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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 11.02.2004
Aktenzeichen: BVerwG 6 B 46.03
Rechtsgebiete: VwGO, WPflG


Vorschriften:

VwGO § 86 Abs. 1
VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 2
VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 3
WPflG § 8 a
Das Verwaltungsgericht verletzt den Grundsatz der Amtsermittlung nicht, wenn es ohne Sachverständigenbeweis den fachgutachtlich nicht belegten Vortrag eines Klägers verneint, er habe krankhafte Angst, wegen einer Hauterkrankung beim Grundwehrdienst mit Hänseleien rechnen zu müssen.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 6 B 46.03

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 11. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Graulich und Vormeier

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 16. April 2003 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.

Gründe:

1. Die auf die Verfahrens- (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) (a) und die Abweichungsrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) (b) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

a) Die Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) wegen unterbliebener Sachverständigenbegutachtung seiner Hauterkrankung greift nicht durch. Dem Verwaltungsgericht musste sich die Notwendigkeit einer Beweisaufnahme durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens nicht aufdrängen.

Die entscheidungserhebliche Frage, ob der Kläger in Anbetracht seiner unstreitig vorhandenen Hauterkrankung wehrdienstfähig (vgl. § 8 a WPflG) ist oder nicht, lässt sich nur aufgrund besonderer wehrmedizinischer Sachkunde beantworten. Die Zuordnung ärztlich festgestellter Körperfehler oder Leiden zu Fehlernummern und Gradationen der ZDv 46/1, wie sie das Verwaltungsgericht im Anschluss an die Beurteilung durch die Beklagte und - diese bestätigend - vorgenommen hat, ist dann nicht ohne besondere wehrmedizinische Sachkunde möglich, wenn in dem zu beurteilenden Streitfall aufgrund des Inhalts der vorhandenen ärztlichen Atteste und Stellungnahmen sowie der medizinischen Erfahrungssätze der ZDv 46/1 Anlass zu Abgrenzungszweifeln besteht, die ohne fachkundige Erläuterungen nicht ausgeräumt werden können. Denn eine zuverlässige "Subsumtion" ärztlicher Befunde unter derartige Fehlernummern und Gradationen ist nach der sachkundigen Einschätzung der wehrmedizinischen Verfasser der ZDv 46/1 selbst bei einem Arzt ohne spezielle Erkenntnisse und Erfahrungen nicht gewährleistet. In solchen Fällen muss deshalb das Tatsachengericht in Ermangelung der erforderlichen eigenen besonderen Sachkunde gerichtlichen Sachverständigenbeweis erheben, um den entscheidungserheblichen Sachverhalt pflichtgemäß (§ 86 Abs. 1 VwGO) vollständig aufzuklären (stRspr; vgl. etwa Urteil vom 12. April 1991 - BVerwG 8 C 45.90 - Buchholz 448.0 § 8 a WPflG Nr. 53 S. 26 <28 f.> m.w.N.; Beschluss vom 17. Januar 1995 - BVerwG 8 B 149.94 - Buchholz 448.0 § 8 a WehrPflG Nr. 56).

Es bedeutet keinen Verfahrensfehler, wenn sich das Verwaltungsgericht zur Beurteilung des Gesundheitszustands des Wehrpflichtigen auf im Verwaltungsverfahren eingeholte Sachverständigengutachten stützt, sofern diese im gerichtlichen Verfahren nicht durch substantiiertes Vorbringen in Frage gestellt werden. In einem solchen Fall ist auch die Ablehnung eines entsprechenden Beweisantrags verfahrensfehlerfrei (vgl. Urteil vom 23. Mai 1986 - BVerwG 8 C 10.84 - BVerwGE 74, 222; Beschluss vom 18. Juni 1999 - BVerwG 6 PKH 1.99 - m.w.N.; Beschluss vom 30. Juni 2003 - BVerwG 6 B 19.03 -). So lag es hier. Das Verwaltungsgericht hat sich nicht etwa die Sachkunde angemaßt, eine zwischen zwei Fachärzten umstrittene wehrmedizinische Frage zu klären. Vielmehr ist es im angefochtenen Urteil (Seite 7) zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger im Klageverfahren keine Atteste oder ärztliche Stellungnahmen vorgelegt hat, die in der medizinischen Beurteilung der Hauterkrankung zu abweichenden Feststellungen gelangt wären als die Bundeswehrärzte.

Der Kläger hat bereits im Widerspruchsverfahren auf seine Hauterkrankung hingewiesen und diese als allergisches Ekzem bezeichnet, welches zur Gesundheitsziffer III 3 nach ZDv 46/1 hätte führen müssen. Daraufhin wurde er der fachspezifischen Abteilung des Bundeswehrsanitätszentrums Bonn vorgestellt. Nach Erhebung des Befundes änderte das Kreiswehrersatzamt das Tauglichkeitsergebnis hin zu "wehrdienstfähig" (2) unter Verwendung der nunmehr führenden Gesundheitsziffer III 3 gemäß ZDv 46/1 ab. Im weiteren Verlauf erfolgte eine hautärztliche Zusatzuntersuchung im Bundeswehrsanitätszentrum Bonn durch den Oberfeldarzt Dr. B. B. Dieser diagnostizierte gemäß Befundbericht vom 21. Juni 2001 eine sehr dezente atopische Dermatitis und regte für dieses Erscheinungsbild entsprechend den geltenden Tauglichkeitskriterien der ZDv 46/1 die Vergabe der Gesundheitsziffer III 3 an. Dieser Beurteilung schlossen sich Dr. A.-S. vom Ärztlichen Dienst des Kreiswehrersatzamtes Bonn am 28. Januar 2002 und der Arzt S. F. von der Wehrbereichsverwaltung West am 15. März 2002 an. Während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens legte der Kläger einen Ärztebrief des isländischen Arztes Rannveig Pálsdóttir vom 3. Februar 2003 vor. Danach wurde ihm eine Acne Vulgaris bescheinigt, welche sich bei beträchtlicher körperlicher Anstrengung, Schwitzen und Reizung durch von außen kommende Stoffe, z.B. Kleidung aus grobem Gewebe verschlimmere. Der Ausschlag verschlimmere sich auch bei anderen physischen und psychischen Belastungen.

Die im Verwaltungsverfahren abgegebenen ärztlichen Stellungnahmen sind schlüssig und auch im Übrigen nachvollziehbar. Auch angesichts des im Klageverfahren von dem Kläger vorgelegten "Ärztebriefs" vom 3. Februar 2003 musste sich dem Verwaltungsgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht aufdrängen. Entgegen dem Vorbringen des Klägers belegt diese ärztliche Äußerung nicht, dass er nicht in der Lage sei, seinen Wehrdienst zu leisten, weil er insbesondere im Sommer keine Dienstbekleidung tragen sowie beschwerdefrei auch nur kurze Strecken marschieren könne. Das Attest beschreibt seine Hauterkrankung und die damit verbundenen Beeinträchtigungen für die Lebensführung allgemein, ist in wehrmedizinischer Hinsicht aber unspezifisch. Ihm sind deshalb keine Zweifel an der zutreffenden wehrmedizinischen Einordnung derselben Krankheitsbefunde durch die ärztlichen Dienste und Gutachten der Beklagten zu entnehmen. Daher musste das Verwaltungsgericht vor seiner Entscheidung kein zusätzliches fachärztliches Gutachten einholen.

aa) Die Rüge der mangelhaften Aufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) greift aber auch nicht hinsichtlich des Vortrages durch, der Kläger empfinde krankhafte Angst bei der Vorstellung, in der Männergemeinschaft des Wehrdienstes, wie z.B. beim gemeinsamen Duschen, massiven Hänseleien bis hin zu körperlichen Angriffen wegen seines Hautausschlages ausgesetzt zu sein. Eine dahin gehende ärztliche oder andere fachliche Bescheinigung hat der Kläger nicht vorgelegt. Das Verwaltungsgericht hat daher seine Fachkompetenz nicht überspannt, wenn es in eigener Einschätzung mangels Hinzutretens besonderer Anhaltspunkte den Vortrag eines Klägers verneint, er habe krankhafte Angst, wegen einer Hauterkrankung beim Grundwehrdienst mit Hänseleien rechnen zu müssen.

b) Die Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Der Kläger hat insofern schon nicht dargelegt, in welchem abstrakten Rechtssatz des angegriffenen Urteils das Verwaltungsgericht von einem nämlichen des Bundesverwaltungsgerichts abweicht.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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