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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 14.10.1998
Aktenzeichen: BVerwG 5 C 2.98
Rechtsgebiete: BVG, SGB X
Vorschriften:
BVG § 25 Abs. 4 | |
SGB X § 104 Abs. 1 und 2 |
Sozialhilfeträger können für Leistungen der Eingliederungshilfe an Familienmitglieder eines Beschädigten vom Träger der Kriegsopferfürsorge Erstattung nach § 104 SGB X auch dann verlangen, wenn der Beschädigte als Unterhaltspflichtiger mit einer Heranziehung wegen der Härteklausel des § 91 BSHG nicht rechnen muß.
Urteil des 5. Senats vom 14. Oktober 1998 - BVerwG 5 C 2.98 -
I. VG Regensburg vom 14.03.1995 - Az.: VG RN 4 K 93.2228 - II. VGH München vom 14.01.1998 - Az.: VGH 12 B 95.1311 -
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
BVerwG 5 C 2.98 VGH 12 B 95.1311
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 14. Oktober 1998 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Säcker und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pietzner, Schmidt, Dr. Rothkegel und Dr. Franke
ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Januar 1998 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe:
I.
Der Kläger, ein überörtlicher Träger der Sozialhilfe, streitet mit dem beklagten Freistaat als Träger der Kriegsopferfürsorge darüber, ob ihm ein Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X wegen der ab dem 1. Januar 1989 aufgewendeten Kosten der Eingliederungshilfe für den im Jahr 1961 geborenen Erwin L. zusteht.
Erwin L. ist geistig behindert und seit Mai 1972 im Bezirkskrankenhaus M. untergebracht. Seit September 1988 besuchte er von dort aus die Fördergruppe der Werkstatt für Behinderte in D. Die anfallenden Kosten wurden im Rahmen der §§ 39 ff. BSHG vom Kläger übernommen. Er ist der Auffassung, daß mit dem Inkrafttreten der Neufassung des § 25 Abs. 4 Satz 1 BVG durch das Kriegsopferversorgungsanpassungsgesetz 1988 der Beklagte als Träger der Kriegsopferfürsorge für diese Kosten aufzukommen habe, weil seitdem der Vater des Erwin L., Herr Otto L., als Versorgungsberechtigter nach dem Bundesversorgungsgesetz Anspruch auf Leistungen der Kriegsopferfürsorge auch für seinen behinderten Sohn habe. Mit Schreiben vom 4. Januar 1989 stellte der Kläger deshalb als erstattungsberechtigter Träger der Sozialhilfe (§ 91 a BSHG) beim Beklagten Antrag auf Gewährung von Kriegsopferfürsorge und erhob gleichzeitig Anspruch auf Erstattung nach § 104 SGB X ab 1. Januar 1989 in Höhe des Sozialhilfeaufwands.
Der Beklagte wies dies mit Schreiben vom 28. September 1993 zurück: Nach Auffassung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Rundschreiben vom 31. Mai 1989) werde ein langfristig in einem Heim wohnender behinderter Erwachsener von seinen Eltern nicht überwiegend unterhalten i.S. des § 25 Abs. 4 Satz 2 BVG, da davon auszugehen sei, daß auch ohne die Kriegsbeschädigung eines Elternteils der Grundlebensbedarf nicht vom Geschädigten, sondern über die Sozialhilfe sichergestellt worden wäre.
Auf die daraufhin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verurteilt, dem Kläger die für das Kind Erwin des Versorgungsberechtigten Otto L. entstandenen Kosten vom 1. Januar 1989 bis 14. März 1995 in Höhe von 506 577,28 DM und die zukünftig anfallenden Kosten zu erstatten. Der Verwaltungsgerichtshof hat auf die Berufung des Beklagten dessen Verurteilung zur Erstattung der zukünftig anfallenden Kosten aufgehoben und insoweit die Klage als unzulässig, weil auf unbezifferte Geldleistung gerichtet abgewiesen, im übrigen aber die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im wesentlichen ausgeführt:
Dem Kläger stehe als nachrangig verpflichtetem Sozialleistungsträger nach § 104 SGB X ein Erstattungsanspruch gegen den Beklagten wegen der Erwin L. erbrachten Eingliederungshilfe zu, weil der Beklagte als Träger der Kriegsopferfürsorge nach Beseitigung des Vorrangs der Sozialhilfe durch Art. 2 Nr. 2 KOVAnpG 1988 Erwins Vater Otto L. zur Erbringung dieser Leistungen nach § 25 Abs. 4 BVG vorrangig verpflichtet gewesen sei. Beschädigte erhielten nach § 25 Abs. 4 BVG Leistungen der Kriegsopferfürsorge - u.a. Eingliederungshilfe (§ 25 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 10, § 27 d Abs. 1 Nr. 6 BVG) - auch für ihre Familienmitglieder. Kinder zählten zu diesem Kreis auch nach Vollendung des 18. Lebensjahres, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Voraussetzungen des § 25 Abs. 4 Satz 3 BVG i.V.m. § 33 b Abs. 4 Satz 2 Buchst. c BVG vorgelegen hätten und der Beschädigte ihren Lebensunterhalt ohne die Beschädigung wahrscheinlich überwiegend bestreiten würde. Das sei der Fall. § 25 Abs. 4 BVG meine mit dem "Lebensunterhalt" nur den normalen Lebensbedarf, nicht einen behinderungsbedingten Sonderbedarf. Diesen normalen Lebensbedarf seines Sohnes hätte Otto L. ohne die Schädigung wahrscheinlich bestreiten können. Dies werde nicht dadurch in Frage gestellt, daß Otto L. bei der Gewährung von Sozialhilfe nach § 91 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 BSHG a.F. bzw. § 91 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BSHG n.F. nicht mit einer Inanspruchnahme zu Unterhaltsleistungen für seinen Sohn zu rechnen brauchte. Denn die Härteklausel des § 91 BSHG stehe in keinem sachlichen Zusammenhang mit dem Kausalitätserfordernis des § 25 Abs. 4 Satz 2 BVG und habe auf die Beurteilung der Ursächlichkeit der Schädigung schlechthin keine Auswirkung. Das Kausalitätserfordernis diene dem Ziel, den Ausgleich der Folgen der Beschädigung angemessen zu regeln. Die Härteklausel dagegen solle die Inanspruchnahme unterhaltspflichtiger Eltern durch den Sozialhilfeträger verhindern, nicht aber sachlich der Kriegsopferfürsorge zuzurechnende Vorgänge der Sozialhilfe zuordnen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten, mit der dieser die Abweisung der Klage in vollem Umfang erstrebt. Er rügt Verletzung des § 25 Abs. 4 BVG.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
II.
Die Revision des Beklagten, über die das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 und § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist unbegründet, so daß sie zurückzuweisen ist (§ 144 Abs. 2 VwGO). Die Ansicht des Berufungsgerichts, Sozialhilfeträger könnten für Leistungen der Eingliederungshilfe an Familienmitglieder eines Beschädigten vom zuständigen Träger der Kriegsopferfürsorge Erstattung nach § 104 SGB X auch dann begehren, wenn der Beschädigte als Unterhaltspflichtiger mit einer Heranziehung wegen der Härteklausel des § 91 BSHG nicht rechnen müsse, verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) nicht.
Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß Grundlage des klägerischen Erstattungsanspruchs § 104 Abs. 2 SGB X i.d.F. des Art. 10 Nr. 1 Haushaltsbegleitgesetz 1984 vom 22. Dezember 1983 (BGBl I S. 1532) i.V.m. Absatz 1 Satz 1 dieser Vorschrift ist. Das räumt - trotz einiger Zweifel - auch der Beklagte ein. Zwar setzt § 104 Abs. 1 SGB X voraus, daß die von den in Betracht kommenden, im Vorrang-Nachrang-Verhältnis stehenden Sozialleistungsträgern zu erbringenden Leistungen gleichartig sind, da nur dann der erstleistende Träger eine Verpflichtung des vorrangig verpflichteten Trägers erfüllen kann (vgl. BSGE 57, 218 <219>; 74, 36 <41> sowie BSG, Urteil vom 29. Juni 1995 - 11 RAr 87/94 - <SozR 3-1300 § 104 SGB X Nr. 9 = NZS 1996, 130>). An dieser Gleichartigkeit aber mangelt es nicht. Denn die Leistungen beider Träger (§§ 39 ff. BSHG; § 25 b Abs. 1 Nr. 10, § 27 d Abs. 1 Nr. 6 BVG) bezwecken die Eingliederung Behinderter und werden mit anderen gleichartigen Leistungen anderer Träger in den §§ 10, 29 SGB I systematisch zusammengefaßt. Zudem ist der Inhalt der Eingliederungshilfe der Kriegsopferfürsorge im Grundsatz durch den Verweis auf die entsprechende Anwendung der §§ 39 ff. BSHG geregelt (§ 27 d Abs. 3 Satz 1 BVG).
Zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, daß der Beklagte als Träger der Kriegsopferfürsorge für die dem Sohn des Beschädigten geleistete Eingliederungshilfe im noch streitgegenständlichen Zeitraum vorrangig verpflichtet ist. Nach § 25 Abs. 2 BVG ist es Aufgabe der Kriegsopferfürsorge, sich der Beschädigten und ihrer Familienmitglieder in allen Lebenslagen anzunehmen, um die Folgen der Schädigung oder des Verlustes des Ehegatten, Elternteils, Kindes oder Enkelkindes angemessen auszugleichen oder zu mildern. Dementsprechend haben Beschädigte nach § 25 Abs. 4 Satz 1 BVG grundsätzlich Anspruch auf Leistungen der Kriegsopferfürsorge auch für Familienmitglieder. Bis zum 1. Januar 1989, dem Inkrafttreten des Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes über die siebzehnte Anpassung der Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (KOV-Anpassungsgesetz 1988 - KOVAnpG 1988) vom 21. Juni 1988 (BGBl I S. 826), war dieser Anspruch bei behinderten Familienmitgliedern auf nichtbehinderungsbedingte Leistungen beschränkt, weil dem Anspruch auf Leistungen für Familienmitglieder der Vorbehalt beigefügt war, "soweit diese ... nicht wegen Tuberkulose oder Behinderung Anspruch auf Leistungen nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften haben". Durch Art. 2 Nr. 2 KOVAnpG 1988 ist dieser - relative (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 13. August 1992 - BVerwG 5 C 47.87 - <Buchholz 436.7 § 25 BVG Nr. 4 = DVBl 1992, 1602>) - Nachrang der Leistungen der Kriegsopferfürsorge für Familienmitglieder ersatzlos gestrichen worden.
Der erkennende Senat hat dies in seinem vorgenannten Urteil vom 13. August 1992 dahin verstanden, daß hiermit der entschädigungsrechtlich begründete Vorrang der Kriegsopferfürsorge verwirklicht werden sollte. Diese strukturelle Änderung des Bundesversorgungsgesetzes ist auf Vorschlag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung in das KOV-An-passungsgesetz 1988 aufgenommen und damit begründet worden, daß die in § 25 Abs. 4 Satz 1 BVG F. 1982 enthaltene Verweisung auf die Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege der Sozialhilfe eine "teilweise Ausgrenzung behinderter Familienmitglieder" bedeute, die dem entschädigungsrechtlich begründeten Vorrang der Kriegsopferfürsorge widerspreche und dazu führe, daß bei Leistungen für behinderte Familienmitglieder - je nach Art der Hilfe - unterschiedliche Behörden zuständig seien (Bericht des 11. Ausschusses, BTDrucks 11/2315, S. 12 zu Art. 1 a Nr. 2).
Der damit begründete Vorrang des Anspruchs auf Kriegsopferfürsorgeleistungen auch für behinderte Familienmitglieder war ausweislich der zitierten Begründung umfassend gemeint. Die dem § 25 Abs. 4 Satz 2 BVG beigegebene Beschränkung des entschädigungsrechtlichen Kreises der Familienmitglieder auf solche, deren Lebensunterhalt der Beschädigte überwiegend bestreitet, vor der Schädigung bestritten hat oder ohne die Schädigung wahrscheinlich bestreiten würde, kann deshalb nicht so interpretiert werden, daß ein großer Teil der behinderten Familienmitglieder über Satz 2 wieder auf den Vorrang der Sozialhilfe verwiesen und damit gerade der Kreis der am stärksten behinderten Familienmitglieder wieder der Ausgrenzung überantwortet würde, die mit der Strukturänderung gerade vermieden werden sollte. Zu Recht hat deshalb das Berufungsgericht - in Übereinstimmung mit dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (vgl. RdSchr. vom 31. Mai 1989 <BArbBl 1989 S. 120> und das dort in Bezug genommene Auslegungsschreiben an das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung vom 9. November 1988 VIa 2 - 52 600) und Teilabschnitt 2.4.3.1 der Empfehlungen zur Kriegsopferfürsorge (Verf.: Gemeinsame Arbeitsgruppe der Länderreferenten und der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Hauptfürsorgestellen unter Mitwirkung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung und des Bundesrechnungshofs) - den in § 25 Abs. 4 Satz 2 BVG enthaltenen Begriff des "Lebensunterhalts" als den durch die Höhe des jeweiligen Familieneinkommens bestimmten Grundlebensbedarf des Familienmitglieds unter Ausschluß des behinderungsbedingten Sonderbedarfs, wie er bei behinderten Familienmitgliedern in aller Regel besteht, verstanden und für die Berechtigung dieser Auslegung auch auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift hingewiesen, die in ihrer bis zum 10. KOV-Anpassungsgesetz geltenden Fassung Kriegsopferfürsorgeleistungen an Familienmitglieder davon abhängig machte, daß der Beschädigte ihr "Ernährer" gewesen ist oder ohne die Schädigung geworden wäre, mithin ihren Grundlebensbedarf überwiegend getragen hat oder getragen hätte.
Daß der Beschädigte diesen Grundlebensbedarf seines Sohnes ohne seine Schädigung zumindest überwiegend hätte bestreiten können, hat das Berufungsgericht festgestellt, ohne daß der Beklagte hiergegen Revisionsgründe vorgebracht hätte. Das Bundesverwaltungsgericht ist deshalb hieran gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO).
Zu Recht hat das Berufungsgericht auf dieser tatsächlichen Grundlage entschieden, daß die damit begründete entschädigungsrechtliche Kausalität und der hieraus folgende entschädigungsrechtliche Vorrang der Kriegsopferfürsorge nicht durch die sozialhilferechtliche Härteklausel des § 91 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 (inhaltsgleich § 91 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 a.F.) BSHG i.d.F. des Art. 7 Nr. 19 des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms - FKPG - vom 23. Juni 1993 (BGBl I S. 944) in Frage gestellt wird. Zwar ist dem Beklagten und dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (RdSchr. vom 31. Mai 1989 <a.a.O.>) zuzugeben, daß die Lebenswirklichkeit behinderter Erwachsener, die nach Vollendung des 21. Lebensjahres im Rahmen der sozialhilferechtlichen Eingliederungshilfe stationär betreut werden, dadurch geprägt wird, daß auch für ihren allgemeinen, nicht behinderungsbedingten Lebensbedarf, der von der Eingliederungshilfe mitumfaßt wird (§ 27 Abs. 3 BSHG), wegen § 91 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BSHG in aller Regel die Sozialhilfe und nicht ihre unterhaltspflichtigen Eltern aufkommen (vgl. hierzu und zu den gesetzgeberischen Gründen BVerwGE 56, 220 <223 f.>; 92, 330 <333 f.>; 98, 106 <109 f.>). Das beruht aber auf einer allein das System der Sozialhilfe betreffenden Billigkeitsentscheidung des Gesetzgebers, der dieser keine systemübergreifende Bedeutung beigemessen hat und die deshalb nicht dazu dient, die Kriegsopferfürsorge als einen gegenüber der Sozialhilfe vorrangigen Leistungsträger von seinen Verpflichtungen freizustellen (so zu Recht Teilabschnitt 2.4.3.2 der Empfehlungen zur Kriegsopferfürsorge). Denn anderenfalls hätte der Gesetzgeber sein bei der strukturellen Änderung der Kriegsopferfürsorge durch das KOV-Anpassungsgesetz 1988 ausdrücklich erklärtes Ziel, auch für die Hilfe zur Pflege und die Eingliederungshilfe den umfassenden Vorrang der Kriegsopferfürsorge vor der Sozialhilfe und damit eine umfassende Systemsubsidiarität der Sozialhilfe herzustellen, in weitem Umfang nicht erreichen können.
Bestätigt wird dies durch das nachträgliche Verhalten des Gesetzgebers. Denn nachdem er bemerkt hatte, daß die Leistungen der Kriegsopferfürsorge wegen ihrer Abhängigkeit vom Einkommen des Beschädigten im Einzelfall hinter den bis Ende 1988 erbrachten Leistungen der Sozialhilfe zurückbleiben konnten und eine Aufstockung aus Sozialhilfemitteln erforderten, wenn die Strukturreform nicht zum Nachteil behinderter Familienmitglieder ausschlagen sollte (BTDrucks 11/6760 S. 11 f. zu Nr. 5 <§ 25 Abs. 4 >), hat er durch Art. 1 Nr. 11 b und 12 des KOV-Anpassungsgesetzes 1990 - KOVAnpG 1990 - (BGBl I S. 1211) seine Strukturreform rückwirkend auf den 1. Januar 1989 (Art. 13 Abs. 2 KOVAnpG 1990) komplettiert und angeordnet, daß bei der Hilfe zur Pflege wie bei der Eingliederungshilfe für ein Kind, das sein 21. Lebensjahr vollendet hat, davon abgesehen werden soll, Einkommen und Vermögen des Beschädigten einzusetzen (§ 26 c Abs. 12, § 27 d Abs. 7 BVG). Damit hat er im Rahmen des Systems Kriegsopferfürsorge eine wertungsgleiche Entscheidung getroffen wie im Rahmen des Systems Sozialhilfe durch § 91 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BSHG und zugleich zu erkennen gegeben, daß er davon ausgeht, der Systemvorrang der Kriegsopferfürsorge greife auch gegenüber dem in § 91 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BSHG umschriebenen Personenkreis.
Schließlich hat auch das Inkrafttreten des durch Art. 1 Nr. 8 KOVAnpG 1990 mit Wirkung zum 1. Juli 1990 (Art. 13 Abs. 1 KOVAnpG 1990) eingefügten § 25 Abs. 4 Satz 3 BVG den Erstattungsanspruch des Klägers nicht beeinträchtigt. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat mit gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindender Wirkung festgestellt, daß die Voraussetzungen, unter denen behinderte Kinder nach dieser Vorschrift i.V.m. § 33 b Abs. 4 Satz 2 Buchst. c BVG auch über die Vollendung des 18. Lebensjahres hinaus als Familienmitglieder i.S. der Kriegsopferfürsorge gelten, im Falle des Erwin L. vorgelegen haben.
Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen nach § 154 Abs. 2 VwGO dem Beklagten zur Last. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 188 Satz 2 VwGO, der auch für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern gilt (BVerwGE 47, 233 <238>).
Ende der Entscheidung
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