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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 21.10.1998
Aktenzeichen: BVerwG 6 A 1.97
Rechtsgebiete: VwGO, GG, EV, MDR-Staatsvertrag 1991, G-MDR-StV LSA 1991 PRG LSA
Vorschriften:
VwGO § 50 Abs. 1 Nr. 1 | |
GG Art. 5 Abs. 1 Satz 2 | |
EV Art. 36 | |
MDR-Staatsvertrag vom 31. Mai 1991 § 1 | |
MDR-Staatsvertrag vom 31. Mai 1991 § 3 Abs. 1 | |
MDR-Staatsvertrag vom 31. Mai 1991 § 2 | |
MDR-Staatsvertrag vom 31. Mai 1991 § 3 | |
MDR-Staatsvertrag vom 31. Mai 1991 § 4 und 5 | |
MDR-Staatsvertrag vom 31. Mai 1991 § 4 Abs. 3 und 5 | |
MDR-Staatsvertrag vom 31. Mai 1991 § 37 | |
MDR-Staatsvertrag vom 31. Mai 1991 § 44 | |
G-MDR-StV LSA vom 25. Juni 1991 PRG LSA § 2 |
Der zwischen den Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen geschlossene Staatsvertrag über den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) vom 30. Mai 1991 regelt eine Mindestzahl, nicht aber eine Höchstzahl der terrestrisch zu verbreitenden Hörfunkprogramme (zu § 3 Abs. 1 Satz 1 MDR-StV).
Die Zuweisung einer terrestrischen Frequenz an den MDR durch ein Staatsvertragsland bedarf nicht des Einvernehmens der übrigen Staatsvertragsländer, wenn die Frequenz nur der rundfunklichen Versorgung des einzelnen Landes zu dienen bestimmt ist (zu § 3 Abs. 3 Satz 1 MDR-StV).
Aus dem besonderen staatsvertraglichen Gebot der Rücksichtnahme ergeben sich gegenseitige Verhaltenspflichten für die beteiligten Länder. Diese Pflichten haben zum Inhalt, daß allen Ländern im Interesse umfassender Information und Meinungsbildung eine vollständige Ausnutzung der immer noch knappen Rundfunkfrequenzen ermöglicht werden muß und demgemäß kein Land in der Entwicklung seiner Rundfunkstruktur ohne Not behindert werden darf.
Urteil des 6. Senats vom 21. Oktober 1998 - BVerwG 6 A 1.97 -
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
BVerwG 6 A 1.97
Verkündet am 21. Oktober 1998
Klebba Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. Oktober 1998 durch die Richter Albers, Dr. Henkel, die Richterin Eckertz-Höfer, die Richter Dr. Bayer und Büge
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des beigeladenen MDR, aber mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des beigeladenen Freistaats Thüringen, die dieser selbst trägt.
Gründe:
I.
Es geht um die Frage, ob das Land Sachsen-Anhalt dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) eine Hörfunkfrequenz zum Zwecke der Ausstrahlung eines fünften Hörfunkprogramms in Sachsen-Anhalt, welches im Grenzgebiet von Sachsen ebenfalls empfangbar ist, hat ohne Zustimmung des Freistaats Sachsen zuweisen dürfen.
Die rechtsfähige Rundfunkanstalt MDR verbreitete nach ihrer Errichtung durch den von den Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen geschlossenen Staatsvertrag über den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR-StV) vom 30. Mai 1991 zunächst drei Hörfunkprogramme (MDR 1, MDR life, MDR Kultur), die über terrestrische Frequenzen ausgestrahlt werden. Ab Herbst 1996 kam MDR-Info als viertes terrestrisch ausgestrahltes UKW-Hörfunkprogramm hinzu. Neben diesen vier Hörfunkprogrammen strahlt der MDR seit dem 1. März 1993 ein weiteres Hörfunkprogramm mit dem Namen MDR-Sputnik aus.
MDR-Sputnik war bereits Anfang 1992 unter dem damaligen Namen DT 64 für kurze Zeit über eine Reihe von UKW-Frequenzen in den drei Staatsvertragsländern verbreitet worden; ab der zweiten Jahreshälfte 1992 erfolgte eine Verbreitung über Mittelwelle. Im Mai 1993 begann dann die Ausstrahlung über den luxemburgischen Fernmeldesatelliten ASTRA in analoger Verbreitungstechnik und seit dem 26. November 1993 zusätzlich über den DSR-Satellitenkanal 15 des Fernmeldesatelliten Kopernikus/TV-Sat-2 in digitaler Übertragungsform. Der DSR-Satellitenkanal 15 war nach Maßgabe des § 36 Abs. 5 RfStV 1991 den Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zur gemeinsamen Nutzung zugewiesen worden. Diesen Kanal hatte das damals aufsichtsführende Land Sachsen-Anhalt am 19. November 1993 im Einvernehmen mit den Ländern Sachsen und Thüringen dem MDR auf dessen Antrag hin zur Verbreitung von MDR-Sputnik zugewiesen. Die "Deutsche Bundespost Telekom, Fernmeldeamt Magdeburg" wies Ende 1994 insgesamt 37 freie Frequenzen in Sachsen-Anhalt aus, darunter auch die streitgegenständliche UKW-Frequenz 104,4 MHz, Halle-Petersberg. Die "Koordinierung" dieser Frequenz, also die Einpassung der Frequenz in die umgebende Frequenzlandschaft, fand anschließend auf Antrag der Deutschen Telekom AG durch das seinerzeit zuständige Bundesamt für Bundespost und Telekommunikation, Außenstelle Erfurt statt.
In der Folgezeit schrieb das Land Sachsen-Anhalt verschiedene freie UKW-Hörfunkfrequenzen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus. Der MDR bewarb sich - als einziger Bewerber - u.a. auch um die UKW-Frequenz 104,4 MHz, Halle, mit dem erklärten Ziel, auf dieser Frequenz das Hörfunkprogramm MDR-Sputnik terrestrisch zu verbreiten. Mit Schreiben der Staatskanzlei Sachsen-Anhalt vom 6. Dezember 1996 wurde dem Ausschuß für Kultur und Medien im Landtag von Sachsen-Anhalt die Zuweisung dieser Frequenz für die antragsgemäße Verwendung vorgeschlagen. In seiner Sitzung vom 12. Februar 1997 stimmte der Ausschuß dem zu. Darauf wies das Land Sachsen-Anhalt dem MDR mit Bescheid vom 13. Februar 1997 die Frequenz zu. Weder hinsichtlich der Frequenzzuweisung noch hinsichtlich des Betreibens eines fünften, terrestrisch verbreiteten UKW-Hörfunkprogramms durch den MDR liegt das Einvernehmen der Länder Sachsen und Thüringen vor.
Die terrestrische Frequenz 104,4 MHz, Halle, ermöglicht eine Hörfunk-Versorgung wesentlicher Teile des Landes Sachsen-Anhalt. Allerdings ist ein terrestrischer Empfang auch in an das Land Sachsen-Anhalt angrenzenden Teilen des Landes Sachsen, insbesondere im Raum Leipzig möglich. Der Sender hat eine erlaubte Sendeleistung von 10 kW.
Die Zuweisung der terrestrischen Frequenz 104,4 MHz, Halle, an den MDR führte zu einem rechtsaufsichtlichen Streit zwischen Sachsen und dem MDR. Das Land Sachsen belehrte den MDR mit Bescheid vom 11. September 1997 rechtsaufsichtlich nach § 37 Abs. 2 MDR-StV, daß die beabsichtigte Ausstrahlung eines fünften UKW-Hörfunkprogramms des MDR über die Frequenz 104,4 MHz, Halle, "ab 15. September 1997" gegen § 3 Abs. 1 des MDR-StV verstoße und forderte ihn auf, über diese Frequenz weder das Hörfunkprogramm "MDR-Sputnik" noch ein anderes, bisher nicht über terrestrische Frequenzen ausgestrahltes Programm zu verbreiten. Im einstweiligen Rechtsschutz sind hierzu inzwischen eine Reihe von Entscheidungen ergangen (vgl. die Beschlüsse des VG Leipzig vom 12. Dezember 1997 - 4 K 1540/97 - und vom 1. Oktober 1997 - 4 K 1460/97). Sie unterbanden die terrestrische Ausstrahlung des Programms "MDR-Sputnik" auch vorläufig nicht. Das entsprechende Hauptsacheverfahren ist vom Verwaltungsgericht Leipzig mit Beschluß vom 22. Januar 1998 (4 K 1416/97) ausgesetzt worden. Ferner gab es Wettbewerbsklagen von Privatrundfunkveranstaltern mit dem Ziel der Nichtausstrahlung eines fünften Hörfunkprogramms durch den MDR (vgl. klagabweisendes Urteil des OLG Dresden vom 14. Juni 1995 - 12 U 58/95 GRUR 1996, 73 und den einen Antrag auf einstweilige Verfügung zurückweisenden Beschluß des LG Leipzig vom 15. April 1998 - 5 (O) 8068/97 -).
Der klagende Freistaat Sachsen sieht in der Zuweisung der Hörfunkfrequenz 104,4 MHz, Halle, an den MDR durch das Land Sachsen-Anhalt, den hier Beklagten, eine Verletzung von § 3 Abs. 1 und 3 MDR-StV. Nach seiner Auffassung limitiere § 3 Abs. 1 MDR-StV die Zahl der über UKW erlaubten Programme auf drei. Mit der faktischen Gestattung eines fünften Hörfunkprogramms durch Zuweisung der genannten Frequenz habe das beklagte Land dagegen verstoßen. Außerdem stelle die Zuweisung der genannten Frequenz an den MDR ohne die vorherige Einholung des Einvernehmens von Sachsen und Thüringen einen Verstoß des Beklagten gegen das Gebot der interföderalen Rücksichtnahme und insbesondere gegen § 3 Abs. 3 MDR-StV dar. Diese Regelung binde die Zuweisung von technischen Übertragungsmöglichkeiten an das Einvernehmen aller drei Staatsvertragsländer. Die Empfangbarkeit der für Sachsen-Anhalt vergebenen Frequenz im Grenzbereich von Sachsen sei überdies technisch vermeidbar; es handele sich bei dieser Überstrahlung um mehr als den sog. "Spill-Over" (bzw. "Overspill"), der an Landesgrenzen üblich sei.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Chefs der Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt vom 13. Februar 1997 über die Zuweisung von UKW-Hörfunkfrequenzen in Sachsen-Anhalt an den MDR insoweit aufzuheben, als zu IV. dem Mitteldeutschen Rundfunk die UKW-Frequenz 104,4 MHz Halle für die Ausstrahlung des Programms MDR-Sputnik zugewiesen wird,
hilfsweise,
festzustellen, daß das Land Sachsen-Anhalt gegen den MDR-Staatsvertrag verstoßen hat, weil es
a) ohne das Einverständnis des Freistaats Sachsen und des Freistaats Thüringen eingeholt zu haben, dem Mitteldeutschen Rundfunk die Frequenz 104,4 MHz Halle zur Ausstrahlung des Programms MDR-Sputnik zugewiesen hat,
und
b) dem Mitteldeutschen Rundfunk dadurch eine nach dem MDR-Staatsvertrag ausgeschlossene terrestrische Verbreitung eines fünften Hörfunkprogramms auf UKW ermöglicht hat.
Das beklagte Land Sachsen-Anhalt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach seiner Ansicht liegt bei dem auf Kassation eines Verwaltungsakts gerichteten Hauptantrag keine föderale Streitigkeit vor, für die das Bundesverwaltungsgericht nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO allein erst- und letztinstanzlich zuständig wäre. Der Verwaltungsakt beruhe auf sachsen-anhaltinischem Landesrecht, nämlich auf § 2 des Gesetzes über den privaten Rundfunk in Sachsen-Anhalt vom 22. Mai 1991 (PRG LSA), und nicht auf dem MDR-Staatsvertrag. Im übrigen enthalte der MDR-Staatsvertrag auch nur die Regelung einer Mindest- und nicht einer Höchstzahl von Hörfunkprogrammen. Das Einvernehmen bei der Frequenzzuweisung herzustellen, sei nicht erforderlich gewesen, weil es allein um eine auf Sachsen-Anhalt bezogene, also um eine regionale Frequenz gehe.
Mit Beschluß vom 23. Dezember 1997 hat das Bundesverwaltungsgericht den Freistaat Thüringen und den MDR zum Verfahren beigeladen. Dieser unterstützt die Position des Beklagten, ergänzt sie mit tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Freistaat Thüringen beteiligt sich nicht mit Anträgen an dem Verfahren.
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 21. Oktober 1998 Beweis erhoben über das Verfahren der Findung freier UKW-Frequenzen, über die wesentlichen Parameter der Einpassung in das vorhandene und/oder künftige Frequenzgefüge sowie über die Möglichkeiten, Grenzen und Folgen von Maßnahmen zur Vermeidung eines grenzüberschreitenden Spill-Over, insbesondere hinsichtlich des konkreten Standorts Halle-Petersberg, durch Anhörung des Sachverständigen Dipl.-Ing. Dietz von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, Mainz. Der Sachverständige hatte zuvor schon Fragen des Gerichts, die ihm mit Verfügung vom 7. Oktober 1998 gestellt worden waren, schriftlich beantwortet. Auf diese Stellungnahme vom 15. Oktober 1998, die der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vertieft hat, wird Bezug genommen.
II.
Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrags zulässig, aber nicht begründet; hinsichtlich des Hilfsantrags ist sie unzulässig.
1. Das Bundesverwaltungsgericht ist für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig.
1.1 Es geht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob das Land Sachsen-Anhalt, durch die Zuweisung der Hörfunkfrequenz 104,4 MHz, Halle, an den MDR gegen Vorschriften des Staatsvertrages über den Mitteldeutschen Rundfunk vom 30. Mai 1991 verstoßen hat. Der für die Entscheidung maßgebliche MDR-Staatsvertrag regelt nicht das Verhältnis der beteiligten drei Länder im verfassungsrechtlichen Gefüge. Vertragsgegenstand ist die Errichtung und der Betrieb der gemeinschaftlich von den Staatsvertrags-Ländern getragenen Rundfunkanstalt MDR und deren Aufgabe, Rundfunk zu veranstalten (§ 1 Abs. 1 MDR-StV). Befaßt sich der Staat in dieser Form mit Rundfunk, so nimmt er - auch wenn der Rundfunk selbst nicht unter staatlicher Regie betrieben werden darf - eine Aufgabe der öffentlichen Verwaltung wahr (BVerfGE 12, 205, 246; 31, 314, 329; 47, 198, 225; BVerwGE 60, 162, 173). Das diesem Rechtsstreit zugrundeliegende Rechtsverhältnis wird dementsprechend von dieser einfachgesetzlichen Ebene und nicht etwa davon geprägt, daß es bei jedem Rundfunkstaatsvertrag auch um die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleisteten Bedingungen eines freien Rundfunks geht.
1.2 Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art im Sinne vom § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zwischen verschiedenen Ländern, für die das Bundesverwaltungsgericht erstinstanzlich zuständig ist. Dies gilt sowohl für den Haupt- als auch für den Hilfsantrag. § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist einschränkend dahin gehend auszulegen, daß er nur auf solche Streitigkeiten anzuwenden ist, die sich ihrem Gegenstand nach einem Vergleich mit "landläufigen Verwaltungsstreitigkeiten" entziehen (vgl. BVerwGE 96, 45, 49 m.w.N.). Ein solcher Fall ist - auch soweit es die Anfechtungsklage betrifft - hier entgegen der Auffassung des Beklagten gegeben. Gegenstand des Rechtsstreits ist sowohl bei der Anfechtung als auch bei der begehrten Feststellung die Klärung der Rechtsstellung der Länder zueinander, soweit sie sich aus dem gemeinsam abgeschlossenen Staatsvertrag, und dort insbesondere aus § 3 MDR-StV, ergibt. Hierbei nimmt § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO in Kauf, daß der beigeladene MDR eine Entscheidung, die im Streit zwischen den Ländern (auch) zu seinen Lasten erginge, als erst- und letztinstanzliche Entscheidung nicht weiter angreifen könnte, es sei denn, unter Behauptung der Verletzung seiner verfassungsrechtlich gewährleisteten Rundfunkfreiheit durch die jenseits des Instanzenzugs liegende Verfassungsbeschwerde an das Bundesverfassungsgericht. Wenn die Rechtsordnung eine solche Primärzuständigkeit eines Bundesgerichts anordnet, nimmt sie solche Folgen zum Nachteil der durch Beiladung zu schützenden Drittbetroffenen regelmäßig hin. Im Hinblick darauf, daß die hilfsweise erhobene Feststellungsklage zur materiellen Streitfrage ohne Zweifel auch nach Auffassung des Beklagten - eine föderale Streitigkeit im Sinne des § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist, wird der beigeladene MDR in der Wahrnehmung seiner Rechte nicht beeinträchtigt, wenn aus Gründen der Prozeßökonomie und der Gewährung wirksamen Rechtsschutzes in einer einheitlichen Instanz zugleich auch über den Bestand der Frequenzzuteilung mitentschieden wird. Denn auch ein erfolgreiches Feststellungsbegehren müßte letztlich dazu führen, daß der Beklagte die den MDR begünstigende Frequenzzuweisung selbst zurückzunehmen hätte. Im Ergebnis käme es damit zu einer vergleichbaren Rechtsfolge, wie sie mit der Anfechtungsklage unmittelbar erstrebt wird. Auch dies läßt die Rechtsfolge, daß für beide Klagearten, und nicht nur für die Feststellungsklage, dem drittbeteiligten MDR Instanzen genommen werden, als mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar erscheinen.
2. Die mit dem Hauptantrag erhobene Anfechtungsklage ist zulässig.
2.1 Die Klagebefugnis ist gegeben. Denn das klagende Land kann durch den angegriffenen Verwaltungsakt vom 13. Februar 1997 in seinen Rechten verletzt sein. Zwar ist der Kläger nicht selbst Adressat dieses Verwaltungsakts, sondern der an dem Rechtsstreit als Beigeladener beteiligte MDR. Nur diesem wurde von dem Beklagten durch den angegriffenen Verwaltungsakt die Frequenz 104,4 MHz, Halle, zugewiesen. Indessen berührt der Verwaltungsakt Rechtsregeln, die auch das klagende Land Sachsen schützen sollen. Insoweit ist es ohne Bedeutung, daß sich der Verwaltungsakt formal allein auf § 2 des Gesetzes über den privaten Rundfunk in Sachsen-Anhalt vom 22. Mai 1991 (PRG-LSA - GVBl LSA 87) stützt. Auf diese Regelung allein könnte sich der Kläger allerdings nicht berufen, da sie allein für das Land Sachsen-Anhalt regelt, wer nach welchen Kriterien darüber entscheidet, ob freie Übertragungsmöglichkeiten von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten oder durch private Veranstalter genutzt werden dürfen. Die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts, der konkret der Mehrländerrundfunkanstalt MDR eine Übertragungsmöglichkeit zuweist, muß sich indessen auch am MDR-Staatsvertrag vom 30. Mai 1991 messen lassen, soweit dieser Regelungen enthält, die eine solche Frequenzvergabe möglicherweise besonderen drittschützenden Bedingungen unterwirft. In § 3 Abs. 1 und Abs. 3 MDR-StV könnten solche Regelungen enthalten sein. Denn diese beiden Absätze regeln Vorgaben zu der Zahl und Verbreitungstechnik der Hörfunkprogramme und zu der Frage des einvernehmlichen Handelns der Länder bei der Zuweisung von Übertragungsmöglichkeiten. Hierbei handelt es sich ebenfalls um sachsen-anhaltinisches Landesrecht. Denn der Staatsvertrag wurde durch Gesetz vom 25. Juni 1991 (G MDR-StV, GVBl LSA 111) in sachsen-anhaltinisches Landesrecht transformiert. Die genannten Regelungen des Staatsvertrages treten deshalb ergänzend zu § 2 PRG LSA als Maßstab der Rechtmäßigkeit des Zuweisungsbescheids vom 13. Februar 1997 hinzu. Die Funktion der staatsvertraglichen Vorschriften, die Interessen der anderen am Staatsvertrag beteiligten Länder zu wahren und zu schützen, bleibt auch nach ihrer Transformation in das jeweilige Landesrecht erhalten. Dies ist von allen drei Ländern so gewollt. Der Staatsvertrag will zwar keine einheitliche und abschließende länderübergreifende Rundfunkordnung aufstellen. Er will aber mit seinen Regelungen Interessen der beteiligten Länder an der gemeinsamen, länderübergreifenden öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt ausgleichen. Dem entwachsen besondere Pflichten zur Rücksichtnahme der beteiligten Länder untereinander. Wenn durch eine Hörfunkfrequenzzuweisung dem gemeinsamen Interessenausgleich dienende Vorschriften des Staatsvertrages verletzt werden, kann sich ein Vertragsland - wie hier der Kläger - dagegen auch mit einer Drittklage wehren.
2.2 Das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage liegt ebenfalls vor. Das rechtsaufsichtliche Verfahren nach § 37 MDR-StV, das vom klagenden Land gegen den MDR in die Wege geleitet worden ist, stellt keinen einfacheren Weg zur Durchsetzung der geltend gemachten staatsvertraglichen Rechte dar. Das rechtsaufsichtliche Verfahren ermöglicht allenfalls, gegen ein etwaiges staatsvertragswidriges Verhalten des MDR einzuschreiten. Nicht hingegen läßt sich auf diese Weise erzwingen, daß der vom beklagten Land erlassene Verwaltungsakt zurückgenommen oder aufgehoben wird. Dazu bedarf es vielmehr einer unmittelbar gegen den Staatsvertragspartner gerichteten Klage, wenn dieser sich einer entsprechenden Forderung verweigert.
Die Anfechtungsklage ist auch rechtzeitig erhoben. Zwar ist unter den Parteien streitig, ob und wann der den MDR begünstigende Verwaltungsakt vom 13. Februar 1997 auch dem klagenden Land bekanntgegeben wurde. Fest steht indes, daß eine eventuelle Bekanntgabe ohne eine Rechtsbehelfsbelehrung erfolgte. Dies hat zur Folge, daß die ohne Vorverfahren zulässige Klage (§ 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO) mindestens innerhalb eines Jahres seit Eröffnung oder sonstiger Bekanntgabe zulässig erhoben werden durfte. Die am 6. November 1997 beim Bundesverwaltungsgericht anhängig gewordene Klage war danach selbst dann fristgerecht, wenn der Vortrag des Beklagten als richtig zu unterstellen wäre, wonach der Kläger von dem angefochtenen Verwaltungsakt bereits mit Schreiben vom 14. Februar 1997 unterrichtet worden sein soll. Darauf, wann das klagende Land tatsächlich Kenntnis von dem angegriffenen Bescheid erlangt hat, kam es somit nicht an.
3. Die Anfechtungsklage ist indessen nicht begründet. Das beklagte Land hat mit dem Verwaltungsakt vom 13. Februar 1997, mit welchem dem MDR unter Ziff. IV die UKW-Frequenz 104,4 MHz, Halle, zugeordnet wurde, das klagende Land nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der angegriffene Verwaltungsakt verstößt weder gegen § 3 Abs. 1 Satz 1 MDR-StV noch gegen § 3 Abs. 3 MDR-StV. Auch sonstige Rechtswidrigkeitsgründe sind nicht ersichtlich.
3.1 Mit der Zuweisung der Frequenz 104,4 MHz, Halle, wollte der Beklagte dem MDR, wenn auch auf die Region um Halle begrenzt, die Ausstrahlung eines fünften Hörfunkprogramms ermöglichen. Dies stellt entgegen klägerischer Auffassung keinen Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Satz 1 MDR-StV dar. Denn § 3 Abs. 1 Satz 1 MDR-StV enthält keine Festlegung auf eine höchstens erlaubte Zahl an Hörfunkprogrammen. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Gesamtzusammenhang der Einzelregelungen des § 3 MDR-StV, ihrer Stellung im vertraglichen Regelwerk, dem erkennbar gewordenen Vertragswillen der Länder, soweit sich auf diesen aus parlamentarischen Äußerungen und der späteren Staatspraxis zurückschließen läßt, und auch nach der Interessenlage unter Berücksichtigung der Umstände, unter denen der MDR-Staatsvertrag ausgehandelt wurde.
3.1.1 Für die Bestimmung der durch den MDR-Staatsvertrag geregelten Interessenlage ist maßgeblich die Ausgangssituation in den Jahren 1990/91. Diese war dadurch gekennzeichnet, daß mit Inkrafttreten des Art. 36 Einigungsvertrag vom 31. August 1990 (EV - BGBl II 889) feststand, daß die durch den Beschluß über die Gewährleistung der Meinungs-, Informations- und Medienfreiheit (der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik) vom 5. Februar 1990 (GBl DDR I Nr. 7, 39 ff. - dokumentiert in MediaP 1990, 126 und H. Kresse, Die Rundfunkordnung in den neuen Bundesländern, 1992, S. 280 f.) geschaffenen Einrichtungen namens "Rundfunk der DDR" und "Deutscher Fernsehfunk" längstens bis 31. Dezember 1991 als eine gemeinschaftliche Einrichtung fortgeführt werden sollten (Art. 36 Abs. 1 Satz 1 EV). Innerhalb dieses Zeitraums mußte die Einrichtung durch einen gemeinsamen Staatsvertrag der gemeinsamen Länder entweder aufgelöst oder in Anstalten des öffentlichen Rechts einzelner oder mehrerer Länder überführt werden (Art. 36 Abs. 6 Satz 2 EV).
Die vertragliche Gründung der Mehrländeranstalt "Mitteldeutscher Rundfunk" Ende Mai 1991 erfolgte somit nur kurze Zeit nach dem Erstehen neuer föderaler Strukturen im Beitrittsgebiet und der Bildung der neuen Länder einschließlich von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. In dieser Zeit mußten sich die am Staatsvertrag beteiligten Länder nicht nur darauf festlegen, miteinander - und nicht mit anderen Ländern - die Mehrländeranstalt zu errichten, sondern es waren auch deren Ziele und Organisationsstruktur festzulegen sowie die finanziellen und technischen Ressourcen einschließlich der möglichen Ausstattung mit Frequenzen zu bedenken. Der MDR-Staatsvertrag regelt dementsprechend im Interesse einer ökonomischen und dennoch programmlich vielfältigen Nutzung der im Jahre 1991 noch knapper als heute vorhandenen Frequenzen die Organisation, die Aufgaben und die Pflichten einer gemeinsamen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt der drei Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen einschließlich der Mitwirkungsverpflichtungen der beteiligten Länder, soweit sie für das Wirken der gemeinsamen Anstalt erforderlich sind, wie schließlich auch die gemeinsame Ausübung der Aufsichtsbefugnisse der Länder. Vorbild war ihm dabei insbesondere der NDR-Staatsvertrag von 1980 (dazu im einzelnen H. Rossen, in: Hans-Bredow-Institut, Hrsg., Das Rundfunkrecht der neuen Bundesländer, 1992, S. 19 ff., 20 m.w.N.).
3.1.2 Vor diesem Hintergrund ist es geboten, den § 3 Abs. 1 Satz 1 MDR-StV nicht isoliert und nicht nur seinem vordergründigen Wortlaut nach auszulegen. Zu ermitteln ist vielmehr der mit der situationsbezogenen gestalterischen Aufgabe korrespondierende Vertragswille der drei Vertragsländer. Dabei dürfen neben der systematischen Einbindung, den diese Vorschrift im Staatsvertrag gefunden hat, entstehungsgeschichtliche Hinweise und die Interpretation der Vorschrift in der späteren Staatspraxis der drei Länder - insbesondere soweit eine solche noch im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluß des Staatsvertrages steht - nicht unberücksichtigt bleiben.
Der maßgebliche Wortlaut ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht eindeutig. § 3 Abs. 1 MDR-StV lautet in seinen vier Sätzen:
Der MDR veranstaltet drei Hörfunkprogramme, die über UKW verbreitet werden. Eines dieser Hörfunkprogramme besteht aus drei unterschiedlichen Landesprogrammen für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen (§ 4). Ein Hörfunkprogramm nach Satz 1 kann über Satellit abgestrahlt werden. Der MDR kann ein weiteres überregionales Hörfunkprogramm veranstalten, das über Mittelwelle verbreitet wird.
Der erste Satz ist auch für sich allein gesehen nach seinem Wortlaut keienswegs eindeutig. Er läßt ein Verständnis, daß höchstens drei UKW-Hörfunkprogramme zu verbreiten sind, ebenso zu wie ein Verständnis, daß mindestens oder auf jeden Fall drei Programme vorzusehen sind. Angesichts der geschilderten Ausgangssituation steht andererseits zumindest fest, daß § 3 Abs. 1 Satz 1 MDR-StV nicht etwa die Festschreibung eines schon bestehenden Zustandes enthält oder auch nur enthalten könnte. Denn die Voraussetzungen für die Ausstrahlung von Programmen in dem genannten Umfang waren bei Abschluß des Staatsvertrages noch nicht gegeben, mußten vielmehr erst noch geschaffen werden. Diese Entwicklungsdynamik wird systematisch gesehen vor allem durch § 3 Abs. 5 MDR-StV gesteuert. Dieser lautet:
Der MDR hat darauf hinzuwirken, daß die vollständige Versorgung der Rundfunkteilnehmer mit Landesprogrammen unverzüglich im Rahmen seiner technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten sichergestellt wird. Diese Verpflichtung hat Vorrang vor der vollständigen Versorgung mit seinen übrigen Programmen und vor seinen sonstigen Entwicklungsmöglichkeiten.
Hier wird ein Entwicklungsauftrag einschließlich der bei der Einrichtung der Programme einzuhaltenden Versorgungsrangfolge erteilt, allerdings auch ein Vorbehalt des technisch und wirtschaftlich Möglichen aufgestellt. Für diesen Auftrag wird eine zeitliche Anordnung getroffen ("unverzüglich"), die auch im Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 MDR-StV mit seinem befehlendem Indikativ ("Der MDR veranstaltet ...") ihre Entsprechung findet. Aus beiden Absätzen - § 3 Abs. 1 und Abs. 5 MDR-StV - zusammengenommen folgt also in erster Linie der Entwicklungsauftrag, die vorgesehenen Pflichtaufgaben als Ausgestaltung des in § 1 MDR-StV umfassend formulierten Auftrags, "Rundfunk" zu veranstalten - nach den seinerzeit absehbaren Möglichkeiten in bestimmter Dringlichkeitsfolge anzugehen, und zwar dies in Richtung auf einen bestimmten Mindeststandard. Das wiederum folgt auch aus dem Zusammenhang mit § 3 Abs. 3 und 4 MDR-StV. Diese lauten:
(3) Die Länder weisen dem MDR die für die Programme benötigten technischen Übertragungsmöglichkeiten einvernehmlich zu. Dies gilt auch für die Veranstaltung weiterer Programme und Landesprogramme.
(4) Zur Wahrnehmung seiner Aufgaben hat der MDR sendetechnisch und programmlich vergleichbare Entwicklungsmöglichkeiten wie andere Landesrundfunkanstalten.
Betrachtet man diese beiden Absätze, so ergibt sich schon allein aus deren Wortlaut folgendes: In § 3 Abs. 3 Satz 2 MDR-StV ist von der "Veranstaltung weiterer Programme und Landesprogramme" die Rede. Zu beachten ist hier, abgesehen von dem Wort "weitere", insbesondere auch die Mehrzahl (Programme und Landesprogramme). Das Wort "weitere" wiederum bezieht sich offensichtlich, und zwar dies abgrenzend, auf "die Programme", von denen in § 3 Abs. 3 Satz 1 MDR-StV die Rede ist. "Die Programme" nach § 3 Abs. 3 Satz 1 aber sind unzweifelhaft die in § 3 Abs. 1 MDR-StV genannten Programme, also die nach Reichweite und Inhalt überregionalen Programme und das eine ("Eines dieser") Hörfunkprogramm, das "aus drei unterschiedlichen Landesprogrammen für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen (§ 4)" besteht und mit dem die jeweils landesspezifischen Erscheinungsbilder sichtbar gemacht werden sollen - allerdings nicht ohne landesübergreifende Gemeinsamkeiten, wie § 4 Abs. 3 und Abs. 5 Satz 1 MDR-StV deutlich machen. Ebenso erfaßt § 3 Abs. 3 Satz 1 MDR-StV ohne daß dies hier aber näher zu interessieren braucht - das Fernsehprogramm nach § 3 Abs. 2 MDR-StV einschließlich der auseinandergeschalteten Sendungen. Diesen Programmen werden in § 3 Abs. 3 Satz 2 MDR-StV also die "weiteren Programme", somit die nicht bereits in den Absätzen 1 und 2 MDR-StV erwähnten Programme, gegenübergestellt. Wollte man dagegen unter "weitere Programme und Landesprogramme" im Sinne von § 3 Abs. 3 Satz 2 MDR-StV ausschließlich das "weitere" überregionale Hörfunkprogramm nach § 3 Abs. 1 Satz 4 MDR-StV sowie das "weiter" veranstaltete gemeinsame Fernsehprogramm nach § 3 Abs. 2 Sätze 3 und 4 MDR-StV verstehen, so wäre die Verwendung der Mehrzahl in § 3 Abs. 3 Satz 2 MDR-StV hinsichtlich der Programme und Landesprogramme nicht erklärlich.
Nimmt man außerdem den Wortlaut des Absatzes 4 hinzu, soweit dem MDR dort "sendetechnisch und programmlich vergleichbare Entwicklungsmöglichkeiten" zugestanden werden, und weiterhin auch die Einbeziehung dieser Entwicklungsmöglichkeiten in die Dringlichkeitsfolge der Programmversorgung, wie sie in § 3 Abs. 5 MDR-StV aufgestellt ist, so spricht kaum noch etwas dafür, § 3 Abs. 1 Satz 1 MDR-StV als abschließende Begrenzung der Zahl der Hörfunkprogramme zu sehen. Dies gilt um so mehr, als § 3 Abs. 4 MDR-StV offenkundig keine programmlich-inhaltlichen Entwicklungsmöglichkeiten meinen kann. Denn diese stehen den Rundfunkanstalten aufgrund von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ohnehin und ohne weitere Mitsprache- oder Einwirkungsmöglichkeiten der Staatsvertragsländer zu (vgl. BVerfGE 74, 297, 297; 83, 238, 299; 87, 181, 203). Die Gewährleistung programmlicher Entwicklungsmöglichkeiten kann sich deshalb nur auf die Zahl der Programme beziehen, mögen diese nun der rundfunklichen Grundversorgung oder der Ergänzungsversorgung dienen.
Ein anderes Ergebnis könnte allenfalls dann naheliegen, wenn man in § 3 Abs. 3 Satz 2 MDR StV einen Vorbehalt für die Veranstaltung weiterer Programme nur auf ergänzender oder eigenständiger normativer, d.h. zusätzlicher staatsvertraglicher Grundlage hineinlegen wollte. In der Tat will das klagende Land dies jedenfalls für die Entwicklungsgarantie des § 3 Abs. 4 MDR-StV so sehen. Aber anders als § 3 Abs. 3 Satz 1 des Staatsvertrages über den Südwestrundfunk (SWR StV) aus dem Jahre 1997 (vgl. z.B. BaWüGBl 300), der weitere Programme im Rahmen der Bestands- und Entwicklungsgarantie nur "auf der Grundlage besonderer staatsvertraglicher Vereinbarung" zuläßt, enthält der MDR-Staatsvertrag einen solchen ausdrücklichen Regelungsvorbehalt für die Veranstaltung weiterer Programme weder in § 3 Abs. 3 Satz 2 noch in § 3 Abs. 4 MDR-StV. Entgegen der klägerischen Auffassung bedarf es auch von Verfassungs wegen keiner staatsvertraglichen Ergänzung oder Änderung, um den MDR der programmlichen Entwicklungsgarantie teilhaftig werden zu lassen. Denn hier haben sich die Länder durch die staatsvertragliche Gründung einer gemeinsamen Rundfunkanstalt nur zu diesem Zweck gebunden und sich ansonsten nicht ihrer Rundfunkhoheit begeben. Der Staatsvertrag enthält insbesondere keine Entscheidung über die weitere Ausformung der dualen Rundfunkordnung in seinem gesamten Geltungsbereich. Diese bleibt eine von den einzelnen Ländern wahrzunehmende Angelegenheit. Es sind weiterhin die Länder, die "Bestand und Entwicklung" des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in ihrem Hoheitsgebiet zu gewährleisten haben, wie dies etwa auch Art. 20 Abs. 2 der Sächsischen Landesverfassung ausdrücklich vorsieht. Wenn ein Rundfunkstaatsvertrag sich einer landesspezifisch unterschiedlich auszugestaltenden Entwicklungsdynamik öffnet, etwa hinsichtlich des Verhältnisses von privatem und öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ist gegen ein derart offenes Regelwerk von Verfassungs wegen jedenfalls nichts zu erinnern.
3.1.3 Die Gesetzesmaterialien bestätigen die vorstehende Auslegung, daß § 3 Abs. 1 Satz 1 MDR-StV keine Festlegung auf eine höchstens erlaubte Zahl an Hörfunk- oder auch nur UKW-Hörfunkprogrammen enthält.
In der Begründung zum Gesetzentwurf zu dem Staatsvertrag über den Mitteldeutschen Rundfunk (SächsLT-Drucks. 1/477, für Sachsen und Sachsen-Anhalt gleichlautend) heißt es zu § 3 Abs. 3 Satz 2 MDR-StV:
"Die Länder sind verpflichtet, dem MDR nach näherer Abstimmung die für die vereinbarten Programme sowie die gegebenenfalls für weitere Programme nach Abs. 4 benötigten Frequenzen nach Maßgabe ihrer Möglichkeiten zuzuweisen."
Hier wird zwischen "vereinbarten Programmen" und "weiteren Programmen nach Abs. 4" unterschieden, also ersichtlich zwischen den vereinbarten Pflichtprogrammen der Absätze 1 und 2 des § 3 MDR-StV einerseits und andererseits solchen Programmen, die im Rahmen der technischen und programmlichen Entwicklungsmöglichkeiten veranstaltet werden. Nur in der ersten Hinsicht ist in der Landtagsdrucksache vom "Vereinbaren" die Rede. Die dort erwähnte "Abstimmung" bezieht sich eindeutig nicht auf das Veranstalten von Programmen welcher Art auch immer, sondern auf die Zuweisung der für beide Gruppen von Programmen benötigten Frequenzen. Dies spricht nicht nur gegen einen Numerus clausus der Programme in § 3 Abs. 1 MDR-StV, sondern - worauf noch im einzelnen zu sprechen sein wird - auch gegen einen totalen Vereinbarungsvorbehalt für die Veranstaltung jedweder weiterer Programme.
In der 2. Lesung des Staatsvertrages im Sächsischen Landtag (s. SächsLT, 1. Wahlperiode, 22. Sitzung, 21. Juni 1991, S. 1277, 1278) wies der Abgeordnete Grüning als Hauptsprecher der die Regierung tragenden Fraktion insbesondere auf die für den Vertragsinhalt bestimmend gewesene verfassungsrechtliche Einsicht hin, daß man in die Freiheit der Programmgestaltung des Senders und seiner zuständigen Organe (Intendant, Rundfunkrat) auch von Parlaments wegen nicht weitergehend eingreifen dürfe. Daß im Staatsvertrag von drei UKW-Programmen die Rede sei, von ihm durchaus als "Festschreibung" bezeichnet, begründete er mit dem Mangel an Übertragungsmöglichkeiten, die nicht mehr Programme erlaubten. Er betonte indes seine Hoffnung, daß dies keine Behinderung für die Ausstrahlung eines vierten UKW-Rundfunkprogrammes sei, sofern das "der Rundfunkrat und der Intendant für notwendig ansehen, wenn es programmtechnisch sinnvoll" ist und "in bezug auf die Frequenzsituation gewährleistet werden kann". Im Ergebnis bewertet diese Äußerung § 3 Abs. 1 MDR-StV lediglich als situationsabhängige, rundfunkpolitische Bestimmung des Verhältnisses der Programmzahl zu den damals bekannten Übertragungsmöglichkeiten, aber nicht als Festlegung der Höchstzahl der dem MDR auf Dauer erlaubten UKW-Programme.
Auch die auf den Abschluß des Staatsvertrages folgende Staatspraxis der drei Länder läßt nicht erkennen, daß § 3 Abs. 1 MDR-StV als eindeutige Festlegung einer Höchstzahl der dem MDR erlaubten UKW-Programme verstanden worden ist. So heißt es in einem Schreiben des Chefs der Staatskanzlei Sachsen-Anhalt von November 1993 - ergangen nach Abstimmung mit und im Auftrag der beiden anderen Staatskanzleien Sachsen und Thüringen - an die Landesmedienanstalten der drei Länder:
"Unter Berücksichtigung des Verlaufs der Staatsvertragsverhandlungen ist zunächst davon auszugehen, daß § 3 Abs. 1 MDR-Staatsvertrag und § 3 Abs. 3 bis 5 MDR-Staatsvertrag im Zusammenhang zu betrachten sind und vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts § 3 Abs. 1 MDR-Staatsvertrag nicht als Numerus clausus hinsichtlich der Programmzahl, sondern als Umschreibung des im Zeitpunkt der Errichtung des Mitteldeutschen Rundfunks unerläßlichen Grundversorgungsauftrags im Sinne eines Mindeststandards zu verstehen ist."
In einem weiteren Schreiben des Chefs der Staatskanzlei Sachsen-Anhalt vom 19. November 1993 an den Intendanten des MDR - wiederum im Einvernehmen mit Sachsen und Thüringen - wird als Grund dafür, daß dem Programm MDR-Sputnik terrestrische UKW-Frequenzen auf absehbare Zeit nicht zur Verfügung gestellt werden können, vor allem die "bekannte Frequenzknappheit" genannt. Daß der Staatsvertrag dem entgegensteht, wird hingegen nicht gesagt.
Schließlich wird seit Herbst 1996 das zunächst nur über Mittelwelle gesendete Programm MDR-Info nunmehr mit einvernehmlicher Billigung der drei Vertragsländer als ein viertes über UKW verbreitetes Rundfunkprogramm ausgestrahlt. Bei dieser Gelegenheit hat freilich das Land Sachsen seinen Rechtsstandpunkt vom staatsvertraglichen Numerus clausus der UKW-Programme geäußert und "aufrechterhalten", sich jedoch gleichwohl zur gemeinsamen Duldung der somit vom nur formal gewahrten Rechtsstandpunkt dieses Landes abweichenden Sendetätigkeit entschlossen. Dieser vorbehaltene Standpunkt hat sich damit also in der Staatspraxis keineswegs durchgesetzt. Vielmehr hat diese Praxis mit Billigung des Landes Sachsen in bezug auf MDR-Info einen Zustand geschaffen, der vom Vertragsverständnis des Landes Sachsen abweicht und kaum noch umkehrbar ist.
Die vom klagenden Land auszugsweise zitierte Protokollnotiz vom 6. Februar 1991 der Chefs der Staatskanzleien steht der Auslegung, daß es nicht übereinstimmender Wille der drei Vertragsländer war, im Staatsvertrag eine absolute Begrenzung der Zahl der Hörfunkprogramme niederzulegen, nicht entgegen. Dort heißt es zwar unter Nr. 6.4: "Weitere Programme der Drei-Länder-Anstalt können nur nach Maßgabe einer Vereinbarung zwischen Staatsvertragsländern veranstaltet werden". Schon das Datum spricht dafür, daß die Notiz vom 6. Februar 1991 nicht unbedingt den letzten Stand der Dinge wiedergibt; denn der Staatsvertrag ist erst am 31. Mai 1991 unterzeichnet worden. Dafür, daß es später tatsächlich Abweichungen von dem in diesem Vermerk festgehaltenen Konzept gegeben hat, gibt es auch mindestens zwei konkrete Anhaltspunkte: Zum einen wird die in den MDR-Staatsvertrag aufgenommene Möglichkeit, daß ein Programm nach Satz 1 über Satellit abgestrahlt werden kann (§ 3 Abs. 1 Satz 3 MDR-StV), noch nicht erwähnt. Zum anderen ist in einer weiteren Ziffer (6.5) auch nur in sehr eingeschränkter Weise davon die Rede, daß dem MDR "eine angemessene Entwicklungsmöglichkeit in technischer Hinsicht eingeräumt" wird. Demgegenüber erstrecken sich nach § 3 Abs. 4 MDR-StV die dem MDR zugestandenen Entwicklungsmöglichkeiten auch auf die "programmlichen", und zwar dies mit dem Zusatz "wie andere Landesrundfunkanstalten". All dies weist auf bedeutsame Änderungen in einem wie die späteren Gesetzesmaterialien zeigen - für die Vertragschließenden konzeptionell bedeutsamen Punkt hin, zu welchem vor Abschluß der Vertragsverhandlungen ersichtlich unterschiedliche Ausgangspositionen bestanden haben. Gerade dann aber, wenn die Verhandlungen in der Weise verlaufen sind, daß man sich im Ergebnis der Erkenntnis gebeugt hat, dem MDR eben nicht nur die technischen, sondern gerade auch die programmlichen Entwicklungsmöglichkeiten zugestehen zu müssen, läßt sich ein programmlicher Numerus clausus in den Vertragstext nicht hineinlegen. Insgesamt erlaubt deshalb auch diese Notiz eher den Rückschluß, daß die vertragliche Einigung der Staatsvertragsparteien nicht mit dem vom Kläger behaupteten Inhalt zustande gekommen ist.
3.1.4 Hinzu kommt, daß entgegen klägerischem Vortrag im Jahre 1991 kein sonstiger Landesrundfunkstaatsvertrag, insbesondere nicht der dem MDR-Staatsvertrag als Vorbild dienende Staatsvertrag über den Norddeutschen Rundfunk, eine Höchstzahl der Hörfunkprogramme anordnete. Der NDR-Staatsvertrag vom 20. August 1980 (HbgGVBl I 349), geändert durch Staatsvertrag vom 15. November 1988 (HbgGVBl I 221) enthielt in seinem § 3 besondere Regelungen für die Länderprogramme, ähnlich wie sie in § 4 und § 3 Abs. 5 MDR-StV enthalten sind. Eine Begrenzung der Hörfunkprogramme kennt er nicht. Vielmehr ist es der "Staatsvertrag über den Südwestrundfunk (SWR) mit je einem Landessender für Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz" aus dem Jahre 1997 (BaWüGVBl 300), der erstmals eine Programmhöchstzahl festlegt (vgl. § 3 Abs. 1 SWR-StV), der zudem - wie bereits erwähnt - die programmliche Entwicklung noch von "besonderer staatsvertraglicher Vereinbarung" abhängig macht (vgl. Hertel, in: Flechsig (Hrsg.), SWR-Staatsvertrag, Kommentar, 1997, § 3 Rn. 2; A. Hesse JZ 1997, 1083); Fechner NJW 1997, 3211 ff.; Scherer. ZUM 1998, 8 ff.). Es fehlt an greifbaren Anhaltspunkten dafür, daß die MDR-Staatsvertragsparteien, die sich in der Situation des Jahres 1991 an der westdeutschen "Rundfunklandschaft" orientiert haben, ausgerechnet bei der Kontingentierung von Programmen rundfunkpolitisches "Neuland" betreten wollten.
3.2 Die Zuweisung der Frequenz 104,4 MHz, Halle, an den MDR durch das beklagte Land bedurfte nicht des Einvernehmens der anderen Staatsvertragsländer. Der Bescheid vom 13. Februar 1997 verstößt daher nicht gegen § 3 Abs. 3 Satz 1 MDR-StV.
3.2.1 Maßgeblich ist hier § 3 Abs. 3 Satz 1 MDR-StV und nicht dessen Satz 2, weil MDR-Sputnik als das seit 1993 über Satellit ausgestrahlte Hörfunkprogramm des MDR ein Programm im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 3 MDR-StV, und damit nicht ein "weiteres", in § 3 Abs. 1 MDR-StV noch nicht vorgesehenes Programm nach § 3 Abs. 3 Satz 2 MDR-StV ist. Für die Frage, ob ein "Programm" im rundfunkrechtlichen Sinn vorliegt, ist nicht entscheidend, über welche Verbreitungstechnologie es ausgestrahlt wird. Das Hörfunkprogramm MDR-Sputnik bleibt e i n Programm, auch wenn es sowohl über Satellit als auch terrestrisch verbreitet wird. Die Zuweisung der Frequenz 104,4 MHz, Halle, zum Betrieb von MDR-Sputnik geht deshalb nicht einher mit der Veranstaltung eines weiteren Programms im Sinne von § 3 Abs. 3 Satz 2 MDR-StV, sondern eröffnet nur einen zusätzlichen Verbreitungsweg, also eine neue technische Übertragungsmöglichkeit für ein bereits vorhandenes, auf anderem Wege bereits ausgestrahltes Programm.
3.2.2 Das Einvernehmen nach § 3 Abs. 3 Satz 1 MDR-StV war nicht etwa deshalb herzustellen, weil die Vertragsländer einvernehmlich darüber zu entscheiden hätten, ob die beantragte technische Übertragungsmöglichkeit im Sinne von § 3 Abs. 3 Satz 1 MDR-StV "benötigt" wird. Hierauf bezieht sich die staatsvertragliche Einvernehmensregelung gerade nicht. Die Entscheidung über den Frequenzbedarf liegt vorrangig, nur begrenzt durch die Zahl verfügbarer Übertragungskapazitäten und gesetzlich festgelegter Vergabekriterien, beim MDR selbst. Als Träger der Rundfunkfreiheit im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG hat er das Recht und die Pflicht, im Rahmen der gesetzlichen Aufgabenbeschreibung (vgl. § 1 Abs. 1 MDR StV) und der verfassungsrechtlichen Zielsetzung frei zu entscheiden, wie er seine Funktion erfüllt. Die dabei im Zentrum stehende Programmautonomie bezieht sich zwar in erster Linie auf Inhalt und Form der Rundfunksendungen. Wie aber bereits das Bundesverfassungsgericht beschrieben hat, läßt sich die Frage nach Inhalt und Form der Darbietungen nicht völlig von derjenigen nach Anzahl und Umfang der Programme trennen (vgl. BVerfGE 87, 181, 201). Zum "Umfang" der Programme gehört auch der Status ihrer Verbreitung, also das Verbreitungsgebiet einschließlich auch der Zahl der potentiell erreichbaren Empfänger. Der Entscheidungsvorrang des MDR für die Frage, ob für Programme vorhandene technische Übertragungsmöglichkeiten benötigt werden, ergibt sich ergänzend auch aus dem aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG folgendem Gebot der Staatsferne. Danach darf dem Staat keine Einflußmöglichkeit auf Auswahl, Inhalt und Gestaltung der Programme eingeräumt werden (vgl. BVerfGE 73, 118, 182; 83, 238, 322). Eine solche Einflußnahme wäre mittelbar zu befürchten, wenn es - wie hier im Staatsvertrag - an ausreichenden inhaltlichen Kriterien dafür fehlt, wann eine Übertragungsmöglichkeit für ein Programm benötigt wird. Hieraus ergibt sich auch, daß es sich bei § 3 Abs. 3 MDR-StV ohnehin nur um eine gebundene Entscheidung handeln kann: Das Einvernehmen ist immer dann zu erteilen, wenn einerseits eine Übertragungsmöglichkeit besteht, die zur Erfüllung des Rundfunkauftrags benötigt wird, und andererseits vergaberechtliche oder sonstige rundfunkrelevante Bedenken, wie etwa die Störung anderer Sender, nicht durchgreifend geltend gemacht werden können.
3.2.3 Die Zuweisung der Frequenz 104,4 MHz, Halle, an den MDR stellt auch im übrigen keinen das Einvernehmen der Staatsvertragsländer erfordernden Sachverhalt dar. § 3 Abs. 3 MDR-StV ist dahin gehend auszulegen, daß das Erfordernis und die Verpflichtung zur Herstellung eines Einvernehmens nur länderübergreifende und damit koordinierungsbedürftige Zuweisungen von Frequenzen erfaßt. Dafür sprechen mehrere Gesichtspunkte:
Die Programme nach § 3 Abs. 1 MDR-StV, auf die sich § 3 Abs. 3 Satz 1 MDR-StV bezieht, sind durchweg auf länderübergreifende Koordination angewiesen. Dies gilt einmal für die überregionalen Programme, die schon wegen ihres auf Hörer in allen drei Ländern abzielenden Verbreitungsgebietes und/oder wegen ihrer landesübergreifenden Übertragungswege (Mittelwelle, Satellit) der Natur der Sache nach auf Koordination angewiesen sind. Dies gilt aber auch für die eigenständigen Landesprogramme, die als zusammenschaltbare (s. § 4 Abs. 3 und Abs. 5, § 5 Abs. 2 MDR-StV) und wieder trennbare Senderkette nach dem Vorbild der NDR-Länderprogramme gestaltet sind (vgl. § 3 NDR-Staatsvertrag vom 20. August 1980, a.a.O.) und die zumindest im Hinblick auf das zeitweilige Zusammenschalten der koordinierenden Planung bedürfen.
Daß es in § 3 Abs. 3 MDR-StV um eine Mitwirkungspflicht der Länder lediglich in koordinationsbedürftigen Sendeangelegenheiten zugunsten des MDR gehen sollte und die Einvernehmensregelung nicht bei jeder Zuweisung von nur für die Versorgung eines Landes bestimmten und im wesentlichen nur dort wirksamen Frequenzen eingreift, folgt auch daraus, daß alle Länder wie selbstverständlich davon ausgehen, daß die Einspeisung von Programmen in Kabelanlagen keinen der Mitwirkung der anderen Länder erfordernden Tatbestand darstellt. Vielmehr haben die Länder die Verbreitung von Rundfunk über Kabel in eigenen Landesgesetzen geregelt (vgl. § 38 Satz 1 Gesetz über den privaten Rundfunk und neue Medien in Sachsen vom 18. Januar 1996, GVBl 13; §§ 46, 47 Abs. 1 Nr. 1 Gesetz über den privaten Rundfunk in Sachsen-Anhalt vom 22. Mai 1991, GVBl 87; §§ 37, 38 Abs. 1 Nr. 1 Thüringer Privatrundfunkgesetz vom 31. Juli 1991, GVBl 255). Dies gilt ersichtlich deshalb, weil die Verbreitung über Kabel eine exakt im vorhinein bestimmbare, also begrenzbare Reichweite hat, die eine länderübergreifende Koordinierung überflüssig erscheinen läßt.
Hieraus ist auch ersichtlich, daß sich die Einvernehmensregelung des § 3 Abs. 3 Sätze 1 und 2 MDR-StV offenkundig von dem Grundgedanken leiten läßt, das gemeinsame Ziel der Versorgungsgleichheit aller drei Länder (vgl. dazu auch § 3 Abs. 5 Satz 2 MDR-StV) mit dem durch den MDR zu veranstaltenden Rundfunk durch ein koordiniertes Handeln bei der Zuweisung von Übertragungsmöglichkeiten besser fördern zu können. Nicht hingegen bezweckt die staatsvertragliche Regelung, den beteiligten Ländern ein Instrument in die Hand zu geben, um auf die Ausgestaltung der Rundfunkordnung, wie etwa auf das Verhältnis von öffentlich-rechtlichem zu privatem Rundfunk, in den jeweils anderen Ländern einzuwirken. Die Einvernehmensregelung hat somit nicht die Funktion, rundfunkbezogene Sonderentwicklungen in einem einzelnen Vertragsland zu verhindern. Sie darf dementsprechend nicht dazu genutzt werden, ein anderes Land zu zwingen, die Aufteilung verfügbarer Frequenzen zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk stärker zugunsten privaten Rundfunks vorzunehmen, als es das die Erteilung des Einvernehmens versagende Land im Rahmen seiner Rundfunkhoheit für sein eigenes Staatsgebiet für richtig hält. Mit dem Staatsvertrag haben die Länder nur einen Teil ihrer rundfunkrechtlichen Hoheitsgewalt zugunsten von Mitspracherechten der beteiligten Länder bei der Ausgestaltung der Mehrländeranstalt MDR aufgegeben. Auf eine eigenständige Ausübung ihrer Länderkompetenz in den nicht ausdrücklich vom Staatsvertrag erfaßten Bereichen wollten sie hingegen angesichts der Bedeutung dieses föderalen Kompetenzbereichs ersichtlich nicht verzichten. Vielmehr soll der Staatsvertrag vor allem Programmvielfalt des öffentlichen Rundfunks für die beteiligten Länder durch eine koordinierte Bündelung der Frequenzen und sodann durch eine zwischen den Ländern abgestimmte Frequenznutzung ermöglichen.
Um dieses Ziel kann es indessen nicht gehen, wenn ein als Regionalprogramm veranstaltetes Programm betroffen ist, welches lediglich von einem Sender in Sachsen-Anhalt, zudem mit der nicht sonderlich starken Sendeleistung von 10 kW (vgl. die Inbetriebnahmemeldung der Deutschen Telekom AG vom 15. September 1997) ausgestrahlt wird und dementsprechend nicht einmal im gesamten Land empfangbar ist. Die Zuweisung der Frequenz für einen solchen landesbezogenen Sender stellt grundsätzlich kein im Sinne des Staatsvertrages koordinierungsbedürftiges Geschehen dar, und zwar auch nicht etwa unter dem Gesichtspunkt wesentlicher zusätzlicher Kosten; denn das Hörfunkprogramm MDR-Sputnik wird wegen seiner Verbreitung über Satellit ohnehin hergestellt und war deshalb schon zuvor zu finanzieren. Anderes ergibt sich auch nicht daraus, daß es hier im Grenzbereich, insbesondere im Raum Leipzig zu einer Überstrahlung (Spill-Over-Effekt) in das Hoheitsgebiet des Landes Sachsen kommt. Eine solche "physikalische Überregionalität" (so BVerfGE 12, 205, 251) von Funkwellen folgt im Grundsatz aus der Natur der Sache. Sie ist im Interesse vollwertiger Gebietsversorgung und einer "effizienten und störungsfreien Nutzung von Frequenzen" (so die Formulierung in den §§ 2 Abs. 2 Nr. 5, 44 Abs. 1 Telekommunikationsgesetz - TKG - vom 25. Juli 1996, BGBl I 1120) vom betroffenen Nachbarland grundsätzlich hinzunehmen (vgl. G. Herrmann, Rundfunkrecht, 1994, § 8 Rn. 1 ff.; N. Klute, RuF, 40. Jahrgang 1992/3, 366 ff., 367).
3.2.4 Allerdings unterlag das beklagte Land bei der Vergabe der Frequenz 104,4 MHz, Halle, an den MDR dem - ungeschriebenen - Gebot der Rücksichtnahme gegenüber den Nachbarländern. Dieses Gebot hat es indessen nicht verletzt.
Eine solche Rücksichtnahmepflicht ergibt sich für die Länder untereinander schon aus Gründen der bundesstaatlichen Gemeinschaft (vgl. BVerfGE 12, 205, 254 ff.; BVerwGE 50, 137, 147 ff.). Sind Länder in einem Teilbereich ihrer Rundfunkordnung staatsvertraglich miteinander verbunden, ist dabei, im Sinne einer vertraglichen Nebenpflicht, von einem gesteigerten Rücksichtnahmegebot auszugehen. Es bedarf im vorliegenden Fall keiner konkreten Abgrenzung, welche Rücksichtnahmepflichten sich ohnehin schon aus dem allgemeinen bundesstaatlichen und welche sich erst aus dem besonderen staatsvertraglichen Rücksichtnahmegebot ergeben. Jedenfalls haben die beteiligten Länder davon auszugehen, daß im Interesse der grundgesetzlich geschützten Gewährleistung umfassender Information und Meinungsbildung wechselseitig eine vollständige Ausnutzung der immer noch knappen Rundfunkfrequenzen ermöglicht werden muß. Der Respekt vor der kompetenziellen Rundfunkhoheit des jeweils anderen Landes gebietet es andererseits, Rundfunksender, die grenzüberschreitende Programme ausstrahlen, nicht zu behindern, wenn dies den im eigenen Land ausgestrahlten Programmen keine sendetechnischen Vorteile erbringt. Dies bedeutet, daß es keinem Land gestattet ist, bloße "Störsender" zu erlauben, welche keine andere Funktion hätten, als rechtmäßig veranstalteten, grenzüberschreitenden Rundfunk des Nachbarlandes zu verhindern. Kein Land darf in der Entwicklung seiner Rundfunkstruktur ohne Not behindert werden, so daß auch technisch mögliche Einschränkungen einer optimalen Versorgung des eigenen Landes mit einem Programm nicht zu verlangen sind, wenn durch diese Einschränkungen im betroffenen Nachbarland sendetechnisch nutzbare Freiräume nicht geschaffen werden. Daher ist grenzüberschreitender Rundfunk grundsätzlich hinzunehmen, wenn anders eine bestmögliche Ausnutzung der Frequenz im Sinne der Versorgung der Bevölkerung des eigenen Landes mit einer möglichst großen Vielfalt an Rundfunk nicht oder nur unter unzumutbaren Vorkehrungen zu erreichen und der Empfang von Sendern im Nachbarland durch die Überstrahlung nicht beeinträchtigt ist.
Ein Rücksichtnahmegebot, das weitergehende gegenseitige Anforderungen im Bereich der Frequenzvergabe stellt, ist schon deshalb nicht erforderlich, weil die Länder bei der Zuweisung von UKW-Frequenzen nach Maßgabe des Landesrechts voraussetzen dürfen, daß die ihnen nach Bundesrecht (vgl. inzwischen die §§ 44 ff. TKG) zu Verfügung gestellte Frequenz regelmäßig bereits eine Koordinierung - auf nationaler und internationaler Ebene - durchlaufen hat. Dieses Verfahren dient bei einer UKW-Tonrundfunkfrequenz u.a. dem Ziel der störungsfreien Vereinbarkeit mit anderen UKW-Tonrundfunkfrequenzen, aber auch mit anderen Funkdiensten wie etwa dem Flugnavigationsdienst. Wie der vom Senat gutachtlich gehörte Sachverständige Dipl.-Ing. Dietz, Referent in der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (vgl. § 66 Abs. 1 TKG), ausgeführt hat, wurde so die Frequenz 104,4 MHz in Sachsen-Anhalt erstmals in den Jahren 1990 - 1992 zunächst für den Senderstandort Bernburg erfolgreich koordiniert und als neu einzubringender Sender zum Genfer Wellenplan 1984 angemeldet. Der Genfer Wellenplan kann als Verzeichnis gesehen werden, in welchem die erfolgreich koordinierten frequenzmodulierten Tonrundfunksender im Frequenzbereich 87,5 - 108 MHz mit ihren frequenztechnischen Merkmalen fortgeschrieben werden. Mit der Aufnahme in den Genfer Wellenplan 1984 sind dabei gewisse "Schutzrechte" verbunden. So müssen die frequenztechnischen Merkmale (u.a. Leistung, Antennendiagramm, Antennenhöhe) eines zu koordinierenden UKW-Tonrundfunksenders mit all denjenigen abgestimmt werden, deren im Plan eingetragene Sender unzulässig beeinträchtigt werden könnten. Entsprechende Bewertungskriterien dafür sowie der Ablauf des Koordinierungsverfahrens sind in den Schlußakten der regionalen Funkverwaltungskonferenz 1984 in Genf zur Planung von VHF-Tonrundfunk festgelegt. Bereits dieses Verfahren gibt zur Überzeugung des Senats den Ländern eine beträchtliche Sicherheit, daß die im eigenen Land positionierten Sender in ihrer legitimen Frequenzausnutzung nicht unverhältnismäßig durch Fremdsender beeinträchtigt werden und umgekehrt. Damit ist ein Ergebnis vorgeprägt, zu dem ein gegenseitiges Rücksichtnahmegebot ebenfalls führen müßte.
Dementsprechend kann für den vorliegenden Fall davon ausgegangen werden, daß nach der Umkoordinierung der hier strittigen Frequenz 104,4 MHz auf den Standort Halle in Jahren 1992 - 1993, einschließlich einer ebenfalls positiv koordinierten Leistungserhöhung, und einer in Jahren 1995 -1996 erfolgten Koordinierung einer größeren Antennenhöhe aufgrund von Umbaumaßnahmen am Antennenträger die technischen Belange der im Lande Sachsen ausstrahlenden Sender im Sinne eines schonenden Ausgleichs berücksichtigt wurden. Dies ergibt sich ergänzend aus den vom Sachverständigen Dipl.-Ing. Dietz erläuterten Verfahren und Kriterien der Frequenzplanung. So ist es bei der Planung üblich, daß man von einem Standort ausgehend eine "möglichst unbelastete" Frequenz sucht und diese durch iterative Prozesse - unter Beachtung von Nutzreichweite, Beeinträchtigungsreichweite, eigener Beeinträchtigung etc. - versucht, möglichst verträglich in das bestehende Sendernetz einzupassen. Ist dies nicht möglich, so muß ein neuer Standort gesucht und betrachtet werden, wobei es auch sein kann, daß aufgrund der dichten Belegung des zur Verfügung stehenden Spektrums keine weitere Frequenznutzung verträglich einplanbar ist. Wie der Sachverständige darlegte, ist - mindestens idealtypisch - Ziel der Planung, im vorgesehenen Versorgungsgebiet den Empfang des Nutzsignals mit einer Mindestqualität sicherzustellen. Hierbei sollten bereits bestehende Versorgungen nicht bzw. nicht unzulässig beeinträchtigt werden und das zur Verfügung stehende Frequenzspektrum optimal genutzt werden, wobei neben den rein frequenztechnischen und frequenzökonomischen Gesichtspunkten hier auch wirtschaftliche Aspekte eine Rolle spielen können. Wünschenswert im Sinne einer effizienten Frequenznutzung ist es, das angestrebte Versorgungsgebiet möglichst vollständig, nämlich stabil, flächendeckend und mit guter Empfangsqualität bei geringstmöglicher Strahlungsleistung zu versorgen.
Das klagende Land hat nicht geltend gemacht, daß hier andere, die Frequenznutzung des eigenen Landes beeinträchtigende Planungsgrundsätze wirksam geworden wären. Insbesondere hat es nicht vorgetragen, daß überhaupt ein landesinterner Sender, sei dieser nun öffentlich-rechtlich oder privat betrieben, gestört oder in anderer Weise durch die Nutzung der Frequenz 104,4 MHz, Halle, beeinträchtigt wird. Vielmehr hat der beigeladene MDR unwidersprochen vorgetragen, daß sich durch die Nutzung der genannten Frequenz für andere Sender hinsichtlich deren eigener Frequenznutzung nichts geändert habe.
Jedenfalls ergibt sich auch aus dem besonderen staatsvertraglichen Gebot der Rücksichtnahme nicht, daß das beklagte Land dafür zu sorgen hätte, daß die Ausstrahlungswirkung der Frequenz 104,4 MHz, Halle, an der sächsischen Grenze endet oder doch mindestens im Raum Leipzig nicht zu empfangen ist. Dies zu erreichen wäre allerdings heute technisch nicht mehr völlig unmöglich. Der Sachverständige hat überzeugend dargelegt, daß es theoretisch möglich wäre, durch wirtschaftlich und technisch aufwendige Maßnahmen - sog. Antenneneinzüge - das Antennendiagramm zu verändern und die Strahlungsleistung in Richtung Leipzig soweit einzuschränken, daß nach den für die Koordinierung geltenden Kriterien eine Versorgung der Stadt Leipzig mit Stereoqualität nur noch strichweise gegeben wäre. Diese - mit nicht unbeträchtlichen Kosten verbundenen - Änderungen des Antennendiagramms hätten jedoch auch Einbußen auf dem Staatsgebiet des beklagten Landes zur Folge. Der Senat geht deshalb davon aus, daß die räumliche Nähe des Senderstandortes Halle zur Landesgrenze mit Sachsen (18 km) sowie zur Stadt Leipzig (35 km) und die topographische Situation zwischen dem Senderstandort Halle und der Stadt Leipzig finden sich keine größeren Erhebungen - dazu führt, daß sich eine Überstrahlung der Frequenz auf sächsisches Gebiet nicht vermeiden läßt, ohne gleichzeitig zu einer deutlichen Verschlechterung der sachsen-anhaltinischen Versorgung zu führen. Außerdem ließe sich auch mit Hilfe entsprechender Einschränkungen in Leipzig ein frequenztechnisch eigenständig nutzbarer Bereich für eine eigene Ausstrahlung nicht schaffen. Denn eine frequenztechnische Grenze in östlicher Richtung stellt der mehr als 160 km entfernte Gleichkanalsender Cottbus dar, der ebenfalls auf der Frequenz 104,4 MHz mit der größeren Sendestärke von 100 kW ausstrahlt. Die negativen Folgen auf eigenem Gebiet hat das beklagte Land daher auch nicht aufgrund eines gesteigerten staatsvertraglichen Rücksichtnahmegebots hinzunehmen. Im Gegenteil muß im Interesse der Programmvielfalt in beiden Ländern und damit im Interesse der betroffenen Rundfunkbetreiber und Rundfunknutzer, die einen zusätzlichen Sender, an dessen Stelle kein anderer treten kann, empfangen können, regelmäßig als Bereicherung betrachtet und eine solche Überstrahlung daher hingenommen werden.
4. Das hilfsweise gestellte Feststellungsbegehren ist aus Gründen der Subsidiarität (§ 43 Abs. 2 VwGO) bereits unzulässig, da der Kläger seine Rechte durch Gestaltungsklage verfolgen konnte und dies in Form der erhobenen Anfechtungsklage auch getan hat.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Der Kläger hat als unterlegener Teil die Kosten zu tragen. Es entspricht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des beigeladenen MDR aufzuerlegen; dieser hat einen Antrag gestellt und damit ein Kostenrisiko auf sich genommen. Entsprechend kommt eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des beigeladenen Freistaats Thüringen nicht in Betracht; dieser hat sich nur formal, ohne eigenen Sachvortrag und auch ohne eigenes Kostenrisiko an dem Verfahren beteiligt.
Beschluß
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 300 000 DM festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG).
Ende der Entscheidung
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