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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 14.02.2008
Aktenzeichen: BVerwG 5 C 16.07
Rechtsgebiete: AusglLeistG, VermG
Vorschriften:
AusglLeistG § 1 Abs. 1 | |
AusglLeistG § 1 Abs. 2 | |
AusglLeistG § 6 Abs. 1 Satz 2 | |
AusglLeistG § 6 Abs. 1 Satz 3 | |
VermG § 1 Abs. 8 Buchst. a |
2. Ein bei Inkrafttreten des Ausgleichsleistungsgesetzes noch anhängiger Antrag, den eine Kommanditgesellschaft nach dem Vermögensgesetz für Vermögenswerte nach § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG gestellt hat, wahrt für das Begehren auf Ausgleichsleistungen auch der nach § 1 Abs. 1 und 2 AusglLeistG möglicherweise materiell anspruchsberechtigten Gesellschafter die Ausschlussfrist des § 6 Abs. 1 Satz 3 AusglLeistG.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
BVerwG 5 C 16.07
Verkündet am 14. Februar 2008
In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 14. Februar 2008 durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hund und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Schmidt, Dr. Franke, Dr. Brunn und Prof. Dr. Berlit
für Recht erkannt:
Tenor:
Das Revisionsverfahren wird eingestellt, soweit die Revisionskläger zu 90 und 91 die Revision zurückgenommen haben.
Die Revision der Klägerin zu 1 wird zurückgewiesen.
Auf die Revision der Kläger zu 2 bis 89, 92 und 93 wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 26. April 2007 aufgehoben. Insoweit wird der Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht Berlin zurückverwiesen.
Von den Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin zu 1 ihre eigenen außergerichtlichen Kosten sowie die Hälfte der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung vorbehalten.
Gründe:
I
Die Kläger begehren Entschädigung nach dem Ausgleichsleistungsgesetz.
Die Klägerin zu 1 beantragte im Oktober 1990 die Rückübertragung von drei verschiedenen Firmen, an denen sie jeweils Anteile gehalten hatte. Das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen lehnte die Rückübertragung jeweils ab, weil die Gesellschaften aufgrund der Berliner Liste 1 bzw. 3 enteignet worden seien und das Vermögensgesetz daher nicht anwendbar sei. Die in Bestandskraft erwachsenen Bescheide vom 9. Juni 2004 bzw. 18. November 2004 sehen in der Entscheidungsformel jeweils vor, dass über etwaige staatliche Ausgleichsleistungen ein gesonderter Bescheid ergehe.
Das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen lehnte mit Bescheid vom 7. Juni 2005 einen Antrag der Klägerin zu 1 auf Ausgleichsleistungen für die Unternehmen ab, weil als Antragstellerin lediglich die Klägerin zu 1 als juristische Person, die materiell nicht anspruchsberechtigt sei, fungiert habe, Anträge im Namen der einzelnen Gesellschafter im Zeitpunkt der Schädigung bzw. deren Rechtsnachfolger nicht gestellt worden seien und mangels fristgerecht gestellter Anträge natürlicher Personen der Antrag mithin abzulehnen sei.
Mit der Klage, die neben der Klägerin zu 1 (als Gesellschaft) auch die Kläger zu 2 bis 93 als Gesellschafter der Klägerin zu 1 im Zeitpunkt der Schädigung (bzw. deren Rechtsnachfolger) erhoben haben, machen die Kläger geltend, sie hätten davon ausgehen können, dass der ursprüngliche Restitutionsantrag auch als Antrag nach dem Ausgleichsleistungsgesetz gewertet werde. Selbst in Fällen, in denen der Rückübertragungsantrag am 31. Mai 1995 bereits bestandskräftig abgelehnt worden sei, im Ablehnungsbescheid indes eine gesonderte Entscheidung über etwaige staatliche Ausgleichsleistungen vorbehalten worden sei, habe das Bundesministerium der Finanzen die Auffassung vertreten, dass die Ausschlussfrist nicht greife. Denn die Behörde habe ein schutzwürdiges Vertrauen darauf begründet, dass das Verfahren hinsichtlich der Ausgleichsleistung fortgesetzt werde.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage der Klägerin zu 1 abgewiesen, weil diese keinen Anspruch auf Gewährung von Ausgleichsleistungen nach dem Ausgleichsleistungsgesetz habe. Eine solche Ausgleichsleistung könnten nach § 1 AusglLeistG nur natürliche Personen erhalten. Die Klägerin zu 1 sei als Kommanditgesellschaft indes keine natürliche Person.
Die Klage der Kläger zu 2 bis 93 sei jedenfalls nicht begründet. Diese seien als Gesellschafter der Klägerin zu 1 im Zeitpunkt der Schädigung (bzw. deren Rechtsnachfolger) zwar natürliche Personen und könnten grundsätzlich Leistungen nach dem Ausgleichsleistungsgesetz erhalten. Sie hätten innerhalb der materiellen Ausschlussfrist, also bis zum 31. Mai 1995, jedoch keinen Antrag auf Gewährung von Ausgleichsleistungen bei dem Beklagten gestellt. Der Antrag vom 20. Dezember 2004 sei verfristet. Der Rückübertragungsantrag der Klägerin zu 1 könne nicht als Antrag der Gesellschafter gewertet werden.
Mit ihrer Revision machen die Kläger einen Verstoß gegen die §§ 1 und 6 AusglLeistG geltend und verfolgen ihr Begehren auf Festsetzung einer Ausgleichsleistung dem Grunde nach weiter, und zwar dahin, dass der Klägerin zu 1 zur personalen Gesamtheit Ausgleichsleistungen zu gewähren seien, hilfsweise, dass den Klägern zu 2 bis 89, 92 und 93 Ausgleichsleistungen nach dem Ausgleichsleistungsgesetz in noch festzustellender Höhe zu gewähren seien.
Der Beklagte tritt der Revision entgegen.
Der Vertreter des Bundesinteresses bei dem Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren; er hält das Urteil des Verwaltungsgerichts für zutreffend.
II
Das Verfahren war einzustellen, soweit die Kläger zu 90 und 91 die Revision zurückgenommen haben.
Die Revision der Klägerin zu 1 ist nicht begründet, weil sie keinen Anspruch auf Ausgleichsleistungen nach dem Ausgleichsleistungsgesetz hat. Die Revision der Kläger zu 2 bis 89, 92 und 93, deren Begehren von der in der Entscheidungsformel unbeschränkten und durch die Entscheidungsgründe nicht ausdrücklich oder konkludent beschränkten Revisionszulassung des Verwaltungsgerichts erfasst und auch sonst zulässig ist, ist im Sinne der Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage insoweit unter Verstoß gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) mit der fehlerhaften Begründung zurückgewiesen, einem Anspruch dieser Kläger auf Ausgleichsleistungen stehe bereits entgegen, dass sie keinen fristgerechten Antrag gestellt hätten, weil der von der Klägerin zu 1 gestellte vermögensrechtliche Antrag nicht zu ihren Gunsten wirke. Ob alle Kläger zu 2 bis 89, 92 und 93 als Gesellschafter der Klägerin zu 1 im Zeitpunkt der Schädigung bzw. deren Erben und Erbeserben dem Grunde nach materiell anspruchsberechtigt sind, kann auf der Grundlage der hierzu getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden, so dass die Sache insoweit zur weiteren Sachverhaltsfeststellung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 VwGO).
1. Die Klägerin zu 1 hat keinen Anspruch auf Gewährung von Ausgleichsleistungen nach dem Ausgleichsleistungsgesetz, weil sie als Kommanditgesellschaft und damit Personengesellschaft keine "natürliche Person" im Sinne des § 1 Abs. 1 AusglLeistG ist.
Nach § 1 AusglLeistG erhalten natürliche Personen, die Vermögenswerte durch entschädigungslose Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage in dem Beitrittsgebiet verloren haben, oder ihre Erben oder weiteren Erben (Erbeserben) eine Ausgleichsleistung nach Maßgabe dieses Gesetzes. Anspruchsberechtigt sind hiernach allein geschädigte "natürliche Personen" oder deren Erben oder Erbeserben. Eine Kommanditgesellschaft ist keine natürliche Person im Sinne des Gesetzes. Eine Kommanditgesellschaft ist eine Personengesellschaft, die sich von der offenen Handelsgesellschaft dadurch unterscheidet, dass bei einem oder einigen Gesellschaftern die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern beschränkt ist. Die Kommanditgesellschaft ist zwar keine (voll)rechtsfähige juristische Person, kann aber unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen. Vor allem kann sie Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben und vor Gericht klagen und verklagt werden; sie ist damit parteifähig und teilrechtsfähig. Dass bei der Kommanditgesellschaft die Gesellschafter natürliche Personen sein können, aber nicht sein müssen (es kommt in Betracht, dass Komplementär eine GmbH ist) bedeutet indes nicht, dass sie selbst eine "natürliche Person" wäre.
Der Senat hat im vorliegenden Verfahren allein über die Auslegung des Begriffs der "natürlichen Person" im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AusglLeistG und nicht über die rechtliche Einordnung von Personengesellschaften oder Gesamthandsgemeinschaften im Allgemeinen oder über deren Zuordnung zu den "natürlichen" oder "juristischen" Personen bei der Anwendung anderer Rechtsvorschriften (z.B. § 14 BGB, § 1 VerbrKrG <dazu BGH, Urteil vom 23. Oktober 2001 - XI ZR 63/01 - BGHZ 149, 80>) im Besonderen zu befinden. Gegen die von der Klägerin zu 1 vertretene Auslegung, auch eine Personengesellschaft wie die Kommanditgesellschaft sei im Sinne des § 1 Abs. 1 AusglLeistG eine "natürliche Person", spricht bereits der Wortlaut, der nicht auf den Gegensatz zur "juristischen Person" abhebt. Aus dem Begriff "natürlich" folgt, dass es sich nicht um ein bloßes Rechtskonstrukt handeln darf. Als Personengesellschaft, die im Handelsgesetzbuch geordnet ist, ist die Kommanditgesellschaft indes - unabhängig davon, dass sie eben eine Personengesellschaft ist und nicht eine rechtsfähige juristische Person - ein Rechtskonstrukt. Als Zusammenfassung unterschiedlicher (natürlicher und/oder juristischer) Personen besitzt die Kommanditgesellschaft selbst nicht die Eigenschaft, im Sinne des § 1 Abs. 1 AusglLeistG natürliche Person zu sein.
Systematisch wird die auf rechtsfähige "Menschen" im Sinne des § 1 BGB beschränkte Auslegung des Begriffs der "natürlichen Person" in § 1 Abs. 1 AusglLeistG dadurch bestätigt, dass der Anspruch auf Ausgleichsleistungen nicht nur den natürlichen Personen, sondern auch ihren Erben oder weiteren Erben zustehen kann. Dies spricht dafür, dass nur eine solche Person als "natürliche Person" originär anspruchsberechtigt sein kann, die selbst auch Erben oder Erbeserben haben kann. Die Kommanditgesellschaft oder sonstige Personengesellschaften können aber selbst nicht Erblasser sein und Erben haben, dies können nur (natürliche) Menschen. Dies schließt nicht aus, dass juristische Personen als Erben oder Erbeserben eines Menschen anspruchsberechtigt sein können. Für eine auf "Menschen" beschränkte Auslegung des Begriffs der "natürlichen Personen" als Voraussetzung eines Anspruchs auf Ausgleichsleistung spricht auch die Regelung des § 3 Abs. 2 Satz 1 AusglLeistG zum Erwerb landwirtschaftlicher Flächen, gerade weil hier die Erwerbsberechtigung festgelegt wird auf natürliche Personen, die einen entsprechenden Betrieb wieder eingerichtet haben oder die diesen Betrieb allein oder als unbeschränkt haftende Gesellschafter in einer Personengesellschaft selbst bewirtschaften. Dabei wird ersichtlich auf natürliche Personen, auch wenn sie persönlich unbeschränkt haftende Gesellschafter in einer Personengesellschaft sind, abgestellt und damit dem Begriff der natürlichen Person derjenige der Personengesellschaft gegenübergestellt. Dass in Satz 2 dieser Regelung der Flächenerwerb auch juristischen Personen des Privatrechts eröffnet wird, hat mit den Besonderheiten des in § 3 AusglLeistG geregelten Flächenerwerbs zu tun und erlaubt keine Rückschlüsse auf die Auslegung des § 1 AusglLeistG.
Eine enge, auf "Menschen" als natürliche Personen beschränkte Auslegung des § 1 AusglLeistG ergibt sich vor allem aus Sinn und Zweck der Regelung. Die Gewährung von Ausgleichsleistungen hat ihren Ursprung nicht im Grundrecht des Eigentums oder sonstigen Grundrechten, die auch juristischen Personen oder Personenmehrheiten zustehen können, sondern im Sozialstaatsprinzip. Es geht um sozialstaatlich motivierte Ausgleichs- und Entschädigungsleistungen, nicht um Schadenersatz. Dies zeigt sich neben der Anspruchsberechtigung dem Grunde nach vor allem an der nach sozialen Gesichtspunkten gestaffelten Höhe der Ausgleichsleistung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 AusglLeistG i.V.m. § 7 EntschG). Der Gesetzgeber hat hier an Regelungsstrukturen und Grundsätze angeknüpft, die im Wiedergutmachungsrecht oder im Lastenausgleichsgesetz bei der Bewältigung von Kriegs- und Kriegsfolgeschäden vorgesehen waren. Für den Ausschluss juristischer Personen bei der Entschädigung nach dem Reparationsschädengesetz, das dem großen Komplex der Kriegslasten und Kriegsfolgelasten zuzuordnen ist, bei der die Bundesrepublik Deutschland nur zu einem innerstaatlichen sozialen Ausgleich dieser Schäden verpflichtet war, hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss vom 13. Januar 1976 - 1 BvR 631/69, 1 BvR 24/70 - BVerfGE 41, 126) dahin erkannt, dass der Gesetzgeber die Entschädigung nach dem Vorbild der sozialen Konzeption des Lastenausgleichsgesetzes regeln durfte und er daher ebenso wie in diesem Gesetz die verfügbaren begrenzten Mittel auf eine wirksame Hilfe für die betroffenen Menschen beschränken und die Kapitalgesellschaften oder andere juristische Personen von Entschädigungsleistungen ausschließen durfte.
Die Begrenzung der Anspruchsberechtigten auf als "Menschen" verstandene Personen (und deren Rechtsnachfolger) verstößt weder gegen den Gleichheitsgrundsatz noch gegen das Sozialstaats- oder Rechtsstaatsprinzip (BVerfG, Urteil vom 22. November 2000 - 1 BvR 2307/94 u.a. - BVerfGE 102, 254 <319 f.>). Das vom Bundesverfassungsgericht herangezogene Argument, dass soziale Gleichheit nur im Verhältnis der originären Grundrechtsträger untereinander, nicht aber im Verhältnis zwischen natürlichen Personen und den von ihnen zur besseren Wahrnehmung gemeinsamer Interessen in Form der juristischen Person gebildeten Rechtseinheit gefordert werden können, greift auch in Bezug auf die Personengesellschaften, zumal Bedenken umso weniger bestehen, als § 1 Abs. 2 AusglLeistG Ausgleichsleistungen ausdrücklich auch für Fälle vorsieht, in denen das Vermögen juristischer Personen entzogen worden ist. Auch die Kommanditgesellschaft ist eine zur besseren Wahrnehmung gemeinsamer Interessen von natürlichen Personen gebildete Rechtseinheit.
Dass die Klägerin zu 1 als Kommanditgesellschaft im Rahmen einer gesetzlichen Anspruchsstandschaft gebündelt zur gesamten Hand ihren ehemaligen Kommanditisten und Komplementären zustehende sozialstaatlich gegründete Ausgleichsansprüche geltend zu machen befugt ist, ist in dem Ausgleichsleistungsgesetz nicht vorgesehen und folgt auch nicht aus allgemeinen Grundsätzen. Eine generelle gesetzliche Bevollmächtigung der Kommanditgesellschaft, Ansprüche ihrer früheren Gesellschafter geltend zu machen und zu verfolgen, ist weder im Handelsgesetzbuch noch im Ausgleichsleistungsgesetz vorgesehen und auch sonst nicht anzuerkennen. Für ein gewillkürtes Vollmachtsverhältnis bereits im Zeitpunkt der vermögensrechtlichen Antragstellung ist nichts ersichtlich.
2. Auf die Revision der Kläger zu 2 bis 89, 92 und 93 ist die Sache zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Ein Anspruch der Kläger zu 2 bis 89, 92 und 93 auf Ausgleichsleistungen kommt nach § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AusglLeistG dem Grunde nach in Betracht. Der Anspruch ist auch nicht nach § 6 Abs. 1 Satz 3 AusglLeistG ausgeschlossen, weil die Kläger zu 2 bis 89, 92 und 93 für den Antrag auf Ausgleichsleistungen die Ausschlussfrist nicht gewahrt hätten; denn der von der Klägerin zu 1 gestellte Antrag nach dem Vermögensgesetz ist nach dessen Ablehnung als Antrag nach dem Ausgleichsleistungsgesetz zu werten (§ 6 Abs. 1 Satz 2 AusglLeistG), der die Frist des § 6 Abs. 1 Satz 3 AusglLeistG wahrt.
2.1 Zwischen den Beteiligten steht nicht im Streit, dass die Kläger zu 2 bis 89, 92 und 93 (nachfolgend auch: Gesellschafter), die überwiegend natürliche Personen im Sinne des § 1 Abs. 1 AusglLeistG sind, im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 AusglLeistG von einem ausgleichspflichtigen Eingriff betroffen und daher dem Grunde nach anspruchsberechtigt sein können. Soweit unter ihnen auch Personengesellschaften oder juristische Personen sind, ist nicht auszuschließen, dass sie Erben oder Erbeserben einer natürlichen Person im Sinne von § 1 Abs. 1 AusglLeistG sind. Im Streit steht, ob die Gesellschafter ihren Anspruch auf Ausgleichsleistungen innerhalb der Antragsfrist (§ 6 Abs. 1 Satz 3 AusglLeistG), die mit Ablauf des sechsten Monats nach Inkrafttreten des Gesetzes als Ausschlussfrist abgelaufen ist, geltend gemacht haben.
2.2 Die Kläger zu 2 bis 89, 92 und 93 haben allerdings im eigenen Namen bis zum Ablauf der Frist des § 6 Abs. 1 Satz 2 AusglLeistG nicht ausdrücklich selbst einen Antrag auf Ausgleichsleistungen gestellt. Nach den bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts haben sie innerhalb dieser Frist auch nicht im eigenen Namen einen Antrag auf Rückübertragung nach dem Vermögensgesetz gestellt, der unmittelbar als Antrag nach dem Ausgleichleistungsgesetz fortwirkte. Die Klägerin zu 1 hatte den von ihr gestellten Antrag nach dem Vermögensgesetz auch nur in ihrem Namen und nicht zugleich namens und in Vollmacht der Kläger zu 2 bis 89, 92 und 93 gestellt. Eine (stillschweigende rechtsgeschäftliche) Bevollmächtigung der Klägerin zu 1 für alle ihre materiell anspruchsberechtigten ehemaligen Gesellschafter ist weder ausdrücklich vorgetragen noch sonst ersichtlich.
2.3 Die Kläger zu 2 bis 89, 92 und 93 haben die Antragsfrist gleichwohl gewahrt, weil der von der Klägerin zu 1 nach dem Vermögensgesetz gestellte, bei Inkrafttreten des Ausgleichsleistungsgesetzes noch nicht beschiedene und daher "anhängige" Antrag als (fristwahrender) Antrag auch für sie zu werten ist.
Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 AusglLeistG werden bereits gestellte, noch anhängige Anträge nach dem Vermögensgesetz, die nach § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG ausgeschlossen sind, als Anträge nach diesem Gesetz gewertet.
Allerdings spricht der Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 2 AusglLeistG weder für noch gegen eine Erstreckung der Wirkung des Antrages der nach dem Vermögensgesetz anspruchsberechtigten Klägerin zu 1 auf die nach dem Ausgleichsleistungsgesetz materiell anspruchsberechtigten Gesellschafter (bzw. deren Erben und Erbeserben). Die Bewertung vermögensrechtlicher Anträge als Anträge nach dem Ausgleichsleistungsgesetz ist nicht daran gebunden, dass Antragsteller nach dem Vermögensrecht und Antragsteller im Ausgleichsleistungsrecht identisch sind; für wen die (vermögensrechtlichen) Anträge als Anträge nach dem Ausgleichsleistungsgesetz bewertet werden, wird nicht konkretisiert. Damit ist dem Wortlaut nach offen, ob zwischen demjenigen, der den Antrag nach dem Vermögensgesetz gestellt hat, und demjenigen, für den der Antrag als ausgleichsrechtlicher Antrag gewertet wird, Identität bestehen muss. Dagegen spricht, dass keine Fortsetzung eines Verwaltungsverfahrens mit bestimmten Beteiligten angeordnet worden ist. Statt an bestimmte Antragsteller wird vielmehr objektivierend für die "Bewertung" als ausgleichsrechtlicher Antrag an den noch anhängigen Antrag nach dem Vermögensgesetz angeknüpft.
Nach dem Sinn und Zweck der Regelung erstreckt sich die an den vermögensrechtlichen Antrag der Klägerin zu 1 als Personengesellschaft anknüpfende Antragswirkung auch auf die Kläger zu 2 bis 89, 92 und 93, weil und soweit sie nach Ausgleichsleistungsrecht als materiell anspruchsberechtigte Gesellschafter bzw. deren Erben oder Erbeserben in Betracht kommen. § 6 Abs. 1 Satz 2 AusglLeistG dient der Verwaltungsvereinfachung. Es wäre verfahrensunökonomisch gewesen, bei gestelltem vermögensrechtlichem Antrag nach Inkrafttreten des Ausgleichsleistungsgesetzes einen weiteren Antrag auf Ausgleichsleistungen zu verlangen (Leiner, in: Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/ Neuhaus, Bd. 2, Stand Juli 2004, § 6 AusglLeistG Rn. 20; Rodenbach, ZOV 1995, 3 <5>). Dass ein Begehren auf Ausgleichsleistungen nicht bereits Streitgegenstand eines auf Rückgabe von Vermögensgegenständen gerichteten Verwaltungs- oder Verwaltungsstreitverfahrens war (Beschluss vom 2. April 1996 - BVerwG 7 B 398.95 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 71; s.a. Zimmermann, in: Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, RVI, Stand November 2007, B 115 § 6 AusglLeistG Rn. 5), ändert indes nichts an der engen - zumindest verfahrensrechtlichen - Koppelung beider Regelungsbereiche. Dieser Umstand unterstreicht vielmehr die Vorstellung des Gesetzgebers, dass wegen des Vorrangs der Restitution eine Ausgleichsleistung erst in Betracht kommt, wenn über die Voraussetzungen eines Rückgabeanspruchs dem Grunde nach entschieden und das Restitutionsverfahren (mit negativem Ergebnis) abgeschlossen ist. Der Gesetzgeber hat aber ungeachtet der unterschiedlichen Ausgestaltung der materiellen Anspruchsberechtigung nach dem Vermögensgesetz einerseits, dem Ausgleichsleistungsgesetz andererseits in § 6 Abs. 1 Satz 2 AusglLeistG eine Verknüpfung beider Regelungskomplexe in Bezug auf die Wirkung des vermögensrechtlichen Antrages vorgenommen, um das Verfahren zu vereinfachen. Es fehlt jeder Anhalt dafür, dass der Gesetzgeber im Wissen um die unterschiedliche materielle Anspruchsberechtigung mit einer auf Vereinfachung zielenden Regelung Anspruchsberechtigte in eine "Antragsfalle" laufen lassen wollte. Die als Ausschlussfrist gestaltete Antragsfrist sollte Klarheit schaffen, in Bezug auf welche Vermögenswerte in Fällen, in denen nach § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG eine Rückgabe ausgeschossen war, Ausgleichsleistungen beansprucht werden. Nach dieser - letztlich - an den Vermögensgegenstand anknüpfenden Ratio der "Antragswertung" ist nachrangig, ob der materiell berechtigte Antragsteller im Vermögensrecht auch nach dem Ausgleichsleistungsgesetz materiell anspruchsberechtigt ist; denn aus Sicht der öffentlichen Hand wird bereits mit dem vermögensrechtlichen Antrag deutlich, dass in Bezug auf einen bestimmten Vermögensgegenstand Rückgabe- oder Ausgleichsleistungsansprüche bestehen können und geltend gemacht werden sollen. Dass nach den Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung in vergleichbaren Fällen, in denen der vermögensrechtliche Antrag der Personengesellschaft noch nicht beschieden worden war, gleichwohl auch deren Gesellschafter nach Inkrafttreten des Ausgleichsleistungsgesetzes einen eigenen (fristgerechten) Antrag gestellt haben, rechtfertigt keine andere Beurteilung.
Diese "Erstreckung" des von einer Personengesellschaft gestellten vermögensrechtlichen Antrages auf die nach dem Ausgleichsleistungsgesetz materiell Anspruchsberechtigten - nur über eine solche Fallkonstellation ist vorliegend zu entscheiden - ist indes auf jene Berechtigten begrenzt, deren materielle Berechtigung in einem engen sachlichen Zusammenhang mit dem vermögensrechtlichen Antrag stehen. Nicht zuletzt aus § 1 Abs. 2 Satz 2 AusglLeistG folgt, dass ein solcher hinreichender Zusammenhang für den (vermögensrechtlichen) Antrag einer (geschädigten) Kommanditgesellschaft und den (ausgleichsleistungsrechtlichen) Antrag der ehemaligen Gesellschafter (bzw. deren Erben und Erbeserben) besteht. Dieser hinreichende Zusammenhang wird auch nicht dadurch unterbrochen, dass der Kreis der Gesellschafter im Zeitpunkt des vermögensrechtlichen Restitutionsverfahrens nicht mit dem Gesellschafterkreis in dem für die Ausgleichsleistungsberechtigung maßgeblichen Zeitpunkt der Schädigung identisch sein muss (und häufig tatsächlich nicht identisch sein wird). Kontinuität und Identität der (teilrechtsfähigen) Personengesellschaft schaffen ein hinreichendes Band, um bei der nach § 6 Abs. 1 Satz 2 AusglLeistG gebotenen wertenden Betrachtung auch bei einem Wechsel der Gesellschafter eine Zurechnung des vermögensrechtlichen Antrages an die nach dem Ausgleichsleistungsgesetz materiell anspruchsberechtigten Gesellschafter anzunehmen.
2.4 Steht mithin einem Anspruch der Kläger zu 2 bis 89, 92 und 93 auf Ausgleichsleistungen die Ausschlussfrist des § 6 Abs. 1 Satz 3 AusglLeistG nicht entgegen, fehlt es an hinreichend tragfähigen tatsächlichen Feststellungen zu deren materieller Anspruchsberechtigung. Das Verwaltungsgericht ist - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht im Detail der Frage nachgegangen, inwieweit die jeweils klagenden Gesellschafter bereits im für die Ausgleichsleistung maßgeblichen Zeitpunkt der Schädigung Gesellschafter der geschädigten Klägerin zu 1 waren bzw. deren Erben und Erbeserben sind. Die hierfür erforderlichen Feststellungen sind nunmehr zu treffen; dabei werden die Kläger, in deren Sphäre die Kenntnisse über die Gesellschafter und deren Veränderung fallen, maßgeblich mitzuwirken haben.
3. Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich der Klägerin zu 1 aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 80 000 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG; s.a. die in der mündlichen Verhandlung gefundene Verständigung).
Ende der Entscheidung
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