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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 25.05.2000
Aktenzeichen: BVerwG 4 BN 17.00
Rechtsgebiete: BauGB, VwGO


Vorschriften:

BauGB § 215 a Abs. 1
VwGO § 47 Abs. 5 Satz 4
Leitsatz:

Ein ergänzendes Verfahren nach § 215 a Abs. 1 BauGB kann auch in Betracht kommen, um einen wegen Verstoßes gegen § 8 a BNatSchG mangelhaften Bebauungsplan, ergänzt um die erforderlichen Festsetzungen zum Ausgleich von Eingriffen in Natur und Landschaft, erneut zu beschließen (im Anschluß an BVerwG, Urteil vom 8. Oktober 1998 - BVerwG 4 CN 7.97 - DVBl 1999, 243; Urteil vom 16. Dezember 1999 - BVerwG 4 CN 7.98 - BauR 2000, 684). Insbesondere wenn die Gemeinde nach der ursprünglichen Planungskonzeption solche Festsetzungen bereits vorgesehen, davon jedoch im weiteren Planaufstellungsverfahren aufgrund unzutreffender rechtlicher Erwägungen abgesehen hatte, kann das Normenkontrollgericht gemäß § 47 Abs. 5 Satz 4 VwGO von der - konkreten - Möglichkeit einer Behebung des Mangels ausgehen.

Beschluß des 4. Senats vom 25. Mai 2000 - BVerwG 4 BN 17.00 -

I. OVG Koblenz vom 28.01.2000 - Az.: OVG 1 C 10029/99 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 4 BN 17.00 OVG 1 C 10029/99

In der Normenkontrollsache

hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 25. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Gaentzsch und die Richter Prof. Dr. Rojahn und Dr. Jannasch

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. Januar 2000 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 DM festgesetzt.

Gründe:

Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.

1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Antragsteller beimißt.

1.1 Die Frage,

"Bedürfen Deich- und Dammbauten, die den Hochwasserabschluß" - gemeint ist offenkundig der Hochwasserabfluß - "beeinflussen, nur dann der Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens gem. § 31 WHG, wenn sie geeignet sind, dem allgemeinen Hochwasserschutz zu dienen, oder ist es irrelevant, welchem Zweck sie zu dienen bestimmt sind.",

stellt sich in der vorliegenden Normenkontrollsache lediglich im Zusammenhang mit der Frage, welche Festsetzungen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 16 BauGB in einem Bebauungsplan getroffen werden dürfen. Insoweit betrifft sie jedoch ausgelaufenes Recht. Denn die in § 9 Abs. 1 Nr. 16 BauGB 1987 noch enthaltene Einschränkung "soweit diese Festsetzungen nicht nach anderen Vorschriften getroffen werden können" ist im BauGB 1998 nicht mehr enthalten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Rechtsfragen bei auslaufendem Recht trotz anhängiger Fälle regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung, da die Zulassungsvorschrift des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur eine für die Zukunft geltende Klärung herbeiführen soll (vgl. Beschluß vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 = NVwZ-RR 1996, 712). Die gilt nur dann nicht, wenn die Klärung noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung ist. Hierzu trägt die Beschwerde jedoch nichts vor.

Davon abgesehen unterstellt die Beschwerde in ihrer Fragestellung bereits, daß es sich vorliegend überhaupt um Deich- und Dammbauten im Sinne von § 31 Abs. 2 Satz 2 WHG (Fassung 1996) handelt. Demgegenüber ist das Oberverwaltungsgericht gerade zu der durchaus nachvollziehbaren Überzeugung gelangt, daß die Herstellung eines Sportplatzes innerhalb eines Überschwemmungsgebiets in etwas erhöhter Höhenlage keinen Deich- oder Dammbau bildet, so daß sich auch aus diesem Grund die von der Beschwerde formulierte Frage in einem Revisionsverfahren nicht stellen würde.

1.2 Auch die von der Beschwerde zur Auslegung von § 215 a BauGB aufgeworfenen Fragen rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision. Der Senat hat bereits hervorgehoben, daß die Anwendbarkeit von § 215 a BauGB auf der einen Seite voraussetzt, daß der Mangel nicht die Grundzüge der Planung berührt (Urteil vom 8. Oktober 1998 - BVerwG 4 CN 7.97 - DVBl 1999, 243 = NVwZ 1999, 414 = ZfBR 1999, 107) und der festgestellte Fehler nicht so schwer wiegt, daß er den Kern der Abwägung betrifft (Beschluß vom 10. November 1998 - BVerwG 4 BN 45.98 - Buchholz 406.11 § 215 a BauGB Nr. 2 = NVwZ 1999, 420). Auf der anderen Seite ist § 215 a BauGB auch dann anzuwenden, wenn ein Bebauungsplan an Mängeln leidet, die durch inhaltliche Änderungen oder Ergänzungen des Plans in einem ergänzenden Verfahren behoben werden können (vgl. die Urteile vom 16. Dezember 1999 - BVerwG 4 CN 7.98 - BauR 2000, 684 = ZfBR 2000, 266 und 8. Oktober 1998 - BVerwG 4 CN 7.97 -, a.a.O). Es ist also nicht ausgeschlossen, daß die erneute Abwägung zu einer Änderung des Planinhalts führt. Aus dieser Rechtsprechung des beschließenden Senats läßt sich ohne weiteres ableiten, daß ein ergänzendes Verfahren auch mit dem Ziel durchgeführt werden kann, Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen festzusetzen, die eine Gemeinde nach ihrer ursprünglichen Planungskonzeption bereits vorgesehen hatte (vgl. hierzu S. 12 des Normenkontrollurteils), von deren Festsetzung sie dann aber aufgrund unzutreffender rechtlicher Erwägungen abgesehen hat (vgl. hierzu S. 12 ff. des Normenkontrollurteils). Soweit die in der Beschwerdeschrift auf Seite 4 formulierten Fragen über die vorliegende vom Oberverwaltungsgericht festgestellte Fallkonstellation hinausgehen, wären sie in ihrer Allgemeinheit auch in einem Revisionsverfahren nicht klärungsbedürftig und rechtfertigen daher nicht die Zulassung der Revision.

2. Die Beschwerde rügt als Verfahrensfehler eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Ihr Vorbringen ergibt dies nicht. Sie räumt selbst ein, daß das Oberverwaltungsgericht den Vortrag des Antragstellers, die Bebauung seiner Grundstücke sei nach dem früheren (nichtigen) Bebauungsplan "wie auch nach § 34 BauGB" zulässig gewesen, in den Tatbestand des Urteils aufgenommen hat. Bereits eine derartige Erwähnung eines Vorbringens schließt regelmäßig die Annahme aus, das Gericht habe es nicht zur Kenntnis genommen. Davon abgesehen ist die Antragsgegnerin der Würdigung des Antragstellers, seine rückwärtig hinter der vorhandenen Blockrandbebauung liegenden Grundstücke seien gemäß § 34 BauGB bebaubar gewesen, mit beachtlichen Gründen entgegengetreten. Daher liegt es nahe, daß das Oberverwaltungsgericht das entsprechende Argument des Antragstellers im Rahmen seiner Würdigung der Abwägungsentscheidung der Antragsgegnerin als weniger gewichtig angesehen hat und deswegen nicht weiter darauf eingegangen ist. Ein Gericht ist jedoch - die Beschwerde verkennt dies im Grundsatz auch nicht - nicht verpflichtet, auf jeden rechtlichen Gesichtspunkt einzugehen, der ihm vorgetragen wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 14 Abs. 1 und 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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