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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 29.03.2007
Aktenzeichen: BVerwG 4 BN 11.07
Rechtsgebiete: BauGB, VwGO
Vorschriften:
BauGB § 14 | |
BauGB § 17 | |
VwGO § 47 |
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 11.07
In der Normenkontrollsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 29. März 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rojahn und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 30 000 € festgesetzt.
Gründe:
Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Ein Grund, die Revision zuzulassen, ergibt sich aus dem Vorbringen der Beschwerde nicht.
1. Die Rechtssache hat nicht die rechtsgrundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst. Die Beschwerde möchte rechtsgrundsätzlich geklärt wissen, inwieweit die Verhängung einer neuen Veränderungssperre einen zeitlichen Abstand zu einer vorausgegangenen Veränderungssperre erfordert. Diese Frage würde sich in dem angestrebten Revisionsverfahren nur für den hier gegebenen Fall stellen, dass die durch eine frühere Veränderungssperre gesicherte Planung durch Bekanntmachung eines Bebauungsplans abgeschlossen, der Bebauungsplan aber rechtskräftig für unwirksam erklärt wird und die Gemeinde für einen Teil des Plangebiets erneut die Aufstellung eines Bebauungsplans und zur Sicherung dieser Planung eine neue Veränderungssperre beschließt. Die Frage, ob in einem solchen Fall die neue Veränderungssperre nur erlassen werden darf, wenn ein gewisser, die Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens ermöglichender (vgl. Rieger, in: Schrödter, BauGB, 7. Aufl. 2006, § 17 Rn. 12) zeitlicher Abstand zur früheren Veränderungssperre gewahrt ist, bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Dass sie mit dem Verwaltungsgerichtshof zu verneinen ist, ergibt sich ohne weiteres aus dem Gesetz und der bereits vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen (§ 14 Abs. 1 BauGB). Die Veränderungssperre tritt nach zwei Jahren außer Kraft (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Die Gemeinde kann die Frist um ein Jahr, wenn besondere Umstände es erfordern, bis zu einem weiteren Jahr nochmals verlängern (§ 17 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 BauGB). Eine außer Kraft getretene Veränderungssperre kann die Gemeinde ganz oder teilweise erneut beschließen, wenn die Voraussetzungen für ihren Erlass fortbestehen (§ 17 Abs. 3 BauGB). In jedem Fall tritt die Veränderungssperre außer Kraft, sobald und soweit die Bauleitplanung rechtsverbindlich abgeschlossen ist (§ 17 Abs. 5 BauGB). Durch den Abschluss der zu sichernden Planung erledigt sich die Sicherungsfunktion der Veränderungssperre. Maßgebend für den Zeitpunkt des Abschlusses der Bauleitplanung ist die Bekanntmachung des Bebauungsplans (Beschluss vom 28. Februar 1990 - BVerwG 4 B 174.89 - Buchholz 406.11 § 17 BauGB Nr. 3 = BRS 50 Nr. 99). Eine erledigte Veränderungssperre lebt auch dann nicht wieder auf, wenn der Bebauungsplan im Normenkontrollverfahren für unwirksam erklärt wird (Beschluss vom 28. Februar 1990 a.a.O.); sie kann nicht mehr Gegenstand einer Verlängerung gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 oder § 17 Abs. 2 BauGB sein. Durch die Erledigung des Sicherungszwecks entfallen zugleich die Voraussetzungen für ihren Erlass; sie kann deshalb auch nicht gemäß § 17 Abs. 3 BauGB erneut beschlossen werden.
Beschließt eine Gemeinde, nachdem das Oberverwaltungsgericht ihren Bebauungsplan für unwirksam erklärt hat, für denselben Planbereich erneut die Aufstellung eines Bebauungsplans, kann sie jedoch gemäß § 14 Abs. 1 BauGB zur Sicherung der neuen Planung auch eine neue Veränderungssperre beschließen. Einen zeitlichen Abstand zur ursprünglichen Veränderungssperre verlangt das Gesetz hierfür nicht. Die Gefahr, dass die Gemeinde den neuen Aufstellungsbeschluss nur fasst, um die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 und 3 BauGB für die Verlängerung bzw. den erneuten Erlass der ursprünglichen Veränderungssperre zu umgehen, besteht in einem solchen Fall auch ohne den von der Beschwerde geforderten zeitlichen Abstand nicht; den Bebauungsplan kann nur das zuständige Oberverwaltungsgericht für unwirksam erklären. Kann die Gemeinde eine neue Veränderungssperre beschließen, wird sie dadurch nicht - wie die Beschwerde meint - gegenüber einer rechtmäßig planenden Gemeinde bevorzugt. Wenn ihr Bebauungsplan wirksam ist, braucht die Gemeinde keine Veränderungssperre, um planwidrige Vorhaben zu verhindern. Nur eine Gemeinde, deren Bebauungsplan für unwirksam erklärt wurde, muss neu planen. Darin liegt kein Vorteil. Die Bebaubarkeit der Grundstücke wird durch die Möglichkeit, in einem solchen Fall eine neue Veränderungssperre zu erlassen, nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt. Unverhältnismäßig wäre es, dieselbe Planung wiederholt durch jeweils neue Veränderungssperren zu sichern; eine andere als die bisherige Planung darf hingegen durch eine neue Veränderungssperre gesichert werden (Lemmel, in: Berliner Kommentar zum BauGB, § 17 Rn. 13 - Stand: Juli 2005; Bielenberg/Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 17 Rn. 58 - Stand: Januar 2005; Rieger, a.a.O. § 17 Rn. 12).
Die Planung ist auch dann insgesamt eine andere, wenn die Gemeinde für das Gebiet eines - wie hier - wegen der Unwirksamkeit einzelner Festsetzungen insgesamt für unwirksam erklärten Bebauungsplans einen neuen Aufstellungsbeschluss fasst mit dem Ziel, nur die im Normenkontrollverfahren beanstandeten Festsetzungen zu ändern und es im Übrigen bei den bisherigen Festsetzungen zu belassen. Die geänderten und die übernommenen Festsetzungen stehen, wenn die Gemeinde insoweit an ihrem bisherigen Planungskonzept festhält, in einem untrennbaren Zusammenhang; nur deshalb führte die Unwirksamkeit der beanstandeten Festsetzungen zur Gesamtunwirksamkeit des Plans (vgl. Beschlüsse vom 18. Juli 1989 - BVerwG 4 N 3.87 - BVerwGE 82, 225 und vom 25. Februar 1997 - BVerwG 4 NB 30.96 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 116 = BRS 59 Nr. 51). Nichts anderes kann gelten, wenn die Gemeinde das Gebiet des für unwirksam erklärten Bebauungsplans aufteilt und beschließt, mehrere Bebauungspläne neu aufzustellen. In einem solchen Fall wird die Planung schon durch den neuen Zuschnitt der Planbereiche und die Auflösung des bisher plangebietsübergreifenden Zusammenhangs zwischen den Festsetzungen eine andere, auch wenn die bisherigen, im Normenkontrollverfahren nicht beanstandeten Festsetzungen in den neuen Bebauungsplan nahezu unverändert übernommen werden.
2. Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz hat die Beschwerde nicht hinreichend bezeichnet. Hierzu müsste sie einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennen, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328). Mit welchem tragenden Rechtssatz der Verwaltungsgerichtshof einem in den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 1970 (BVerwG 4 C 79.68 - Buchholz 406.11 § 17 BauGB Nr. 1 = BRS 23 Nr. 88), vom 10. September 1976 (BVerwG 4 C 39.74 - BVerwGE 51, 121) und vom 6. August 1992 (BVerwG 4 N 1.92 - BRS 54 Nr. 77) aufgestellten ebensolchen Rechtssatz widersprochen haben sollte, zeigt die Beschwerde nicht auf. Eine Divergenz im Hinblick auf die Anrechnung berücksichtigungsfähiger Zeiten (Zurückstellung eines Baugesuchs) kann im Übrigen schon deshalb nicht vorliegen, weil diese Anrechnung nicht die Rechtsgültigkeit einer satzungsrechtlich angeordneten Veränderungssperre, sondern die Berechnung der zulässigen Dauer einer Veränderungssperre im Einzelfall betrifft (Beschlüsse vom 27. April 1992 - BVerwG 4 NB 11.92 - Buchholz 406.11 § 17 BauGB Nr. 5 = BRS 54 Nr. 76 und vom 20. November 2006 - BVerwG 4 B 50.06 - juris Rn. 14). Die Frage, welche Zeiten bei dieser Anrechnung berücksichtigungsfähig sind, ist nicht Gegenstand der abstrakten Normenkontrolle (Beschluss vom 27. April 1992 a.a.O.). Die von der Beschwerde geltend gemachte Abweichung von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und verschiedener Oberverwaltungsgerichte ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO kein Grund, die Revision zuzulassen.
3. Ein Verfahrensmangel ist ebenfalls nicht hinreichend bezeichnet. Die Beschwerde legt nicht - wie dies erforderlich wäre - dar, welche entscheidungserheblichen Tatsachen der Verwaltungsgerichtshof durch die Beiziehung der von ihr genannten Akten und die Vernehmung des Leiters des Bauamtes der Antragsgegnerin als Zeugen hätte ermitteln sollen. Dass der durch die neue Veränderungssperre gesicherte Planentwurf für die Bereiche, in denen die Grundstücke der Antragsteller liegen, im Wesentlichen die gleichen Festsetzungen wie der für unwirksam erklärte Bebauungsplan enthält, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht in Abrede gestellt (UA S. 4).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO, die Streitwertentscheidung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Ende der Entscheidung
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