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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 18.08.1998
Aktenzeichen: BVerwG 4 B 82.98
Rechtsgebiete: BauNVO


Vorschriften:

BauNVO § 6
Leitsatz:

Die Frage, ob es sich bei einer SB-Autowaschanlage um einen Gewerbebetrieb handelt, des das Wohnen nicht wesentlich stört im Sinne von § 6 Abs. 1 BauNVO, kann nicht allgemein bejaht oder verneint werden. Für die Zulässigkeit einer solchen Anlage in einem Mischgebiet kommt es vielmehr auf die konkrete Betriebsgestaltung und Gebietssituation an.

Beschluß des 4. Senats vom 18. August 1998 - BVerwG 4 B 82.98 -

I. VG Stuttgart vom 18.03.1996 - Az.: VG 3 K 1723/93 - II. VGH Mannheim vom 12.05.1998 - Az.: VGH 5 S 1871/96 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 4 B 82.98 VGH 5 S 1871/96

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 18. August 1998 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Gaentzsch, den Richter Hien und die Richterin Heeren

beschlossen:

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichthofs Baden-Württemberg vom 12. Mai 1998 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme etwaiger außergerichtlicher Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 DM festgesetzt.

Gründe:

Die auf § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.

Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob eine SB-Autowaschanlage wegen der von ihr typischerweise ausgehenden Störungen ein wesentlich störender Gewerbebetrieb und damit in einem Mischgebiet generell unzulässig ist, rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, weil sie anhand des Wortlauts des § 6 BauNVO auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne weiteres beantwortet werden kann.

Da § 6 Abs. 2 BauNVO Autowaschanlagen nicht gesondert anspricht, kommt es für die Zulässigkeit solcher Anlagen in einem Mischgebiet darauf an, ob es sich dabei um Gewerbebetriebe handelt, die "das Wohnen nicht wesentlich stören" (§ 6 Abs. 1 BauNVO). Autowaschanlagen entziehen sich jedoch hinsichtlich ihrer Störwirkung einer generalisierenden Betrachtung dahingehend, daß bereits aufgrund der Betriebsart typisierend stets von einer für das Wohnen wesentlichen oder nicht wesentlichen Störung ausgegangen werden könnte (so die wohl einhellige Meinung, vgl. etwa Fickert/Fieseler, BauNVO, 8. Auflage, Rn. 9,2 zu § 6; Bielenberg in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Rn, 30 b zu § 6 BauNVO, jeweils unter zustimmender Bezugnahme auf VGH Baden-Württemberg, BRS 54 Nr. 51 = NVwZ-RR 1993, 533 = VBlBW 1993, 61). Die Frage, ob eine SB-Autowaschanlage in einem Mischgebiet zulässig ist, kann daher nicht allgemein bejaht oder verneint werden. Die Zulässigkeit hängt vielmehr von der konkreten Anlage und deren Betriebsgestaltung sowie von der konkreten Gebietssituation ab (so auch für den vergleichbaren Fall einer Kraftfahrzeugwerkstätte: BVerwG, Beschluß vom 11. April 1975 - BVerwG 4 B 37.75 - Buchholz 406.12 § 6 BauNVO Nr. 3; Urteil vom 7. Februar 1986 - BVerwG 4 C 49.82 - Buchholz 406.12 § 6 BauNVO Nr. 6 = BRS 46 Nr. 50). Auch aus der von den Klägern im Schriftsatz vom 11. August 1998 zitierten Fundstelle - Fickert-Fieseler, BauNVO, 6. Aufl. Rn. 8, 9 zu § 6 - ergibt sich nichts anderes. Auch dort wird betont, daß eine typisierende Betrachtungsweise nur begrenzt Anwendung finden kann.

Auch die Frage, ob in einem Mischgebiet mit überwiegender Wohnnutzung SB-Waschanlagen mit den hier festgesetzten Öffnungszeiten (Montag bis Freitag von 7.00 bis 20.00 Uhr; Samstag von 8.00 bis 20.00 Uhr) baurechtlich genehmigt werden dürfen oder ob in diesem Fall generell ein Verstoß gegen das in § 15 Abs. 1 BauNVO formulierte Rücksichtnahmegebot angenommen werden muß, entzieht sich einer "abstrakten" Beantwortung und rechtfertigt daher nicht die Zulassung der Revision. Es kommt vielmehr, wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 BauNVO ergibt, stets auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an.

Die Kläger sind der Auffassung, das Berufungsgericht habe seine Aufklärungspflicht dadurch verletzt, daß es ihrem Antrag vom 9. Januar 1998 nicht nachgekommen sei, durch den Sachverständigen im kommenden Spätsommer auch eine Begutachtung der Früchte der Obstbäume vornehmen zu lassen. Eine solche Begutachtung hätte ergeben, daß die von der Waschanlage des Beigeladenen herrührenden Wassernebel zu krankhaften Veränderungen an den Obstbäumen und am Obst führten. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, vor dem Hintergrund des tatsächlichen Verfahrensablaufs einen Aufklärungsmangel darzulegen. Hierfür ist zum einen von Bedeutung, daß nach dem Schreiben der Kläger vom 9. Januar 1998 die angefochtene Baugenehmigung mit Bescheid vom 12. März 1998 (2. Änderungsbaugenehmigung) mit weiteren Auflagen versehen wurde, die auch dem Schutz der Kläger dienen sollten. Zum anderen hat der Sachverständige Dr. R. in der mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 1998 sich nochmals zur Frage des Einflusses von Wassernebel auf das Grundstück der Kläger - auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Herrn V. vom 11. September 1996 - geäußert und ausdrücklich erklärt, daß diese Frage auch beantwortet werden kann, ohne die Früchte zu sehen. Die anwaltlich vertretenen Kläger haben daraufhin keinen weiteren Beweisantrag gestellt und auch ihren Antrag vom 9. Januar 1998 nicht wiederholt. Bei dieser Sachlage mußte sich dem Berufungsgericht eine weitere Beweisaufnahme nicht aufdrängen, so daß ein Verfahrensfehler zu verneinen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf §§ 14, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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