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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 01.02.2005
Aktenzeichen: BVerwG 6 BN 5.04
Rechtsgebiete: HePersVG, VwGO
Vorschriften:
HePersVG § 24 | |
HePersVG § 111 | |
VwGO § 47 |
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS
BVerwG 6 BN 5.04
In der Normenkontrollsache
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 1. Februar 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge und Vormeier beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. Juli 2004 wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg.
1. Sie richtet sich nach §§ 132, 133 VwGO. Die Vorschriften über die Revision nach der Verwaltungsgerichtsordnung sind hier anwendbar.
Über das Begehren des Antragstellers, die Verordnung über die Sicherstellung der Personalvertretung in den Universitätskliniken Gießen und Marburg vom 17. März 2004 für nichtig zu erklären, war nicht im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren zu entscheiden. Insbesondere ist § 111 Abs. 1 Nr. 2 HePersVG nicht einschlägig. Diese Vorschrift greift ein, wenn über Wahl und Amtszeit von Personalvertretungen in einem konkreten Fall oder aus Anlass eines solchen auf der Grundlage der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen gestritten wird. Sie erstreckt sich hingegen nicht auf Fälle, in denen Streitgegenstand allein die Gültigkeit einer Rechtsverordnung nach § 24 Abs. 6 HePersVG ist, durch welche das zuständige Ministerium den Zeitpunkt für die Neuwahl der Personalvertretungen festgelegt und deren Amtszeit verlängert hat. Insoweit ist ein Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO nicht ausgeschlossen (vgl. Beschluss vom 2. April 1980 - BVerwG 6 P 4.79 - Buchholz 238.31 § 56 BaWüPersVG Nr. 1).
2. Die demnach statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist nicht begründet.
a) Dies gilt zunächst für die Abweichungsrüge gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO. Der angefochtene Beschluss weicht nicht von dem in der Beschwerdebegründung zitierten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Mai 1978 - 2 BvR 952/75 - (BVerfGE 48, 246 = NJW 1978, 2499) ab.
Nach dem vorgenannten Beschluss ist maßgebend für den Inhalt einer Norm der in ihr zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesvorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Zur Erfassung des Sinnes einer Norm sind alle Auslegungskritierien, insbesondere die Stellung der Einzelnorm im Gesetz sowie der Zweck der Regelung heranzuziehen (a.a.O. S. 256). Einen davon abweichenden Rechtssatz hat der Verwaltungsgerichtshof im angefochtenen Beschluss weder ausdrücklich noch sinngemäß aufgestellt.
Er hat das von ihm gefundene Ergebnis aus dem nach seiner Auffassung eindeutigen Wortlaut der Regelung in § 24 Abs. 6 HePersVG hergeleitet und sich durch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift bestätigt gesehen. Seinen Ausführungen ist zu entnehmen, dass er zwischen den Äußerungen des historischen Gesetzgebers und dem objektivierten gesetzgeberischen Willen keinen Unterschied erkannt hat. Auf den rechtssystematischen Zusammenhang zwischen der Verordnungsermächtigung in § 24 Abs. 6 HePersVG und den gesetzlichen Regeln für Umstrukturierungsmaßnahmen in § 24 Abs. 3 bis 5 HePersVG ist er ebenfalls eingegangen. Aus alledem ist ersichtlich, dass sich der Verwaltungsgerichtshof der allgemein anerkannten, in der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wiedergegebenen Auslegungsmethoden bewusst gewesen ist und sich daran gehalten hat.
Der Antragsgegner kann seine Auffassung, im angefochtenen Beschluss sei eine an Sinn und Zweck orientierte Gesetzesauslegung nicht vorgenommen worden, nicht auf die Erwägung stützen, das vom Verwaltungsgerichtshof gefundene Ergebnis entziehe der Regelung in § 24 Abs. 6 HePersVG jeden Anwendungsbereich. Dies ist nämlich nicht der Fall. Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht etwa verlangt, dass die von § 24 Abs. 3 bis 5 HePersVG erfassten Umstrukturierungsmaßnahmen vor Erlass einer Rechtsverordnung nach § 24 Abs. 6 HePersVG bereits rechtswirksam sein müssen. Seine Ausführungen können und müssen vernünftigerweise so verstanden werden, dass der Erlass der Rechtsverordnung eine verbindliche - normative oder administrative - Entscheidung der zuständigen Instanz über die Umstrukturierung verlangt. Bei diesem - gebotenen - Verständnis bleibt für die Anwendung von § 24 Abs. 6 HePersVG noch in weitem Maße Raum, weil zwischen der Entscheidung über die Umstrukturierung und ihrem Wirksamwerden (vgl. ausdrücklich § 24 Abs. 3 Satz 2 HePersVG) häufig oder typischerweise noch Zeiträume zu liegen pflegen, in denen die gesetzlichen Regelungen in § 24 Abs. 3 bis 5 HePersVG ersetzende Bestimmungen durch Rechtsverordnung nach § 24 Abs. 6 HePersVG getroffen werden können. Auch bei diesem Auslegungsergebnis kommt der in § 24 Abs. 6 Satz 1 HePersVG ausdrücklich genannte Sinn der Verordnungsermächtigung - Ausgleich von Erschwernissen, Sicherstellung der Interessenwahrnehmung - zum Zuge.
b) Die Verfahrensrüge gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO greift ebenfalls nicht durch. Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht dadurch rechtliches Gehör des Antragsgegners verletzt, dass er mit der gegebenen Begründung ohne vorherigen Hinweis an die Beteiligten entschieden hat. Eine rechtliches Gehör verletzende Überraschungsentscheidung liegt nicht vor.
Die Argumentation des Antragstellers in der Antragsschrift war zwar nicht vollständig deckungsgleich mit der Entscheidungsbegründung des Verwaltungsgerichtshofs. Doch immerhin war auch in ihr von der bloßen "Diskussion über die Fusion der Universitätskliniken Gießen und Marburg" bzw. von dem "bisher bekannten Fusionsfahrplan" die Rede. In der Antragserwiderung wurde diese Darstellung bestätigt, indem aus dem - lediglich einen Prüfauftrag enthaltenen - Regierungsprogramm zitiert und von der "absehbaren Zusammenführung" der Universitätskliniken gesprochen wurde. Im Schriftsatz des Antragstellers vom 15. Juni 2004 hieß es dann: "Die Darstellung der Gegenseite zeigt deutlich auf, dass bislang lediglich eine politische Absicht besteht, die beiden Universitätskliniken Gießen und Marburg zu einem gemeinsamen Klinikstandort Mittelhessen weiterzuentwickeln". Jedenfalls bei diesem Stand der Erörterung durch die Beteiligten musste sich dem Antragsgegner die Frage aufdrängen, ob der Erlass der Verordnung bereits zum Zeitpunkt vor der verbindlichen Fusionsentscheidung durch die gesetzliche Ermächtigung in § 24 Abs. 6 HePersVG gedeckt war. Denn dass der Verordnungsgeber bereits zu einem derart frühen Zeitpunkt ermächtigt sein soll, über die gesetzlichen Bestimmungen zu Wahl, Amtszeit und Kompetenz der Personalvertretungen zu disponieren, ist bereits nach dem Wortlaut der Regelung keineswegs selbstverständlich. Der Antragsgegner hatte daher Anlass, zu dieser Frage auch ohne einen gesonderten Hinweis des Gerichts Stellung zu nehmen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 2 GKG.
Ende der Entscheidung
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