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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 18.12.1997
Aktenzeichen: BVerwG 5 C 7.95
Rechtsgebiete: BSHG


Vorschriften:

BSHG § 12 Abs. 1
BSHG § 21 Abs. 1 a Nr. 6
Leitsätze:

Für die Beschaffung eines gebrauchten Fernsehgerätes kann ein Anspruch auf eine einmalige Sozialhilfeleistung nach § 21 Abs. 1 a Nr. 6 BSHG bestehen.

Ein Fernsehgerät ist ein Gebrauchsgut zur Erfüllung von persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens und gehört zum Bedarf für den notwendigen Lebensunterhalt (§ 12 Abs. 1 BSHG), wenn es in vertretbarem Umfange den Beziehungen zur Umwelt und der Teilnahme am kulturellen Leben dient (in Abkehr von BVerwGE 48, 237; 80, 349).

Urteil des 5. Senats vom 18. Dezember 1997 - BVerwG 5 C 7.95 -

I. VG Osnabrück vom 28.07.1994 - Az.: VG 4 A 307/93 - II. OVG Lüneburg vom 08.02.1995 - Az.: OVG 4 L 5686/94 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 5 C 7.95 OVG 4 L 5686/94

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 18. Dezember 1997 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Säcker und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pietzner, Schmidt, Dr. Rothkegel und Dr. Franke

ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

Das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. Februar 1995 wird aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlußentscheidung vorbehalten.

Gründe:

I.

Der Kläger wohnt in einer städtischen Obdachlosenunterkunft und erhält von der Beklagten Hilfe zum Lebensunterhalt. Seinen Antrag auf Beihilfe zur Anschaffung eines gebrauchten Fernsehgerätes lehnte die Beklagte ab.

Auf die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine Beihilfe zur Anschaffung eines gebrauchten Fernsehgerätes in Höhe von bis zu 120 DM zu gewähren, und ihr nachgelassen, dem Kläger ein gebrauchtes Fernsehgerät zur Verfügung zu stellen. Auf eine entsprechende einstweilige Anordnung des Verwaltungsgerichts hat die Beklagte dem Kläger einen Kostenverpflichtungsschein ausgehändigt, mit dem er ein gebrauchtes Fernsehgerät erworben hat. Die Berufung der Beklagten gegen das sie verpflichtende Urteil des Verwaltungsgerichts hat das Oberverwaltungsgericht mit der Begründung zurückgewiesen; daß der Kläger einen Anspruch auf eine einmalige Leistung für die Beschaffung eines gebrauchten Fernsehgerätes habe, weil ein Fernsehgerät zum notwendigen Lebensunterhalt gehöre. Da nahezu alle Haushalte in der Bundesrepublik Deutschland, auch die mit geringem Einkommen, mit Fernsehgeräten ausgestattet seien, sei es auch Sozialhilfeempfängern auf deren Wunsch zu ermöglichen, ihre Bedürfnisse nach Information, Bildung und Unterhaltung (auch) über das Medium Fernsehen zu decken, zumal gebrauchte Fernsehgeräte zu niedrigen Preisen gehandelt würden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie die Verletzung der §§ 11, 12, 21 Abs. 1 a Nr. 6 BSHG rügt und beantragt, die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage abzuweisen. Zum einen gehöre ein Fernsehgerät nicht zum notwendigen Lebensunterhalt, zum anderen könne der Kläger das Fernsehgerät seines Lebensgefährten mitbenutzen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Sein Lebensgefährte habe kein Fernsehgerät.

Der Oberbundesanwalt unterstützt die Revision. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 95, 145) sei der mit einem Fernsehgerät verfolgte Zweck der Teilnahme am kulturellen Leben den Bedürfnissen des täglichen Lebens zuzuordnen, die durch die Regelsätze auch dann abgegolten würden, wenn sie einmalige größere Ausgaben erforderten. Bei Gebrauchsgegenständen von längerer Gebrauchsdauer und höherem Anschaffungswert, für die einmalige Leistungen gewährt würden, handele es sich in der Regel um Hausratsgegenstände. Dagegen erfasse § 2l Abs. 1 a Nr. 6 BSHG ein Fernsehgerät nicht. Es gehöre auch nicht zum notwendigen Lebensunterhalt. Die hierfür in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. November 1988 (BVerwGE 80, 349) genannten Gründe beanspruchten auch heute noch Geltung. Es sei nicht Aufgabe der Sozialhilfe, einen sozialen Mindeststandard und eine höchstmögliche Ausweitung der Hilfen zu gewährleisten. Diesen Erwägungen komme heute unter dem Aspekt besondere Bedeutung zu, daß Sozialausgaben die öffentlichen Haushalte in zunehmendem Maße belasteten.

Die Beteiligten erklären ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.

II.

Auf die Revision der Beklagten, über die das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 141 Satz 1 in Verbindung mit § 125 Abs. 1 Satz 1 und § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß dem Kläger ein Anspruch auf eine einmalige Leistung für die Beschaffung eines gebrauchten Fernsehgerätes nach den §§ 11, 12, 21 Abs. 1 a Nr. 6 BSHG zustehen kann.

Dem steht das geschlossene Regelsatzsystem (zur Kritik daran Armborst info also 1994, 144; Hofmann info also 1994, 145) nicht entgegen. Denn das geschlossene Regelsatzsystem wird durch die normativen Bestimmungen in Gesetz und Verordnung geprägt. Nach der Rechtslage vor der Einfügung der Absätze 1 a und 1 b in § 21 BSHG durch Art. 7 Nr. 6 des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms - FKPG vom 23. Juni 1993 (BGBl I S. 944) war Regelbedarf der ohne Besonderheiten des Einzelfalles (§ 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG) bei vielen Hilfeempfängern (zu deren Gruppeneinteilung vgl. § 2 Regelsatzverordnung) gleichermaßen bestehende, nicht nur einmalige Bedarf aus den in § 1 Abs. 1 Regelsatzverordnung genannten Bedarfsgruppen und -posten (vgl. BVerwGE 87, 212/216; 91, 156/157; 92, 106/107 noch zur Regelsatzverordnung F. 1971; BVerwGE 95, 145/146). Denn vor der Einfügung der Absätze 1 a und 1 b in § 21 BSHG konnte zwar § 21 Abs. 1 und 2 BSHG ein Rangverhältnis zwischen laufenden und einmaligen Leistungen nicht entnommen werden, wohl aber aus § 22 BSHG in Verbindung mit § 1 Regelsatzverordnung für die laufenden Leistungen nach Regelsätzen (BVerwGE 87, 212/215). Da in § 22 BSHG unter der Überschrift "Regelbedarf" bestimmt ist, daß laufende Leistungen zum Lebensunterhalt außerhalb von Anstalten, Heimen und gleichartigen Einrichtungen nach Regelsätzen gewährt werden, nach altem Recht - also vor der Einfügung der Absätze 1 a und 1 b in § 21 BSHG - aber nicht positiv bestimmt war, wofür einmalige Leistungen zu gewähren sind, gab es damals keine gesetzliche Festlegung bestimmter einmaliger Leistungen, die bei der Ermittlung des Regelbedarfs zu berücksichtigen gewesen wären. Durch die Einfügung des § 21 Abs. 1 a BSHG mit Wirkung vom 27. Juni 1993, der positiv bestimmt, für welchen Bedarf einmalige Leistungen gewährt werden, ist nunmehr gesetzlich festgelegt, für welchen Bedarf einmalige Leistungen zu gewähren sind. Da für ein und denselben Bedarf nicht einmalige Leistungen und laufende Leistungen nach Regelsätzen gewährt werden, gehört der Bedarf, für den § 21 Abs. 1 a BSHG einmalige Leistungen festlegt, nicht zum Regelbedarf. Demnach ist nunmehr Regelbedarf der ohne Besonderheiten des Einzelfalles (§ 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG) bei vielen Hilfeempfängern (zu deren Gruppeneinteilung vgl. § 2 Regelsatzverordnung) gleichermaßen bestehende, nicht nur einmalige Bedarf aus den in § 1 Abs. 1 Regelsatzverordnung genannten Bedarfsgruppen und -posten, für den nicht nach § 21 Abs. 1 a BSHG einmalige Leistungen zu gewähren sind.

Ein Fernsehgerät ist im Sinne von § 21 Abs. 1 a Nr. 6 BSHG ein Gebrauchsgut von längerer Gebrauchsdauer und höherem Anschaffungswert. Vom Wortlaut, von der allgemeinen Wortbedeutung her (vgl. Brockhaus Enzyklopädie zum Stichwort Gebrauchsgüter sowie Brockhaus-Wahrig und Duden zum Stichwort Gebrauchsgut) kann der Begriff Gebrauchsgut nicht einengend dahin verstanden werden, daß er ein Fernsehgerät nicht erfaßt. Auch der vom Oberbundesanwalt angesprochene Wechselbezug zwischen § 1 Abs. 1 Satz 2 Regelsatzverordnung einerseits (z.B. "für die Beschaffung von Wäsche und Hausrat von geringem Anschaffungswert"; "für die Instandsetzung von Kleidung, Schuhen und Hausrat in kleinerem Umfang") und § 21 Abs. 1 a BSHG andererseits (z.B. zur "Instandsetzung von Bekleidung, Wäsche und Schuhen in nicht kleinem Umfang und deren Beschaffung von nicht geringem Anschaffungspreis"; zur "Instandsetzung von Hausrat in nicht kleinem Umfang") rechtfertigt aus systematischen Gründen eine einengende Auslegung der Gebrauchsgüter auf Hausrat nicht. Der Gesetzgeber hat die Nummer 4 des § 21 Abs. 1 a BSHG nicht in Anlehnung an dessen Nummer 1 dahin gefaßt, daß sie auch die Beschaffung von Hausrat von nicht geringem Anschaffungspreis bzw. von höherem Anschaffungswert regelt. Vielmehr hat er, ohne daß aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms oder dessen Zielrichtung auf Entlastung der öffentlichen Haushalte eine Beschränkung des Begriffs der Gebrauchsgüter auf Hausrat zu erkennen ist, in Nummer 6 eine eigenständige Regelung für alle (notwendigen) Gebrauchsgüter/Gebrauchsgegenstände (vgl. auch § 84 Abs. 3 BSHG, der von einmaligen Leistungen zur Beschaffung von Bedarfsgegenständen, deren Gebrauch für mindestens ein Jahr bestimmt ist, spricht) getroffen, die zwar auch Hausratsgegenstände, aber nicht nur diese, sondern auch alle anderen Gebrauchsgüter erfaßt, die zur Erfüllung (irgend)eines sozialhilferechtlichen Bedarfs, also gegebenenfalls auch der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens, erforderlich sind.

Ein Fernsehgerät ist ein Gebrauchsgut zur Erfüllung von persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens und gehört zum Bedarf für den notwendigen Lebensunterhalt (§ 12 Abs. 1 BSHG), wenn es in vertretbarem Umfange den Beziehungen zur Umwelt und der Teilnahme am kulturellen Leben dient.

Während der Senat in BVerwGE 48, 237 und BVerwGE 80, 349 die sozialhilferechtliche Notwendigkeit eines Fernsehgerätes abgelehnt hatte, hat er in BVerwGE 95, 145 ausgeführt, daß ein Fernsehgerät hinsichtlich der mit seiner Anschaffung verfolgten Zwecke der Bedarfsgruppe der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens zuzuordnen sei, hat aber offengelassen, ob das Fernsehgerät zur Erfüllung der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens erforderlich sei, also zum notwendigen Lebensunterhalt gehöre (BVerwGE 95, 145/149).

Bei der Beantwortung der Frage, ob das Fernsehgerät zur Erfüllung der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens erforderlich ist, muß dem Umstand Rechnung getragen werden, daß die "persönlichen" Bedürfnisse des täglichen Lebens ihrem Wesen nach solche aus freier, selbstbestimmter und -gestalteter, eben "persönlicher" Lebensführung sind (Senatsurteil vom 29. Oktober 1997 - BVerwG 5 C 34.95 - zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung bestimmt). Das schließt es aus, einen konkreten Bedarf (z.B. das Fernsehen oder gegenständlich das Fernsehgerät; das Lesen oder gegenständlich Bücher; das Musikhören oder gegenständlich das Radio- oder CD-Gerät; das Boxen oder gegenständlich die Boxhandschuhe) aus dieser Bedarfsgruppe als für alle Hilfeempfänger maßgeblich oder unmaßgeblich festzulegen. Da zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens, ungeachtet ihrer individuellen Ausgestaltung, nach § 12 Abs. 1 Satz 2 BSHG in vertretbarem Umfange auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben gehören und das Fernsehen als akustisch-visuelles Medium zur Information, Bildung und Unterhaltung dem einzelnen ermöglicht, seine Umwelt zu erfahren und am kulturellen Leben teilzuhaben (vgl. BVerwGE 95, 145/146), kann Fernsehen und damit gegenständlich ein Fernsehgerät ein persönliches Bedürfnis des täglichen Lebens sein (§ 12 Abs. 1 Satz 2 BSHG).

Allerdings sind Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben nach § 12 Abs. 1 Satz 2 BSHG nur in vertretbarem Umfange als sozialhilferechtlicher Bedarf anerkannt. Bereits aus der Wortbedeutung "in vertretbarem Umfange" ergibt sich, daß damit nicht die Art und Weise der Beziehungen zur Umwelt und der Teilnahme am kulturellen Leben angesprochen sind; vielmehr steht es jedem Sozialhilfeempfänger frei, in welcher Art und Weise er seine Beziehungen zur Umwelt und seine Teilnahme am kulturellen Leben gestaltet. Mit dem Tatbestandsmerkmal "in vertretbarem Umfange" ist das Ausmaß der sozialhilferechtlich beachtlichen Beziehungen zur Umwelt und Teilnahme am kulturellen Leben nicht nach Häufigkeit oder zeitlicher Dauer eingegrenzt, sondern nach finanziellem Aufwand.

Solange der Bedarf aus der Bedarfsgruppe der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens grundsätzlich allein mit den laufenden Leistungen nach Regelsätzen zu decken war, weil das Bundessozialhilfegesetz und die Regelsatzverordnung in der Bedarfsgruppe der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens bislang keine Unterscheidung in kleinere und größere oder nach geringerem oder höherem Wert getroffen hatten (s. BVerwGE 91, 156/158), wurde das Tatbestandsmerkmal des vertretbaren Umfanges allein durch die Festsetzung der Regelsätze konkretisiert. Diese Festsetzung orientierte sich nicht an konkreten Gegenständen (z.B. Radiogerät, Fernsehgerät, Fahrrad, Gesellschaftsspiel, Baukasten, Puppe), sondern am Verbraucherverhalten von Haushalten in unteren Einkommensgruppen, in unteren Lohn- und Gehaltsgruppen (§ 22 Abs. 3 und 4 BSHG). Das bedeutete notwendig eine Pauschalierung; der Hilfebedürftige konnte die Pauschale frei nach seinem Belieben verwenden.

Nunmehr sieht § 21 Abs. 1 a Nr. 6 BSHG für die Beschaffung von Gebrauchsgütern von längerer Gebrauchsdauer und höherem Anschaffungswert einmalige Leistungen vor. Dies gilt, da das Gesetz eine Einschränkung auf bestimmte Bedarfsgruppen nicht vorgenommen hat, auch für die Bedarfsgegenstände aus der Bedarfsgruppe der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens. Das macht es erforderlich, das Tatbestandsmerkmal "in vertretbarem Umfange" im Rahmen der Entscheidung über eine einmalige Leistung für einen bestimmten, vom Hilfeempfänger begehrten Gegenstand zu bestimmen. Der Sozialhilfeträger muß also prüfen, ob der begehrte Gegenstand sozialhilferechtlich notwendig, hier ob das begehrte Fernsehgerät (in anderen Fällen das Radiogerät, das Fahrrad, das Gesellschaftsspiel) für Beziehungen zur Umwelt oder eine Teilnahme am kulturellen Leben in vertretbarem Umfange erforderlich ist. Da der konkrete Bedarf aus der Bedarfsgruppe der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens von den persönlichen Vorstellungen und Wünschen des Hilfeempfängers abhängt, kann die Notwendigkeitsprüfung gegenständlich für jeden Hilfeempfänger nur gesondert erfolgen. Der eine Hilfeempfänger "braucht" einen Baukasten, ein anderer ein Fernsehgerät. Diese Abhängigkeit vom konkret-individuellen Bedarf rechtfertigt den Leitsatz des Berufungsurteils, ein gebrauchtes Fernsehgerät sei notwendige Ausstattung für den Hilfeempfänger, der Information, Bildung und Unterhaltung (auch) über das Medium Fernsehen wünsche. Dabei ist es dem Sozialhilfeträger verwehrt, die vom Hilfeempfänger gewählte Art und Weise der Beziehungen zur Umwelt und der Teilnahme am kulturellen Leben daraufhin zu überprüfen, ob sie sinnvoll oder zweckmäßig sind; vielmehr steht dem Sozialhilfeträger nur eine Entscheidung über den vertretbaren Umfang, also in bezug auf den vertretbaren finanziellen Aufwand zu. Dieser Rahmen kann im Einzelfall bereits durch vorangegangene gleichgerichtete einmalige Leistungen eingeschränkt sein.

Bei der gegenständlichen Prüfung - eine Pauschalierung einmaliger Leistungen für Gebrauchsgüter im Sinne des § 21 Abs. 1 a Nr. 6 BSHG ist bisher weder durch Verordnung nach § 21 Abs. 1 b BSHG (vgl. dazu Arbeitsentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit, Stand 31. Januar 1997 <info also 1997, 36>) geregelt, noch wurde sie von der Beklagten praktiziert - ist die sozialhilferechtliche Notwendigkeit eines gebrauchten Fernsehgerätes für einen Hilfeempfänger, der Information, Bildung und Unterhaltung über das Medium Fernsehen erlangen will, in Abkehr von BVerwGE 48, 237; 80, 349 grundsätzlich zu bejahen. Die Wahl des Mediums liegt grundsätzlich in der Entscheidung des Hilfebedürftigen. Es ist sozialhilferechtlich nicht gerechtfertigt, ihm das Medium vorzuschreiben oder ihn auf das eine oder andere (z.B. Zeitung, Kino) zu begrenzen. Begrenzungen ergeben sich nur aus der Höhe der erforderlichen Aufwendungen. Orientiert man sich am Verbraucherverhalten unterer Einkommensgruppen, gehört Fernsehen zum täglichen Leben. Dem entspricht die vom Berufungsgericht festgestellte und nicht bestrittene hohe Ausstattungsdichte auch in Haushalten mit geringen Einkommen. Allerdings ist, woran der Senat festhält (vgl. BVerwGE 80, 349), die Ausstattungsdichte allein nicht entscheidend; denn auch bei einer großen Ausstattungsdichte wäre z.B. ein Kraftfahrzeug kein notwendiger Bedarfsgegenstand für die persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens. Da es Aufgabe der Sozialhilfe ist, der sozialen Ausgrenzung des Hilfebedürftigen zu begegnen, ist es ihm zu ermöglichen, in der Umgebung von Nichthilfeempfängern ähnlich wie diese zu leben (BVerwGE 97, 376/378). Dazu gehört die Möglichkeit, sich durch das Medium Fernsehen zu informieren, zu bilden und zu unterhalten. Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß es viele Menschen gibt, die sich bewußt und freiwillig nicht des Mediums Fernsehen bedienen.

Das Berufungsgericht hat nicht aufgeklärt, ob der Kläger ein Fernsehgerät seines Lebensgefährten mitbenutzen kann. Das wird von der Beklagten behauptet und vom Kläger bestritten. Zur Klärung dieser Frage ist die Sache zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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