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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 07.07.2004
Aktenzeichen: BVerwG 6 C 17.03
Rechtsgebiete: WPflG
Vorschriften:
WPflG § 29 Abs. 1 Nr. 6 |
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
BVerwG 6 C 17.03
Verkündet am 7. Juli 2004
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hahn, Büge, Dr. Graulich und Vormeier
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 12. November 2002 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe:
I.
Der am 3. Mai 1977 geborene Kläger leistete auf Grund Einberufungsbescheides vom 10. Dezember 1997 bei der dritten Kompanie des Fernmeldebataillons 230 (3./FmBtl 230) in ... D. vom 1. März 1998 an den 10-monatigen Grundwehrdienst, der nach Maßgabe des Einberufungsbescheides am 31. Dezember 1998 enden sollte.
Am 21. April 1998 wurde dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) durch Meldung des S 2-Offiziers beim Fernmeldebataillon 230 bekannt, dass der Kläger anlässlich einer Belehrung erklärt habe, Mitglied der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) zu sein und für diese Partei die Funktion eines Kreisvorsitzenden im Kreis Rems-Murr auszuüben.
Am 1. Juni 1998 wurde der Kläger zum Gefreiten ernannt.
Mit Schreiben vom 16. Juli 1998 teilte der MAD dem Kommandeur des Fernmeldebataillons 230 seine Kenntnisse über die politische Orientierung des Klägers mit.
In der daraufhin anberaumten Anhörung erklärte der Kläger am 29. Juli 1998, er habe nie in der Kaserne versucht, für seine Partei zu werben. Im Gegenteil habe er versucht, seine Mitgliedschaft und Tätigkeit für die NPD solange wie möglich geheim zu halten. Das habe ihm auch der S 2-Offizier geraten. Er habe während seiner Dienstzeit am Standort D. kein Werbematerial in die Liegenschaften mitgebracht. Er habe solches auch nicht in D. und Umgebung verteilt. Seine parteipolitischen Aktivitäten hätten sich ausschließlich auf Baden-Württemberg und auf das Wochenende beschränkt. Er habe nicht einmal parteiinterne Kontakte zu Personen in D. gepflegt. Im Disziplinarbuch fand sich keine Eintragung.
Daraufhin beantragte der Kompaniechef der 3./FmBtl 230 am 29. Juli 1998 die Entlassung des Klägers aus der Bundeswehr. In seiner angefügten Stellungnahme erklärte der Kompaniechef und Disziplinarvorgesetzte des Klägers, dieser sei im alltäglichen Dienst ein unauffälliger Soldat, der seine Aufträge gewissenhaft erledige. Während seiner Dienstzeit in der L.-Kaserne sei er nicht durch extremistische Bestrebungen aufgefallen.
Mit Bescheid vom 27. August 1998 entließ der Kommandeur der Korpstruppen des II. Korps in Ulm den Kläger zum 31. August 1998 aus der Bundeswehr. Zur Begründung wurde ausgeführt, gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 6 WPflG sei ein Soldat, der auf Grund Wehrpflicht Wehrdienst leiste, zu entlassen, wenn nach dem bisherigen Verhalten durch sein Verbleiben in der Bundeswehr die militärische Ordnung und die Sicherheit der Truppe ernstlich gefährdet würde. Am 21. April 1998 sei durch Meldung des S 2-Offiziers bekannt geworden, dass der Kläger ihm anlässlich einer Belehrung eröffnet habe, dass er Mitglied in der NPD sei und für diese Partei die Funktion eines Kreisvorsitzenden im Kreis R.-M. ausübe und seit 1994 regelmäßig an Veranstaltungen der NPD und deren Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" (JN) teilnehme. Sein weiteres Verbleiben würde die militärische Ordnung in der Bundeswehr ernstlich gefährden. Mit der Entlassung sei gemäß § 30 Abs. 1 WPflG auch der Verlust des Dienstgrades verbunden.
Die mit Schreiben vom 9. September 1998 eingelegte Beschwerde des Klägers gegen die Entlassungsverfügung wies der Kommandierende General des II. Korps mit Bescheid vom 1. Oktober 1998 zurück. Eine Verletzung der Treuepflicht liege dann vor, wenn der Soldat aus seiner politischen Überzeugung Folgerungen für seine Einstellung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland ziehe. Eine solche Folgerung liege in der Mitgliedschaft und der Übernahme von Parteiämtern in einer politischen Partei, die verfassungsfeindliche Ziele verfolge, und zwar unabhängig davon, ob ihre Verfassungswidrigkeit durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts festgestellt sei oder nicht. Durch ein Verbleiben des Klägers würde die militärische Ordnung ernstlich gefährdet und das Ansehen der Bundeswehr geschädigt.
Mit der dagegen gerichteten Klage hat der Kläger beantragt,
die Entlassungsverfügung des II. Korps vom 27. August 1998 in der Gestalt des Beschwerdebescheides vom 1. Oktober 1998 aufzuheben,
hilfsweise,
festzustellen, dass die Entlassungsverfügung des II. Korps vom 27. August 1998 und der Beschwerdebescheid vom 1. Oktober 1998 rechtswidrig waren.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 12. November 2002 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Begehren sei als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig und dem Kläger stehe auch ein Rehabilitationsinteresse zu. Die Klage sei auch nicht fiktiv zurückgenommen worden. Die Klage sei aber unbegründet. Der Entscheidung dürften nur Tatsachen bis zum Jahr 1998 zu Grunde gelegt werden. Spätere Entwicklungen bei der NPD könnten daher dem Grundsatz nach nicht berücksichtigt werden.
Nach § 29 Abs. 1 Nr. 6 WPflG sei ein den Wehrdienst leistender Soldat zu entlassen, wenn nach dem bisherigen Verhalten durch sein Verbleiben in der Bundeswehr die militärische Ordnung oder die Sicherheit der Truppe ernstlich gefährdet würde. Entgegen den Ausführungen in den Bescheiden könne zwar nicht auf eine "Gefährdung des Ansehens der Bundeswehr" abgestellt werden, weil es an entsprechenden Tatbestandsmerkmalen in § 29 WPflG fehle. Eine "Verletzung der politischen Treuepflicht" i.S. von § 8 SG könnte fraglich sein, weil es dem Kläger möglicherweise an der Schuldhaftigkeit fehle, denn der S 2-Offizier habe den Kläger zur Geheimhaltung seiner politischen Orientierung aufgefordert und nicht unverzüglich ein Entlassungsverfahren eingeleitet. Anhaltspunkte dafür, dass das "bisherige Verhalten" des Klägers eine "ernstliche Gefährdung der Sicherheit der Truppe" darstelle, habe die Beklagte bislang nicht dargetan, und dies sei auch nicht ersichtlich.
Jedoch gefährde das bisherige Verhalten des Klägers ernstlich die militärische Ordnung. Dies folge aus dem Umstand seiner Mitgliedschaft in der NPD und seiner Tätigkeit als Kreisvorsitzender während der Zeit seines Grundwehrdienstes. Zum Be-griff der "militärischen Ordnung" gehörten alle Elemente, welche die Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr nach den gegebenen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen erhielten, also der Grundsatz von Befehl und Gehorsam, der Primat der Politik und die Bindung der Streitkräfte an die verfassungsmäßige Ordnung. Bei der Prüfung, ob die Mitgliedschaft in der NPD und das Innehaben des Amtes eines Kreisvorsitzenden dieser Partei für sich allein, also ohne konkrete Disziplinarverstöße innerhalb der Bundeswehr, die vorstehend dargelegten Grundsätze ernstlich gefährden können, sei auf Programmausrichtung und Publikationen der NPD abzustellen. Die Äußerungen führender Persönlichkeiten der NPD und vor allem die Entwicklung Anfang 1998 zeigten, dass die Partei sich weiter gegenüber gewaltbereiten Neonazis geöffnet habe, verbunden mit einer wenn auch unterschwelligen Bereitschaft zur gewaltsamen, eventuell bewaffneten Revolution. Die fremdenfeindlichen und antisemitischen Äußerungen und Publikationen rundeten den verfassungsfeindlichen Charakter der Zielsetzung der NPD ab. Insbesondere im Hinblick auf seine Funktion müsse der Kläger sich die zitierten Verlautbarungen der führenden Funktionäre auch zurechnen lassen. Das Verbleiben eines solchen Soldaten in der Bundeswehr stelle eine ernstliche Gefahr für die militärische Ordnung dar.
Zur Begründung der vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision führt der Kläger aus, das Urteil verletze den Untersuchungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO. Das Verwaltungsgericht stelle fest, die NPD sei eine verfassungsfeindliche Partei. Dazu würden Tatsachenfeststellungen in das Urteil eingeführt, die zum einen Teil Verfassungsschutzberichten und zum anderen Teil dem beigezogenen Antrag der Bundesregierung auf ein Verbot der NPD beim Bundesverfassungsgericht entnommen seien. Entgegen dem Amtsermittlungsgrundsatz seien diese Schriftstücke wie Urkundsbeweise verwendet worden. Er habe sich ausdrücklich gegen die Verfassungsschutzberichte gewandt. Das Verwaltungsgericht hätte selbst prüfen und darlegen müssen, warum die ausgeführten Punkte zu der Schlussfolgerung führen sollten, die NPD sei verfassungswidrig. Im Laufe des Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht habe sich herausgestellt, dass durch von staatlichen Stellen gesteuerte Parteimitglieder in einem erheblichen Maße Einfluss auf die Willensbildung, das Erscheinungsbild, die Art der Selbstdarstellung und die postulierten Ziele genommen worden sei.
Das Urteil sei aber auch nicht mit höherrangigem Recht vereinbar. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürfe niemand die Verfassungswidrigkeit einer Partei rechtlich geltend machen, bis diese nicht durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts festgestellt sei. Im Widerspruch dazu werde ihm als schwere Pflichtwidrigkeit angelastet, Mitglied in einer nicht verbotenen Partei zu sein. Dies verstoße gegen Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG. In seinen Grundrechten aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG werde er verletzt, weil es dem Gebot der Menschenwürde und der Rechtsstaatlichkeit widerspreche, wenn der Staat einem Bürger a priori mit Misstrauen gegenüber seiner Verfassungstreue begegne und quasi unwiderleglich die mangelnde verfassungsmäßige Zuverlässigkeit dieser Menschen als gegeben unterstelle. Ein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) liege darin, dass er als nach objektiven Kriterien "normaler" Staatsbürger auf Grund politischer Ambitionen ohne an den Tag gelegtes gesetzwidriges Verhalten eine diskriminierende Ausgrenzung aus gleichberechtigter Teilhabe an dem gemeinsamen Staatswesen erfahre. Schließlich werde der Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 GG dadurch verletzt, dass er lediglich auf Grund politischer Gesinnung in der geschehenen Weise behandelt werde. Die Entlassung verletze ihn auch in seinem Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 GG auf Freiheit des weltanschaulichen Bekenntnisses, nämlich der Weltanschauung des "Nationalismus". Ferner werde er in seinem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG verletzt.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 12. November 2002 - VG 1 K 99.1400 - festzustellen, dass die Entlassungsverfügung des II. Korps der Beklagten vom 27. August 1998 rechtswidrig war,
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt sie vor, der Kläger habe auf Grund seiner Mitgliedschaft in der NPD und seiner Eigenschaft als Funktionsträger dieser Partei die militärische Ordnung ernsthaft gefährdet. Daher seien die Voraussetzungen für eine Entlassung nach § 29 Abs. 1 Nr. 6 WPflG erfüllt gewesen. Eine Entlassung nach dieser Vorschrift komme in Betracht, wenn ein den Grundwehrdienst Leistender auf Grund seiner aktiven Zugehörigkeit zu einer verfassungsfeindlichen Organisation oder Partei eine abstrakt-generelle Gefahr dahingehend darstelle, dass er auf Grund seiner ex-tremistischen Haltung sich jederzeit in der Truppe politisch betätigen könnte und damit das Klima in der Truppe bzw. das Ansehen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit schädigen würde. Voraussetzung für eine Entlassung sei nicht, dass der Soldat bereits schwerwiegende Rechts- oder Pflichtverstöße begangen habe oder diese unmittelbar drohten. § 29 Abs. 1 Nr. 6 WPflG sei keine Straf- oder Disziplinarnorm, sondern ermächtige zum Erlass wehrpflichtrechtlicher Verwaltungsmaßnahmen, die dem Schutz der militärischen Ordnung oder der Sicherheit der Truppe dienten, auch wenn - im Unterschied zu § 55 Abs. 5 SG - keine schuldhafte Dienstpflichtverletzung vorausgegangen sei. Die Entlassungstatbestände von § 29 Abs. 1 Nr. 6 WPflG und § 55 Abs. 5 SG stünden nicht in einer Art Stufenverhältnis zueinander, sondern regelten voneinander jeweils gesondert zu bewertende Sachverhalte.
Schließlich sei das Wehrdienstverhältnis - anders als das Dienstverhältnis eines Zeit- oder Berufssoldaten - kein durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützter Beruf. Dementsprechend werde der Bundeswehr vom Bundesverwaltungsgericht ein Einberufungsermessen zugestanden, das ausschließlich im öffentlichen Interesse an einer optimalen Personalbedarfsdeckung auszuüben sei und nicht den persönlichen Interessen der Wehrpflichtigen diene. Insbesondere habe der Wehrpflichtige keinen Anspruch auf Heranziehung. Nach einer "Verfahrensanweisung Wehrersatzwesen" werde eine ggf. auch unbefristete Zurückstellung solcher Wehrpflichtigen veranlasst, die noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten seien, jedoch als Extremisten aktiv die Ziele einer Partei oder Organisation verfolgten, die verboten oder als verfassungs-feindlich bekannt gemacht sei. Dieser Gesichtspunkt müsse auch bei der Entlassung solcher Personen beachtet werden dürfen, die in Unkenntnis der entsprechenden Tatsache einberufen worden seien.
Unter militärischer Ordnung sei der Inbegriff der Elemente zu verstehen, welche die Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr nach den gegebenen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen aufrechterhielten. Allein die Tatsache, dass ein Soldat einer verfassungsfeindlichen Organisation oder Partei angehöre, lasse erheblichen Zweifel an seiner jederzeitigen Verlässlichkeit aufkommen. Aus der Formulierung "Verbleiben in der Bundeswehr" in § 29 Abs. 1 Nr. 6 WPflG könne auch keine Entlassungsschranke abgeleitet werden, welche die Truppe daran hindere, ihr nicht genehme oder unbequeme oder gar aggressive Soldaten auszuscheiden. Dieser Grundsatz könne im Fall von eindeutig extremistisch und verfassungsfeindlich orientierten Wehrpflichtigen nicht durchgreifen.
II.
Die Revision ist zulässig, aber unbegründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts lässt keinen Verstoß gegen Bundesrecht erkennen. Es leidet weder an einem zu seiner Aufhebung führenden Verfahrensmangel (1.), noch hat das Verwaltungsgericht die Klage zu Unrecht als zulässig (2.), aber unbegründet (3.) beurteilt.
1. Der Kläger rügt die Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO). Diese Rüge bleibt ohne Erfolg, denn sie ist nicht den Anforderungen gemäß § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO begründet worden.
Danach muss die Begründung der Revision einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben. Den Anforderungen dieser Vorschrift ist nur genügt, wenn sich aus der Revisionsbegründung der gerügte Verfahrensmangel schlüssig ergibt (vgl. Beschluss vom 23. Oktober 1980 - BVerwG 2 C 5.80 - BVerwGE 62, 325 = DVBl 1981, 493). Das ist hier nicht der Fall. Bezeichnet im Sinne des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO ist der Verfahrensmangel unzureichender Sachverhaltsaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) nur dann, wenn die Beweismittel, deren Heranziehung sich dem Berufungsgericht hätte aufdrängen müssen, angegeben werden, also z.B. die Zeugen und Sachverständigen genannt und die im Einzelnen in ihr Wissen gestellten Tatsachen angeführt werden und dargelegt wird, inwiefern das Urteil im Einzelnen auf der unterbliebenen Vernehmung beruht oder beruhen kann (ständige Rechtsprechung; vgl. u.a. Beschluss vom 26. Juni 1975 - BVerwG 6 B 4.75 - Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 17; Urteil vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 14.91 - Buchholz 236.1 § 31 SG Nr. 24).
Die Rüge, das Berufungsgericht habe zu einzelnen rechtlichen Aspekten des klägerischen Vorbringens keine tatsächlichen Feststellungen getroffen, genügt diesen Anforderungen nicht.
Hierzu wird im Wesentlichen ausgeführt, das Verwaltungsgericht stelle zur Begründung der Klageabweisung darauf ab, dass die Mitgliedschaft und das Innehaben eines Parteiamtes in der NPD auch ohne konkrete Disziplinarverstöße innerdienstlicher Art zu einer ernstlichen Gefährdung für die militärische Ordnung der Truppe führen solle. In diesem Zusammenhang führe das Verwaltungsgericht aus, dass die NPD durch das Verhalten ihrer Führung seit Anfang 1998 eine weite Öffnung zu auch gewaltbereiten sog. Neonazis vollzogen habe und eine unterschwellige Bereitschaft zu einer gewaltsamen, eventuell auch bewaffneten Revolution zeige. Zum Beweis dafür nehme das Verwaltungsgericht auf Verfassungsschutzberichte und den Antrag der Bundesregierung an das Bundesverfassungsgericht auf ein Verbot der NPD Bezug. Es hätte aber prüfen und darlegen müssen, warum die als Tatsachen unterstellten Punkte zu einer Schlussfolgerung hätten führen sollen, die NPD sei verfassungswidrig. Außerdem hätte es prüfen und Beweis erheben müssen, ob die angeführten Punkte Tatsachen seien, die es zudem noch hätte beweisen müssen. Dieses Vorbringen ist zu allgemein, um darzutun, welche stattdessen zu unternehmenden Beweiserhebungen zu welchen anderweitigen Erkenntnissen geführt hätten.
2. Die Klage ist zulässig. Das Begehren ist in der Form der Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft (a), und die Klage ist auch nicht fiktiv zurückgenommen worden (b).
a) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend die ursprünglich erhobene Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) gegen die Entlassungsverfügung als in der Hauptsache erledigt und wegen Rehabilitationsinteresses eine Fortsetzungsfeststellungsklage als zulässig angesehen (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO). Der das Wehrdienstverhältnis begründende Einberufungsbescheid vom 10. Dezember 1997 hat sich mit Ablauf des in ihm festgesetzten Endzeitpunktes vom 31. Dezember 1998 für die Ableistung erledigt (vgl. Urteil vom 13. Dezember 1991 - BVerwG 8 C 65.90 - Buchholz 448.0 § 21 WPflG Nr. 45). Damit gehen auch von der angefochtenen Entlassungsverfügung - als dem actus contrarius zum Einberufungsbescheid - seit dem 1. Januar 1999 keinerlei Rechtswirkungen mehr aus. Der nach Maßgabe von § 30 Abs. 1 Satz 2 WPflG mit der Entlassung verbundene Dienstgradverlust, der über das im Einberufungsbescheid festgelegte Ende des Grundwehrdienstes hinaus fortwirkt (vgl. Urteil vom 28. Februar 1973 - BVerwG 8 C 116.70 - BVerwGE 42, 20, 21), ist hier nicht eingetreten. Das hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung des Senats klargestellt und folgerichtig die den Dienstgradverlust betreffende Bemerkung in der Entlassungsverfügung vom 27. August 1998 gestrichen.
b) Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage nicht gemäß § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO wegen Nichtbetreibens fiktiv zurückgenommen worden ist. Dafür spricht bereits, dass die ursprünglich mit gerichtlichem Schreiben vom 18. November 1999 angelaufene Dreimonatsfrist durch das gerichtliche Schreiben vom 21. Dezember 1999 erneut in Lauf gesetzt worden ist und der Kläger auf den Neubeginn der Dreimonatsfrist vertrauen durfte. Außerdem hätte es bei Annahme der ursprünglichen Dreimonatsfrist an den übrigen Voraussetzungen gefehlt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts setzt eine fiktive Klagerücknahme nach § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 19 Abs. 4, 103 Abs. 1 GG) voraus, dass im Zeitpunkt des Erlasses der Betreibensaufforderung bestimmte, sachlich begründete Anhaltspunkte für einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Klägers bestanden haben (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Mai 1993 - 2 BvR 1972/92 - NVwZ 1994, 62 <63>; BVerwG, Urteil vom 23. April 1985 - BVerwG 9 C 48.84 - BVerwGE 71, 213 <218 f.> = Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr. 3 S. 7 <12>). Dieses in ständiger Rechtsprechung zu den entsprechenden asylverfahrensrechtlichen Regelungen entwickelte, ungeschriebene Tatbestandsmerkmal gilt auch für die dem Asylverfahrensrecht nachgebildete und durch das 6. VwGO- Änderungsgesetz in das allgemeine Verwaltungsprozessrecht eingeführte Vorschrift des § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Stets muss sich aus dem fallbezogenen Verhalten des jeweiligen Klägers, z.B. aus der Verletzung prozessualer Mitwirkungspflichten, der Schluss auf den Wegfall des Rechtsschutzinteresses, also auf ein Desinteresse des jeweiligen Klägers an der weiteren Verfolgung seines Begehrens ableiten lassen. Denn § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist kein Hilfsmittel zur bequemen Erledigung lästiger Verfahren oder zur vorsorglichen Sanktionierung prozessleitender Verfügungen (Beschluss vom 12. April 2001 - BVerwG 8 B 2.01 - Buchholz 310 § 92 VwGO Nr. 13 = DVBl 2001, 1232). Für die gerichtliche Betreibensaufforderung vom 18. November 1999 bestand hier kein Anlass. Nach Erledigung der Entlassungsverfügung lag es nahe, den Übergang zum Fortsetzungsfeststellungsantrag anzuregen. Ohne einen derartigen - erfolglos gebliebenen - richterlichen Hinweis schied eine Anfrage nach § 92 Abs. 2 VwGO aus.
3. Die Klage ist unbegründet. Die Entlassungsverfügung war nicht rechtswidrig.
a) Entscheidungserheblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist die Entlassung des Klägers aus dem Wehrdienst, denn es handelt sich um einen gestaltenden Verwaltungsakt, der seine Wirkung mit dem Erlass entfaltet und ausdrücklich an das "bisherige Verhalten" vor der Entlassung liegende Verhalten des Betroffenen anknüpft (Urteil vom 28. Februar 1973 - BVerwG VIII C 116.70 - BVerwGE 42, 20 = Buchholz 448.0 § 29 WPflG Nr. 8 S. 22, 24 ff.; Urteil vom 12. April 1978 - BVerwG 8 C 70.76 - Buchholz 448.0 § 29 WPflG Nr. 18 S. 5, 6).
b) Die Entlassung ist von der zuständigen Stelle und unter Beachtung der tatbestandlichen Voraussetzungen verfügt worden.
aa) Der Kommandeur der Korpstruppen des II. Korps in Ulm war für die Entlassung des Klägers sachlich zuständig. Die Entlassung wird von der Stelle verfügt, die nach § 4 Abs. 2 SG für die Ernennung des Soldaten zuständig wäre oder der die Ausübung des Entlassungsrechts übertragen worden ist (§ 29 Abs. 5 Satz 1 WPflG). Die Zuständigkeit für die Entlassung der Soldaten richtet sich nach der Anordnung des Bundespräsidenten über die Ernennung und Entlassung der Soldaten vom 10. Juli 1969 (BGBl I S. 775), geändert durch Anordnung vom 17. März 1972 (BGBl I S. 499). Danach hat der Bundespräsident sich nur das Recht der Ernennung und Entlassung der Offiziere der Besoldungsgruppe B vorbehalten und die übrigen Befugnisse auf den Bundesminister der Verteidigung übertragen. Dieser ist zur Weiter-übertragung ermächtigt. Mit Abschnitt II Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) der Anordnung über die Ernennung und Entlassung der Soldaten vom 23. April 1997 (BGBl I S. 990) hat der Bundesminister der Verteidigung im Heer die Ausübung des Rechts auf Entlassung ihm unterstehender Soldaten bis zum Unteroffizier dem Kommandeur der Korpstruppen übertragen.
bb) Nach § 29 Abs. 1 Nr. 6 WPflG ist ein Soldat, der auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leistet, zu entlassen, wenn nach dem bisherigen Verhalten durch sein Verbleiben in der Bundeswehr die militärische Ordnung ernstlich gefährdet würde. Diese Voraussetzungen waren im Falle des Klägers bei seiner Entlassung Ende August 1998 erfüllt.
(1) Unter "bisherigem Verhalten" im Sinne der vorbezeichneten Vorschrift kann nur ein Verhalten verstanden werden, das der Wehrpflichtige als "Soldat", d.h. in der Zeit von der Begründung des Wehrdienstverhältnisses bis zum Entlassungstermin an den Tag gelegt hat. Im Falle des Klägers als "bisheriges Verhalten" zu würdigen ist, dass er während der Dauer seines Grundwehrdienstes Funktionär der NPD geblieben ist.
(2) Dieser Umstand hatte Bezug zur militärischen Ordnung. Dazu gehören alle Elemente, welche die Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr nach den gegebenen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen erhalten (vgl. Urteil vom 28. Februar 1973, a.a.O. S. 24; Urteil vom 12. April 1978, a.a.O. S. 7). Ist ein Soldat Mitglied und Funktionär einer nicht auf dem Boden der Verfassung stehenden Partei, so ist dies für die Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr nicht ohne Belang. Die Bundeswehr kann als Armee im demokratischen Staat die ihr durch die Verfassung übertragenen Aufgaben nur erfüllen, wenn sie mit ihren Soldaten loyal zur Verfassung steht. Diese Prämisse liegt der Regelung in § 8 des Soldatengesetzes (SG) zugrunde, die allen Soldaten der Bundeswehr gleichermaßen eine qualifizierte Verfassungstreue abverlangt, also unabhängig davon, ob es sich um Berufs- oder Zeitsoldaten oder um solche Soldaten handelt, die auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten.
In dieser Hinsicht wurde die Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr durch das Verbleiben des Klägers in der Bundeswehr berührt. Nach den mit durchgreifenden Verfahrensrügen nicht angegriffenen und den Senat bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts handelte es sich im hier maßgeblichen Zeitraum des Jahres 1998 bei der NPD um eine rechtsextreme, nicht auf dem Boden der Verfassung stehende Partei. Nach dem im angefochtenen Urteil verarbeiteten und wiedergegebenen Erkenntnismaterial hatte die NPD sich Anfang 1998 gewaltbereiten Neonazis geöffnet und eine "wenn auch unterschwellige Bereitschaft zur gewaltsamen, eventuell bewaffneten Revolution" entwickelt. Diese Bewertung ist nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht hat insoweit insbesondere auf Äußerungen des damaligen Parteivorsitzenden vom Herbst 1998 abgestellt. Dieser hatte - wie in dem angefochtenen Urteil festgestellt wird - in einer Rede vor meist Jugendlichen geäußert: "... wenn Deutschland in Gefahr gewesen wäre, hätte ich auch als 14-jähriger, wenn es hätte sein müssen, die Waffe in die Hand genommen, um mein Vaterland zu verteidigen. Und das erwarten wir auch von euch. Deutschland ist in Gefahr. Deutschland wird von allen Seiten heute angegriffen. ... Der Feind ist in den Köpfen der etablierten Politiker." Auch anderen in dem Urteil wiedergegebenen Erklärungen ist zu entnehmen, dass die NPD zum damaligen Zeitpunkt die gewaltsame Zerstörung der demokratischen Ordnung und die Errichtung einer nationalsozialistischen Diktatur anstrebte ("absolute Macht in Deutschland", "deutsche Revolution"). Dem entsprachen die feindselige Verächtlichmachung der gewählten demokratischen Politiker sowie fremdenfeindliche und antisemitische Äußerungen.
(3) Der Kläger hätte als Funktionär der NPD bei seinem weiteren Verbleib in der Bundeswehr in der Zeit von Anfang September 1998 bis zum regulären Ende des Grundwehrdienstes Ende Dezember 1998 die Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr ernstlich gefährdet. Die Gefährdung ist dann ernstlich, wenn der Schaden für die Verteidigungsbereitschaft konkret droht und nachhaltige und schwerwiegende Regelverletzungen vorliegen (vgl. Urteil vom 28. Februar 1973, a.a.O. S. 24 f.; Urteil vom 12. April 1978, a.a.O.). Diese Voraussetzungen lagen hier vor.
Indem der Kläger während des von März bis August 1998 abgeleisteten Grundwehrdienstes Funktionär der NPD geblieben war, hat er seine Pflicht aus § 8 SG verletzt. Danach muss der Soldat die freiheitliche demokratische Grundordnung anerkennen und durch sein gesamtes Verhalten für ihre Erhaltung eintreten. Im Gegensatz dazu wollte die NPD die demokratische Ordnung gegebenenfalls durch einen bewaffneten Aufstand zerstören und eine rechtsradikale Diktatur errichten, in der kein Raum ist für abweichende Meinungen, geschweige denn für die Rechte von ethnischen und religiösen Minderheiten. Als Funktionsträger der NPD muss sich der Kläger die in diesem Zusammenhang von dem Verwaltungsgericht festgestellten Erklärungen, von denen er sich nicht distanziert hat, zurechnen lassen. Dies gilt insbesondere für die Äußerung des damaligen Parteivorsitzenden, in der dieser zum gewaltsamen Umsturz aufgerufen hat. Wer Funktionär einer derartigen Partei ist und nicht den in Rede stehenden Bestrebungen dieser Partei entgegentritt, setzt sich in eindeutigen Widerspruch zu den Grundwerten der Verfassung über den demokratischen und rechtsstaatlichen Staatsaufbau und die Anerkennung der Menschenrechte. Mit einem derartigen Verhalten ist die aktive Verfassungstreue unvereinbar, die § 8 SG auch solchen Soldaten abverlangt, die auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten.
Die vom Kläger begangene Pflichtverletzung war nachhaltig. Denn sie dauerte während der gesamten Zeit des von ihm geleisteten Grundwehrdienstes an. Sie war auch schwerwiegend. Denn für die Bundeswehr als Armee im demokratischen Staat ist die Verfassungsloyalität ihrer Soldaten von existentieller Bedeutung.
Nach dem bisherigen Verhalten des Klägers war anzunehmen, dass er in den verbleibenden vier Monaten seines Grundwehrdienstes seine Eigenschaft als Funktionär der NPD beibehalten hätte. Damit hätte ein Schaden für die Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr konkret gedroht. Der Kläger muss sich - wie dargelegt - die vom Verwaltungsgericht festgehaltenen Äußerungen und Publikationen, aus denen auf die Verfassungsfeindlichkeit der NPD und insbesondere deren Gewaltbereitschaft zu schließen war, zurechnen lassen. Demnach war im Rahmen der nach § 29 Abs. 1 Nr. 6 WPflG anzustellenden Prognose davon auszugehen, dass der Kläger die Ziele und Absichten seiner Partei auch in seiner Eigenschaft als Soldat der Bundeswehr teilte. Dies musste ihn aber bei Erfüllung seiner soldatischen Pflichten in einen unausweichlichen Loyalitätskonflikt bringen. Die Aufgaben der Streitkräfte ergeben sich unmittelbar aus dem Grundgesetz selbst. Neben der Hilfe bei Naturkatastrophen und Unglücksfällen (Art. 35 Abs. 2 und 3 GG) sind dies die Verteidigung gegen einen bewaffneten Angriff auf das Bundesgebiet (Art. 87a Abs. 1 Satz 1, Art. 115a Abs. 1 Satz 1 GG), die Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes (Art. 87a Abs. 4 GG) sowie die Beteiligung an Militäraktionen im Rahmen eines kollektiven Sicherheitssystems (Art. 24 Abs. 2 GG). Die Erfüllung dieser Aufgaben durch die Bundeswehr ist eingebettet in den demokratischen Staatsaufbau. Dies bedeutet, dass die Bundeswehr ihren verfassungsrechtlichen Auftrag auf Grund einer Legitimation wahrnimmt, die sich aus der Befehls- und Kommandogewalt der ihr überstellten politischen Spitze ableitet (Art. 65a, 115b GG; "Primat der Politik"). Die den Kläger demnach treffende Pflicht zur Ausführung von Befehlen, die sich letztlich auf Anordnungen der Volksvertretung oder der ihr verantwortlichen Mitglieder der Bundesregierung zurückführten, konnte jederzeit in Widerstreit geraten zu den Willensäußerungen der NPD-Führung, die von ihren Funktionären den Kampf gegen den demokratischen Staat und dessen Funktionsträger ("etablierte Politiker") erwartete. Militärische Einsätze unter Beteiligung des Klägers waren wegen dessen voraussehbar nicht vorbehaltloser Erfüllung der Gehorsamspflicht stets mit der Unsicherheit behaftet, dass der jeweilige Auftrag nicht ordnungsgemäß erledigt wurde. Die Folgen waren für eine Institution, deren Tätigkeit typischerweise mit dem Einsatz von Kriegswaffen verbunden ist, unabsehbar. Schon damit war die Funktionsfähigkeit der Streitkräfte entscheidend beeinträchtigt. Darüber hinaus waren auch im normalen Dienstbetrieb Konflikte mit Vorgesetzten und Kameraden zu erwarten, wenn der Kläger aus seiner ausgrenzenden Einstellung gegenüber jüdischen Mitbürgern und Menschen aus anderen Kulturen keinen Hehl machte.
Dieser Einschätzung kann nicht entgegengehalten werden, das Verhalten des Klägers sei nicht geeignet gewesen, die Bundeswehr als Ganze zu schädigen. § 29 Abs. 1 Nr. 6 WPflG geht davon aus, dass die Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr auch durch das Verhalten eines einzigen wehrpflichtigen Soldaten ernsthaften Schaden nehmen kann. Dem liegt die Vorstellung des Gesetzgebers zugrunde, dass der Soldat mit der Schädigung seiner Einheit über Nachahmungs- und Wiederholungseffekte Wirkungen zum Nachteil der gesamten Bundeswehr auslösen kann (vgl. Urteil vom 28. Februar 1973, a.a.O. S. 26; Urteil vom 12. April 1978, a.a.O. S. 9). Demnach nimmt die Bundeswehr als Ganze Schaden, wenn sie generell in ihren Reihen Soldaten duldet, die Bindungen zu extremistischen und verfassungsfeindlichen politischen Parteien in der hier in Rede stehenden Intensität unterhalten.
Die ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung kann hier schließlich nicht mit Rücksicht auf das Disziplinarrecht verneint werden. Die Entfernung aus dem Dienstverhältnis im Wege des Disziplinarverfahrens kommt gegenüber Soldaten, die auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten, nicht in Betracht (§ 54 Abs. 3 WDO 1972, § 58 Abs. 1 WDO 2001). Bei diesen Soldaten sind nur einfache Disziplinarmaßnahmen zulässig, die vom einfachen und strengen Verweis über Disziplinarbuße und Ausgangsbeschränkung bis hin zum Disziplinararrest reichen (§§ 18 ff. WDO 1972, §§ 22 ff. WDO 2001). Solche Maßnahmen knüpfen jedoch typischerweise an punktuelle Verfehlungen des Wehrpflichtigen an, durch welche dessen Eignung, als Soldat der Bundeswehr seine Wehrpflicht zu erfüllen, nicht grundlegend in Frage gestellt wird. Sie sind kein taugliches Instrument gegen die Risiken extremistischer politischer Überzeugungen, die der Wehrpflichtige bereits lange vor seiner Einberufung als Mitglied und Funktionär einer Partei bestätigt und auch während der Zeit des Grundwehrdienstes beibehalten hat. So aber lag es beim Kläger.
c) Entgegen dem Vorbringen der Revision verstößt die Entlassung des Klägers aus dem Grundwehrdienst nicht gegen das Parteienprivileg (aa), die Menschenwürde (bb), das Sozialstaatsprinzip (cc), den Gleichbehandlungsgrundsatz (dd), die Bekenntnisfreiheit (ee) sowie die Meinungsfreiheit (ff).
aa) Die Revision sieht im verwaltungsgerichtlichen Urteil eine Verletzung des Parteienprivilegs (Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG), weil es die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Klägers aus der summarischen Tatsache folgere, dass es sich bei der NPD um eine verfassungswidrige Partei handele. Diese Begründung sei unzutreffend, weil es an einer entsprechenden Feststellung des Bundesverfassungsgerichts fehle.
Die Entlassungsverfügung und ihr folgend das Urteil des Verwaltungsgerichts verstoßen nicht gegen Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG, weil sie nicht in den Schutzbereich dieser Norm eingreifen. Nach Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG ist die verbindliche Entscheidung darüber, dass eine Partei verfassungswidrig ist, dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten. Bis zu diesem Zeitpunkt darf die Partei in ihrer politischen Tätigkeit nicht behindert werden. Daneben erstreckt sich das Privileg des Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG auch auf die parteioffizielle bzw. parteiverbundene Tätigkeit der Funktionäre, Mitglieder und Anhänger einer Partei (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - BVerfGE 39, 334, 357; Beschluss vom 29. Oktober 1975 - 2 BvE 1/75 - BVerfGE 40, 287, 291; Beschluss vom 17. Januar 1978 - 2 BvR 487/76 - BVerfGE 47, 130, 139; Beschluss vom 25. März 1981 - 2 BvE 1/79 - BVerfGE 57, 1, 6). Das Parteienprivileg stellt den Bürger bei seiner parteioffiziellen Tätigkeit von Sanktionen frei um des ungestörten und unbehinderten Funktionierens der Partei willen. Dagegen schützt es ihn nicht in anderen besonderen rechtlichen Stellungen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1975, a.a.O. S. 358). Dies hat das Bundesverfassungsgericht in der zuletzt genannten Entscheidung für den Beamtenstatus ausgeführt. Für den rechtsähnlichen Status eines Berufs- oder Zeitsoldaten gilt Entsprechendes (Urteil vom 17. September 2003 - BVerwG 6 C 4.03 - Buchholz 448.0 § 48 WPflG Nr. 4). Dies ist für einen Wehrpflichtigen nicht anders zu beurteilen. Auch Soldaten, die auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten, befinden sich in einer besonderen rechtlichen Stellung ohne direkten Bezug zum parteipolitischen Leben. Sie unterliegen einem speziellen, durch das Soldatenrecht geprägten Pflichtenkreis, der sie vom Staatsbürger in seinen allgemeinen Zusammenhängen unterscheidet.
bb) Die Revision sieht einen Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG darin, dass der Kläger allein wegen seines mitgliedschaftlichen Status in der NPD zum Objekt staatlichen Handelns, nämlich der Entlassung aus der Bundeswehr gemacht werde.
Ein Eingriff in das Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Die sog. Objektformel zur Bestimmung eines Eingriffs in die Menschenwürde in Art. 1 Abs. 1 GG erfasst den vorliegenden Fall nicht. Kriterium ist danach, dass der Mensch einer Behandlung ausgesetzt wird, die seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt, oder dass in der Behandlung im konkreten Fall eine willkürliche Missachtung der Würde des Menschen liegt (BVerfGE 30,1, 26). Dies ist hier nicht geschehen. Die Entlassung des Klägers aus der Bundeswehr beruht auf Sachgründen und stellt seine Subjektqualität nicht grundlegend in Frage.
cc) Die Revision wendet sich weiter gegen eine Verletzung des Sozialstaatsprinzips aus Art. 20 Abs. 1 GG i.V.m. dem aus dem Begriff des Staatsvolkes in Art. 20 Abs. 2 GG folgenden Recht auf aktive Teilhabe am Gemeinwesen.
Das Sozialstaatsprinzip ist ein Grundprinzip des Grundgesetzes. Es ist unmittelbar geltendes Recht. Wegen seiner hohen Unbestimmtheit bedarf es in besonderem Maße der Konkretisierung u.a. durch den einfachen Gesetzgeber. Subjektive Rechte ergeben sich aus dem Sozialstaatsprinzip allein regelmäßig nicht (vgl. BVerfGE 82, 60, 80; Jarrass/Pieroth, GG, 7. Aufl. 2004, Art. 20 Rn. 102 ff.). Der Kläger kann daraus keinen Anspruch oder ein Abwehrrecht im Zusammenhang mit seiner Entlassung aus der Bundeswehr ableiten.
Die in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG verankerte Volkssouveränität bedeutet, dass die Staatsgewalt keine anderen Legitimationsquellen als das Volk haben darf. Der Kläger kann auch daraus keinen Anspruch auf "Wehrteilhabe" ableiten. Insbesondere kann er dies nicht gegenüber der gesetzlichen Konkretisierung der Ausübung des Wehrdienstes im Wehrpflichtgesetz.
dd) Die Revision sieht in der Entlassung außerdem einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 GG, wonach niemand wegen seiner politischen Anschauungen benachteiligt werden darf. Auch diese Norm ist durch die Entlassung nicht verletzt worden. Der Kläger ist nicht entlassen worden, weil er eine bestimmte politische Anschauung hat, sondern weil er diese Anschauung als Mitglied und Funktionär einer politischen Partei betätigt und dadurch seine Pflicht zur Verfassungstreue nach § 8 SG verletzt hat. Die - bereits aus der Verfassung selbst herzuleitende (vgl. Cuntz, Verfassungstreue der Soldaten, Berlin 1985, S. 105 ff.) - Pflicht der Soldaten zur Verfassungstreue wird durch das Verbot des Art. 3 Abs. 3 GG nicht relativiert (vgl. BVerfGE 39, 334, 367 f.).
ee) Die Revision rügt außerdem eine Verletzung des Klägers in dem Grundrecht auf Freiheit des weltanschaulichen Bekenntnisses (Art. 4 Abs. 1 GG). Dieses Grundrecht werde nicht im Katalog der nach Art. 17a GG einschränkbaren Grundrechte aufgeführt. Die Mitgliedschaft in der NPD falle selbst nach dem Verfassungsschutzbericht der Beklagten unter diesen Begriff, denn danach vertrete die NPD die Weltanschauung des Nationalismus, der die Nation zum Mittelpunkt des Lebens und Handelns mache.
Glaubensfreiheit ist Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Religion und Weltanschauung werden dementsprechend von der Verfassung grundsätzlich gleichbehandelt und bedürfen keiner Abgrenzung. Beiden liegt eine Gesamtsicht der Welt zugrunde. Beiden geht es um die Stellung des Menschen in der Welt, seine Herkunft, sein Ziel und seine Beziehung zu höheren Mächten oder tieferen Seinsschichten (vgl. Urteil vom 19. Februar 1992 - BVerwG 6 C 5.91 - BVerwGE 89, 368, 370 f.). Eine politische Überzeugung fällt nicht unter diesen Begriff von Weltanschauung, selbst wenn sie Sichtweisen von Politik und Gesellschaft sehr umfassend erklärt.
ff) Schließlich sieht die Revision den Kläger zu Unrecht in seinem Recht auf Meinungsfreiheit verletzt (Art. 5 Abs. 1 GG). Bei der Vorschrift des § 29 Abs. 1 Nr. 6 WPflG handelt es sich um ein "allgemeines Gesetz" i.S. von Art. 5 Abs. 2 GG, durch welches das Grundrecht in zulässiger Weise eingeschränkt wird (vgl. BVerfGE 39, 334, 366 f.).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 4 000 € festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F. i.V.m. § 72 GKG n.F.).
Ende der Entscheidung
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