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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 17.08.2009
Aktenzeichen: BVerwG 6 B 9.09
Rechtsgebiete: BbgHG, GG


Vorschriften:

BbgHG § 39 Abs. 10 S. 3
GG Art. 5 Abs. 3
GG Art. 14 Abs. 1
GG Art. 33 Abs. 5
Berufungsvereinbarungen über die Ausstattung von Lehrstühlen genießen bundesverfassungsrechtlich gegenüber Eingriffen auf gesetzlicher Grundlage keinen absoluten Bestandsschutz.
In der Verwaltungsstreitsache

...

hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts

am 17. August 2009

durch

den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer und

die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier und Dr. Möller

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 2. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7 500 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde, die sich auf die Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (1.) und des Verfahrensmangels (2.) stützt, bleibt ohne Erfolg.

1.

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann.

Der Kläger möchte als grundsätzlich bedeutsam geklärt wissen, ob die Vorschrift des § 39 Abs. 10 Satz 3 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Brandenburg (Brandenburgisches Hochschulgesetz - BbgHG) vom 20. Mai 1999 (GVBl I S. 130) in der Fassung des Dritten Änderungsgesetzes vom 11. Mai 2007 (GVBl I S. 94) (s. nunmehr § 38 Abs. 10 Satz 3 des Brandenburgischen Hochschulgesetzes vom 18. Dezember 2008 <GVBl I S. 318>) mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1, Art. 33 Abs. 5 und Art. 14 Abs. 1 GG sowie - sinngemäß - den verfassungsrechtlichen Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist. Die umstrittene Vorschrift, die wortgleich bereits in § 39 Abs. 5 Satz 3 BbgHG in der Fassung des Ersten Änderungsgesetzes vom 22. März 2004 (GVBl I S. 51) enthalten war, dehnt die in § 39 Abs. 5 Satz 1 BbgHG a.F. vorgesehene Regel, dass die Ausstattung des Fachgebietes einer Professorin oder eines Professors nur befristet gewährt wird, auf die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes ohne eine Befristung geschlossenen Ausstattungsvereinbarungen aus und ordnet an, dass die vor dem 26. Mai 1999 getroffenen (Alt-)Regelungen über die Ausstattung des Fachgebietes einer Hochschullehrerin oder eines Hochschullehrers als bis zum 31. März 2007 befristet gelten. Der Kläger wirft weiter als grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage auf, "welchen Inhalt die Anpassungsverpflichtung nach § 39 Abs. 10 Satz 4 Brandenburgisches Hochschulgesetz hat". Diese Fragen zeigen keine ungelöste Problematik des Bundesrechts auf und können daher nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision führen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 15. Oktober 1980 - BVerwG 7 C 15.77 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 84 S. 265) gehören in den Hochschulgesetzen der Länder enthaltene Bestimmungen über Berufungszusagen gegenüber Hochschullehrern nicht dem nach § 127 Nr. 2 BRRG revisiblen Landesbeamtenrecht an. Weiter vermag nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Rüge der Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Auslegung und Anwendung von Landesrecht die Zulassung der Revision allenfalls dann zu begründen, wenn die Auslegung der - gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten - bundesrechtlichen Normen ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Die angeblichen bundesrechtlichen Maßgaben, deren Tragweite und Klärungsbedürftigkeit im Hinblick auf die einschlägigen landesrechtlichen Regelungen sowie die Entscheidungserheblichkeit ihrer Klärung in dem anhängigen Verfahren sind in der Beschwerdebegründung darzulegen (vgl. etwa: Beschlüsse vom 6. Oktober 2005 - BVerwG 6 BN 2.05 - Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 80 S. 85 und vom 18. Juni 2008 - BVerwG 6 B 23.08 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 164 S. 5). Die Rüge, das maßgebliche Landesrecht verstoße gegen vorrangiges Bundesverfassungsrecht, rechtfertigt als solche nicht die Zulassung der Grundsatzrevision. Auf eine solche Rüge hin kann die Revision vielmehr nur dann zugelassen werden, wenn zugleich dargelegt wird, gegen welche verfassungsrechtliche Norm verstoßen wird und inwiefern sich bei der Auslegung dieser Bestimmung Fragen grundsätzlicher Bedeutung stellen, die sich nicht aufgrund der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung beantworten lassen (Beschlüsse vom 18. August 1999 - BVerwG 1 B 41.99 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 40 S. 2 , vom 25. März 1999 - BVerwG 6 B 16.99 - [...] Rn. 4 , vom 11. Dezember 2003 - BVerwG 6 B 69.03 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 39 S. 33 und vom 18. Juni 2008 a.a.O. S. 5).

Die von dem Kläger aufgeworfene Frage nach der Zulässigkeit der Befristung der vor dem 26. Mai 1999 geschlossenen Berufungsvereinbarungen, die der brandenburgische Landesgesetzgeber - mit einer dreijährigen Übergangsfrist bis zum 31. März 2007 - erstmals im Jahr 2004 angeordnet hat, betrifft nicht die Auslegung der von dem Kläger als Prüfungsmaßstab angeführten Verfassungsnormen, sondern die Vereinbarkeit des irrevisiblen Landesrechts mit diesen Normen. Dieser Frage kommt eine die Revisionszulassung rechtfertigende grundsätzliche Bedeutung nach den beschriebenen Maßstäben deshalb nicht zu.

Davon abgesehen sind die Voraussetzungen, unter denen vor dem Hintergrund der genannten verfassungsrechtlichen Gewährleistungen auf gesetzlicher Grundlage in gegenüber Hochschullehrern abgegebene Berufungszusagen eingegriffen werden darf, in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (vgl. BVerfG, Urteil vom 8. Februar 1977 - 1 BvR 79/70 u.a. - BVerfGE 43, 242 <278 ff.> und Beschluss vom 7. November 1979 - 2 BvR 513/74 u.a. - BVerfGE 52, 303 <336>; BVerwG, Urteile vom 15. Oktober 1980 a.a.O. S. 266 f. , vom 29. April 1982 - BVerwG 7 C 128.80 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 93 S. 42, 44 und vom 27. Februar 2001 - BVerwG 2 C 2.00 - Buchholz 232 § 65 BBG Nr. 19 S. 5). Danach ist eine Berufungszusage selbst dann, wenn man in der Regelung der Rechtsstellung der Hochschullehrer durch Sonderzusagen einen hergebrachten Grundsatz des Hochschulbeamtenrechts im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG sieht, nicht schlechthin jeder gesetzlichen Veränderung entzogen, die im Zuge einer Reform der Organisation und der inneren Struktur der Hochschulen vorgenommen werden soll. Allerdings muss der Gesetzgeber derartige Vereinbarungen in der Weise respektieren, dass die rechtliche Bindung nicht grundsätzlich abgelehnt wird. Das Gesetz darf sich nur aus sachlich gebotenen Gründen über rechtsverbindliche Vereinbarungen mit Hochschullehrern hinwegsetzen, wenn seine Ziele, die sich im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit halten, nur auf diese Weise verwirklicht werden können. Da es in den hier in Rede stehenden Konstellationen nicht um die Entziehung privatnütziger Rechtspositionen geht, kommt Art. 14 GG neben der Sonderregelung des Art. 33 Abs. 5 GG nicht zur Anwendung. Die in Art. 5 Abs. 3 GG gewährleistete Wissenschaftsfreiheit wird durch einen Eingriff in eine Berufungsvereinbarung nicht verletzt, wenn dem Institut oder Lehrstuhl des betroffenen Hochschullehrers eine für den Betrieb von wissenschaftlicher Forschung und Lehre erforderliche Mindestausstattung erhalten bleibt. Nach den Maßstäben der verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit steht dem Gesetzgeber hier wie auch sonst bei der Überleitung bestehender Rechtslagen, Berechtigungen und Rechtsverhältnisse ein weiter Gestaltungsspielraum zur Verfügung. Von diesen Grundsätzen ist im Wesentlichen auch das Oberverwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil ausgegangen (UA S. 13).

Die Beschwerde macht nicht deutlich, dass und unter welchem Gesichtspunkt sich im vorliegenden Fall ein weitergehender verfassungsrechtlicher Klärungsbedarf ergeben könnte. Das gilt auch in Anbetracht dessen, dass das Bundesverwaltungsgericht es bei früherer Gelegenheit als unverhältnismäßig bezeichnet hat, bestehende Vereinbarungen mit Hochschullehrern, namentlich mit solchen, die aufgrund ihres Alters eine neue Zusage in Bleibeverhandlungen nicht mehr erreichen können, zu brechen und die damit freiwerdenden Mittel für den Abschluss neuer Vereinbarungen mit anderen Hochschullehrern zu nutzen (s. Urteil vom 29. April 1982 a.a.O. S. 45). Ein derartiger Zweck liegt der durch § 39 Abs. 10 Satz 3 BbgHG nachträglich eingeführten Verfallsfrist nicht zu Grunde. Wie das Oberverwaltungsgericht in Auslegung irrevisiblen Landesrechts dargelegt hat, verfolgt das Gesetz vielmehr das Ziel, eine bedarfs- und leistungsgerechte Mittelverteilung insgesamt sicherzustellen und dabei nachhaltige Leistungsanreize in Forschung und Lehre für die vorhandenen wie für neu hinzutretende Hochschullehrer zu schaffen; die Hochschulen sollen die entsprechende Ausstattung dann - aber auch nur dann - über den Fristablauf hinaus zur Verfügung stellen, wenn die Evaluation der Lehr- und Forschungsleistungen dies rechtfertigt (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2004 - 1 BvR 911/00 u.a. - BVerfGE 111, 333 <358 ff.>). Dieses Ziel, dem sich angesichts knapper verfügbarer Haushaltsmittel die Sachgerechtigkeit nicht absprechen lässt, konnte erkennbar nicht ohne einen - durch eine mehrjährige Übergangsfrist ausreichend gemilderten - Eingriff in die bestandsgeschützten Berufungszusagen verwirklicht werden.

Die von dem Kläger formulierte weitere Frage zum Inhalt der in § 39 Abs. 5 Satz 4 bzw. Abs. 10 Satz 4 BbgHG a.F. enthaltenen Verpflichtung, Berufungsvereinbarungen der neuen Rechtslage anzupassen, bezieht sich auf die Auslegung des nach § 137 Abs. 1 VwGO irrevisiblen Landesrechts. Auch diese Frage kann mithin nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision führen.

2.

Die von dem Kläger erhobene Verfahrensrüge greift ebenfalls nicht durch.

Wegen eines Verfahrensmangels kann die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nur zugelassen werden, wenn ein Mangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Ein solcher Mangel ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ordnungsgemäß bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird.

Der Kläger macht geltend, durch die insgesamt nahezu vierjährige Dauer von Berufungszulassungs- und Berufungsverfahren seien seine Rechte verkürzt worden, weil das Oberverwaltungsgericht, hätte es vor Ablauf der in § 39 Abs. 5 Satz 3 bzw. Abs. 10 Satz 3 BbgHG a.F. bestimmten Frist entschieden, den Fortbestand der von den Beteiligten geschlossenen Berufungsvereinbarung festgestellt und das erstinstanzliche Urteil nicht zu seinem, des Klägers, Nachteil abgeändert hätte.

Unabhängig von der Frage, ob der Kläger mit diesem Vortrag einen Verfahrensmangel in Gestalt einer nicht mehr angemessenen Verfahrensdauer hinreichend dargelegt hat (vgl. zu den dafür geltenden Anforderungen: Beschlüsse vom 17. Oktober 2002 - BVerwG 1 B 353.02 - [...] Rn. 3 und vom 19. Oktober 2006 - BVerwG 1 B 175.06 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 347 S. 47), scheitert eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO jedenfalls daran, dass das angefochtene Urteil nicht auf der als überlang gerügten Verfahrensdauer beruhen kann. Zwar hat das Oberverwaltungsgericht den Hauptantrag des Klägers bereits deshalb für unbegründet erachtet, weil die umstrittene Berufungszusage infolge Zeitablaufs am 31. März 2007 unwirksam geworden sei (UA S. 12). Es hat jedoch den Hilfsantrag, der den Hauptantrag lediglich insofern modifiziert hat, als die damit begehrte Feststellung auf den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum bis zum 31. März 2007 bezogen worden ist, wegen des Eingreifens des auf Landesrecht beruhenden Haushaltsvorbehalts als unbegründet angesehen (UA S. 19 ff.). Nach dieser auch auf den Hauptantrag anwendbaren und für die Frage der Erheblichkeit eines etwaigen Verfahrensfehlers allein maßgeblichen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts hätte eine vor dem 31. März 2007 getroffene Entscheidung nicht zu einem sachlich günstigeren Ergebnis für den Kläger führen können.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 18.10 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327).

Ende der Entscheidung

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