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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 25.02.2004
Aktenzeichen: BVerwG 6 P 12.03
Rechtsgebiete: BPersVG, SchwbG, SGB IX
Vorschriften:
BPersVG § 8 | |
BPersVG § 44 | |
BPersVG § 47 | |
SchwbG § 26 | |
SGB IX § 96 |
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS
BVerwG 6 P 12.03
In der Personalvertretungssache
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 25. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hahn, Büge, Dr. Graulich und Vormeier
beschlossen:
Tenor:
Der Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts - Fachsenat für Personalvertretungssachen Bund - vom 16. Januar 2003 sowie der Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 27. Oktober 2000 werden aufgehoben.
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf einen Betrag bis zu 600 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller ist schwer behindert; seit 1. Juli 1991 ist er als Arbeitsberater in der Reha/SB-Stelle des Arbeitsamtes D. (Vergütungsgruppe IV a MTA-O) beschäftigt. Am 8. November 1994 wurde er zum Vertrauensmann der Schwerbehinderten des Arbeitsamtes D. gewählt.
Mit Schreiben vom 7. August 1996 bat der Präsident des Landesarbeitsamtes Sachsen den Bezirkspersonalrat, einer außerordentlichen Änderungskündigung, gerichtet auf Rückgruppierung des Antragstellers und Übertragung einer entsprechend niedriger bewerteten Tätigkeit, zuzustimmen. Der Kündigungsabsicht lagen Mitteilungen des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR zugrunde. Nach Anhörung des Personalrates beim Arbeitsamt D. verweigerte der Bezirkspersonalrat beim Landesarbeitsamt Sachsen die Zustimmung zur außerordentlichen Änderungskündigung. Den Antrag des Beteiligten, die Zustimmung des Personalrats beim Arbeitsamt D. zur außerordentlichen Änderungskündigung des Antragstellers zu ersetzen, lehnte das Verwaltungsgericht durch rechtskräftigen Beschluss vom 27. November 1998 - PB 8 K 2703/96 - ab.
Mit Beschluss vom 27. Oktober 2000 - PB 8 K 2416/99 - hat das Verwaltungsgericht auf Antrag des Antragstellers festgestellt, dass die dem Antragsteller im Verfahren PB 8 K 2703/96 entstandenen Rechtsanwaltskosten erstattungspflichtig sind. Die Beschwerde des Beteiligten hat das Oberverwaltungsgericht durch den angefochtenen Beschluss aus folgenden Gründen zurückgewiesen: Wenn das Personalratsmitglied im Zustimmungsersetzungsverfahren weitgehend auf sich gestellt und ohne Unterstützung des hierzu an sich berufenen Personalrats mit anwaltlicher Hilfe in sachdienlichem Vortrag und mit entsprechenden Anträgen die Rechtswidrigkeit der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung geltend mache und damit zugleich die vom Personalrat beschlossene Zustimmungsverweigerung verteidige, seien die hierdurch entstehenden Rechtsanwaltskosten nach § 44 Abs. 1 BPersVG erstattungsfähig. In einem derartigen Fall übernehme das Personalratsmitglied - zusätzlich - gleichsam "die Tätigkeit des Personalrats" nach Art einer Geschäftsführung ohne Auftrag, die in aller Regel auch dem Interesse des Personalrats und dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen entsprechen werde. Die Kostenerstattung entspreche insbesondere dann der Billigkeit, wenn das Verwaltungsgericht den Antrag des Dienststellenleiters, die Zustimmung des Personalrats zur außerordentlichen Kündigung zu ersetzen, abgelehnt habe und somit der Dienststellenleiter unterlegen sei. Im vorliegenden Fall sei der Antragsteller weitgehend auf sich gestellt gewesen und habe aus seiner Verfahrensstellung des kraft Gesetzes Beteiligten heraus die Aufgaben des hierzu an sich berufenen Personalrats mit Hilfe der von ihm beauftragten Rechtsanwälte gleichsam mit erledigt. Auf Seiten der Personalvertretung sei praktisch keine relevante Prozessführung betrieben worden, so dass der eigentliche "Gegner" des Dienststellenleiters im Zustimmungsersetzungsverfahren nicht aufgetreten sei.
Der Beteiligte trägt zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde vor: Das betroffene Personalratsmitglied werde im Zustimmungsersetzungsverfahren zwar wegen seiner Zugehörigkeit zum Personalrat, aber gerade nicht zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben im Personalrat beteiligt. Nicht die Beteiligung des betroffenen Personalratsmitgliedes, sondern die des Personalrats als Kollegialorgan diene in dem Verfahren nach § 47 Abs. 1 BPersVG der Wahrnehmung des kollektiven Interesses der Belegschaft an der Kontinuität der Amtsführung des Personalrats. Dass das Personalratsmitglied durch sein Vorbringen gegen die beabsichtigte Kündigung gleichzeitig teilweise die Interessen des Personalrats unterstütze, sei aufgrund seiner Doppelstellung als Arbeitnehmer und Personalratsmitglied unvermeidlich. Dies führe aber nicht dazu, dass sein Beitrag im Zustimmungsersetzungsverfahren als Personalratstätigkeit zu qualifizieren sei. Die Beteiligung des Personalratsmitgliedes sei vom Gesetzgeber allein aufgrund des besonders ausgestalteten Kündigungsschutzes des individuellen Arbeitsverhältnisses angeordnet worden, da bereits im Zustimmungsersetzungsverfahren geprüft werde, ob ein wichtiger Grund zur Rechtfertigung der außerordentlichen Kündigung vorliege. § 44 Abs. 1 BPersVG regele die Erstattungspflicht der Dienststelle gegenüber dem Personalrat abschließend, so dass sowohl eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag als auch die Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 162 Abs. 3 VwGO ausgeschlossen sei. Dass im Falle des Antragstellers die Erstattungspflicht durch die Dienststelle zu verneinen sei, bedeute keine Benachteiligung gegenüber einem Arbeitnehmer ohne personalvertretungsrechtliche Funktionen.
Der Beteiligte beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss.
Der Vertreter des Bundesinteresses schließt sich der Auffassung des Beteiligten an.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde des Beteiligten ist begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf der unrichtigen Anwendung personalvertretungsrechtlicher Rechtsnormen (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 ArbGG). Er ist daher - ebenso wie der durch ihn bestätigte erstinstanzliche Beschluss - aufzuheben; da der Sachverhalt geklärt ist, entscheidet der Senat in der Sache selbst (§ 96 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Antragsablehnung. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Erstattung seiner im Zustimmungsersetzungsverfahren entstandenen Anwaltskosten durch den Beteiligten.
1. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG. Danach trägt die Dienststelle, die durch die Tätigkeit des Personalrats entstehenden Kosten. Darunter fallen alle Kosten, die auf die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Aufgaben der Personalvertretung zurückzuführen sind.
a) Wie das Bundesverwaltungsgericht wiederholt entschieden hat, ist in einem gerichtlichen Verfahren aus Anlass der Durchsetzung, Klärung oder Wahrung der dem Personalrat zustehenden personalvertretungsrechtlichen Befugnisse und Rechte die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts grundsätzlich geboten und hat die Dienststelle daher ebenso grundsätzlich die entstandenen Kosten des Rechtsanwalts zu tragen, es sei denn, das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren werde mutwillig oder aus haltlosen Gründen in Gang gesetzt (vgl. BVerwGE 8, 202 <204>; BVerwGE 14, 282 <287>; Beschluss vom 27. März 1990 - BVerwG 6 PB 22.89 -; Beschluss vom 9. März 1992 - BVerwG 6 P 11.90 - BVerwGE 90, 76 = Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 26). Dies gilt zum Beispiel für die anwaltliche Vertretung in einem Verfahren, in welchem es um die Klärung von Mitbestimmungsrechten geht. Nicht anders verhält es sich im Verfahren nach § 47 Abs. 1 Satz 2 BPersVG, in welchem der Dienststellenleiter beim Verwaltungsgericht darum nachsucht, die vom Personalrat verweigerte Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines Personalratsmitgliedes zu ersetzen. Indem der Personalrat die Verweigerung seiner Zustimmung vor Gericht gegenüber dem Dienststellenleiter verteidigt, wahrt er einen wesentlichen der Regelung in § 47 Abs. 1 BPersVG zugrunde liegenden Schutzzweck, nämlich die Sicherung der Funktionsfähigkeit und Kontinuität der Personalratstätigkeit. Ist die Rechtsverteidigung des Personalrats nach Lage der Dinge nicht ausnahmsweise als haltlos oder mutwillig zu beurteilen, so werden im Allgemeinen keine Bedenken dagegen bestehen, die Kosten eines hinzugezogenen Rechtsanwalts als durch die Tätigkeit des Personalrats entstanden im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG zu bewerten.
b) Eine abweichende Beurteilung ist jedoch geboten, wenn das von der außerordentlichen Kündigung betroffene, gemäß § 47 Abs. 1 Satz 3 BPersVG im Zustimmungsersetzungsverfahren beteiligte Personalratsmitglied sich eines Rechtsanwalts bedient. Zwar zählen zu den von der Dienststelle gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG zu tragenden Kosten auch die notwendigen Aufwendungen eines einzelnen Personalratsmitgliedes, die es zur ordnungsgemäßen Erfüllung der ihm durch das Bundespersonalvertretungsgesetz übertragenen Aufgaben macht. Demgemäß sind die einem einzelnen Personalratsmitglied durch die Beteiligung an einem Beschlussverfahren entstehenden Rechtsanwaltskosten erstattungsfähig, wenn das Personalratsmitglied gerade in dieser Eigenschaft zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben in der Dienststelle tätig geworden ist. Diese Voraussetzungen liegen jedoch bei der Beteiligung des Personalratsmitgliedes im Beschlussverfahren nach § 47 Abs. 1, § 83 Abs. 1 BPersVG nicht vor. In diesem Verfahren nimmt das betroffene Personalratsmitglied keine kollektivrechtlichen Interessen, sondern lediglich seine persönlichen individualrechtlichen Interessen aus dem Arbeitsverhältnis wahr. Er wird in diesem Verfahren zwar wegen seiner Zugehörigkeit zum Personalrat, jedoch gerade nicht zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben im Personalrat beteiligt. Die in diesem Verfahren zu berücksichtigenden kollektiven Interessen sind schon durch den Personalrat vertreten, der als "Antragsgegner" des Dienststellenleiters ebenfalls am Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 47 Abs. 1 Satz 2 BPersVG beteiligt ist (vgl. zur außerordentlichen Kündigung von Betriebsratsmitgliedern im Verfahren nach § 103 Abs. 2 BetrVG: BAG, Beschluss vom 3. April 1979 - 6 ABR 63/76 - AP Nr. 16 zu § 40 BetrVG 1972; Beschluss vom 31. Januar 1990 - 1 ABR 39/89 - BAGE 65, 28, 30 f.; Beschluss vom 5. April 2000 - 7 ABR 6/99 - AP Nr. 33 zu § 78 a BetrVG 1972 Bl. 1714 R; vgl. ferner Lorenzen, in: Lorenzen/Etzel/ Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 44 Rn. 15; Grabendorff/Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 9. Aufl. 1999, § 44 Rn. 15; a.A. Fischer/Goeres, in: GKÖD Bd. V K § 44 Rn. 12).
Verweigert der Personalrat die gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 BPersVG erforderliche Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines seiner Mitglieder, so entscheidet das Verwaltungsgericht im anschließenden, auf Antrag des Dienststellenleiters eingeleiteten Verfahren auf Ersetzung der Zustimmung darüber, ob ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB oder der sonst in Betracht kommenden gesetzlichen oder tariflichen Bestimmungen vorliegt (vgl. zum Sonderkündigungstatbestand nach dem Einigungsvertrag: Beschluss vom 28. Januar 1998 - BVerwG 6 P 2.97 - BVerwGE 106, 153, 157; Beschluss vom 30. April 1998 - BVerwG 6 P 5.97 - Buchholz 251.51 § 40 MVPersVG Nr. 1 S. 4 f.; Beschluss vom 3. Mai 1999 - BVerwG 6 P 2.98 - Buchholz 250 § 108 BPersVG Nr. 3 S. 5). Damit wird der Kündigungsschutzprozess praktisch vorweggenommen. Ersetzt das Verwaltungsgericht die Zustimmung des Personalrats, so wird damit zugleich festgestellt, dass die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist (§ 47 Abs. 1 Satz 2 BPersVG). Diese Feststellung wirkt auch gegenüber dem von der Kündigung betroffenen Personalratsmitglied, weil es im Beschlussverfahren gemäß § 47 Abs. 1 Satz 3 BPersVG beteiligt war. Sie entfaltet präjudizielle Bindungen für den anschließenden Kündigungsschutzprozess, so dass der Arbeitnehmer die Berechtigung der außerordentlichen Kündigung dort nur noch unter Berufung auf neue Tatsachen in Frage stellen kann, die im Beschlussverfahren noch nicht berücksichtigt werden konnten (vgl. Beschluss vom 15. Oktober 2002 - BVerwG 6 PB 7.02 - Buchholz 250 § 108 BPersVG Nr. 5 S. 15 m.w.N.; BAG, Urteil vom 11. Mai 2000 - 2 AZR 276/99 - BAGE 94, 313, 319 ff.). Wird der Antrag des Dienststellenleiters, die Zustimmung des Personalrats zu ersetzen, dagegen unanfechtbar abgelehnt, so ist die außerordentliche Kündigung unzulässig mit der Folge, dass die Kündigungsabsicht nicht realisiert werden kann. In einem solchen Fall stellt sich die Lage für das betroffene Personalratsmitglied nicht anders dar als diejenige eines Arbeitnehmers ohne personalvertretungsrechtliche Funktionen, der im Kündigungsschutzprozess gegen den Arbeitgeber obsiegt hat. Dies alles zeigt, dass die Beteiligung des Personalratsmitgliedes im Beschlussverfahren nach § 47 Abs. 1, § 83 Abs. 1 BPersVG keine Personalratstätigkeit im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG ist.
c) Die vorstehenden Grundsätze gelten auch, wenn es wie im Fall des Antragstellers um die außerordentliche Kündigung eines Vertrauensmanns der Schwerbehinderten geht. Denn dieser besitzt den gleichen Kündigungsschutz wie ein Mitglied des Personalrats (bis 30. Juni 2001: § 26 Abs. 3 Satz 1 des Schwerbehindertengesetzes - SchwbG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1986, BGBl I S. 1421; ab 1. Juli 2001: § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Auf ihn ist daher ebenfalls § 47 Abs. 1 BPersVG anzuwenden (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 20. Juni 1989 - 15 S 896/89 - PersR 1990, 261; Etzel in: Lorenzen u.a., § 47 Rn. 10). Dies bedeutet, dass im Zustimmungsersetzungsverfahren der Personalrat die kollektiven Interessen der in der Dienststelle beschäftigten schwer behinderten Menschen vertritt, während es sich bei diesem Verfahren aus der Sicht des ebenfalls beteiligten Vertrauensmanns der Schwerbehinderten ebenso um einen vorweggenommenen Kündigungsschutzprozess handelt wie im Fall des von einer außerordentlichen Kündigung betroffenen Personalratsmitgliedes.
d) Eine abweichende Beurteilung ist nicht mit Blick auf Erwägungen geboten, die das Oberverwaltungsgericht aus den den bürgerlich-rechtlichen Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 BGB) zugrunde liegenden Rechtsgedanken hergeleitet hat. Für die Heranziehung dieser Grundsätze ist im Zusammenhang mit der Kostenerstattungspflicht der Dienststelle nach abgeschlossenem Verfahren gemäß § 47 Abs. 1 BPersVG jedenfalls in aller Regel kein Raum. Wie dargelegt ergibt sich aus dieser speziellen Bestimmung in Verbindung mit den dabei zu beachtenden prozessualen und materiellrechtlichen Grundsätzen eine eindeutige Abgrenzung der Interessenssphären des Personalrats einerseits und des von der außerordentlichen Kündigung betroffenen Personalratsmitgliedes andererseits. Damit verbleibt zumindest im Grundsatz kein Raum für eine Lückenfüllung anhand der Grundsätze über die Geschäftsführung ohne Auftrag. Ein atypischer Fall, in welchem ausnahmsweise eine abweichende Beurteilung in Betracht kommen könnte, liegt hier offensichtlich nicht vor.
aa) Ein solcher Ausnahmefall ist hier nicht etwa deswegen anzuerkennen, weil der im damaligen Zustimmungsersetzungsverfahren beteiligte Personalrat für die Erteilung der Zustimmung nicht zuständig gewesen wäre. Der Personalrat beim Arbeitsamt D. ist seinerzeit vielmehr zu Recht beteiligt worden, obschon das Landesarbeitsamt Sachsen für den Ausspruch der Kündigung zuständig war. Zuständiger Personalrat im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1 BPersVG ist nämlich derjenige Personalrat, dem der von der außerordentlichen Kündigung betroffene Arbeitnehmer angehört. Dies stellt eine Durchbrechung des aus § 82 Abs. 1 BPersVG ersichtlichen Grundsatzes dar, wonach immer eine Personalvertretung bei der für die Maßnahme zuständigen Dienststelle zu beteiligen ist. Diese Sonderregelung findet ihre innere Berechtigung darin, dass § 47 Abs. 1 BPersVG auch die ungestörte Amtsausübung des Personalrats sicherstellen will. Die Beteiligung desjenigen Personalrats, welchem der von der außerordentlichen Kündigung betroffene Arbeitnehmer angehört, erscheint deswegen besonders zielgenau, weil gerade von diesem Personalrat erwartet werden kann, dass er sich für die Abwehr der Kündigung und damit für den Verbleib des Arbeitnehmers in der Dienststelle mit besonderem Nachdruck einsetzen wird (vgl. zur inhaltsgleichen Regelung in § 108 Abs. 1 BPersVG: Beschluss vom 30. April 1998 a.a.O. S. 9; Beschluss vom 3. Mai 1999 a.a.O. S. 4). Für eine außerordentliche Änderungskündigung - wie sie im vorliegenden Fall beabsichtigt war - gelten bei gebotener typisierender Betrachtungsweise keine Besonderheiten; für sie ist § 47 Abs. 1 BPersVG deswegen anwendbar, weil sie - wenn auch nur bedingt - ebenfalls auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtet ist (vgl. Etzel a.a.O. § 47 Rn. 26). Daraus, dass § 26 Abs. 3 Satz 1 SchwbG bzw. § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX auf den Vertrauensmann der Schwerbehinderten den Sonderkündigungsschutz für Personalratsmitglieder nach § 47 Abs. 1 BPersVG für anwendbar erklären, folgt, dass es auch insoweit nicht auf die Dienststellenzuständigkeit ankommt, sondern darauf, bei welcher Dienststelle der Vertrauensmann der Schwerbehinderten sein Mandat wahrnimmt (vgl. Etzel a.a.O. Rn. 30).
bb) Für eine ausnahmsweise Kostentragungspflicht der Dienststelle nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG zu Gunsten des nach § 47 Abs. 1 Satz 3 BPersVG beteiligten Gremienmitglieds kann hier ferner nicht ins Gewicht fallen, dass im damaligen Zustimmungsersetzungsverfahren nur der Antragsteller, nicht aber der Personalrat anwaltlich vertreten war. Wie ausgeführt, werden im Beschlussverfahren nach § 47 Abs. 1 BPersVG die kollektivrechtlichen Interessen vom Personalrat und die individualrechtlichen Interessen vom betroffenen Personalratsmitglied wahrgenommen. Dies bedeutet, dass beide berechtigt sind, eigenständig und unabhängig von der Entschließung des jeweils anderen im Verfahren zu agieren. Es unterliegt damit der autonomen Entscheidungsfindung des Personalrats, auf welche Weise er die von ihm repräsentierten Interessen im gerichtlichen Verfahren wahrt, ob er sich etwa eines Anwalts oder eines Verbandsvertreters bedient, verneinendenfalls ob er sich mit umfangreichen Stellungnahmen am Verfahren beteiligt oder ob er sich etwa darauf beschränkt, auf seine im vorgerichtlichen Zustimmungsverfahren ergangene Äußerung Bezug zu nehmen. In jedem Falle verbleibt die kollektive Interessenvertretung in seinem Verantwortungsbereich, so dass auch ein eher geringfügiges Engagement nicht die Schlussfolgerung zu rechtfertigen vermag, das anwaltlich vertretene Personalratsmitglied habe die vom Personalrat wahrzunehmenden kollektiven Interessen gleichsam "mit besorgt". Schon aufgrund dieser generellen Überlegungen vermag der Senat den Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts nicht zu folgen.
cc) Entgegen der Annahme des Oberverwaltungsgerichts enthält § 162 Abs. 3 VwGO keinen Rechtsgedanken, der mit Blick auf die Beteiligtenrolle des betroffenen Personalratsmitgliedes nach § 47 Abs. 1 Satz 3 BPersVG im Kostenerstattungsverfahren nach § 44 Abs. 1 BPersVG Bedeutung erlangen kann. Die Regelung in § 162 Abs. 3 VwGO erlaubt es zwar, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen (§ 65 Abs. 1 und 2 VwGO) der unterliegenden Partei aufzuerlegen, wenn der Beigeladene den Fortgang des Verfahrens gefördert hat. Die Bestimmung ist jedoch eingebettet in das System des prozessualen Kostenrechts, welches primär von dem Grundsatz geprägt ist, dass der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens trägt (§ 154 Abs. 1 VwGO). Dieser Grundsatz ist jedoch der materiellen personalvertretungsrechtlichen Kostenerstattungsregelung in § 44 Abs. 1 BPersVG auch insoweit fremd, als es um die Kosten eines Rechtsanwalts geht, den der Personalrat für Zwecke des personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens hinzugezogen hat. Insofern kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Personalrat obsiegt hat, sondern darauf, ob er die Hinzuziehung zum Zwecke seiner gesetzlichen Aufgabenerfüllung für erforderlich halten durfte. Dies wird zum Beispiel - unabhängig vom Ausgang des Verfahrens - zu bejahen sein, wenn sich der im Beschwerdeverfahren unterlegene Personalrat zum Zwecke der Einlegung und Begründung der vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Rechtsbeschwerde eines Rechtsanwalts bedient (vgl. § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 94 Abs. 1 ArbGG).
2. Der streitige Kostenerstattungsanspruch folgt ferner nicht aus § 26 Abs. 2 SchwbG bzw. § 96 Abs. 2 SGB IX. Danach dürfen die Vertrauenspersonen der Schwerbehinderten wegen ihres Amtes nicht benachteiligt werden. Die genannten Regelungen des Schwerbehindertenrechts entsprechen derjenigen in § 8 BPersVG, wonach Personen mit personalvertretungsrechtlichen Aufgaben oder Befugnissen wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt werden dürfen. Diese Vorschrift verbietet nach ihrem Schutzzweck eine Benachteiligung des Amtsträgers nicht nur wegen eines konkreten Tätigwerdens in Ausübung seines Amtes, sondern auch wegen seiner Amtsstellung selbst. Eine hiernach unzulässige Benachteiligung eines Personalratsmitgliedes im Vergleich zu einem sonstigen, kein personalvertretungsrechtliches Amt bekleidenden Arbeitnehmer kann daher auch darin liegen, dass das Personalratsmitglied allein aufgrund seiner Amtsstellung endgültig mit Vermögensaufwendungen belastet wird, die im Falle eines sonstigen Arbeitnehmers in einer im Übrigen vergleichbaren Situation im Ergebnis nicht den Arbeitnehmer, sondern die Dienststelle treffen würden (vgl. zu § 78 BetrVG: BAG, Beschluss vom 31. Januar 1990 a.a.O. S. 31). Dieselben Grundsätze gelten im Verhältnis zwischen dem Vertrauensmann der Schwerbehinderten und einem Beschäftigten ohne Gremienfunktionen.
a) Im vorliegenden Fall sind dem Antragsteller die Kosten für die Rechtsverfolgung im ersten Rechtszug des Zustimmungsersetzungsverfahrens nicht allein aufgrund seiner Stellung als Vertrauensmann der Schwerbehinderten entstanden. Einem sonstigen Arbeitnehmer gegenüber hätte der öffentliche Arbeitgeber nach bloßer Anhörung des Personalrats gemäß § 79 Abs. 3 BPersVG eine Kündigung aussprechen können. Der Arbeitnehmer hätte dann eine Kündigungsschutzklage erheben können. Hätte er rechtskräftig obsiegt, so wären seine im ersten Rechtszug entstandenen Rechtsanwaltskosten wegen § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG vom Arbeitgeber nicht zu erstatten gewesen. Wie oben dargelegt, ist das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren, in welchem der Dienststellenleiter anstrebt, die verweigerte Zustimmung des Personalrats zur außerordentlichen Kündigung eines Personalratsmitgliedes oder des Vertrauensmanns der Schwerbehinderten zu ersetzen, aus der Sicht des nach § 47 Abs. 1 Satz 3 BPersVG beteiligten Arbeitnehmers ein vorweggenommener Kündigungsschutzprozess. Gelingt es diesem mit anwaltlicher Hilfe, den Zustimmungsersetzungsantrag bereits in erster Instanz endgültig abzuwehren, so befindet er sich in der gleichen Situation wie ein sonstiger Arbeitnehmer, dessen Kündigungsschutzklage das Arbeitsgericht rechtskräftig stattgegeben hat. Da in diesem Fall eine Kostenerstattung ausscheidet, bedeutet es keine über § 8 BPersVG bzw. § 26 Abs. 2 SchwbG oder § 96 Abs. 2 SGB IX ausgleichsbedürftige Benachteiligung, wenn das im erstinstanzlichen Zustimmungsersetzungsverfahren erfolgreiche Gremienmitglied seine Anwaltskosten im Ergebnis selbst trägt.
b) Eine abweichende Beurteilung ist schließlich nicht deswegen geboten, weil es für die gegenüber dem Antragsteller beabsichtigte außerordentliche Kündigung wegen dessen Eigenschaft als Schwerbehinderter außer der Zustimmung des Personalrats zusätzlich noch der Zustimmung der Hauptfürsorgestelle bedurft hätte (§§ 15, 21 SchwbG). Da die gegenüber dem Antragsteller beabsichtigte Kündigung aus Gründen erfolgen sollte, die nicht im Zusammenhang mit seiner Behinderung standen, wäre die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle aller Voraussicht nach erteilt worden (§ 21 Abs. 4 SchwbG; vgl. dazu Urteil vom 2. Juli 1992 - BVerwG 5 C 39.90 - BVerwGE 90, 275; Urteil vom 10. September 1992 - BVerwG 5 C 80.88 - Buchholz 436.61 § 18 SchwbG Nr. 6; Beschluss vom 18. September 1996 - BVerwG 5 B 109.96 - Buchholz 436.61 § 21 SchwbG Nr. 8). Rechtsbehelfe des Schwerbehinderten hätten keine aufschiebende Wirkung entfaltet (§ 18 Abs. 4, § 21 Abs. 1 SchwbG). Angesichts dessen wäre auch für einen vom Anwendungsbereich des § 47 Abs. 1 BPersVG nicht erfassten schwer behinderten Arbeitnehmer unter ansonsten vergleichbaren Umständen eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht mit der beschriebenen Kostenfolge aus § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG unvermeidlich gewesen.
3. Der Gegenstandswert ist auf einen Betrag bis zu 600 € festzusetzen (§ 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO). Es entspricht billigem Ermessen, die Höhe des streitigen Erstattungsbetrages gemäß Kostenfestsetzungsantrag vom 25. März 1999 zugrunde zu legen (vgl. Beschluss vom 26. Februar 2003 - BVerwG 6 P 9.02 - S. 17 des Beschlussabdrucks).
Ende der Entscheidung
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