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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 20.09.2001
Aktenzeichen: BVerwG 5 C 13.00
Rechtsgebiete: BSHG
Vorschriften:
BSHG § 97 |
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
BVerwG 5 C 13.00
Verkündet am 20. September 2001
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Säcker und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Pietzner, Schmidt, Dr. Rothkegel und Dr. Franke
für Recht erkannt:
Tenor:
Das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 25. Mai 1999 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Gründe:
I.
Die Mutter des Klägers lebte in N.-I. Als ihr dort eine eigenständige Lebensführung nicht mehr möglich war, nahm sie der Kläger am 13. Dezember 1991 in seine Wohnung auf. Am 3. Januar 1992 zog sie in ein Altenpflegeheim in O., wo sie am 16. März 1992 starb. Der Kläger ist ihr Erbe.
Den Antrag des Klägers auf vorläufige Kostenübernahme bzw. auf Übernahme der nicht gedeckten Heimkosten vom 7. Januar 1992 lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, die Mutter des Klägers habe über ausreichendes Vermögen verfügt, um die Pflegekosten zu bezahlen.
Die nach erfolglosem Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 1993) erhobene Klage auf weitere Hilfe zur Pflege in Höhe von 5 000 DM hat das Verwaltungsgericht mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte sei nach der mit Wirkung vom 27. Juni 1993 an geltenden Zuständigkeitsregelung nach § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG in der Fassung des Art. 7 Nr. 22 des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms vom 23. Juni 1993 (BGBl I S. 944) nicht örtlich zuständig; auch bestehe kein Hilfeanspruch, weil die Mutter des Klägers über ausreichend Vermögen verfügt habe.
Die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil hat das Oberverwaltungsgericht mit im Wesentlichen folgender Begründung zurückgewiesen:
Die Beklagte sei für die Gewährung der begehrten weiteren Hilfe nach § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG in der Fassung des Art. 7 Nr. 22 des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms vom 23. Juni 1993 (BGBl I S. 944) nicht örtlich zuständig. Die Einlassung des Klägers, bei Abholung seiner Mutter am 13. Dezember 1991 sei zunächst nicht erkennbar gewesen, dass diese in einem Heim würde untergebracht werden müssen, widerspreche seiner Darstellung im Berufungsverfahren, er habe sich in Unkenntnis der örtlichen Zuständigkeit am 30. Dezember 1991 an den Sozialhilfeträger in N.-I. gewandt, um Sozialhilfe für die Unterbringung seiner Mutter in einem Heim zu erhalten. Es komme hierauf im Übrigen auch nicht an, weil die Aufnahme seiner Mutter in das Altenpflegeheim in O. am 3. Januar 1992 und damit innerhalb der Zweimonatsfrist des § 97 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 BSHG erfolgt sei. Im Übrigen werde zur Begründung der örtlichen Zuständigkeit auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision gegen das Berufungsurteil beantragt der Kläger, die Beklagte unter Aufhebung entgegenstehender Gerichts- und Verwaltungsentscheidungen zu verpflichten, ihm weitere Hilfe zur Pflege in Höhe von 5 000 DM zu bewilligen. Er rügt die Verletzung von § 97 BSHG.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision des Klägers ist zulässig. Seiner Revisionsbegründung ist als Antrag zu entnehmen, dass er sein Klagebegehren weiterverfolgt.
Die Revision des Klägers ist auch begründet. Das Berufungsurteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht.
Das Berufungsgericht hält die Beklagte für die Gewährung der begehrten weiteren Hilfe zur Pflege nicht für örtlich zuständig, weil es mit dem Verwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgeht, die örtliche Zuständigkeit richte sich nicht nach § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Januar 1991 (BGBl I S. 94, ber. S. 808) - a.F. -, sondern nach § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms vom 23. Juni 1993 (BGBl I S. 944) - n.F. -.
Die Vorinstanzen missverstehen die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wenn sie diese dahin verstehen, maßgeblich für die rechtliche Überprüfung eines Sozialhilfebegehrens sei allein die Sach- und Rechtslage, die zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, in der Regel des Widerspruchsbescheids, bestanden habe. Denn soweit im Sozialhilferecht zu Recht auf die Maßgeblichkeit der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abgestellt wird, wird damit nur zum Ausdruck gebracht, dass es in diesen Fällen, anders als bei Verpflichtungsklagen sonst regelmäßig, nicht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankommt. Dagegen kann dieser Rechtsprechung nicht entnommen werden, die rechtliche Beurteilung eines sich auf eine längere Zeit erstreckenden oder eines - wie hier - auf eine bestimmte zurückliegende Zeit bezogenen Sozialhilfeanspruchs richte sich allein nach der im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bestehenden Sach- und geltenden Rechtslage. Gerade in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 25, 307), auf die die Vorinstanzen beispielhaft Bezug nehmen, wird darauf hingewiesen, dass laufende Leistungen zum Lebensunterhalt wegen der sich ändernden Regelsätze nicht anders behandelt werden könnten als Leistungsbewilligungen aufgrund eines Zeitabschnittgesetzes, und festgestellt, es sei "auf die Lage in dem jeweiligen Leistungsabschnitt abzustellen" (BVerwGE 25, 307 <308>).
Örtlich zuständig für die streitgegenständliche Hilfe zur Pflege für die Zeit vom 3. Januar 1992 bis zum 16. März 1992 ist der Träger der Sozialhilfe, der nach dem in dieser Zeit geltenden Recht örtlich zuständig ist (vgl. auch BVerwGE 95, 60 <61>: "Die Frage, auf welchen Zeitpunkt es bei der Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit ankommt, beantwortet sich aus dem das Sozialhilferecht prägenden und vom Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung hervorgehobenen Grundsatz, dass die Sozialhilfe dazu dient, eine gegenwärtige Notlage zu beheben"). Als der Kläger für seine Mutter bei der Beklagten am 7. Januar 1992 Hilfe zur Pflege ab 3. Januar 1992 beantragte, war die Beklagte, in deren Bereich sich die Hilfe suchende Mutter des Klägers schon vor der Aufnahme in das Altenpflegeheim tatsächlich aufhielt, nach § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG a.F. örtlich zuständig. An dieser Zuständigkeit änderte sich bis zum Tode der Hilfesuchenden nichts. Durch Art. 7 Nr. 22 des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms vom 23. Juni 1993 (BGBl I S. 944) wurde § 97 BSHG zwar geändert, aber erst mit Wirkung vom 27. Juni 1993 und nicht rückwirkend auf die Zeit, für die Hilfe zur Pflege begehrt wird. Auch aus der Sicht zur Zeit der Widerspruchsentscheidung am 28. Oktober 1993 hat sich somit die für die streitgegenständliche Zeit maßgebliche Zuständigkeit nach § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG a.F. nicht geändert.
Da das Berufungsgericht, aus seiner Sicht folgerichtig, bisher keine sicheren Feststellungen zu den Leistungsvoraussetzungen im Übrigen getroffen hat, ist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Ende der Entscheidung
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