Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 16.10.2001
Aktenzeichen: BVerwG 4 VR 20.01
Rechtsgebiete: FStrG, 23. BImSchV


Vorschriften:

FStrG § 17 Abs. 4 Satz 1
23. BImSchV § 2
1. Eine Einwendung im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG muss so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, in welcher Weise sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll. Wendet sich ein Eigentümer gegen jegliche Inanspruchnahme seines Grundstücks und macht deutlich, dass aus seiner Sicht alle Lösungen vorzuziehen sind, bei denen das Grundstück nicht oder weniger beeinträchtigt wird, ist es Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, mögliche Alternativen zu prüfen.

2. Es ist rechtlich unbedenklich, wenn die Planfeststellungsbehörde sich bei der Abschätzung gesundheitlicher Risiken und der damit verbundenen Toleranzgrenzen an Werten orientiert, die deutlich unterhalb der Konzentrationswerte in § 2 der 23. BImSchV liegen. Sie ist nicht gehalten, eine Trasse zu wählen, bei der die Orientierungswerte des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI) auch bei trassennahe liegenden Grundstücken unterschritten werden (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1999 - BVerwG 4 A 47.96 - NVwZ 2000, 560 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 148).


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 4 VR 20.01 (4 A 42.01)

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 16. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Paetow und die Richter Prof. Dr. Rojahn und Dr. Jannasch

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der von der Antragstellerin erhobenen Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Chemnitz vom 25. April 2001 anzuordnen, wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Antragsverfahren auf 25 000 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin wendet sich mit ihrer Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Chemnitz vom 25. April 2001. Dieser betrifft den Neubau der Ortsumgehung Lichtenstein im Zuge der B 173.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines mit einem Wochenendhaus bebauten 2 187 m² großen Grundstücks, von dem 575 m² für den Straßenbau in Anspruch genommen werden sollen.

Die Antragstellerin hat am 20. Juli 2001 Klage erhoben und zugleich beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen. Im Klageverfahren beantragt sie, den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss dahingehend zu ergänzen, dass ihr dem Grunde nach eine Außenwohnbereichsentschädigung zusteht, sowie geeignete Maßnahmen zur Verminderung der Schadstoffbelastung zu treffen.

Der Antragsgegner hat den Anspruch auf Gewährung einer Außenwohnbereichsentschädigung für den Fall anerkannt, dass das Gericht den Antrag auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses zurückweist; im Übrigen tritt er der Klage sowie dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes entgegen.

II.

1. Der Antrag ist statthaft und auch sonst zulässig. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss betrifft ein Vorhaben, das unter § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VerkPBG fällt. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG hat die Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss keine aufschiebende Wirkung. Jedoch kann das Bundesverwaltungsgericht, das nach § 5 Abs. 1 VerkPBG im ersten und letzten Rechtszug zuständig ist, nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO als Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung anordnen.

2. Der Antrag bleibt jedoch ohne Erfolg. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses überwiegt das private Interesse der Antragstellerin, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens vor Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben. Bereits eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass die erhobene Anfechtungsklage nach dem derzeitigen Stand des wechselseitigen Vorbringens keine begründete Aussicht auf Erfolg hat. Nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand des Gerichts verletzt der Planfeststellungsbeschluss keine Rechtsvorschriften, deren Verletzung die Antragstellerin geltend machen kann und die zu einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zu der Notwendigkeit eines ergänzenden Verfahrens gemäß § 17 Abs. 6 c Satz 2 FStrG führen. In dieser Situation würde es dem mit § 5 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG verfolgten Beschleunigungszweck zuwiderlaufen, dem Antragsgegner die ihm vom Gesetzgeber eingeräumte Möglichkeit der sofortigen Vollziehung allein mit Rücksicht darauf zu entziehen, dass die Antragstellerin sich im Klagewege gegen das Vorhaben zur Wehr setzt.

2.1 Dabei kann letztlich dahingestellt bleiben, ob die Antragstellerin mit einem Teil ihres Vorbringens nach § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG ausgeschlossen ist, weil sie es - wie der Antragsgegner meint - versäumt haben könnte, in dem durchgeführten Anhörungsverfahren fristgerecht Einwendungen gegen die Trassenführung zu erheben. Allerdings spricht nach summarischer Prüfung mehr gegen als für eine derartige Präklusion.

Die Antragstellerin hat sich in ihrem - auch nach Auffassung des Antragsgegners die Einwendungsfrist wahrenden - Einwendungsschreiben vom 15. August 1999 deutlich dagegen ausgesprochen, dass ihr Grundstück für die geplante Straße teilweise in Anspruch genommen wird. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf einen umfangreichen früheren Schriftwechsel. Dies begegnet keinen Bedenken. Dem Straßenbauamt Zwickau und dem Regierungspräsidium Chemnitz war durch zahlreiche Schreiben der Klägerin bekannt, dass diese (bzw. ihr Vater) sich bereits in den Jahren 1991/1992 gegen den Bebauungsplan Gewerbegebiet "Am Auersberg" gewandt hatte, da sie befürchtete, durch dessen Verabschiedung könnten Zwangspunkte für die - im damaligen Verfahren nur nachrichtlich aufgenommene - Trasse der B 173 entstehen. Im Anschluss daran kam es zu einem umfangreichen Schriftwechsel (unter anderem) zwischen der Klägerin und dem Straßenbauamt Zwickau, das beispielsweise in einem Schreiben vom 8. Januar 1996 an die Klägerin ausführte, ihr Anliegen im Zusammenhang mit der Ortsumgehung Lichtenstein der B 173 sei dem Amt "durch Schriftverkehr und persönliche Kontakte seit langem bekannt". Angesichts dessen brauchte die Antragstellerin dieses alles nicht zu wiederholen.

Der Antragstellerin kann auch nicht entgegengehalten werden, sie hätte die Möglichkeiten einer in einem anderen Radius verlaufenden Trasse oder einer Untertunnelung ihres Grundstücks ausdrücklich benennen müssen; da sie dies im genannten Einwendungsschreiben nicht getan habe, sei sie mit derartigem Vortrag im Klageverfahren präkludiert. Eine Einwendung im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG muss erkennen lassen, in welcher Hinsicht Bedenken gegen die in Aussicht genommene Planfeststellung - aus der Sicht des Einwendenden - bestehen könnten. Das Vorbringen muss so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, in welcher Weise sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll (BVerwG, Beschluss vom 12. Februar 1996 - BVerwG 4 A 38.95 <4 VR 19.95> - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 109). Vorliegend konnte der Planfeststellungsbehörde hinreichend deutlich werden, dass sich die Antragstellerin gegen jegliche Inanspruchnahme ihres Erholungszwecken dienenden Grundstücks wenden wollte und aus ihrer Sicht alle Lösungen vorzuziehen waren, bei denen ihr Grundstück nicht oder weniger beeinträchtigt wird. Dagegen war es Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, mögliche Trassenverschiebungen zu prüfen, wobei die durch die genannte Bebauungsplanung entstandenen Zwangspunkte naturgemäß zu berücksichtigen waren. Auch versteht sich von selbst, dass die Belastung durch den Straßenlärm bei einer Untertunnelung jedenfalls im entsprechenden Streckenabschnitt weitgehend abgemildert werden kann, so dass ein betroffener Grundstückseigentümer hierauf nicht ausdrücklich hinzuweisen braucht (vgl. auch das Urteil des Senats vom 1. September 1997 - BVerwG 4 A 36.96 - BVerwGE 105, 179 <183 f.>).

2.2 Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand des Senats spricht jedoch nichts dafür, dass der Planfeststellungsbeschluss die Belange der Antragstellerin im Rahmen der der Behörde aufgegebenen Abwägung unzureichend berücksichtigt oder unangemessen gewichtet hätte. Insbesondere ist nicht verkannt worden, dass ihr Grundstück Lärmimmissionen ausgesetzt wird, die die Werte der Verkehrslärmschutzverordnung überschreiten. Die Planfeststellungsbehörde durfte auch die nach Verwirklichung des Bebauungsplans "Am Auersberg" entstandene Situation einbeziehen, durch die es - nach der übereinstimmenden Einschätzung beider Seiten - zu Zwangspunkten gekommen ist, die sich zu Lasten der Antragstellerin auswirken. Die Behörde hat ferner keine Trassierungsalternative gesehen, die das Grundstück geringer in Anspruch nimmt oder belastet (PFB S. 91). Die Nachteile, die bei einer geringfügigen Änderung der Trassenführung entstehen, hat der Antragsgegner in seiner Klageerwiderung eingehend dargestellt. Die Verschiebung des Kreisbogens mit unverändertem Radius würde zur vollständigen Inanspruchnahme eines gewerblich genutzten Grundstücks führen und neue verkehrliche Probleme aufwerfen. Eine Vergrößerung des Radius würde entweder einen Eingriff in das vorhandene Gewerbegebiet bewirken oder in abschüssiges Gelände hineinführen. Eine Verkleinerung des Radius wäre wegen der damit einhergehenden Gefährdung der Verkehrsteilnehmer abzulehnen. Auch eine Untertunnelung komme wegen der Geländeverhältnisse hier nicht in Frage. Die Antragstellerin stellt die aufgeführten Nachteile letztlich nicht in Frage. Sie meint aber, ihr Eigentum hätte mit einem höheren Gewicht in die Abwägung eingestellt werden müssen, als die Belange anderer Betroffener oder die genannten Gesichtspunkte der Verkehrssicherheit. Dem ist nicht zu folgen. Denn dem Abwägungsgebot ist keine Verpflichtung dahin zu entnehmen, dass ein für die private Erholung genutztes Grundstück stets höher zu gewichten ist, als die aufgeführten entgegenstehenden Interessen. Hinsichtlich des gegenüberliegenden Grundstücks, auf dem sich ein Autohaus befindet, verkennt die Antragstellerin in diesem Zusammenhang, dass eine Trassenverschiebung dessen Nutzung insgesamt in Frage stellen würde (vgl. Schriftsatz des Antragsgegners vom 29. August 2001, S. 5).

2.3 Auch die Tatsache, dass eine neuere Berechnung der Lärmeinwirkungen auf das Grundstück der Antragstellerin nunmehr zu einer Überschreitung der Werte für den Außenwohnbereich führt, gebietet nicht, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen. Denn durch diese - bezogen auf die gesamte Planung im betroffenen Bereich - geringfügige Veränderung der Immissionssituation wird das Ergebnis der Planfeststellung nicht in Frage gestellt. Vielmehr kann dem durch die Gewährung einer Entschädigung für den Außenwohnbereich entsprochen werden; hierzu ist der Antragsgegner im Übrigen auch bereit.

2.4 Auch der Vortrag der Antragstellerin zur Belastung ihres Grundstücks mit Schadstoffen gebietet nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Die Planfeststellungsbehörde hat zur Beurteilung der Schadstoffsituation ein Gutachten des Büros Dr. G. eingeholt. Danach werden auf dem Grundstück der Antragstellerin die Konzentrationswerte für Luftverunreinigungen der 23. BImSchV eingehalten. Diese Einschätzung beruht auf einer Prognose. Eine solche prognostische Beurteilung der mit einem Straßenbauvorhaben verbundenen Zunahme der Abgas- und Schadstoffbelastungen und der damit einhergehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen ist in Ermangelung normierter Werte zulässig und geboten. Normativ festgesetzte Grenz- oder Orientierungswerte für Benzol und Ruß (Dieselruß), die für den Straßenbau gelten, bestehen nicht, weil derzeit keine wissenschaftlich vertretbare Schwellendosis angegeben werden kann, bei deren Unterschreiten Gesundheitsrisiken ausgeschlossen sind (vgl. hierzu das Urteil des Senats vom 26. Februar 1999 - BVerwG 4 A 47.96 - NVwZ 2000, 560 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 148). In dieser Situation ist es unbedenklich, die Konzentrationswerte für Ruß und Benzol, die § 2 der 23. BImSchV ab 1. Juli 1998 festlegt, als "Orientierungswerte" für die Einschätzung verkehrsbedingter Luftverunreinigungen heranzuziehen.

Allerdings legt die 23. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes Konzentrationswerte für bestimmte Straßen oder bestimmte Gebiete fest, in denen besonders hohe, vom Verkehr verursachte Immissionen zu erwarten sind, bei deren Überschreiten verkehrsbeschränkende Maßnahmen nach § 40 Abs. 2 Satz 1 BImSchG zu prüfen sind. Diese Werte stellen also keine Grenzwerte dar, sondern sollen diejenige Schwelle regeln, bei deren Überschreiten behördliche Maßnahmen in Betracht zu ziehen sind. Diese Zielsetzung schließt es jedoch nicht generell aus, die Konzentrationswerte für Ruß und Benzol, die auf einer nach Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit getroffenen Risikoabwägung des Verordnungsgebers beruhen, als erste (grobe) Orientierungswerte für die Einschätzung des Risikopotentials eines Straßenbauvorhabens mit heranzuziehen. Die Konzentrationswerte werden nach der Immissionsprognose des Beklagten vorliegend deutlich unterschritten. Diese Werte betragen für Stickstoffoxid 160 µg/m³ (als 98-Prozent-Wert aller Halbstundenmittelwerte eines Jahres), für Ruß 8 µg/m³ und für Benzol 10 µg/m³ (jeweils als arithmetische Jahresmittelwerte). Auf dem Grundstück der Antragstellerin geht der Gutachter für das Jahr 2010 demgegenüber von einem Wert für Stickstoffoxid von unter 100 µg/m³ bzw. für den Teil, auf dem sich auch das Gebäude befindet, von unter 90 µg/m³ aus. Für Benzol prognostiziert er eine Belastung von unter 3,2 µg/m³; für Ruß gelangt er zu Werten von unter 4,0 µg/m³ bis zu (im Bereich des Gebäudes) unter 3,5 µg/m³ (vgl. jeweils Blatt 5/2 der Immissionspläne mit den Ergebnissen des Gaußmodells sowie der Immissionsberechnung nach MLuS-92).

Dagegen werden die weitaus niedriger liegenden Empfehlungswerte des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI - in: Krebsrisiko durch Luftverunreinigungen, herausgegeben vom Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, 1992) für Ruß (1,5 µg/m³) und Benzol (2,5 µg/m³) nicht eingehalten. Der Gutachter erläutert hierzu, bereits die von ihm konservativ angesetzten Werte für die Grundbelastung lägen über diesen Empfehlungswerten, so dass eine Einhaltung dieser Werte im Einflussbereich der Straße nicht möglich sei (Gutachten S. 36). Der Planfeststellungsbeschluss führt hierzu aus, die hohe Grundbelastung sei dem Vorhabenträger nicht zuzurechnen. Da die Zusatzbelastung nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung durch Luftschadstoffe führe, könnten Maßnahmen zur Verringerung der Luftschadstoffbelastung vom Vorhabenträger nicht verlangt werden. Hinzu trete, dass die Grundbelastung mit Ruß und Benzol in der Tendenz allgemein abnehmen werde, diese Wirkung vom Gutachter jedoch

nicht in die Prognose aufgenommen worden sei, um Werte zu erhalten, die auf jeden Fall auf der "sicheren Seite" liegen (PFB S. 25).

Die dieser Abwägungsentscheidung zu Grunde liegende Wertung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Planfeststellungsbehörde ist nicht gehalten, eine Trasse zu wählen, bei der die Orientierungswerte des LAI auch bei trassennahe liegenden Grundstücken unterschritten werden. Bei diesen Werten handelt es sich um Vorsorgewerte; prognostizierte Überschreitungen dieser Maßstäbe durch die Gesamtbelastung rechtfertigen für sich aber noch nicht die Annahme, die Immissionen seien gesundheitsgefährdend. Denn Sinn und Zweck der Entwicklung von Beurteilungsmaßstäben für kanzerogene Luftverunreinigungen durch den Länderausschuss für Immissionsschutz war es, Vorschläge zu machen, um Belastungen durch die wichtigsten krebserzeugenden Luftschadstoffe in einem realistischen Maß risikoproportional abzubauen und dabei die unterschiedlichen Belas-tungssituationen in ländlichen Gebieten und in Ballungsgebieten zu berücksichtigen (vgl. LAI-Studie II S. 4 ff.; vgl. auch VGH Mannheim, Urteile vom 28. März 1995, NVwZ-RR 1995, 639 sowie vom 15. Dezember 1995, NVwZ-RR 1996, 559). Ein rechtliches Gebot, derartige Werte auch bei trassennahen Standorten einzuhalten, besteht nicht; davon ist der Senat bereits in seinem Urteil vom 26. Februar 1999 - BVerwG 4 A 47.96 - (NVwZ 2000, 560 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 148) ausgegangen. Denn mit den Beurteilungsmaßstäben ist anders als beispielsweise mit den Grenzwerten der Verkehrslärmschutzverordnung keine für die Straßenplanung verbindliche Schwelle normiert worden, bei deren Überschreiten Schutzmaßnahmen zu ergreifen sind. Vielmehr handelt es sich um Vorstellungen eines ministeriellen Fachgremiums zum Ausmaß wünschenswerter Vorsorge. Vorliegend überschreitet aber bereits die vorhandene Grundbelastung den als eigentlich erstrebenswert angesehenen Zustand. Die jetzt planfestgestellte Straße trägt im Bereich des Grundstücks der Antragstellerin allenfalls geringfügig zu einer Erhöhung der Luftschadstoffe bei. Die Planfeststellungsbehörde handelt ohne Rechtsfehler, wenn sie in einer derartigen Situation den Vorhabenträger nicht zu Maßnahmen verpflichtet, die praktisch auf eine Sanierung hinauslaufen. Dabei durfte sie auch berücksichtigen, dass mit einer allgemeinen Abnahme der Grundbelastung mit Ruß und Benzol gerechnet wird, die in die Berechnungen des Sachverständigen nicht einbezogen worden sind, da dieser auf der "sicheren Seite" bleiben wollte.

3. Die Hilfsanträge können dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht zum Erfolg verhelfen. Denn insoweit käme im Hauptsacheverfahren allenfalls ein Anspruch auf Planergänzung in Betracht, der im Wege der Verpflichtungsklage durchsetzbar und in einem späteren Stadium nachholbar wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1996 - BVerwG 11 A 86.95 - DVBl 1996 S. 921 <924> m.w.N.). Im Übrigen ist der Antragsgegner, wie erwähnt, ohnehin bereit, eine Entschädigung für den Außenwohnbereich zu gewähren. Soweit sich die Antragstellerin gegen die Belastung mit Luftschadstoffen wendet, erscheint ein Anspruch auf weitere Maßnahmen nach dem oben Ausgeführten eher unwahrscheinlich. Außderdem hat die Antragstellerin bisher keine Hinweise dazu gegeben, welche Vorkehrungen dem Vorhabenträger nach ihrer Ansicht aufzuerlegen wären.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

Zurück