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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 19.02.2004
Aktenzeichen: BVerwG 4 CN 16.03
Rechtsgebiete: BauGB, EEG, VwGO


Vorschriften:

BauGB § 1 Abs. 3
BauGB § 1 Abs. 4
BauGB § 1 Abs. 6
BauGB § 2 Abs. 1
BauGB § 14 Abs. 1
BauGB § 14 Abs. 3
BauGB § 17 Abs. 1
BauGB § 35 Abs. 3 Satz 3
BauGB § 36 Abs. 2
BauGB § 245 b
EEG § 2 Abs. 1 Satz 1
VwGO § 47
VwGO § 142
Durch die Erteilung ihres Einvernehmens zu einem Bauvorhaben wird die Gemeinde grundsätzlich nicht gehindert, eine dem Vorhaben widersprechende Bauleitplanung zu betreiben und sie durch eine Veränderungssperre zu sichern.

Eine Veränderungssperre, die der Gemeinde erst die Zeit für die Entwicklung eines bestimmten Planungskonzepts geben soll, ist mangels eines beachtlichen Sicherungsbedürfnisses unwirksam.

Ein Normenkontrollverfahren wegen einer Veränderungssperre erledigt sich nicht nach zwei Jahren durch Zeitablauf, wenn die Gemeinde zuvor die Geltungsdauer der Veränderungssperre verlängert hat.


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 4 CN 16.03

Verkündet am 19. Februar 2004

In der Normenkontrollsache

hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Lemmel, Halama, Prof. Dr. Rojahn und Dr. Jannasch

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Mai 2003 wird aufgehoben.

Die Satzung der Antragsgegnerin über die Veränderungssperre für den Geltungsbereich des Bebauungsplans "Windfeld COE 01" vom 25. Juli 2001 in der Fassung der Verlängerungssatzung vom 17. Juli 2003 ist nichtig.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I.

Die Antragsteller wenden sich im Normenkontrollverfahren gegen eine Veränderungssperre, die die Antragsgegnerin für ein Gebiet erlassen hat, das im Gebietsentwicklungsplan als Windeignungsbereich dargestellt ist.

Der Gebietsentwicklungsplan Regierungsbezirk Münster - Teilabschnitt Münsterland - stellt für den Gemeindebereich der Antragsgegnerin zwei "Bereiche mit Eignung für die Nutzung erneuerbarer Energien" dar. Zu ihnen gehört der etwa 100 ha große Windeignungsbereich "Windfeld COE 01". Unter dem 27. Mai 2000 beantragten die Antragsteller eine Baugenehmigung zur Errichtung einer Windenergieanlage in diesem Bereich. Die Antragsgegnerin erteilte zu dem Vorhaben ihr Einvernehmen nach § 36 BauGB. Der Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes in der Nähe des Windfeldes wandte sich gegen die Windenergieanlage, weil er nachteilige Wirkungen für den auf seinem Hof und in dessen Umgebung betriebenen Pferdesport befürchtete. Mit Schreiben vom 12. Juli 2001 teilte die Bauaufsichtsbehörde der Antragsgegnerin mit, dass sie in Kürze die von den Antragstellern beantragte Baugenehmigung (und drei weitere Baugenehmigungen für Windenergieanlagen) erteilen werde.

Darauf fasste der Bürgermeister der Antragsgegnerin zusammen mit einem Ratsmitglied am 25. Juli 2001 wegen Dringlichkeit den Beschluss, einen Bebauungsplan "Windfeld COE 01" für ein etwa 200 ha großes Gebiet, zu dem der Windeignungsbereich "Windfeld COE 01" des Gebietsentwicklungsplans gehört, aufzustellen. Sie beschlossen ferner für den Geltungsbereich des Bebauungsplans eine Veränderungssperre. Beide Beschlüsse wurden am 27. Juli 2001 bekannt gemacht und am 13. September 2001 vom Rat der Antragsgegnerin genehmigt. Nach Erlass der Veränderungssperre wurde der Bauantrag der Antragsteller abgelehnt.

Mit ihrem Normenkontrollantrag haben die Antragsteller geltend gemacht: Nach Erteilung des Einvernehmens gemäß § 36 BauGB könne die Antragsgegnerin ihrem Bauvorhaben keine geänderten bauleitplanerischen Vorstellungen entgegenhalten. Die Einleitung der Bauleitplanung sei nicht gerechtfertigt, weil es zu keinem ernsthaften Konflikt mit dem Pferdesportbetrieb kommen könne. Turnierpferde könnten sich ohne weiteres an Windenergieanlagen gewöhnen. Ein hinreichend konkretes Plankonzept, das durch die Veränderungssperre gesichert werden könne, bestehe nicht. Vielmehr betreibe die Antragsgegnerin eine unzulässige Verhinderungsplanung. Der Bebauungsplan werde in Widerspruch zum Gebietsentwicklungsplan treten. Mit ihm verfolge die Antragsgegnerin städtebaulich unzulässige Ziele, nämlich die Sicherung einer unverfälschten westfälischen Parklandschaft. Der Bebauungsplan werde auch abwägungsfehlerhaft sein, weil er allein der Begünstigung des Pferdesportbetriebes diene.

Die Antragsgegnerin hat die Veränderungssperre verteidigt und insbesondere vorgetragen, es gehe um die Lösung des Interessenkonflikts zwischen der Windenergienutzung und den Belangen des Pferdesportbetriebes. Durch den Bebauungsplan sollten die Darstellungen der Regionalplanung und des künftigen Flächennutzungsplans konkretisiert werden. Teilbereiche der Eignungsfläche könnten möglicherweise für eine Windenergienutzung nicht in Betracht kommen.

Das Normenkontrollgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 15. Mai 2003 abgelehnt. Der Normenkontrollantrag sei zulässig, aber unbegründet. Die Erteilung des Einvernehmens zu dem Vorhaben der Antragsteller stelle kein Hindernis für den Erlass der Veränderungssperre dar. Sie genüge auch den Anforderungen des § 14 BauGB. Die Antragsgegnerin verfolge nicht lediglich negative Zielvorstellungen. Vielmehr wolle sie das Interesse am Betreiben von Windenergieanlagen mit dem Interesse des Pferdesportbetriebes in eine abgewogene Entscheidung des gemeindepolitisch Gewollten bringen. Die Interessen dieses Betriebes seien auch nicht von vornherein unbeachtlich. Der erwogene Bebauungsplan werde keinesfalls notwendig an nicht behebbaren Mängeln leiden. Ob die Darstellung der Windeignungsgebiete im Gebietsentwicklungsplan Regierungsbezirk Münster - Teilabschnitt Münsterland - eine verbindliche Vorgabe im Sinne von § 3 Nr. 2 ROG sein solle, bedürfe der Auslegung des Gebietsentwicklungsplans, deren Ergebnis nicht offenkundig sei. Auch könne der Gebietsentwicklungsplan erforderlichenfalls vor Erlass des Bebauungsplans geändert oder ein Zielabweichungsverfahren durchgeführt werden.

Die Antragsgegnerin hat die Geltungsdauer der Veränderungssperre vom 25. Juli 2001 mit Beschluss vom 17. Juli 2003 um ein weiteres Jahr verlängert.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision wiederholen und vertiefen die Antragsteller ihr bisheriges Vorbringen. Sie beantragen,

den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Mai 2003 aufzuheben und die Satzung der Antragsgegnerin über die Veränderungssperre für den Geltungsbereich des Bebauungsplans "Windfeld COE 01" vom 25. Juli 2001 in der Fassung der Verlängerungssatzung vom 17. Juli 2003 für nichtig zu erklären,

hilfsweise,

die Satzung über die Veränderungssperre in ihrer ursprünglichen Fassung für nichtig zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Normenkontrollgerichts für zutreffend.

II.

Die Revision der Antragsteller ist zulässig und begründet. Dem Normenkontrollantrag hätte stattgegeben werden müssen. Denn die streitige Veränderungssperre ist nichtig.

1. Der Normenkontrollantrag ist nicht deshalb unzulässig geworden, weil sich der Rechtsstreit durch Zeitablauf erledigt hat, wie die Antragsgegnerin geltend macht. Zwar ist die Geltungsdauer der Veränderungssperre gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BauGB auf zwei Jahre begrenzt, so dass die streitige Veränderungssperre vom 25. Juli 2001, die am 27. Juli 2001 bekannt gemacht worden ist, an sich inzwischen außer Kraft getreten wäre. Die Antragsgegnerin hat jedoch von der Möglichkeit des § 17 Abs. 1 Satz 3 BauGB Gebrauch gemacht und hat die Geltungsdauer der Veränderungssperre mit Beschluss vom 17. Juli 2003 um ein weiteres Jahr verlängert. Diese Verlängerung erfolgt zwar nach den Regeln des § 16 BauGB in der Form einer Satzung. Es handelt sich jedoch bei ihr nicht um eine selbständige Veränderungssperre, sondern nur um die Verlängerung der Geltungsdauer der ursprünglichen Veränderungssperre. Diese bleibt als Gegenstand des Normenkontrollverfahrens erhalten. Materiell und prozessual sind die ursprüngliche Veränderungssperre und ihre Verlängerung als Einheit anzusehen (vgl. auch OVG Berlin, Beschluss vom 24. September 2001 - 2 A 1/01 - NVwZ-RR 2002, 394). Denn ohne die ursprüngliche Veränderungssperre wäre die neue Satzung nicht lebensfähig; wenn die ursprüngliche Veränderungssperre an einem Rechtsfehler leidet, ist die Verlängerungssatzung schon aus diesem Grunde unwirksam (Schenke, WiVerw 1994, 253 <312>). Deshalb liegt in der Einbeziehung der Verlängerung in das Revisionsverfahren auch keine gemäß § 142 Abs. 1 VwGO unzulässige Klageänderung (in diesem Sinne auch BVerwG, Urteil vom 26. November 2003 - BVerwG 9 C 6.02 -, zu Rechtsänderungen im Revisionsverfahren bei einer Feststellungsklage).

2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die streitige Veränderungssperre ist unwirksam, weil eine der Voraussetzungen für ihren Erlass fehlt. Sie war nicht zur Sicherung der Planung erforderlich, weil entgegen der Rechtsauffassung des Normenkontrollgerichts im Zeitpunkt ihres Erlasses der künftige Inhalt des Bebauungsplans "Windfeld COE 01" nicht in einem Mindestmaß konkretisiert und absehbar war.

a. Allerdings war es der Antragsgegnerin nicht schon deshalb verwehrt, eine Veränderungssperre zu erlassen, weil die Antragsteller - wie die Revision geltend macht - nach Ablauf der Frist des § 245 b BauGB gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB einen Anspruch auf die begehrte Baugenehmigung erlangt haben.

Insbesondere trifft es nicht zu, dass die Gemeinden nach Ablauf der Übergangsfrist des § 245 b BauGB am 31. Dezember 1998 grundsätzlich keine Möglichkeit mehr haben, eine der Windenergienutzung widersprechende Bauleitplanung zu betreiben und diese durch eine Veränderungssperre zu sichern. Nach § 245 b Abs. 1 Satz 1 BauGB hatte die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Windenergieanlagen im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB bis längstens zum 31. Dezember 1998 auszusetzen, wenn die Gemeinde beschlossen hatte, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen, und beabsichtigte zu prüfen, ob Darstellungen zu Windenergieanlagen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB in Betracht kommen. Die Vorschrift flankierte die mit dem Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuchs vom 30. Juli 1996 (BGBl I S. 1189) eingeführte Privilegierung der Windenergieanlagen durch § 35 Abs. 1 Nr. 7 BauGB (seit 1. Januar 1998: § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB) und die den Gemeinden eingeräumte Befugnis, durch die Ausweisung von Konzentrationszonen und die Sperrung des übrigen Außenbereichs für Windenergieanlagen deren Ansiedlung planerisch zu steuern. Durch die Möglichkeit, Genehmigungsanträge für Windenergieanlagen zurückstellen zu lassen, erhielten die Gemeinden die Gelegenheit, ihre Flächennutzungsplanung an der neuen Rechtslage auszurichten, ohne befürchten zu müssen, durch die zwischenzeitliche Errichtung von Windenergieanlagen außerhalb der (späteren) Konzentrationszonen vor die vollendete Tatsache gestellt zu werden, einen unerwünschten Wildwuchs derartiger Anlagen im Gemeindegebiet nicht mehr verhindern zu können. Mehr als die befristete Bereitstellung eines Instruments zur Sicherung künftiger Darstellungen in Flächennutzungsplänen nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB gibt § 245 b BauGB jedoch nicht her. Weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck der Norm lässt sich ein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass die Gemeinden nach dem 31. Dezember 1998 gehindert wären, erstmals einen den Anforderungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB genügenden Flächennutzungsplan aufzustellen, oder dass sie an einer einmal getroffenen Entscheidung festgehalten werden sollten. Vielmehr sind die Gemeinden in den - weiten - Grenzen des § 1 Abs. 3 BauGB jederzeit berechtigt, ihre Bauleitplanung zu ändern und diese Planung durch eine Veränderungssperre zu sichern (BVerwG, Beschluss vom 25. November 2003 - BVerwG 4 BN 60.03 -).

Dies gilt auch für Konzentrationszonen im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Auch wenn ein Gebiet durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziel der Raumordnung für die Windenergienutzung ausgewiesen ist, darf die Gemeinde ihre Bauleitplanung unter Einsatz der Veränderungssperre ändern. Gegen die Zulässigkeit einer Veränderungssperre in Konzentrationszonen spricht auch nicht, dass durch die Veränderungssperre das für die Anwendung von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vorausgesetzte gesamträumliche Planungskonzept, von dem die Ausschlusswirkung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB abhängt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 2003 - BVerwG 4 C 3.02 - ZfBR 2003, 469), gestört wird, weil auch auf Flächen, die nach der planerischen Entscheidung der Gemeinde oder des Trägers der Regionalplanung für Windenergieanlagen zur Verfügung stehen sollen, ihre Errichtung nicht zulässig ist. Denn die Veränderungssperre lässt dieses Konzept unberührt; sie stellt nur ein vorübergehendes Hindernis für die Bebauung der Konzentrationszone dar. Eine zeitlich begrenzte Bausperre durch eine Veränderungssperre muss der betroffene Bürger jedoch für deren Geltungsdauer allgemein hinnehmen (BVerwG, Beschluss vom 25. November 2003 - BVerwG 4 BN 60.03 -).

Auch im Hinblick auf die Anpassungspflicht nach § 1 Abs. 4 BauGB begegnet die Veränderungssperre keinen Bedenken. Denn sie dient keineswegs zwangsläufig der Sicherung einer Bauleitplanung, die von vornherein rechtswidrig ist. Eine Überplanung des "Windfeldes COE 01" unter Beachtung des Anpassungsgebots wäre möglich, wenn der künftige Bebauungsplan die raumordnerische Entscheidung des Gebietsentwicklungsplans im Grundsatz akzeptieren würde und seine Aufgabe nur in einer "Feinsteuerung" zum innergebietlichen Interessenausgleich der Windenergieprojekte, aber auch gegenüber anderen Nutzungen innerhalb und außerhalb des Plangebiets liegen würde. Im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre konnte ferner nicht ausgeschlossen werden, dass die Darstellung als Windfeld im Gebietsentwicklungsplan während der Aufstellung des Bebauungsplans noch geändert werde. Zudem ist nicht einmal sicher, ob die Darstellung des Windeignungsgebietes im Gebietsentwicklungsplan überhaupt als Konzentrationszone zu werten ist. Das für die Auslegung des irrevisiblen Gebietsentwicklungsplans zuständige Normenkontrollgericht hat ausdrücklich offen gelassen, ob der Gebietsentwicklungsplan mit der Ausweisung von Windfeldern raumordnerische Ziele oder nur Grundsätze festsetzt. Die Frage kann auch im Revisionsverfahren offen bleiben, weil § 1 Abs. 4 BauGB erst recht kein Planungshindernis darstellen würde, wenn das Windfeld COE 01 raumordnerisch nur als "Grundsatz" für die Windenergie vorgesehen wäre.

Entgegen der Rechtsauffassung der Revision ist schließlich auch das Gesetz über den Vorrang Erneuerbarer Energien vom 29. März 2000 (BGBl I S. 305) - EEG - für die rechtliche Beurteilung der streitigen Veränderungssperre ohne Bedeutung. Das Gesetz regelt die Abnahme und die Vergütung von Strom (§ 2 Abs. 1 Satz 1 EEG), jedoch keine bauplanungsrechtlichen Fragen.

b. Das Normenkontrollgericht hat ferner zu Recht angenommen, dass die Antragsgegnerin durch die Erteilung ihres Einvernehmens für die Errichtung der Windenergieanlage der Antragsteller nicht gehindert ist, ihre bauleitplanerischen Vorstellungen zu ändern und zu ihrer Sicherung eine Veränderungssperre zu erlassen. Das Recht - und die Pflicht - der Gemeinde, ihre Bauleitpläne in eigener Verantwortung aufzustellen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB), wird durch die Erteilung des Einvernehmens zu einem konkreten Bauvorhaben nicht berührt. Die Gemeinde darf ihre Bauleitpläne immer dann aufstellen, wenn es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist (§ 1 Abs. 3 BauGB). Dabei kommt es in erster Linie auf die Sicht der Gemeinde selbst an. Sie darf die städtebauliche Entwicklung in ihrem Gemeindegebiet bestimmen und sich dabei grundsätzlich von "gemeindepolitischen" Motiven, die sich jederzeit ändern können, leiten lassen (so bereits BVerwG, Beschluss vom 26. Oktober 1998 - BVerwG 4 BN 43.98 - Buchholz 406.11 § 36 BauGB Nr. 53; vgl. auch OVG Lüneburg, Urteil vom 17. Dezember 1998 - 1 K 1103/98 - NVwZ 1999, 1001). Auf der Respektierung des Rechts der Gemeinde, ihre Bauleitplanung - unter Beachtung der gesetzlichen Regeln - jederzeit nach ihren eigenen Vorstellungen zu betreiben, beruht auch die Entscheidung des Senats, dass die Gemeinde der Vollstreckung aus einem rechtskräftigen Verpflichtungsurteil mit einem nachträglich geänderten Bauleitplan entgegentreten kann (Urteil vom 19. September 2002 - BVerwG 4 C 10.01 - BVerwGE 117, 44), wie die Antragsgegnerin zutreffend geltend macht.

Dem steht die Einvernehmensregelung des § 36 BauGB nicht entgegen. Zwar besteht der Zweck der Gemeindebeteiligung im Baugenehmigungsverfahren nach § 36 BauGB nicht allein darin, der Gemeinde die Möglichkeit zu einer eigenen Beurteilung des Vorhabens auf der Grundlage der gegenwärtigen planungsrechtlichen Rechtslage zu geben. Die Gemeinde soll vielmehr auch Gelegenheit erhalten, aus Anlass eines konkreten Bauantrags ihre Bauleitplanung zu ändern und zu ihrer Sicherung mit den Mitteln der §§ 14 und 15 BauGB ein bisher planungsrechtlich zulässiges Vorhaben zu verhindern. Mit der Zwei-Monats-Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB steht ihr hierfür ausreichend Zeit zur Verfügung. Die Gemeinde verliert ihre Planungsbefugnis jedoch nicht, wenn sie auf der Grundlage der bestehenden Rechtslage gemäß § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB ihr Einvernehmen erteilt oder wenn es nach Ablauf von zwei Monaten gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB als erteilt gilt. Eine gesetzliche Regelung, nach der die Einvernehmenserklärung zum Verlust der Planungsbefugnis führt, gibt es nicht. Und auch aus § 36 BauGB lässt sich kein Planungsverbot herleiten. Denn diese Vorschrift gilt für die Zulassung von Vorhaben; die Aufstellung von Bauleitplänen ist nicht Gegenstand der Regelung des § 36 BauGB. Im Übrigen würde die Rechtsauffassung, dass die Gemeinde wegen der Erteilung ihres Einvernehmens das betroffene Grundstück nicht mehr überplanen dürfe, auch zu praktisch nicht lösbaren Problemen führen. Denn im Ergebnis wäre es der Gemeinde oft nicht mehr möglich, städtebaulich sinnvolle Plangebiete festzulegen, wenn sie bestimmte Grundstücke aus der Planung herausnehmen müsste.

Stellt also das tatsächlich oder fiktiv erteilte Einvernehmen der Gemeinde zu einem konkreten Bauvorhaben kein Hindernis für die Bauleitplanung der Gemeinde dar, so kann allerdings die Einvernehmenserteilung im Einzelfall Auswirkungen auf die materielle Rechtmäßigkeit eines ihm inhaltlich widersprechenden Bebauungsplans haben. Durch die Erteilung des Einvernehmens erlangt der Bauantragsteller eine Position, die die Gemeinde im Rahmen ihrer Bauleitplanung berücksichtigen muss. Der Zweck der Fristenregelung des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB besteht nämlich nicht nur darin, das Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Vielmehr dient die Vorschrift vornehmlich dem Schutz des Bauantragstellers. Er darf darauf vertrauen, dass über eine Teilfrage des Genehmigungsverfahrens innerhalb der Zwei-Monats-Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB Klarheit geschaffen wird. Deshalb kann die Erteilung des Einvernehmens auch nicht widerrufen oder zurückgenommen werden; denn dies würde dem Sinn der Vorschrift widersprechen, innerhalb der Frist klare Verhältnisse über die Einvernehmenserklärung der Gemeinde zu schaffen (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 24.95 - ZfBR 1997, 216). Werden die Belange eines Bauherrn, zu dessen Bauvorhaben die Gemeinde gerade erst ihr unwiderrufliches Einvernehmen erklärt hat, bei der Planung nicht ausreichend berücksichtigt, so kann der Bebauungsplan an einem Abwägungsfehler leiden. Für die Wirksamkeit einer zur Sicherung des Bebauungsplans erlassenen Veränderungssperre kommt es darauf jedoch grundsätzlich nicht an. Denn in der Regel lässt sich die Rechtmäßigkeit eines Bebauungsplans vor Beendigung des Planaufstellungsverfahrens nicht abschließend beurteilen. Potenzielle Rechtsmängel des künftigen Bebauungsplans können deshalb nur dann (ausnahmsweise) zur Unwirksamkeit der Veränderungssperre führen, wenn bereits sicher ist, dass sie dem Bebauungsplan unvermeidbar anhaften müssen. Derartige Mängel sind hier nicht erkennbar.

Der Senat hat erwogen, ob Vorhaben, für die zwar noch keine Baugenehmigung erteilt ist, zu denen die Gemeinde jedoch ihr Einvernehmen erteilt hat, generell oder bei unveränderter Sach- und Rechtslage wegen der Bindung der Gemeinde an das erteilte Einvernehmen in erweiternder oder analoger Anwendung des § 14 Abs. 3 BauGB von den Wirkungen der Veränderungssperre freizustellen sind (vgl. auch Jäde, Gemeinde und Baugesuch, 2. Aufl. 2000, Rn. 123). Die Frage kann offen bleiben, weil sie in einem Normenkontrollverfahren nicht entscheidungserheblich ist. Im Normenkontrollverfahren kann nämlich nur geklärt werden, ob eine Norm - hier: die Veränderungssperre - gültig ist. Ob ein bestimmtes Vorhaben im Geltungsbereich der Veränderungssperre von ihr nicht erfasst wird, hängt jedoch nicht von ihrer Ungültigkeit ab, sondern setzt ihre Wirksamkeit gerade voraus. Die Frage, ob ein bestimmtes Vorhaben gemäß § 14 Abs. 3 BauGB von einer Veränderungssperre nicht berührt wird, kann deshalb ebenso wenig Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens sein wie die Frage, ob eine Veränderungssperre für ein bestimmtes Vorhaben wegen einer vorangegangenen Zurückstellung gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB keine Wirkungen mehr besitzt (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 27. April 1992 - BVerwG 4 NB 11.92 - ZfBR 1992, 185). Im vorliegenden Fall ist die Frage nach der relativen Unwirksamkeit der Veränderungssperre im Hinblick auf das Vorhaben der Antragsteller ferner schon deshalb unerheblich, weil die streitige Veränderungssperre - wie sogleich näher auszuführen ist - aus einem anderen Grunde nichtig ist.

c. Mit Bundesrecht nicht vereinbar ist die Rechtsauffassung des Normenkontrollgerichts, die Veränderungssperre vom 25. Juli 2001 sei zur Sicherung der Planung erforderlich, die Gegenstand des Aufstellungsbeschlusses der Antragsgegnerin ist. Die streitige Veränderungssperre ist mangels Sicherungsbedürfnisses unwirksam, weil der künftige Inhalt des Bebauungsplans "Windfeld COE 01" entgegen der Rechtsauffassung des Normenkontrollgerichts im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre nicht in einem Mindestmaß konkretisiert und absehbar war.

Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll (stRspr, z.B. BVerwG, Urteil vom 10. September 1976 - BVerwG 4 C 39.74 - BVerwGE 51, 121 <128>; Beschluss vom 27. Juli 1990 - BVerwG 4 B 156.89 - ZfBR 1990, 302; Beschluss vom 25. November 2003 - BVerwG 4 BN 60.03 -). Wesentlich ist dabei, dass die Gemeinde bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat. Eine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus. Denn wenn Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung der betroffenen Grundflächen fehlen, ist der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans noch offen. Die nachteiligen Wirkungen der Veränderungssperre wären - auch vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG - nicht erträglich, wenn sie zur Sicherung einer Planung dienen sollte, die sich in ihrem Inhalt noch in keiner Weise absehen lässt (BVerwG, Urteil vom 10. September 1976 - BVerwG 4 C 39.74 - BVerwGE 51, 121 <128>; Beschluss vom 5. Februar 1990 - BVerwG 4 B 191.89 - ZfBR 1990, 206). Ein Mindestmaß an konkreter planerischer Vorstellung gehört auch zur Konzeption des § 14 BauGB. Nach seinem Absatz 2 Satz 1 kann eine Ausnahme von der Veränderungssperre zugelassen werden, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Ob der praktisch wichtigste öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung, beeinträchtigt ist, kann aber nur beurteilt werden, wenn die planerischen Vorstellungen der Gemeinde nicht noch völlig offen sind.

Das Normenkontrollgericht ist zwar von demselben rechtlichen Ansatz ausgegangen. Es begnügt sich jedoch mit einem Planungsziel, bei dem die künftige Nutzung der Flächen im Plangebiet ungeklärt ist. Über den Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans findet sich in seiner Entscheidung allein die Aussage, die Antragsgegnerin wolle die Interessen des Pferdesportbetriebes abwägend berücksichtigen; sie wolle mit andern Worten das Interesse am Betreiben von Windenergieanlagen mit dem Interesse dieses Betriebes in eine abgewogene Entscheidung des gemeindepolitisch Gewollten einstellen. Das Normenkontrollgericht stellt also nicht etwa fest, was die zulässige Art der baulichen Nutzung im Plangebiet sein solle. Der Entscheidung lässt sich auch nicht entnehmen, dass beispielsweise ein Sondergebiet für Windenergieanlagen festgesetzt und lediglich noch einzelne Festsetzungen zum Schutz des Reiterhofes getroffen werden sollten; eine solche Feinplanung könnte durch eine Veränderungssperre gesichert werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. November 2003 - BVerwG 4 BN 60.03 -). Aus der Begründung zum Aufstellungsbeschluss, auf den die Vorinstanz Bezug nimmt, ergibt sich vielmehr, dass bei der Planung dem Schutz der Landschaft zu Gunsten der Reitbetriebe Vorrang zu geben sei und dass die Einschätzung der Regionalplanung, nach der das Gebiet grundsätzlich für Windkraftanlagen geeignet sei, an den berechtigten Nutzungsinteressen der Nachbarschaft insgesamt scheitern könne.

Eine derartige Planung, bei der in einem raumordnerisch für die Windenergie vorgesehenen Gebiet Festsetzungen zugunsten von Windenergieanlagen - wie die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung treffend formuliert hat - "von Null bis Hundert" möglich sind, also alles noch offen ist, kann nicht durch eine Verände-rungssperre gesichert werden. Zweck der Veränderungssperre ist es, eine bestimmte Bauleitplanung zu sichern. Sie darf nicht eingesetzt werden, um lediglich die Planungszuständigkeit, die Planungshoheit der Gemeinde zu sichern (so z.B. Söfker, in: Weyreuther-Festschrift, 1993, S. 377 <385>). Gerade dies ist jedoch der Fall, wenn eine Gemeinde eine Veränderungssperre erlässt, um erst Zeit für die Entwicklung eines bestimmten Planungskonzepts zu gewinnen. Die "Absicht zu planen" genügt nicht. Zwar kann der Wunsch, ein konkretes Bauvorhaben zu verhindern, das - legitime - Motiv für den Erlass einer Veränderungssperre sein. Eingesetzt werden darf dies Institut jedoch nur, wenn die Gemeinde ein bestimmtes Planungsziel, und zwar ein "positives" Planungsziel, besitzt oder aus Anlass eines Bauantrags entwickelt und deshalb das Entstehen vollendeter Tatsachen verhindern will.

Zu weitergehenden Ausführungen über das erforderliche Mindestmaß der Konkretisierung der zu sichernden Planung gibt der vorliegende Fall keinen Anlass. Das Mindestmaß dürfte im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalls abhängen und deshalb einer revisionsgerichlichen Klärung weitgehend entzogen sein. Zu berücksichtigen ist allerdings auch, dass das Konkretisierungserfordernis nicht überspannt werden darf, weil sonst die praktische Tauglichkeit der Veränderungssperre verloren gehen würde (Schenke, WiVerw 1994, 253 <265>). Zudem wird sich die Gemeinde im Allgemeinen nicht bereits zu Beginn des Aufstellungsverfahrens auf ein bestimmtes Planungsergebnis festlegen können; es ist gerade der Sinn der Vorschriften über die Planaufstellung, dass der Bebauungsplan innerhalb des Planungsverfahrens - insbesondere unter Beachtung des Abwägungsgebotes - erst erarbeitet wird (vgl. auch Jäde, Gemeinde und Baugesuch, 2. Aufl. 2000, Rn. 189). Davon zu unterscheiden ist jedoch eine Planung, deren Konzept erst im Planungsverfahren entwickelt werden soll. Ein solcher Fall liegt hier vor; denn im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre fehlte die Grundentscheidung, ob das 200 ha große Plangebiet überhaupt für die Windenergie ausgewiesen werden solle. Nur wenn die Prüfung durch Sachverständige ergeben sollte, dass der Reitbetrieb durch Windenergieanlagen nicht unzumutbar gestört würde, sollte das Plangebiet nach dem Willen der Antragsgegnerin für sie festgesetzt werden. Das genügt nicht.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 20 000 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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