sich die einzelnen Flugzeuge bewegen. Am Beispiel der Flugroute TADUV x C zeigt er auf, dass eine Vergrößerung des Kurvenradius von 1 000 m auf 5 000 m eine maximale Abweichung zwischen den beiden Bodensegmenten von 12,4 m ergebe und zu einer vernachlässigbaren Pegeldifferenz von 0,001 dB(A) führe. Die sonstigen Kurvenradien beträfen Streckensegmente, die weit außerhalb des Nachtschutzgebietes lägen und wegen der deutlich höheren Überflughöhen schon allein deshalb für die Belastungssituation irrelevant seien. Der scheinbar zu geringe Anteil an Luftfahrzeugen der Klasse S 6.2b im DES beruhe ausschließlich auf dem gleichmäßigen Jahresgang für den Fracht-Hub. Für das allgemeine Flugaufkommen werde unterstellt, dass während der sechs verkehrsreichsten Monate des Jahres 65 % des entsprechenden Jahresflugaufkommens abgewickelt werde. Für den Fracht-Hub betrage der entsprechende Anteil 52 %. Die Antwort auf die Vorwürfe F. ist schlüssig und wird auch von den Klägern nicht angegriffen.

Das DES weist für den Flughafen Leipzig/Halle aus, dass eine Aufteilung der Betriebsrichtungen zu 70 % in Richtung 26 (West) und zu 30 % in Richtung 08 (Ost) innerhalb der verkehrsreichsten sechs Monate erfolgt. Die Kläger verlangen die Anwendung der 100:100-Regelung, d.h. die Berechnung für die unterschiedlichen Betriebsrichtungen mit voller Flugbewegungszahl.

Die Anwendung der 100:100-Regelung würde bedeuten, nicht auf eine mittlere Nacht, sondern auf eine Einzelnacht abzustellen. Hätte sich der Beklagte für sie entschieden, ginge das mit einer weiteren Erhöhung des Schutzes der Bevölkerung einher. Dass der Beklagte von einer Verteilung der Flugbewegungen von 70 % West und 30 % Betriebsrichtung Ost ausgegangen ist, die der langjährigen statistischen Verteilung der Flugbetriebsrichtungen am Flughafen Leipzig/Halle entspricht, ist indes nicht zu beanstanden. Nicht zu bestreiten ist, dass die 70:30-Verteilung in einzelnen Nächten zu einer Überschreitung des auf einer mittleren Betriebsrichtungsverteilung beruhenden Schutzkriteriums führt. Dem stehen allerdings niedrigere Belastungen in anderen Nächten gegenüber. Mit der Frage, ob eine überdurchschnittliche Belastung in einem Teil der Nächte durch eine unterdurchschnittliche Belastung in einem anderen Teil der Nächte ausreichend kompensiert wird, hat sich das DLR beschäftigt und sie bejaht: Probleme ergäben sich insbesondere für Orte nördlich und nordwestlich des Flughafens Leipzig/Halle, da diese Gebiete für eine Betriebsrichtungsverteilung Start : Landung = 30 : 70 ausgelegt worden seien. Berechnungen hätten jedoch ergeben, dass in Nächten, in denen die entsprechenden Gebiete überflogen würden, in jedem Fall mit im Mittel weniger als drei zusätzlichen Aufwachreaktionen zu rechnen sei. Diese Belastung werde vor dem Hintergrund 24 spontaner Aufwachreaktionen pro Nacht selbst über einige Nächte als tolerabel eingeschätzt, zumal anschließend ein Kompensation in zahlenmäßig häufigeren Nächten (7 von 10) ohne Belastung möglich sei. Das hält der Senat für nachvollziehbar.

Die Verwendung des DES musste nicht deshalb unterbleiben, weil das Flugzeugmuster Antonov 124-100 nach der unwidersprochen gebliebenen Behauptung der Kläger nicht darin eingestellt worden ist. Dem Vorbringen der Kläger lässt sich nichts dafür entnehmen, dass bereits bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses die mögliche Stationierung von Exemplaren dieses Großraumflugzeugs auf dem Flughafen Leipzig/Halle voraussehbar war.

Auf die Verhinderung eines zusätzlichen erinnerbaren Aufwachens ist die fluglärmbedingte Maximalpegelkontur von im Mittel 1 x 80 dB(A)außen zugeschnitten, der - unter Berücksichtigung der typischen Dämmwirkung eines gekippten Fensters von 15 dB(A) - eine Maximalpegelkontur von im Mittel 1 x 65 dB(A)innen entspricht. Der Zeitraum, über den zu mitteln ist, beläuft sich nach Auskunft des Beklagten in der mündlichen Verhandlung auf ein Jahr. Nach Meinung der Kläger ist der Wert zu hoch angesetzt. Sie verlangen, das Gebiet in das Nachtschutzgebiet einzubeziehen, welches durch die fluglärmbedingte Maximalpegelkontur von im Mittel 1 x 75 dB(A)außen umschlossen wird. Diese Forderung braucht nicht erfüllt zu werden. Das DLR hat festgestellt, dass 30 Sekunden nach einem Fluggeräusch mit einem Maximalpegel > 65 dB(A) am Ohr des Schläfers 12 % weniger Versuchspersonen wieder eingeschlafen waren als nach einer spontanen Aufwachreaktion. Vier Minuten nach einem solchen Fluggeräusch waren nur noch 2 % der Versuchspersonen wach, die in der spontanen Situation wieder eingeschlafen waren. Das bedeutet, dass jede 50. Aufwachreaktion, die durch Maximalpegel > 65 dB(A) hervorgerufen wurde, länger als vier Minuten dauerte und damit am nächsten Tag wahrscheinlich erinnert wurde (DLR-Studie 2004, S. 62). Erinnerbares Aufwachen in dieser Größenordnung darf der Planfeststellungsbeschluss den Lärmbetroffenen zumuten.

1.2.1.3 Die Kläger kritisieren die Regelung zum Schutz vor Bodenlärm. Für unzureichend halten sie die Anordnung, dass dann, wenn der flughafeninduzierte Bodenlärm innerhalb des Nachtschutzgebietes einen äquivalenten Dauerschallpegel von 45 dB(A)außen erreicht oder überschreitet, unter Bildung des Summenpegels von Fluglärm und flughafeninduziertem Bodenlärm der Schallschutz zu ermitteln ist, der einen Innenraumpegel von 30 dB(A) gewährleistet (PFB A II. 4.2.4., S. 24 f.). Auch geben sie sich nicht damit zufrieden, dass Triebwerksprobeläufe in der Nacht in keinem Fall an der Grenze des Nachtschutzgebietes zu einem Maximalpegel von mehr als 50 dB(A)außen und innerhalb des Nachtschutzgebietes zu einem Maximalpegel von mehr als 35 dB(A)innen führen dürfen (PFB A II. 4.7.2., S. 33).

Die Kläger zu 1, 2, 4 und 5 können mit der Rüge schon deshalb nicht gehört werden, weil ihre Grundstücke keinem flughafeninduziertem Bodenlärm ausgesetzt sein werden. Ihre Wohnorte gehören nicht zum Kreis der Ortschaften, in denen von deutlich hörbaren Schallimmissionen durch Bodenlärm auszugehen ist (PFB S. 366 f.; Bodenlärmgutachten der cdf Schallschutz Consulting Dr. Fü. vom 15. September 2003, S. 35); sie sind weit genug vom Flughafengelände entfernt. Betroffen ist allein das Grundstück der Klägerin zu 3, das von der Auflage A II. 4.2.4. (PFB S. 24 f.) erfasst wird. Das in der Auflage enthaltene Gebot, dort für die Einhaltung eines nächtlichen Innenraumpegels von 30 dB(A) zu sorgen, ist ausreichend, um einen ungestörten Nachtschlaf zu gewährleisten. Es ist noch günstiger als von der Klägerin zu 3 gefordert, die eine Festschreibung des zulässigen nächtlichen Mittelungspegels auf 32 dB(A) für geboten hält. Mit dem weniger weit gehenden Schallschutz nach der Auflage A II. 4.7.2. (PFB S. 33) braucht sie sich nicht abzufinden.

1.2.1.4 Die Kläger bemängeln, dass die Gesamtlärmbelastung nicht angemessen berücksichtigt worden sei. Sie vermissen eine summative Lärmbetrachtung. Ihre Kritik liegt neben der Sache. Es trifft nicht zu, dass sich der Beklagte auf den Standpunkt gestellt hat, die einzelnen Lärmquellen (Flug-, Boden- und Landverkehrslärm) seien isoliert zu betrachten. Vielmehr hat er die von den Klägern geforderte Gesamtlärmbetrachtung durchgeführt, die nach der Rechtsprechung des Senats geboten sein könnte, wenn das neue oder zu ändernde Infrastrukturvorhaben in Zusammenwirkung mit vorhandenen Vorbelastungen anderer Verkehrswege insgesamt zu einer Lärmbelastung führt, die mit Gesundheitsgefahren oder einem Eingriff in die Substanz des Eigentums verbunden ist (vgl. Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 9.95 - BVerwGE 101, 1 <9>). Er hat die nächtliche Gesamtlärmbelastung betrachtet und die Schwelle zur Gesundheitsgefahr bei einem Dauerschallpegel von 60 dB(A) gezogen (PFB S. 423). Das ist nicht zu beanstanden (vgl. Halama/Stüer, NVwZ 2003, 137 <142>). Der Beklagte ist freilich dabei nicht stehen geblieben, sondern hat sich entschieden, eine Gesamtlärmbetrachtung der dem Flughafen zuzurechnenden Schallquellen auch unterhalb der Grenze zur Gesundheitsgefährdung durchzuführen (PFB S. 417). Im Ergebnis sieht er eine Überprüfung des Schallschutzes nach der DLR-Berechnung nur für erforderlich an, wenn der flughafeninduzierte Bodenlärm den Wert von 45 dB(A) erreicht. Das ist bei der Klägerin zu 3 der Fall, die deshalb auch besseren Schallschutz als nach dem DLR-Konzept erhält (PFB A II. 4.2.4., S. 24 f.), nicht aber bei den übrigen Klägern.

1.2.1.5 Die Kläger zu 1 bis 3 haben einen Anspruch auf Schallschutzvorrichtungen an den Schlafräumen ihrer Wohnhäuser sowie auf Belüftungseinrichtungen. Das genügt ihnen insoweit nicht, als sie zur Vorbeugung vor schlafschädigendem Hitzestress auch den Einbau von Klimaanlagen beanspruchen. Sie berufen sich auf eine entsprechende Überlegung des Lärmmediziners Prof. Dr. Dr. K., der meint, dass ein Temperaturaustausch abends und nachts besonders im Hochsommer letztlich vollständig geöffnete Fenster erfordere. Bei gekippten Fenstern sei ein Temperaturaustausch problematisch.

Die Kläger zu 1 bis 3 sind mit ihrem Ansinnen bereits nach § 10 Abs. 4 Satz 1 LuftVG präkludiert, weil sie mit ihm nicht innerhalb der Einwendungsfrist vorstellig geworden sind. Der Einwendungssausschluss erstreckt sich auch auf das gerichtliche Verfahren (vgl. Urteil vom 24. Mai 1996 - BVerwG 4 A 38.95 - NVwZ 1997, 489 zu § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG). Dass andere Einwender ihre Schlafräume mit Klimaanlagen ausgerüstet wissen wollten, kommt den Klägern nicht zugute; denn die materielle Präklusionsregelung in § 10 Abs. 4 Satz 1 LuftVG wirkt gegenüber dem einzelnen Einwender individuell (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 22. März 1996 - 8 S 3060/95 - NVwZ-RR 1997, 88 <89> zur Präklusion nach § 107 Abs. 2 LWG). Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die Belüftungseinrichtungen, auf die die Kläger einen Anspruch haben, in hinreichendem Umfang nicht nur für frische Luft, sondern auch für eine Temperatursenkung sorgen. Die Lüfter führen die sich abends in der Regel abkühlende Außenluft den Schlafräumen zu und übernehmen damit die Funktion gekippter Fenster. Mehr steht Lärmbetroffenen nicht zu. Auch die 24. BImSchV, die sich mit Schallschutzmaßnahmen an Schienenwegen und Straßen befasst, und § 2 des Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm in der Umgebung von Flugplätzen zählen nur den Einbau von Lüftungseinrichtungen zu den Schallschutzmaßnahmen.

Soweit die Kläger zu 1 bis 3 bestimmte technische Anforderungen an die Belüftungseinrichtungen stellen (kombinierter Zu-/Ablüfter mit Wärmerückgewinnung), sind sie auf die Ausführungsplanung zu verweisen. Ein Planfeststellungsbeschluss muss nicht jedes Detail bis ins Einzelne regeln (Urteil vom 5. März 1997 - BVerwG 11 A 5.96 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 44), sondern darf die Bauausführung ausklammern, soweit der Stand der Technik für die zu bewältigenden Probleme geeignete Lösungen zur Verfügung stellt.

Die Kläger zu 4 und 5 gehen leer aus. Sie haben keinen Anspruch auf Schallschutzmaßnahmen, weil bei ihnen die durchschnittliche Anzahl fluglärmbedingter Aufwachreaktionen unter Berücksichtigung einer Schalldämmwirkung eines gekippten Fensters von 15 dB(A) bei 0,97 liegt. Den von ihnen zu führenden Nachweis, dass die Schalldämmwirkung ihrer Fenster geringer ist und deshalb die Zahl fluglärmbedingter Aufwachreaktionen im Mittel den Wert 1 übersteigt, haben sie nicht erbracht.

1.2.1.6 Der Anspruch auf Schutzvorkehrungen muss innerhalb von fünf Jahren gegenüber der Beigeladenen geltend gemacht werden (PFB A II. 4.6.3., S. 30 f.). Der Lauf der Frist beginnt mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Start- und Landebahn Süd in Betrieb genommen wird (PFB A II. 4.6.4., S. 31). Die Kläger halten die Befristung für nicht akzeptabel, soweit sie sich auf den Schutzanspruch nach der Auflage A II. 4.5.2. i.V.m. der Auflage A II. 4.5.1. bezieht (erhöhter Schallschutz wegen schwerer Erkrankung). Sie meinen, dass ein Anspruch auf erhöhten Schallschutz auch dann bestehen müsste, wenn eine schwere Erkrankung mehr als fünf Jahre nach Inbetriebnahme der Südbahn auftrete.

Die Forderung der Kläger ist überzogen. Welche Maßnahmen zur Sicherung der Nutzung der benachbarten Grundstücke gegen Gefahren oder Nachteile nach § 9 Abs. 2 LuftVG notwendig sind, ist auf der Grundlage objektiver Umstände und Gegebenheiten zu beurteilen. Die danach gebotene grundstücksbezogene Betrachtungsweise lässt es nicht zu, die Frage der Erheblichkeit von den - wandelbaren - konkreten Nutzungsverhältnissen zu einem bestimmten Zeitpunkt abhängig zu machen. Sie schließt die Berücksichtigung besonderer Umstände in der Person des jeweiligen Eigentümers oder Nutzers aus. Besondere Empfindlichkeiten, gesundheitliche Indispositionen oder sonstige persönliche Eigenheiten haben außer Betracht zu bleiben (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 325). Mit der Verpflichtung der Beigeladenen, für den Fall schwerer Erkrankung für weitergehenden Schallschutz an Schlafräumen Sorge zu tragen, ist der Beklagte den Betroffenen entgegengekommen. Eine noch weitergehende Begünstigung kann nicht beansprucht werden.

1.2.2 Soweit es um den Lärmschutz während der Tagstunden (6:00 Uhr bis 22:00 Uhr) geht, stellt der Planfeststellungsbeschluss auf den Schutz des Wohnens ab. Beim Schutzniveau differenziert er zwischen der Nutzung der innerhalb der Gebäude zum Wohnen bestimmten Räume und der Nutzung des Außenwohnbereichs.

1.2.2.1 Ziel des Schutzes der gebäudebezogenen Wohnnutzung ist die Vermeidung von Kommunikationsstörungen. Dies beruht auf der Erkenntnis, dass sich nach allgemeiner Einschätzung Kommunikationsstörungen stärker noch als Störungen der Ruhe und der Entspannung nachteilig auf das Wohnklima auswirken, da sie als besonders lästig eingestuft werden.

Der Beklagte will das Ziel durch Maßnahmen des passiven Schallschutzes erreichen (PFB S. 400). Das ist nicht zu beanstanden. Sein Schutzkonzept beruht auf einer Kombination von Dauerschall- und Maximalpegelfestlegungen. Als Schutzkriterium im Vordergrund steht der Dauerschallpegel, während dem Maximalpegel lediglich eine Ergänzungsfunktion zukommt. Die Nebenbestimmung A II. 4.1.2. zum Planfeststellungsbeschluss sieht die Bildung von Tagschutzgebieten vor, die von den Grenzlinien eines für die sechs verkehrsreichsten Monate ermittelten energieäquivalenten Dauerschallpegels von 60 dB(A)außen - dies entspricht unter Berücksichtigung der Pegeldifferenz von 15 dB(A)innen/außen einem Innenpegel von 45 dB(A) - und der 19 x 82 dB(A)außen Maximalpegelkontur umschlossen werden. Der Schallschutz ist durch Vorrichtungen an Aufenthaltsräumen zu gewähren, die sicherzustellen haben, dass durch An- und Abflüge von den beiden Start- und Landebahnen des Flughafens Leipzig/Halle im Rauminnern bei geschlossenen Fenstern keine höheren Einzelschallpegel als 55 dB(A) auftreten. Die Festlegung der Tagschutzgebiete dient genauso der Beweiserleichterung wie die Abgrenzung des Nachtschutzgebiets.

Die Kläger halten das Schutzniveau nicht für ausreichend. Der Beklagte gebe als Schutzziel eine 99%ige Satzverständlichkeit vor. Dies sei zu wenig. Gesichert werden müsse eine 100%ige Satzverständlichkeit. Diese sei bei einem Maximalpegel von 55 dB(A)innen nicht gewährleistet.

Die Anordnung, dass ein Maximalpegel von 55 dB(A) im Rauminnern einzuhalten ist, gibt zu Beanstandungen keinen Anlass. Es muss nicht gesichert werden, dass ein Gespräch mit einer 100%igen Satzverständlichkeit geführt werden kann. Den Betroffenen ist zuzumuten, während einer Störung durch einen Überflug, die sich auf einen Zeitraum zwischen 30 und 40 Sekunden zu beschränken pflegt, die Stimme zu heben und sich mit einer Sprachverständlichkeit von 99 % zu begnügen (vgl. Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 327). Diese Kommunikationsgüte wird durch den festgesetzten Maximalpegel sichergestellt.

Die Kläger halten es für "disharmonisch", dass einerseits die Schallschutzvorrichtungen gewährleisten sollen, dass im Rauminnern bei geschlossenen Fenstern keine höheren Einzelschallpegel als 55 dB(A) auftreten, und andererseits das Tagschutzgebiet u.a. von einer 19 x 82 dB(A)außen - Maximalpegelkontur umschlossen wird. In der Tat führen nicht erst 19 Pegel mit 82 dB(A), sondern alle Einzelschallpegel mit mehr als 80 dB(A)außen - ausgehend von einer typischen Dämmwirkung eines geschlossenen Fensters von 25 dB(A) - zu höheren Maximalpegeln als 55 dB(A). Der Beklagte hat die Diskrepanz zwischen der Abgrenzung des Tagschutzgebiets anhand des 19 x 82 dB(A)-Kriteriums, das er der Nummer 5.5.5 der DIN 4109 entnommen hat, und dem Tagschutzziel in der mündlichen Verhandlung nicht überzeugend auflösen können. Das ist jedoch unschädlich, weil es nicht geboten ist, ein Tagschutzgebiet mit Hilfe nicht nur eines Dauerschall-, sondern auch eines Maximalpegelwertes abzugrenzen. Der Beklagte durfte in Übereinstimmung mit der Lärmschutzpraxis (vgl. Griefahn, Jansen, Scheuch, Spreng, sog. Fluglärmsynopse, ZfL 2002, 171 <174>), die in § 2 Abs. 2 des Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm in der Umgebung von Flugplätzen aufgegriffen wird, dem Dauerschallpegelkriterium die ausschlaggebende Bedeutung beimessen. Es erfasst die typischen Fälle. Für sie eine Beweiserleichterung vorzusehen, ist ausreichend (vgl. Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 320 f.). Der Beklagte hat durch das Maximalpegelkriterium 19 x 82 dB(A) schon weiter gehende Beweiserleichterungen gewährt. Dass er den Klägern noch mehr entgegenkommt, kann nicht verlangt werden.

Die Kläger rügen, dass der Planfeststellungsbeschluss keine Schutzvorschriften für besonders schutzbedürftige Einrichtungen wie Schulen und Kindergärten vorsehe. Sie machen sich Forderungen der Lärmwirkungsforschung zu eigen, dass - gemessen am Schutzziel der ungestörten Kommunikation - in Schulräumen der Störgeräuschpegel 35 dB(A) und in Kindergärten der Störgeräuschpegel 30 dB(A) nicht überschreiten solle. Ob diese Forderungen berechtigt sind, braucht nicht erörtert zu werden; denn die Kläger sind nicht zum Schutz kommunaler Einrichtungen berufen.

1.2.2.2 Das auf das Schutzgut Wohnen ausgerichtete Tagschutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses schließt den Schutz des Außenwohnbereichs mit ein. Die Beschränkung der Schutzwirkung auf den Tageszeitraum begegnet keinen rechtlichen Bedenken, weil der Außenwohnbereich (Gärten, Terrassen, Balkone und in ähnlicher Weise nutzbare sonstige Außenanlagen) nachts nicht dem Aufenthalt von Menschen zu dienen pflegt. Dies entspricht der Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 362 m.w.N.) und wird von den Klägern auch nicht angezweifelt.

Unzumutbaren Beeinträchtigungen der Nutzung des Außenwohnbereichs, denen sich durch einen physisch-realen Ausgleich in Gestalt von Maßnahmen des aktiven oder passiven Schallschutzes nicht abhelfen lässt, trägt der Beklagte durch die Gewährung einer Entschädigung Rechnung. Im Planfeststellungsbeschluss hat er die Beigeladene verpflichtet, Entschädigung für die Nutzungsbeeinträchtigung des Außenwohnbereichs bei einer Überschreitung des energieäquivalenten Dauerschallpegels von 65 dB(A)außen zu leisten. Diesen Wert hat er in der mündlichen Verhandlung auf 62 dB(A) herabgesetzt. Eine weitere Absenkung des Wertes können die Kläger nicht verlangen. Die Grenzziehung bei einem Dauerschallpegel von 62 dB(A) wird dem Erfordernis gerecht, rechtliche Folgen schon an Lärmbeeinträchtigungen zu knüpfen, die noch nicht die Schwelle der Gesundheitsgefährdung erreichen und unzumutbare Störungen auf dem Felde der Kommunikation und der Erholung nicht erwarten lassen (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 368 f.).

1.3 Die Kläger zu 1 und 2 beantragen hilfsweise die Übernahme ihres Grundstücks. Sie begründen ihren entsprechenden Antrag mit der schweren Erkrankung der Klägerin zu 1, die an einem Post-Polio-Syndrom leidet. Der Antrag ist unbegründet.

Nach der Rechtsprechung des Senats kommt als Anspruchsgrundlage § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG in Betracht (Urteil vom 6. Juni 2002 - BVerwG 4 A 44.00 - NVwZ 2003, 209 <210>). Danach hat der Betroffene Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld, wenn Vorkehrungen und Anlagen, die nach § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind, untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar sind. Auch der Übernahmeanspruch stellt ein Surrogat für nicht realisierbare Schutzvorkehrungen dar.

Ein Übernahmeanspruch mit entsprechenden Entschädigungskonsequenzen ist gegeben, wenn die Beeinträchtigungen faktisch ein derartiges Gewicht haben, dass eine weitere Nutzung des Grundstücks unzumutbar erscheint (vgl. nur Urteil vom 23. Februar 2005 - BVerwG 4 A 5.04 - BVerwGE 123, 23 <37>). Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts beginnt bei einem Dauerschallpegel von 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts in Wohngebieten der verfassungsrechtlich kritische Bereich (Urteile vom 20. Mai 1998 - BVerwG 11 C 3.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 18 und vom 10. November 2004 - BVerwG 9 A 67.03 - NVwZ 2005, 591 <594>). Der Planfeststellungsbeschluss gewährt, um der besonderen nächtlichen Situation am Flughafen Leipzig/Halle Rechnung zu tragen, einen Übernahmeanspruch schon ab einem Gesamtdauerschallpegel, ermittelt aus der energetischen Addition von Fluglärmpegel und flughafeninduziertem Bodenlärmpegel, von 58,7 dB(A)außen nachts (PFB A II. 4.3.2., S. 448). Mehr können die Kläger nicht verlangen.

Der Beklagte erwartet, dass das Anwesen der Kläger zu 1 und 2 im Planfall 2015 mit einem nächtlichen Leq(3) von 49,5 dB(A) beaufschlagt wird. Bei diesem Wert scheidet ein Übernahmeanspruch aus. Die Erkrankung der Klägerin zu 1 ändert daran nichts. Wie bereits dargelegt, ist auf der Grundlage objektiver Umstände und Gegebenheiten zu beurteilen, welche Maßnahmen zur Sicherung der Nutzung der benachbarten Grundstücke gegen Gefahren oder Nachteile notwendig sind; das schließt die gebotene grundstücksbezogene Betrachtungsweise die Berücksichtigung besonderer Umstände in der Person des jeweiligen Eigentümers oder Nutzers aus.

Die Kläger zu 1 und 2 versprechen sich eine Erhöhung des an ihrem Wohnhaus zu erwartenden Lärmwertes und ein Hineinwachsen in den Übernahmeanspruch, wenn der Nachtfluglärm nicht über die sechs verkehrsreichsten Stunden der Nacht (0:00 Uhr bis 6:00 Uhr), sondern über den Zeitraum von drei Stunden gemittelt wird, in denen die Spitzenbelastungen zu erwarten sind. Ob sich die Erwartung der Kläger zu 1 und 2 rechnerisch erfüllen würde, kann offen bleiben; denn ihre Forderung geht schon im Ansatz ins Leere. Der Dauerschallpegel ist ein rechnerischer Durchschnittswert. In welcher Höhe er einen Grenzwert markiert, hängt von dem gewählten Zeitraum ab, über den er gemittelt wird. Er ist kein feststehender Wert, dem sich durch eine Verkürzung des zugrunde gelegten Mittelungszeitraums näher kommen lässt.

1.4 Die Kläger zu 1 bis 2 verlangen hilfsweise zum Übernahmeanspruch, die Klägerin zu 3 zusätzlich zu den Maßnahmen des passiven Lärmschutzes eine Entschädigung wegen Minderung der Verkehrswerte ihrer Grundstücke. Auch insoweit muss ihre Klage erfolglos bleiben.

Einen Anspruch auf einen Ausgleich aller Vermögensnachteile, welche ein Planvorhaben auslöst, vermittelt § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG nicht (Urteil vom 24. Mai 1996 - BVerwG 4 A 39.95 - UPR 1996, 388). Ob das Abwägungsgebot einen derartigen Anspruch hergeben kann, weil planbedingte Wertverluste gegebenenfalls als private Belange im Rahmen der Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen sind (Urteil vom 24. Mai 1996 a.a.O. S. 389) und die Grenze zur Abwägungsdisproportionalität erreicht ist, wenn die Wertverluste so massiv ins Gewicht fallen, dass den Betroffenen ein unzumutbares Opfer abverlangt wird (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 404), mag dahinstehen; denn es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass das Grundeigentum durch die Wertverluste, die auch der Beklagte für möglich hält (PFB S. 598 f.), praktisch funktionslos werden könnte. Die Kläger zeigen nicht auf, wie sich die Entwicklung am Grundstücksmarkt in der betroffenen Region darstellt, und geben auch nicht an, in welcher Größenordnung sie Einbußen erwarten. Der pauschale Hinweis auf erhebliche Wertverluste gibt dem Senat keine Veranlassung, von sich aus der Frage nachzugehen, ob und in welchem Umfang sich das Vorhaben auf den Wert der umliegenden Wohngrundstücke auswirkt.

2. Zu den Folgen, die im Rahmen der nach § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG gebotenen Abwägungsentscheidung zu bewältigen sind, gehören auch die mit einem Flughafenausbau und etwaigen Folgemaßnahmen im Bereich der Straßen- und Eisenbahninfrastruktur zwangsläufig verbundenen Luftverunreinigungen, die in Parallele zu den vorhabenbedingten Lärmimmissionen unter den in § 74 Abs. 2 VwVfG genannten Voraussetzungen nicht bloß als ein hinter gegenläufige Belange zurücksetzbare Abwägungsposten zu berücksichtigen sind, sondern zur Anordnung von Schutzvorkehrungen oder ggf. einer Geldentschädigung führen müssen.

Der Beklagte hat geprüft, ob und wo verkehrsbedingte Schadstoffbelastungen zu erwarten sind, die Schutzauflagen notwendig machen (PFB S. 462 ff.). Betrachtet hat er die Leitschadstoffe Stickstoffoxide, Benzol, PM10 und Ruß. Die Kläger richten ihr Augenmerk allein auf den Schadstoff Ruß. Hier sehen sie Nachbesserungsbedarf.

Hinsichtlich des Schadstoffs Ruß prognostiziert der Planfeststellungsbeschluss für den Planfall 2015 die höchste flughafeninduzierte Zusatzbelastung außerhalb des Betriebsbereichs mit 0,14 µg/m³ für den Bereich der Bundesstraße 6 zwischen der Anschlussstelle Großkugel der A 9 und der Flughafenzufahrt im südlichen Vorfeld. Das am stärksten betroffene Wohngebiet ist die Ortslage Schkeuditz-Nord mit einer flughafeninduzierten Zusatzbelastung an Ruß von 0,06 µg/m³. Da die großräumige Vorbelastung ohne Flughafenbetrieb im Jahr 2015 bei 1,3 µg/m³ liegen werde, so der Planfeststellungsbeschluss, werde sich die Gesamtbelastung durch die flughafeninduzierte Zusatzbelastung auf maximal 1,44 µg/m³ erhöhen. Dieser Wert liege sowohl unterhalb des flächenbezogenen Vorsorgewertes der LAI von 1,5 µg/m³ als auch unterhalb des Wertes gemäß § 2 Nr. 2 der 23. BImSchV von 8 µg/m³.

Die Kläger behaupten, dass der Planfeststellungsbeschluss von einem zu niedrigen Ruß-Vorbelastungswert ausgegangen sei. Dieser liege über dem Wert von 1,3 µg/m³. Der Planfeststellungsbeschluss habe nicht gebührend berücksichtigt, dass der Schwerlastverkehr aus Osteuropa eine veraltete Fahrzeugflotte nutze. Außerdem sei der schadstoffintensive Flugzeugtyp S 5.3 nicht in die Prognose eingegangen. Der Planfeststellungsbeschluss habe seiner Beurteilung ferner zu Unrecht die 23. BImSchV zugrunde gelegt, weil er übersehen habe, dass dieses Regelwerk durch die 22. BImSchV abgelöst worden sei. Maßgeblich sei der flächenbezogene Vorsorgewert des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI) von 1,5 µg/m³, dessen Überschreitung hier nicht ausgeschlossen werden könne, weil das planfestgestellte Vorhaben mehr Luftverkehr zulasse, als für 2015 vorausgesagt worden sei.

Die Einwände der Kläger greifen nicht durch.

Zwar ist richtig, dass die 23. BImSchV m.W.v. 21. Juli 2004 aufgehoben worden ist und daher bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses nicht mehr galt. Da die seitdem einschlägige 22. BImSchV speziell für Ruß aber keine Grenzwerte ausweist, sondern nur für Feinstaubpartikel (PM10), bestehen keine Bedenken dagegen, dass sich der Beklagte an dem arithmetischen Jahresmittelwert von 8 µg/m³ für Ruß in § 2 Nr. 2 der - wegen § 2 Abs. 2 BImSchG unverbindlichen - 23. BImSchV orientiert hat. Im Übrigen entspricht der PM10-Jahresgrenzwert der 22. BImSchV von im Schnitt 40 µg/m³ umgerechnet zahlenmäßig in etwa dem Wert der 23. BImSchV für Ruß als einer Teilmenge von PM10. Dass der Jahresmittelwert von 8 µg/m³ an ihren Grundstücken erreicht wird, machen die Kläger nicht geltend. Dafür ist auch nichts ersichtlich. Die Kläger konzentrieren sich deshalb auf den flächenbezogenen Vorsorgewert von 1,5 µg/m³, wie ihn der LAI empfiehlt. Sie sehen es nicht als gesichert an, dass diese auch vom Planfeststellungsbeschluss gesetzte Zielmarke nicht überschritten wird.

Der Beklagte und die Beigeladene haben die Kritik ernst genommen und eine fachliche Stellungnahme des Autors der Immissionsprognose Luftschadstoffe eingeholt. Dieser rechtfertigt an erster Stelle den Vorbelastungswert von 1,3 µg/m³ für das Prognosejahr 2015, der um 0,2 µg/m³ niedriger liegt als der Vorbelastungswert 2002. Er verweist auf die Verpflichtung zur Minimierung der PM10-Immissionen durch die 22. BImSchV und die Luftqualitätsrichtlinie der EU. Einen wesentlichen Beitrag zur PM10-Reduzierung erwartet er mit dem Umwelt-Bundesamt, das für den Zeitraum zwischen 2000 und 2015 von einer Reduzierung der Partikel-Emissionen aus Kfz-Abgasen um 70 % bis 80 % ausgeht, von der Autoindustrie. Im Jahr 2001 habe, so der Sachverständige, die Ruß-Vorbelastung am Standort Flughafen Leipzig/Halle bei 3,9 µg/m³ gelegen. Unter Zugrundelegung des erwarteten Rückgangs der Dieselruß-Belastungen um 70 % bis 80 % errechne sich für das Jahr 2015 am Flughafen-Standort ein Vorbelastungswert zwischen 0,8 µg/m³ und 1,2 µg/m³; der angenommene Vorbelastungswert 1,3 µg/m³ sei konservativ. Der Gutachter weist ferner nach, dass die Emissionen aus der Flugzeugklasse S 5.3 nach AzB berücksichtigt worden sind: Zwar seien in der Immissionsprognose die Flugbewegungen aus dem Datenerfassungssystem übernommen worden, das keine Flugzeuge der Klasse S 5.3 aufführe. Diese Klasse sei aber zusammen mit den Flugzeugen der Klasse S 5.2 durch die in der Prognose summarisch bezeichnete Flugzeugkategorie "klein" erfasst. Da die Klasse S 5.3 um etwa 15 % höhere Ruß-Emissionen aufweise als die Klasse S 5.2, ergebe sich bei der Bildung des mittleren Emissionsfaktors für die Flugzeugkategorie "klein" ein höherer Wert als bei alleiniger Berücksichtigung der Klasse S 5.2. Damit werde indirekt ein Anteil von Emissionen der Klasse S 5.3 berücksichtigt, auch wenn sich die Flugbewegungen (im DES) nur auf die Klasse S 5.2 bezögen.

Die Kläger wenden gegen die Stellungnahme nichts ein. Auch der Senat sieht keinen Anlass zur Kritik. Namentlich lässt sich der Vortrag zu den Eingabedaten nachvollziehen. Die Immissionsprognose ordnet in der Tat die AzB-Klassen S 5.2 und S 5.3 der Flugzeuggruppe "klein" zu und berücksichtigt die Klasse S 5.3 damit bei der Zahl der Flugbewegungen, die für die Flugzeuggruppe "klein" mit 57 174 im Planfall 2015 angegeben wird.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Kläger zu 4 und 5 auf § 155 Abs. 1 Satz 1, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat bewertet den Anteil ihres Obsiegens mit einem Sechstel und den Anteil ihres Unterliegens mit fünf Sechsteln. Die Kläger zu 1 bis 3 haben zu einem weitaus geringeren Anteil obsiegt, weil ihre Hilfsanträge, soweit sie über die Hilfsanträge der Kläger zu 4 und 5 hinausgegangen sind, ohne Erfolg geblieben sind und sie wegen dieser Hilfsanträge nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG mit einem höheren Streitwert am Verfahren beteiligt waren. Zu ihren Lasten bringt der Senat § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO zur Anwendung, wonach einem Teil die Kosten ganz auferlegt werden können, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 355 000 € festgesetzt, wobei sich der Gesamtstreitwert aus folgenden Einzelstreitwerten zusammensetzt:

Kläger zu 1 und 2: 300 000 € (300/355)

Klägerin zu 3: 40 000 € (40/355)

Kläger zu 4 und 5: 15 000 € (15/355)



Ende der Entscheidung

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