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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 22.10.2009
Aktenzeichen: BVerwG 5 C 16.08
Rechtsgebiete: SGB VIII


Vorschriften:

SGB VIII § 37 Abs. 2
SGB VIII § 86 Abs. 6
SGB VIII § 89a
SGB VIII § 89f
1. Träger der öffentlichen Jugendhilfe können die Durchführung der ihrer Zuständigkeit unterliegenden Beratung und Unterstützung der Pflegeperson nach § 37 Abs. 2 SGB VIII im Wege der Auslagerung von Dienstleistungen (sog. "Outsourcing") auf Träger der freien Jugendhilfe übertragen.

2. Aufgewendete Kosten im Sinne des § 89f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII sind die Ausgaben eines Trägers der öffentlichen Jugendhilfe, die eindeutig abgrenzbar einer bestimmten Jugendhilfemaßnahme individuell konkret zugeordnet werden können.

3. Zu diesen Kosten gehört das aufgrund einer Vereinbarung an einen Träger der freien Jugendhilfe für die Durchführung der Beratung und Unterstützung der Pflegeperson nach § 37 Abs. 2 SGB VIII zu zahlende Entgelt. Die Vereinbarung eines Pauschalbetrages steht der individuellen Zuordenbarkeit und damit der Erstattungsfähigkeit nicht grundsätzlich entgegen.


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 5 C 16.08

Verkündet am 22. Oktober 2009

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. Oktober 2009 durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hund und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Brunn, Prof. Dr. Berlit, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 13. März 2008 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten über die Erstattungsfähigkeit der Kosten für die entgeltliche Beauftragung eines Trägers der freien Jugendhilfe mit der Durchführung der Aufgabe der Beratung und Unterstützung der Pflegeperson nach § 37 Abs. 2 SGB VIII.

Der Kläger, ein Träger der öffentlichen Jugendhilfe, und die W.-Stiftung, ein Träger der freien Jugendhilfe, schlossen unter dem 15. Juni 2001 eine Vereinbarung über die Wahrnehmung von Aufgaben des Pflegekinderdienstes nach dem Sozialgesetzbuch Achtes Buch. Die W.-Stiftung unterstützt danach den Kläger u.a. bei der Wahrnehmung der Aufgaben nach § 37 SGB VIII im Rahmen der Durchführung der Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege. Ihr Pflegekinderdienst verpflichtet sich insbesondere zur Wahrnehmung der Aufgabe der Unterstützung, Betreuung und Beratung der Pflegefamilie durch eine qualifizierte Fachkraft. Die Wahrnehmung dieser Aufgabe soll durch regelmäßige Hausbesuche, Einzel- und Gruppengespräche, erforderlichenfalls auch ergänzend durch telefonische Beratung erfolgen. Die zeitliche und inhaltliche Ausgestaltung der Kontakte ist entsprechend der in der Hilfeplanung festgelegten monatlichen Betreuungspauschale frei zu vereinbaren, soweit der Kläger im Einzelfall keine besonderen Vorgaben macht. Stellt die Fachkraft der W.-Stiftung Auffälligkeiten in der Entwicklung in der Pflegefamilie fest, die eine Gefährdung des Kindeswohls bedeuten können, ist die W.-Stiftung verpflichtet, den Kläger sofort zu informieren, und soll erste Vorgaben für das weitere Vorgehen machen. Hierfür erhält die W.-Stiftung die "Betreuungspauschale Dauerpflege" im Umfang von fünf Fachleistungsstunden pro Pflegeverhältnis im Monat. Seit dem 1. August 2002 wird eine Fachleistungsstunde mit 38,26 € vergütet. Die W.-Stiftung schließt ihrerseits mit der jeweiligen Pflegefamilie eine Vereinbarung, in der die Zusammenarbeit zwischen ihr und der Pflegefamilie beschrieben wird.

Seit dem 8. Mai 1998 gewährte der Kläger für die am 26. Mai 1987 geborene N. R., deren Mutter am 21. April 1998 verstorben war, gemäß §§ 27, 33 SGB VIII Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege in einer in seinem Zuständigkeitsbereich lebenden Pflegefamilie. Die Pflegeeltern hatten das Kind bereits im Oktober 1996 auf Bitten der personensorgeberechtigten Mutter, die vor ihrem Tod ebenfalls im Zuständigkeitsbereich des Klägers wohnte, in ihren Haushalt aufgenommen. Seit dem 1. August 2001 wurden die Pflegeeltern von der W.-Stiftung beraten und unterstützt.

Mit Schreiben vom 11. Januar 1999 erkannte die Beklagte auf ein entsprechendes Ersuchen des Klägers mit Rücksicht auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Vaters in ihrem Zuständigkeitsbereich ihre Kostenerstattungspflicht gemäß § 89a SGB VIII dem Grunde nach an und erstattete dem Kläger in der Folgezeit die insoweit geltend gemachten Kosten. Mit Wirkung zum 15. März 2003 gab der Vater seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland auf, woraufhin die Beklagte die Zahlungen an den Kläger einstellte.

Nachdem der Kläger Kenntnis davon erlangt hatte, dass der Vater seit dem 1. Februar 2004 wieder im Zuständigkeitsbereich der Beklagten polizeilich gemeldet war, machte er mit Schreiben vom 28. Juli 2004 rückwirkend zu diesem Zeitpunkt einen Anspruch auf Anerkennung der Kostenerstattungspflicht nach § 89a SGB VIII geltend. Die Beklagte kam diesem Begehren mit Schreiben vom 20. September 2004 nach.

Nachdem weitere Ermittlungen ergeben hatten, dass der Vater bereits seit dem 1. April 2003 seinen gewöhnlichen Aufenthalt wieder im Zuständigkeitsbereich der Beklagten gehabt hatte, erweiterte der Kläger mit Schreiben vom 15. November 2004 seinen Kostenerstattungsanspruch auf diesen Zeitpunkt. Die Beklagte berief sich insoweit allerdings auf die Ausschlussfrist des § 111 SGB X und erkannte mit Schreiben vom 24. November 2004 ihre Kostenerstattungspflicht dem Grunde nach nur ab dem 19. November 2003 an, d.h. ab dem Zugang des Schreibens vom 15. November 2003. Für den ab dem 19. November 2003 beginnenden Zeitraum lehnte die Beklagte jedoch die Erstattung der vom Kläger an die W.-Stiftung geleisteten "Betreuungspauschale Dauerpflege" ab und machte einen Rückerstattungsanspruch nach § 112 SGB X geltend, soweit diese Kosten von ihr in der Vergangenheit erstattet worden seien. Der Sache nach handele es sich dabei um nicht erstattungsfähige Verwaltungskosten des Klägers im Sinne des § 109 Satz 1 SGB X.

Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 13. März 2008 antragsgemäß verurteilt, für die Zeiträume vom 1. Januar bis 15. März 2003 und vom 19. November 2003 bis 26. Mai 2005 an den Kläger 3 964,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 v. H. über dem Basiszinssatz seit dem 23. März 2007 zu zahlen. Der Erstattungsanspruch finde seine Rechtsgrundlage in § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII. Der Kläger habe aufgrund einer Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII im Zusammenhang mit dem in Rede stehenden Pflegefall Leistungen erbracht, für die zuvor die Beklagte zuständig gewesen wäre. Die in die Berechnung des Kostenerstattungsanspruchs eingestellte "Betreuungspauschale Dauerpflege" gehöre auch zu den erstattungsfähigen Kosten und nicht zu den Verwaltungskosten nach § 109 Satz 1 SGB X. Es handele sich um klar abgrenzbare und dem konkreten Hilfefall zuzuordnende Kosten. Sie beträfen nicht die allgemeinen Vorhaltepflichten im Rahmen der Organisation von Familienpflegestellen. Der Sache nach gehe es um die Frage, ob der Kläger seine Hilfeleistung in der geschehenen Weise habe organisieren und insbesondere die Aufgabe der Beratung und Unterstützung der Pflegeperson nach § 37 Abs. 2 SGB VIII auf einen Dritten habe übertragen dürfen. Dies sei zu bejahen. Die "Betreuungspauschale Dauerpflege" sei angesichts der zu bearbeitenden schwerwiegenden Beziehungs- und Entwicklungsprobleme auch der Höhe nach nicht unangemessen.

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Sprungrevision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Sie rügt eine Verletzung der § 37 Abs. 2, § 89a Abs. 1 und § 89f SGB VIII sowie des § 109 Satz 1 SGB X.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.

II

Die zulässige Sprungrevision der Beklagten ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, dass der Kläger von der Beklagten nach § 89a Abs. 1 Satz 1 und § 89f SGB VIII die an die W.-Stiftung für die Durchführung der Beratung und Unterstützung der Pflegeperson im Sinne des § 37 Abs. 2 SGB VIII gezahlte "Betreuungspauschale Dauerpflege" erstattet verlangen kann, verletzt Bundesrecht nicht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

1. Zwischen den Beteiligten steht zu Recht nicht im Streit, dass dem Kläger für die hier allein (noch) streitgegenständlichen Zeiträume vom 1. Januar bis 15. März 2003 sowie vom 19. November 2003 bis 26. Mai 2005 dem Grunde nach gegen die Beklagte ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zusteht. Die Beklagte hat ihre Kostenerstattungspflicht dem Grunde nach auch anerkannt.

Nach § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII sind Kosten, die ein örtlicher Träger aufgrund einer Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII aufgewendet hat, von dem örtlichen Träger zu erstatten, der zuvor zuständig war oder gewesen wäre. Auf der Grundlage der gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen bejaht hat. Der Kläger gewährte seit 1998 gemäß §§ 27, 33 SGB VIII Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege. Er war für diese Leistung nach § 86 Abs. 6 SGB VIII örtlich zuständig. Denn im Zeitpunkt des Beginns der Jugendhilfeleistung lebte das Pflegekind bereits zwei Jahre bei einer Pflegefamilie, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet des Klägers hatte, und sein Verbleib bei dieser Pflegefamilie war auf Dauer zu erwarten. Vor der Begründung der Zuständigkeit des Klägers wäre die Beklagte nach § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII örtlich zuständig gewesen, weil der bei Leistungsbeginn allein noch lebende Vater zu diesem Zeitpunkt seinen gewöhnlichen Aufenthalt in deren Gebiet hatte.

2. Der geltend gemachte Erstattungsanspruch ist auch dem Umfang nach begründet. Dieser bemisst sich nach § 89f SGB VIII. Nach Absatz 1 Satz 1 dieser Vorschrift sind die aufgewendeten Kosten zu erstatten, soweit die Erfüllung der Aufgaben den Vorschriften dieses Buches entspricht (2.1). Die hier allein noch strittigen Aufwendungen sind auch keine nichterstattungsfähigen Verwaltungskosten im Sinne des § 109 Satz 1 SGB X (2.2).

2.1 Aufgaben werden nur dann nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches Achtes Buch erfüllt, wenn auch die Vorschriften über die örtliche und sachliche Zuständigkeit eingehalten sind. Dies ist hier der Fall. Die Beratung und Unterstützung der Pflegeperson im Sinne des § 37 Abs. 2 SGB VIII ist eine in die Zuständigkeit des Klägers fallende Aufgabe (a). Er war befugt mit ihrer Durchführung einen Träger der freien Jugendhilfe zu beauftragen (b).

a) Die Zuständigkeit des Klägers nach § 86 Abs. 6 SGB VIII erstreckt sich auf die Beratungs- und Unterstützungsleistungen nach § 37 Abs. 1 und 2 SGB VIII. Denn § 86 Abs. 6 SGB VIII begründet eine (Gesamt-)Zuständigkeit des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe für alle Jugendhilfeleistungen, die im Rahmen eines Pflegeverhältnisses erbracht werden. Sie erfasst mithin nicht nur die "reinen" Pflegeleistungen in Form der laufenden Leistungen ("Pflegegeld") und einmaligen Leistungen zum Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen nach Maßgabe des § 39 SGB VIII sowie der Krankenhilfe gemäß § 40 SGB VIII, sondern auch die ergänzenden pädagogischen Leistungen der Hilfe zur Erziehung. Zu Letzteren gehören nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII auch die Beratungs- und Unterstützungsleistungen nach § 37 Abs. 1 und 2 SGB VIII.

b) Der Erstattungsfähigkeit steht auch nicht entgegen, dass der Kläger die Durchführung der Beratung und Unterstützung der Pflegeperson nach § 37 Abs. 2 SGB VIII im Wege der Auslagerung von Dienstleistungen (sog. "Outsourcing") auf die W.-Stiftung übertragen hat.

Zwar richtet sich die Verpflichtung zur Erbringung der in Rede stehenden Dienstleistung (vgl. § 11 SGB I) gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII an den Kläger als Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit der Folge, dass dieser im Verhältnis zur betroffenen Pflegeperson in der Pflicht und Verantwortung steht. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Aufgabe der Beratung und Unterstützung nach § 37 Abs. 2 SGB VIII auch zwingend von Mitarbeitern des Klägers zu erfüllen wäre. Aus der Organisations- und Personalhoheit folgt das Recht des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe zu bestimmen, wie er die seiner Zuständigkeit unterliegenden Aufgaben im Einzelnen wahrnimmt und deren ordnungsgemäße und effektive Erledigung sicherstellt. Dies schließt grundsätzlich die Entscheidung darüber ein, ob eine bestimmte Sach- und Dienstleistung durch eigene Mitarbeiter erbracht oder ein Dritter mit der Durchführung einer Aufgabe beauftragt wird. Letzteres ist dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe verwehrt, wenn die Übertragung der Aufgabenwahrnehmung auf Dritte im Einzelfall gesetzlich ausdrücklich oder sie aus anderen Gründen ausgeschlossen ist, etwa weil eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung nach der Natur der Aufgabe oder ihren inhaltlichen oder organisatorischen Anforderungen nur durch Mitarbeiter des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe gewährleistet ist. Beides ist hinsichtlich der hier allein in Rede stehenden Beratungs- und Unterstützungsleistungen im Sinne des § 37 Abs. 2 SGB VIII nicht der Fall. Zwar stellen die Beratung und Unterstützung der Pflegeperson im Sinne des § 37 Abs. 2 SGB VIII während des Pflegeverhältnisses, einschließlich der Vorbereitungs- und Einleitungsphase, mit Rücksicht auf die Bindungs- und Trennungsproblematik bei der Pflege und Betreuung fremder Kinder sowie den Erziehungsprozess hohe fachliche Anforderungen an die mit dieser Aufgabe betrauten Personen. Diese sind aber weder in inhaltlicher noch in organisatorischer Hinsicht von solcher Art und Qualität, dass sie in der Regel nicht auch von einem Träger der freien Jugendhilfe mit entsprechend fachlich qualifiziertem Personal erfüllt werden können. Letzteres ist auch im konkreten Fall vorgesehen, da sich die W.-Stiftung gegenüber dem Kläger unter Ziffer II Nr. 5 der Vereinbarung vom 15. Juni 2001 ausdrücklich dazu verpflichtet hat, die Unterstützung, Betreuung und Beratung der Pflegefamilie durch eine qualifizierte Fachkraft vorzunehmen.

Dass ein Träger der öffentlichen Jugendhilfe grundsätzlich befugt ist, sich zur Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben der Hilfe Dritter zu bedienen, entspricht auch dem Subsidiaritätsgrundsatz in § 4 Abs. 2 SGB VIII. Danach soll die öffentliche Jugendhilfe von eigenen Maßnahmen absehen, soweit geeignete Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe betrieben werden oder rechtzeitig geschaffen werden können. Die Erfüllung dieser Verpflichtung setzt aber zwingend voraus, dass der Träger der öffentlichen Jugendhilfe einem anerkannten Träger der freien Jugendhilfe die Durchführung von Aufgaben der Jugendhilfe überlässt. Der Vorrang des § 4 Abs. 2 SGB VIII erfasst grundsätzlich alle Handlungsfelder der Jugendhilfe (vgl. W. Schellhorn, in: Schellhorn/Fischer/Mann, SGB VIII/KJHG, 3. Aufl. 2007, § 4 SGB VIII Rn. 17). Der Begriff der Dienste bezieht sich dabei auf Aufgaben, deren Erfüllung außer personellem Einsatz keine aufgabenspezifischen Sachmittel (Räume, Geräte) erfordert (vgl. Papenheim, in: LPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2006, § 4 Rn. 31; Wiesner, SGB VIII, 3. Aufl. 2006, § 4 Rn. 19). Hierunter fällt begrifflich auch die Aufgabe der Beratung und Unterstützung der Pflegeperson im Sinne des § 37 Abs. 2 SGB VIII. Aus der Beschränkung der Verpflichtung des § 4 Abs. 2 SGB VIII auf die als Träger der freien Jugendhilfe anerkannten juristischen Personen und Personenvereinigungen lässt sich nicht herleiten, dass es einem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nicht gestattet wäre, einen (noch) nicht anerkannten Träger der freien Jugendhilfe mit der Erbringung einer im Übrigen übertragbaren Sach- und Dienstleistung zu betrauen. Dagegen spricht vor allem, dass diesen gemäß § 75 Abs. 2 SGB VIII nach dreijähriger Tätigkeit auf dem Gebiet der Jugendhilfe unter den Voraussetzungen des § 75 Abs. 1 SGB VIII ein Rechtsanspruch auf Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe zusteht. Bis zu ihrer Anerkennung ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe diesen gegenüber allerdings lediglich berechtigt, nicht aber nach Maßgabe des § 4 Abs. 2 SGB VIII auch verpflichtet, die Durchführung eigener Maßnahmen zu unterlassen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob es sich bei der W.-Stiftung um einen anerkannten Träger der freien Jugendhilfe handelt.

Verlagert der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Durchführung der Beratung und Unterstützung der Pflegeperson nach § 37 Abs. 2 SGB VIII auf einen Träger der freien Jugendhilfe, hat dies lediglich zur Folge, dass damit die Durchführungsverantwortung übertragen wird. Die Aufgaben- bzw. Steuerungsverantwortung verbleibt indessen bei dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe, der auch sonst die fach- und bedarfsgerechte sowie rechtmäßige Aufgabendurchführung zu gewährleisten hat (Gewährleistungsverantwortung). Dieser Verantwortung (hier für die Gewährleistung des Kindeswohls nach § 37 SGB VIII) darf er sich nicht dadurch entziehen, dass er die Beratung und Unterstützung der Pflegeperson einem Träger der freien Jugendhilfe zu unkontrollierter Ausführung überlässt. Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat vielmehr durch geeignete Vorkehrungen sicherzustellen, dass er seiner Aufgaben- bzw. Steuerungsverantwortung gerecht werden kann und wird. Derartige Vorkehrungen sind - wie hier zwischen den Beteiligten nicht umstritten war - im konkreten Fall insbesondere durch die Regelungen unter Ziffer III der zwischen dem Kläger und der W.-Stiftung unter dem 15. Juni 2001 geschlossenen Vereinbarung getroffen worden.

2.2 Bei den aus der Beauftragung der W.-Stiftung entstandenen Kosten handelt es sich um erstattungsfähige, d.h. aufgewendete Kosten im Sinne des § 89f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII und nicht um Verwaltungskosten im Sinne des § 109 Satz 1 SGB X (a). Die hierfür erforderliche individuelle konkrete Zuordenbarkeit dieser Kosten scheitert nicht daran, dass der für die Leistungserbringung angefallene Kostenaufwand im Wege der Schätzung und Pauschalierung ermittelt und in Gestalt eines Pauschalsatzes abgerechnet wird (b).

a) Aufgewendete Kosten im Sinne des § 89f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII sind die Ausgaben eines Trägers der öffentlichen Jugendhilfe, die eindeutig abgrenzbar einer bestimmten Jugendhilfemaßnahme individuell konkret zugeordnet werden können. Hierunter fällt grundsätzlich auch ein Entgelt, das einem Träger der öffentlichen Jugendhilfe von einem Träger der freien Jugendhilfe für die diesem im Einklang mit dem Gesetz übertragene Durchführung einer Aufgabe in Rechnung gestellt wird (s.a. Urteil vom 5. April 2007 - BVerwG 5 C 25.05 - BVerwGE 128, 301 <302>).

Zu den hiervon zu unterscheidenden Verwaltungskosten im Sinne des § 109 Satz 1 SGB X gehören demgegenüber alle Aufwendungen, die ein Träger der öffentlichen Jugendhilfe für Personal und Sachmittel aufbringt, um einen funktionsfähigen Dienstleistungsapparat vorzuhalten. Sie dienen der Finanzierung des Personal- und Sachaufwandes, der losgelöst von einer konkret-individuellen Maßnahme abstrakt und generell im Hinblick auf die übertragenen Aufgaben im Rahmen des alltäglichen Verwaltungsbetriebes kontinuierlich entsteht und auch sonst nicht einzelnen Maßnahmen zugeordnet werden kann. Sie sind aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungsökonomie von der Erstattung ausgeschlossen, um Streitigkeiten über Kosten zu vermeiden, die bezogen auf einen einzelnen Verwaltungsvorgang häufig nur einen geringen Betrag ausmachen und schwer feststellbar sind, sodass sie der erstattungsberechtigte Träger nur schwer spezifizieren und der erstattungspflichtige Träger sie nur schwer auf ihre Berechtigung überprüfen kann (Urteil vom 22. Oktober 1992 - BVerwG 5 C 23.89 - Buchholz 436.51 § 83 JWG Nr. 1 <S. 6> unter Bezugnahme auf die Regierungsbegründung zu § 109 SGB X, BTDrucks 9/95 S. 26 zu § 115).

Im Einklang mit diesem Begriffsverständnis hat das Verwaltungsgericht die vom Kläger an die W.-Stiftung gezahlte "Betreuungspauschale Dauerpflege" zutreffend als aufgewendete Kosten im Sinne des § 89f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII eingeordnet. Denn diese Pauschale dient dazu, einen zusätzlichen und gesondert abgrenzbar, außerhalb des dem Kläger zur Verfügung stehenden Verwaltungsapparats entstehenden Personal- und Sachaufwand zu decken. Der Kläger zahlt die "Betreuungspauschale Dauerpflege" zweckgerichtet, um die von der W.-Stiftung erbrachten Beratungs- und Unterstützungsleistungen nach § 37 Abs. 2 SGB VIII abzugelten.

b) Die individuelle Zuordenbarkeit und damit die Erstattungsfähigkeit ist schließlich nicht dadurch in Frage gestellt, dass es sich bei den geltend gemachten Kosten um einen Pauschalbetrag handelt. Denn gegen die Pauschalierung bei der Vereinbarung des Entgelts zwischen dem Kläger und der beauftragten W.-Stiftung bestehen weder dem Grunde noch der Höhe nach durchgreifende rechtliche Bedenken.

Dem abstrakt-generellen Charakter der Vereinbarung entsprechend bezieht sich die Beauftragung der W.-Stiftung auf eine Vielzahl von Pflegefällen, wobei der Beratungs- und Unterstützungsbedarf von Fall zu Fall variieren kann. Im Interesse der Praktikabilität und der Verwaltungsökonomie ist es sachlich gerechtfertigt, das Leistungsangebot abstrahierend vom Einzelfall festzulegen und hierfür ein am typischerweise entstehenden, durchschnittlichen tatsächlichen Aufwand orientiertes pauschales Entgelt zu vereinbaren. Entsprechendes lässt das Sozialgesetzbuch Achtes Buch auch bei Entgeltvereinbarungen nach §§ 78a ff. SGB VIII zu; danach müssen die vereinbarten Entgelte nur insgesamt leistungsgerecht sein (§ 78c Abs. 2 Satz 1 SGB VIII) und bestimmten Qualitätsanforderungen entsprechen (§ 78c Abs. 2 Satz 2 SGB VIII). Mangels einer entsprechenden gesetzlichen Anordnung müssen aber auch Entgeltvereinbarungen nach §§ 78a ff. SGB VIII für den Einzelfall keine exakte Berechnung des Entgelts unter Einbeziehung der im konkreten Fall tatsächlich erbrachten Leistungen enthalten bzw. vorschreiben. Das Gesetz geht vielmehr davon aus, dass angesichts der Vielzahl der bereitgestellten Leistungen und der Vielfältigkeit der Entgelte bei der Festlegung der Leistungsangebote und der Entgelte aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und um die ansonsten unumgänglichen praktischen Probleme einer zuverlässigen Ermittlung und Zuordnung der auf den Einzelfall bezogenen Höhe des Aufwandes zu vermeiden ein gewisses Maß an Pauschalierung vernünftig und unbedenklich ist (vgl. Wiesner, a.a.O., Vor § 78a Rn. 13 und § 78c Rn. 13; Victor Kolodziej, in: Jans/Happe/Saurbier/ Maas, Jugendhilferecht, 3. Aufl., Bd. 4 Stand Oktober 2005, Erl. § 87c Rn. 35 Art. 1 KJHG). Auch die Beklagte hat letztlich nicht in Zweifel gezogen, dass es zweckmäßig und sinnvoll ist, den tatsächlichen Aufwand der W.-Stiftung für die im Auftrag des Klägers wahrgenommene Beratung und Unterstützung der Pflegeperson nach § 37 Abs. 2 SGB VIII grundsätzlich pauschal zu erfassen.

Soweit sich die Beklagte erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gegen die Höhe der "Betreuungspauschale Dauerpflege" gewandt, diesen Einwand letztlich aber ausdrücklich nicht mehr aufrechterhalten hat, hätte sie damit im vorliegenden Verfahren auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts und der Einlassungen vor dem Verwaltungsgericht nicht durchdringen können. Insoweit hat die Beklagte bemängelt, dass die "Betreuungspauschale Dauerpflege" auch für Leistungen wie beispielsweise die "Unterstützung des Jugendamtes bei der Überleitung des Pflegekindes in eine neue Pflegestelle oder sonstige Vollzeitunterbringung bei kurzfristiger Beendigung des Pflegeverhältnisses in enger Kooperation mit dem ASD, Nachbetreuung und Krisenbegleitung" (vgl. Ziffer II Nr. 5 letzter Punkt der Vereinbarung vom 15. Juni 2001) bezahlt werde, die nicht erstattungsfähig seien. Es liegt im Wesen der Sachverhaltstypisierung und Pauschalierung der Kosten begründet, dass es in gewissem Umfang Unschärfen geben kann. Selbst wenn möglicherweise nicht alle unter Ziffer II Nr. 5 der Vereinbarung vom 15. Juni 2001 aufgelisteten Leistungen zu den von § 37 Abs. 2 SGB VIII erfassten Beratungs- und Unterstützungsleistungen gehören sollten, hätte dies der Revision der Beklagten daher nur zum Erfolg verhelfen können, wenn sich dieser Fehler im Ergebnis auf die Höhe des festgesetzten Pauschalsatzes ausgewirkt hätte. Das setzt voraus, dass die für diese Leistungen angesetzten Kosten einen wesentlichen, d.h. prägenden Bestandteil der Kostenkalkulation ausmachten. Dafür besteht hier aber weder nach dem Vorbringen der Beteiligten noch ansonsten ein Anhaltspunkt. Die Beteiligten sind sich vielmehr einig, dass die mit Blick auf § 37 Abs. 2 SGB VIII eindeutig erstattungsfähigen Leistungen die Höhe der Pauschale zweifellos rechtfertigen. Sie haben sowohl in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht als auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend angegeben, dass fünf Fachleistungsstunden pro Monat angesichts der im konkreten Fall aufzuarbeitenden schwerwiegenden Beziehungs- und Entwicklungsprobleme nicht unangemessen sind.

Im Übrigen beschränkt sich die gerichtliche Prüfung auf eine Plausibilitäts- und Willkürkontrolle, d.h. dem Gericht ist es verwehrt, die einzelnen Rechnungsposten und Rechenschritte eines - wie hier - zulässigerweise vereinbarten pauschalen Entgelts im Detail zu überprüfen. Denn bei der Berechnung des am tatsächlichen Aufwand zu orientierenden Pauschalsatzes sind auch Wertungen und Einschätzungen vorzunehmen, bei denen dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach § 89f Abs. 1 Satz 2 SGB VIII ein Einschätzungsspielraum zuzugestehen ist. Danach gelten für die Kostenerstattung die Grundsätze, die im Bereich des tätig gewordenen örtlichen Trägers zur Zeit des Tätigwerdens angewandt werden. Der Gesetzgeber räumt damit der Sache nach den kostenrelevanten Entscheidungen und den in diesem Zusammenhang erforderlichen Bewertungen des erstattungsberechtigten Trägers einen Vorrang ein, solange sie sich im Rahmen rechtlich gezogener Grenzen bewegen. Zu den nach § 89f Abs. 1 Satz 2 SGB VIII maßgeblichen Grundsätzen gehören insbesondere auch Vereinbarungen mit Dritten (vgl. Wiesner, a.a.O. § 89f Rn. 8; Nellisen, in: GK-SGB VIII, Stand Oktober 2006, § 89f SGB VIII Rn. 21; Stähr, in: Hauck, SGB VIII, Stand September 2007, K § 89f Rn. 10). Unter Zugrundelegung der dargelegten Grenzen der gerichtlichen Kontrolle ist die "Betreuungspauschale Dauerpflege" auch der Höhe nach nicht zu beanstanden, da nichts darauf hindeutet, dass sie willkürlich gegriffen oder wirklichkeitsfremd ist. Ebenso wenig ist ein krasses Missverhältnis zwischen ihr und den abgerechneten Beratungs- und Unterstützungsleistungen nach § 37 Abs. 2 SGB VIII erkennbar.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskostenfreiheit besteht nach § 188 Satz 2 Halbs. 2 VwGO nicht.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 3 964,23 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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