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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 18.07.2001
Aktenzeichen: BVerwG 4 B 45.01
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 7 i Abs. 1 |
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS
BVerwG 4 B 45.01 VGH 9 B 00.2134
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 18. Juli 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Gaentzsch sowie die Richter Prof. Dr. Dr. Berkemann und Halama
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. März 2001 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 55 063 DM festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Kläger hat in den Jahren 1991 bis 1994 eine Villa restauriert und modernisiert, die in die Denkmalliste eingetragen ist. Bei dieser Gelegenheit hat er auch eine vom Hauptgebäude räumlich abgesetzte Garage mit vier Stellplätzen errichtet. Für die insgesamt entstandenen Aufwendungen in Höhe von mehr als 6 Millionen DM beantragte er eine Steuerbescheinigung nach § 7 i Abs. 2 EStG. Das Landesamt für Denkmalpflege erteilte die Bescheinigung, ließ hierbei aber die Kosten von rund 275 000 DM für die Errichtung der Garage unberücksichtigt.
Der Kläger verfolgt im Klagewege das Ziel, diesen Betrag in die Steuerbescheinigung mit einzubeziehen. Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hatte keinen Erfolg.
II.
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet. Die vom Kläger aufgeworfene Frage, "ob Baumaßnahmen gemäß § 7 i Abs. 1 Satz 1 EStG, die nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind, nur solche sind, die unmittelbar an dem Baudenkmal zu dessen Erhaltung vorgenommen worden sind", rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Zu ihrer Klärung bedarf es nicht eigens der Durchführung eines Revisionsverfahrens. Freilich hat sich das Bundesverwaltungsgericht mit § 7 i Abs. 1 Satz 1 EStG noch nicht auseinander gesetzt. Die vom Kläger hierzu formulierte Frage lässt sich indes auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Interpretation unschwer beantworten.
§ 7 i EStG ist durch Art. 1 Nr. 10 des Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Wohnungsbaus und denkmalgeschützter Gebäude vom 20. Dezember 1989 (BGBl I S. 2408) in das Einkommensteuergesetz eingefügt worden. Er ist an die Stelle des früheren § 82 i EStDV getreten. Diese Vorschrift wurde auf der Grundlage des § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. y EStG in der Fassung des Gesetzes zur Erhaltung und Modernisierung kulturhistorisch und städtebaulich wertvoller Gebäude vom 22. Dezember 1977 (BGBl I S. 3107) erlassen. Sie sah bei einem im Inland gelegenen Gebäude, das nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal ist, die Möglichkeit erhöhter Abschreibungen für Aufwendungen vor, "die nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal und zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind". Der Zweck dieser Regelung war es, die Erhaltung und die Modernisierung kulturhistorisch wertvoller Gebäude zu fördern. Der Gesetzgeber trug der Erkenntnis Rechnung, dass die ordnungsgemäße Erhaltung von Baudenkmalen, "die regelmäßig besonders aufwendig ist, bestehenden Wohnraum sichert, zur Entspannung der Wohnungssituation beiträgt und ein Anreiz ist, privates Kapital für Gebäudesanierungen und Bestandserhaltung zu mobilisieren" (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs vom 13. September 1977, BTDrucks 8/896, S. 6 sowie im Hinblick auf die mit dieser Regelung gesammelten Erfahrungen die Begründung des Gesetzentwurfs vom 14. November 1989, BTDrucks 11/5680, S. 9). Der Bundesfinanzhof hat aus dem Wortlaut und der Zielsetzung des § 82 i EStDV abgeleitet, dass ausschließlich Baumaßnahmen an einem als Baudenkmal geschützten bestehenden Gebäude steuerlich begünstigt werden. Eine Steuervergünstigung für Herstellungskosten an baulich selbständigen Anlagen, die nicht Teil des Denkmals sind, hat er dagegen abgelehnt (vgl. BFH, Urteile vom 15. Oktober 1996 - IX R 47/92 - BFHE 181, 312 und vom 5. November 1996 - IX R 42/94 - BFHE 181, 482).
An dieser Einschätzung ist auch auf der Grundlage des neuen Rechts festzuhalten. § 7 i Abs. 1 Satz 1 EStG unterscheidet sich zwar seinem Wortlaut, nicht aber seinem Regelungsinhalt nach von § 82 i Abs. 1 Satz 1 EStDV. Er weicht von der Vorgängervorschrift nur insofern geringfügig ab, als der Gesetzgeber darauf abstellt, dass die Baumaßnahmen nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu einer sinnvollen Nutzung erforderlich sind. Die Ersetzung des Wortes "und" durch ein "oder" lässt nicht auf eine Erweiterung des Vergünstigungstatbestands schließen. Schon die grammatikalische Struktur des § 7 i Abs. 1 Satz 1 EStG spricht gegen die Deutung, dass unter den förderungsfähigen Baumaßnahmen auch solche verstanden werden könnten, die zwar nicht unmittelbar am Baudenkmal zu dessen Erhaltung vorgenommen werden, die aber zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind. Als Bezugsobjekt für die begünstigten Baumaßnahmen dient das "Gebäude, das nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal ist". Schon hieraus lässt sich folgern, dass Baumaßnahmen an anderen Gebäuden nicht erfasst werden sollen.
Dies wird durch die Gesetzesmaterialien eindeutig bestätigt. Die leicht veränderte Fassung des § 7 i Abs. 1 Satz 1 EStG dient lediglich der Klarstellung. § 82 i Abs. 1 Satz 1 EStDV konnte durch die Verwendung der Konjunktion "und" den Eindruck erwecken, als hänge die Steuervergünstigung davon ab, dass die Baumaßnahmen sowohl zur Erhaltung der Substanz des Baudenkmals als auch zu dessen sinnvoller Nutzung erforderlich sein müssten. Diesem Fehlschluss wollte der Gesetzgeber durch eine Fassung vorbeugen, die keinen Zweifel daran lässt, dass die beiden Tatbestandsmerkmale nicht notwendig kumulativ erfüllt sein müssen, sondern auch alternativ verwirklicht werden können. Auf diese Weise machte er deutlich, dass eine Steuervergünstigung auch dann in Betracht kommt, wenn die Baumaßnahmen sich darin erschöpfen, das als Baudenkmal geschützte Gebäude neuzeitlichen Nutzungserfordernissen anzupassen (vgl. BTDrucks 11/5680, S. 12).
Es wäre systemfremd, die Abschreibungsmöglichkeit des § 7 i Abs. 1 Satz 1 EStG auch auf Anlagen zu erstrecken, die keine denkmalschutzrechtlichen Funktionen erfüllen. Der Zweck der Regelung ist es, Vergünstigungen für Gebäude zu gewähren, die den öffentlich-rechtlichen Bindungen des Denkmalschutzrechts unterliegen. Die Steuerentlastung ist als Teilausgleich für die Opfer gedacht, die der Steuerpflichtige im Interesse des Allgemeinwohls zu erbringen hat (vgl. BTDrucks 11/5680, S. 12).
Diese Konnexität tritt auch in den übrigen Regelungen des § 7 i Abs. 1 EStG deutlich zutage. Nach Satz 3 ist Satz 1 bei einem im Inland belegenen Gebäudeteil, das nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal ist, entsprechend anzuwenden. Daraus folgt, dass sich die Erhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen auf den denkmalschutzrechtlich relevanten Gebäudeteil beziehen müssen. Nur unter dieser Voraussetzung kommt eine Steuervergünstigung in Betracht. Baumaßnahmen an den übrigen Gebäudeteilen reichen hierfür nicht aus. Erst recht scheidet die Errichtung von Anlagen aus, die mit dem denkmalgeschützten Gebäude oder Gebäudeteil keine bauliche Einheit bilden. Auch Satz 4 ist Ausdruck des gesetzgeberischen Willens, mit dem Mittel der Steuervergünstigung den spezifischen Belas-tungen Rechnung zu tragen, die das Denkmalschutzrecht mit sich bringt. Bei einem im Inland belegenen Gebäude oder Gebäudeteil, das für sich allein nicht die Voraussetzungen für ein Baudenkmal erfüllt, aber Teil einer Gebäudegruppe oder Gesamtanlage ist, die nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften als Einheit geschützt ist, kann der Steuerpflichtige die erhöhten Absetzungen von den Herstellungskosten für Baumaßnahmen vornehmen, die nach Art und Umfang zur Erhaltung des schützenswerten äußeren Erscheinungsbildes der Gebäudegruppe oder Gesamtanlage erforderlich sind. Der Gesetzgeber gibt zu erkennen, dass eine Steuervergünstigung für Gebäude oder Gebäudeteile, die für sich allein nicht die Merkmale eines Baudenkmals erfüllen, ausschließlich unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen in Betracht kommt. In Übereinstimmung mit dem Zweck des denkmalschutzrechtlichen Ensembleschutzes, das äußere Erscheinungsbild einer Gebäudegruppe oder Gesamtanlage zu bewahren, werden Baumaßnahmen nur soweit begünstigt, als sie hierzu nach Art und Umfang erforderlich sind. Anders als in den in Satz 1 und Satz 3 geregelten Fällen sind Baumaßnahmen im Inneren des Gebäudes von der Vergünstigung des Satz 4 ausgeschlossen, da sie unter denkmalschutzrechtlichen Gesichtspunkten irrelevant sind. Die Sätze 1, 3 und 4 des § 7 i Abs. 1 EStG lassen ein differenziertes, in sich geschlossenes Regelungssystem erkennen, das es verbietet, in den Genuss von Steuervergünstigungen auch Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen kommen zu lassen, die nicht den besonderen Bindungen des Denkmalschutzrechts unterliegen. Dies ist auch in der Kommentarliteratur einhellige Auffassung (vgl. Lambrecht, in: Kirchhof, Kommentar zum EStG, 2000, § 7 i Rn. 10; Erhard, in: Ebling, Kommentar zum EStG, Februar 2001, § 7 i Rn. 16 und 18; Drenseck, in: Schmidt, Kommentar zum EStG, 2001, § 7 i Rn. 3).
Entstehen bei der Errichtung oder Änderung nicht denkmalgeschützter Anlagen Mehraufwendungen mit Rücksicht auf ein in der Nachbarschaft vorhandenes Baudenkmal, so gebietet höherrangiges Recht es nicht, § 7 i Abs. 1 EStG über den Wortlaut und den erkennbaren gesetzgeberischen Willen hinaus erweiternd auszulegen. Die konkreten örtlichen Verhältnisse, in die ein Vorhaben hineingeplant wird, können unter den verschiedensten Gesichtspunkten bauliche Anpassungen erforderlich machen, die mit einem erhöhten, nicht abwälzbaren Kostenaufwand verbunden sind. Das Erfordernis etwa, ein Vorhaben so auszuführen, dass es im Sinne des Bauordnungsrechts speziellen baugestalterischen Anforderungen entspricht oder sich im Sinne des Städtebaurechts in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, kann den Bauherrn zu Aufwendungen nötigen, die ihm an anderer Stelle möglicherweise erspart bleiben würden. Ihm hierfür eine finanzielle Entlastung zu gewähren, ist rechtlich nicht geboten. Für eine abweichende Beurteilung bieten auch denkmalschutzrechtliche Auflagen keinen Anlass.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 14 Abs. 3 und § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Ende der Entscheidung
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