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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 03.08.1998
Aktenzeichen: BVerwG 6 B 58.98
Rechtsgebiete: WPflG, MustV


Vorschriften:

WPflG § 13 a
MustV § 3 Abs. 1 Nr. 7
Leitsätze:

1. Die Wehrdienstausnahme nach § 13 a Abs. 1 Satz 1 WPflG setzt ebenso wie der Lauf der Siebenjahresfrist nach § 13 a Abs. 2 Satz 1 WPflG nicht vor Vollendung des 18. Lebensjahres ein.

2. Fehlende Mitwirkung des Helfers im Katastrophenschutz läßt die Wehrdienstausnahme nach § 13 a WPflG grundsätzlich auch dann entfallen, wenn der Helfer die - etwa krankheitsbedingte - mangelnde Mitwirkung nicht zu vertreten hat.

3. Ist der Wehrpflichtige wegen Mitwirkung im Katastrophenschutz von der Pflicht zur persönlichen Vorstellung zur Musterung befreit worden, so ist diese Entscheidung zu widerrufen, wenn der Wehrpflichtige wegen Wegfalls der Wehrdienstausnahme nach § 13 a WPflG dem Musterungsverfahren unterzogen werden soll.

Beschluß des 6. Senats vom 3. August 1998 - BVerwG 6 B 58.98 -

I. VG Neustadt an der Weinstraße vom 17.12.1997 - Az.: VG 8 K 2165/97.NW -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 6 B 58.98 VG 8 K 2165/97.NW

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 3. August 1998 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Niehuesers und die Richter Alb und Büge

beschlossen:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 17. Dezember 1997 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 000 DM festgesetzt.

Gründe:

Die allein auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu.

Die grundsätzliche Bedeutung kann freilich nicht von vornherein in der Erwägung verneint werden, es gehe im vorliegenden Fall lediglich um die Anwendung auslaufenden Rechts, dessen Auslegung zur Fortbildung bzw. Vereinheitlichung des Rechts im allgemeinen nichts mehr beizutragen vermag. Zwar ist das Gesetz über die Erweiterung des Katastrophenschutzes (KatSG) - und damit auch dessen noch im Fall des Klägers zur Anwendung gelangter § 8 - aufgrund des Art. 7 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Neuordnung des Zivilschutzes vom 25. März 1997, BGBl I S. 726, außer Kraft getreten. Die hier interessierenden Bestimmungen in § 8 KatSG waren und sind aber auch - weiterhin - in § 13 a WPflG in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1995, BGBl I S. 1726, und des Änderungsgesetzes vom 25. März 1997, BGBl I S. 726, enthalten.

Die dazu in der Beschwerdebegründung ausdrücklich oder sinngemäß aufgeworfenen Fragen lassen sich jedoch anhand des Gesetzestextes sowie der bereits vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne weiteres beantworten:

1. Es kann keinen Zweifeln begegnen, daß die Wehrdienstausnahme nach § 13 a Abs. 1 Satz 1 WPflG ebenso wie der Lauf der Siebenjahresfrist nach § 13 a Abs. 2 Satz 1 WPflG nicht vor Vollendung des 18. Lebensjahres einsetzt. Dies hat das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme darauf, daß die Wehrpflicht erst vom vollendeten 18. Lebensjahr an eintritt (§ 1 Abs. 1 WPflG), zutreffend dargelegt. Der Hinweis des Klägers auf § 3 Abs. 2 WPflG geht fehl. Diese Bestimmung normiert mit ihrer Verpflichtung für 17jährige männliche Personen, vor einem längeren Auslandsaufenthalt die Genehmigung des Kreiswehrersatzamts einzuholen, lediglich eine rechtliche Vorwirkung für Personen, die demnächst wehrpflichtig werden, ohne daß dadurch der Zeitpunkt des Beginns der Wehrpflicht - Vollendung des 18. Lebensjahrs - berührt wird.

2. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, daß fehlende Mitwirkung des Helfers im Katastrophenschutz die Wehrdienstausnahme nach § 13 a WPflG grundsätzlich auch dann entfallen läßt, wenn der Helfer die mangelnde Mitwirkung nicht zu vertreten hat. Der Wehrpflichtige hat alle mit dem Fehlen seiner gebotenen tatsächlichen Mitwirkung verbundenen nachteiligen Folgen zu tragen. Das gilt nur dann nicht, wenn die Katastrophenschutzorganisation oder die Katastrophenschutzbehörde die Mitwirkung des Wehrpflichtigen treuwidrig vereitelt hat (Urteil vom 3. September 1980 - BVerwG 8 C 41.79 - Buchholz 448.0 § 13 a WPflG Nr. 13 S. 25; Urteil vom 28. Oktober 1983 - BVerwG 8 C 39.82 - a.a.O. Nr. 15; Urteil vom 26. Januar 1990 - BVerwG 8 C 28.89 - a.a.O. Nr. 18 S. 3; Beschluß vom 11. April 1996 - BVerwG 8 B 168.95 - a.a.O. Nr. 21).

Der Hinweis des Klägers darauf, daß krankheitsbedingte Ausfallzeiten des Wehrpflichtigen während des Wehrdienstes auf diesen angerechnet werden, gebietet keine Überprüfung der zitierten Rechtsprechung. Aus jenem Umstand folgt keine Art. 3 Abs. 1 GG verletzende Ungleichbehandlung des Helfers im Katastrophenschutz, wenn krankheitsbedingte Fehlzeiten als mangelnde Mitwirkung betrachtet werden und zum Wegfall der Wehrdienstausnahme nach § 13 a WPflG führen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist auch geklärt, daß eine Mitwirkung im Sinne des Gesetzes nicht schon durch jede kurzfristige Abwesenheit des Helfers - etwa aufgrund einer kurzen vorübergehenden Erkrankung - in Frage gestellt wird, infolge derer er für einen etwaigen Katastrophenfall nicht sofort zur Verfügung stünde (Urteil vom 3. August 1977 - BVerwG 8 C 6.76 - a.a.O. Nr. 9 S. 4; Urteil vom 28. Oktober 1983 a.a.O.; Beschluß vom 11. April 1996 a.a.O.). Ob Anzahl und Dauer der Erkrankungen unter solchen Umständen zum Wegfall der Wehrdienstausnahme nach § 13 a WPflG führen, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Schon deswegen kann von einer generellen Benachteiligung der Helfer im Katastrophenschutz gegenüber Wehrpflichtigen, die Grundwehrdienst leisten, keine Rede sein. Im übrigen handelt es sich bei der Mitwirkung im Katastrophenschutz und der Ableistung des Grundwehrdienstes um in zeitlicher und sachlicher Hinsicht unterschiedliche Lebenssachverhalte, so daß eine stets gleichartige Bewertung krankheitsbedingter Fehlzeiten weder möglich noch geboten ist.

3. Schließlich wird in der Beschwerdebegründung die Frage aufgeworfen, ob vor einem "Widerruf der Wehrdienstausnahme" die Wehrdienstfähigkeit zu überprüfen ist. Diese Fragestellung verkennt die im Falle des Klägers gegebene Rechtslage.

Gegenstand der vorliegenden Anfechtungsklage ist der Bescheid des Kreiswehrersatzamts Kaiserslautern vom 3. Februar 1997, mit welchem die im Bescheid vom 19. Dezember 1990 gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 7 MustV ausgesprochene Befreiung von der persönlichen Vorstellungspflicht zur Musterung widerrufen wurde. Erst dieser Widerruf setzte die Behörde in den Stand, die Wehrdienstfähigkeit des Klägers in einem ordnungsgemäßen Musterungsverfahren zu klären. Ohne den Widerruf war die Behörde nicht in der Lage, den Kläger einem Musterungsverfahren zu unterziehen. Wird der Wehrpflichtige - was § 3 Abs. 1 Nr. 7 MustV ausdrücklich gestattet - bereits vor der Feststellung seiner Tauglichkeit vom Wehrdienst wegen Mitwirkung im Katastrophenschutz freigestellt (vgl. dazu Steinlechner, Wehrpflichtgesetz, 5. Aufl. 1996, § 13 a Rn. 9, 31; Hahnenfeld/Boehm-Tettelbach, Wehrpflichtgesetz, § 13 a Rn. 48), so ist die von der Beklagten hier eingeschlagene Verfahrensweise - erst Widerruf der Freistellung, dann Musterung - rechtlich zwingend vorgegeben; eine Umkehrung der Reihenfolge ist nicht möglich. Der Rechtsschutz des Wehrpflichtigen bleibt gewahrt: Erweisen sich seine Einwände gegen den behördlicherseits angenommenen Wegfall der Wehrdienstausnahme nach § 13 a WPflG als unbegründet, so bleibt es ihm unbenommen, im nachfolgenden Musterungsverfahren Einwendungen zu erheben bzw. die gegebenen Rechtsbehelfe zu ergreifen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 1 und 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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