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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 13.09.2002
Aktenzeichen: BVerwG 6 P 4.02
Rechtsgebiete: BPersVG


Vorschriften:

BPersVG § 82 Abs. 1
1. Der Bezirkspersonalrat ist zu beteiligen, wenn der Leiter der Mittelbehörde eine Maßnahme für seinen gesamten Geschäftsbereich trifft, also eine Angelegenheit regelt, welche die Beschäftigten der Mittelbehörde und der nachgeordneten Unterbehörden gleichermaßen betrifft.

2. Bei der Einstellung von Anwärtern für den gehobenen technischen Verwaltungsdienst handelt es sich um eine den gesamten Geschäftsbereich der Wasser- und Schifffahrtsdirektion betreffende Angelegenheit, bei der der dortige Bezirkspersonalrat mitzubestimmen hat.


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS

BVerwG 6 P 4.02

In der Personalvertretungssache

hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 13. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hahn, Dr. Gerhardt, Büge und Vormeier

beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts - Fachsenat für Personalvertretungssachen/Bund - vom 30. November 2001 sowie der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 23. Mai 2001 werden aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass der Antragsteller bei der Einstellung von Anwärtern des gehobenen technischen Verwaltungsdienstes bei der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord gemäß § 76 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG mitzubestimmen hat.

Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit Schreiben vom 29. September 2000 machte der Antragsteller geltend, dass das Mitbestimmungsrecht bei der Einstellung von Nachwuchskräften im Beamtenbereich nicht beim Beteiligten zu 2, sondern bei ihm liege, weil es sich um eine den gesamten Geschäftsbereich der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord betreffende Aufgabe handele. Dem trat der Beteiligte zu 1 mit Schreiben vom 17. Oktober 2000 entgegen. Das daraufhin im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren verfolgte Begehren des Antragstellers auf Feststellung, dass er bei der Einstellung von Anwärtern des gehobenen technischen Verwaltungsdienstes mitzubestimmen habe, hat das Verwaltungsgericht abgelehnt. Die Beschwerde des Antragstellers hat das Oberverwaltungsgericht aus folgenden Gründen zurückgewiesen: Die Voraussetzungen der nur ausnahmsweisen Zuständigkeit des Bezirkspersonalrats nach § 82 Abs. 1 BPersVG lägen nicht vor. Denn die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord sei befugt, beamtete Nachwuchskräfte einzustellen, um sie zunächst in dieser Dienststelle zu beschäftigen und später anderswohin abzuordnen. Die Personalvertretungskompetenz folge so der Zuständigkeit der Dienststellenleitung und der Dienststellenorganisation.

Der Antragsteller trägt zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde vor: Für die Abgrenzung der Zuständigkeiten von Hauspersonalrat und Stufenvertretung komme es darauf an, ob der Dienststellenleiter der Mittelbehörde mit der von ihm beabsichtigten und der Beteiligung der Personalvertretung unterworfenen Maßnahme eine Personalangelegenheit seiner Dienststelle regele oder aufgrund der Behördenorganisation und Zuständigkeitsverteilung die Angelegenheit einer nachgeordneten Behörde entscheide. Im letzteren Fall sei die Zuständigkeit der Stufenvertretung gegeben. Der Beteiligte zu 1 nehme die Einstellung von Nachwuchskräften für den Beamtenbereich in seiner Eigenschaft als Leiter einer übergeordneten Behörde vor und ergreife damit Maßnahmen, die über den Bereich der eigenen Dienststelle hinausgingen. Dem Bezirkspersonalrat komme es maßgeblich darauf an, bereits bei der Einstellung und der sich hieran anschließenden Beschäftigung und Einordnung in die Dienststellen des Geschäftsbereichs der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord beteiligt zu werden und nicht erst bei einer möglicherweise sich anschließenden Abordnung.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und festzustellen, dass er bei der Einstellung von Anwärtern des gehobenen technischen Verwaltungsdienstes bei der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord gemäß § 76 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG mitzubestimmen habe.

Der Beteiligte zu 1 beantragt,

die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und trägt ergänzend vor: Bei der Einstellung der Anwärter des gehobenen technischen Verwaltungsdienstes gehe es im Gegensatz zur Bedarfsermittlung ausschließlich um eine Angelegenheit der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord selbst. Die Einstellung sei ein Verwaltungsakt, der das Rechtsverhältnis des Adressaten zum Dienstherrn gestalte und ihn in die Dienststelle eingliedere. Die nachfolgende Ausbildung in den nachgeordneten Behörden werde damit nicht geregelt. Die Einstellung der Nachwuchskräfte erfolge nicht zentral für den gesamten Geschäftsbereich, sondern nur bei der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord als Einstellungsbehörde. Mit der Einstellung würden die Anwärter bei der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord als personalführende Stelle eingegliedert. Nur dort wirke sich die Einstellung unmittelbar aus, sodass es sich um eine Angelegenheit handele, die allein einen Belang der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord regele. Eine Einstellung "für einen Bereich" gebe es nicht und könne es denklogisch nicht geben.

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 ArbGG). Er ist daher - ebenso wie der durch ihn bestätigte erstinstanzliche Beschluss - aufzuheben; da der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist, entscheidet der Senat in der Sache selbst (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG i.V.m. § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur antragsgemäßen Feststellung. Denn der Antragsteller hat anstelle des Beteiligten zu 2 bei der Einstellung von Anwärtern des gehobenen technischen Verwaltungsdienstes bei der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord mitzubestimmen.

Dies folgt aus § 82 Abs. 1 BPersVG. Danach ist in Angelegenheiten, in denen die Dienststelle nicht zur Entscheidung befugt ist, anstelle des Personalrates die bei der zuständigen Dienststelle gebildete Stufenvertretung zu beteiligen.

1. Erste Voraussetzung für das Beteiligungsrecht der Stufenvertretung ist, dass die Dienststelle, bei der sie gebildet ist (vgl. § 53 Abs. 1 BPersVG), zur Regelung der beteiligungspflichtigen Angelegenheit zuständig ist. Dies ist hier der Fall. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord, bei der der antragstellende Bezirkspersonalrat gebildet ist, ist zuständig für die nach § 76 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG mitbestimmungspflichtige Einstellung der Anwärter des gehobenen technischen Verwaltungsdienstes.

Unter Einstellung im Sinne von § 76 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG ist die Ernennung unter Begründung eines Beamtenverhältnisses zu verstehen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 BBG i.V.m. § 3 BLV). Gemäß Art. 60 Abs. 1 GG ernennt der Bundespräsident die Bundesbeamten. Gemäß Art. 60 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 der Anordnung vom 14. Juli 1975, BGBl I S. 1915, zuletzt geändert durch Anordnung vom 11. November 1996, BGBl I S. 1772, hat er diese Befugnis hinsichtlich aller Bundesbeamten der Bundesbesoldungsordnung A auf die obersten Bundesbehörden übertragen und diese zugleich ermächtigt, diese Befugnis bis zur Besoldungsgruppe A 15 auf die unmittelbar nachgeordneten Behörden weiter zu übertragen. Von dieser Befugnis hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Gebrauch gemacht, indem es in Abschnitt A I a seiner Delegationsanordnung vom 6. Februar 2002, BGBl I S. 746, die Ausübung des Ernennungsrechts insoweit unter anderem auf die Wasser- und Schifffahrtsdirektionen für ihren Geschäftsbereich übertragen hat.

2. Mit der Zuständigkeit der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord steht fest, dass eine dort gebildete Personalvertretung zur Mitbestimmung bei der Einstellung von Anwärtern für den gehobenen Dienst berufen ist. Als Behörde der Mittelstufe im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 2 BPersVG verfügt die Wasser- und Schifffahrtsdirektion neben dem Bezirkspersonalrat noch über einen eigenen örtlichen Personalrat ("Hauspersonalrat"). Die Abgrenzung der Beteiligungsbefugnisse beider Personalvertretungen ergibt sich aus § 82 Abs. 1 BPersVG.

a) Wie sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift eindeutig ergibt, ist die Zuständigkeit des Bezirkspersonalrats dann gegeben, wenn der Leiter der Mittelbehörde über die Angelegenheit einer nachgeordneten Dienststelle entscheidet (vgl. Beschluss vom 19. Dezember 1975 - BVerwG 7 P 15.74 - BVerwGE 50, 80, 83; Beschluss vom 18. Oktober 1978 - BVerwG 6 P 7.78 - BVerwGE 56, 330, 336; Beschluss vom 7. Februar 1980 - BVerwG 6 P 87.78 - Buchholz 238.37 § 78 PersVG NW Nr. 1 S. 6). Trifft der Beteiligte zu 1 daher eine Maßnahme, welche die Beschäftigten der der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord nachgeordneten Dienststellen (sieben Wasser- und Schifffahrtsämter sowie das Neubauamt Nord-Ostsee-Kanal) betrifft, so ist der Antragsteller als Bezirkspersonalrat zu beteiligen.

b) Nicht aus dem Wortlaut der Regelung in § 82 Abs. 1 BPersVG, aber aus der Gesetzessystematik sowie aus dem Sinn und Zweck der Bestimmung folgt, dass die Zuständigkeit des Bezirkspersonalrats auch dann gegeben ist, wenn der Leiter der Mittelbehörde eine Maßnahme für seinen gesamten Geschäftsbereich trifft, also eine Angelegenheit regelt, welche die Beschäftigten der Mittelbehörde und die der nachgeordneten Unterbehörden gleichermaßen betrifft (vgl. Beschluss vom 14. September 1977 - BVerwG 7 P 45.77 - Buchholz 238.3 A § 53 BPersVG Nr. 1 S. 3; Beschluss vom 18. Oktober 1978 a.a.O. S. 335; Beschluss vom 8. Oktober 1980 - BVerwG 6 P 16.79 - BVerwGE 61, 51, 58). Diese Erweiterung der Zuständigkeit des Bezirkspersonalrats ist mit Blick auf den in § 53 Abs. 2 BPersVG normierten Legitimationszusammenhang geboten. Nach dieser Vorschrift werden die Mitglieder des Bezirkspersonalrats von den zum Geschäftsbereich der Behörde der Mittelstufe gehörenden Beschäftigten gewählt. Zu diesem Personenkreis zählen neben den Beschäftigten der nachgeordneten Dienststellen auch die Beschäftigten der Mittelbehörde selbst (vgl. Beschluss vom 18. Oktober 1978 a.a.O. S. 334). Daraus folgt, dass die Beteiligungsbefugnis des Bezirkspersonalrats sich auch auf Maßnahmen erstrecken muss, welche die Beschäftigten der Mittelbehörde betreffen. Denn anderenfalls ergäbe das Wahlrecht ihrer Beschäftigten zum Bezirkspersonalrat keinen Sinn. Es muss sich dabei um diejenigen Angelegenheiten handeln, welche die Beschäftigten der Mittelbehörden und der ihr nachgeordneten Unterbehörden gleichermaßen betreffen. Denn in solchen Angelegenheiten, die ausschließlich die Beschäftigten der Mittelbehörden betreffen, ist der dort gebildete Hauspersonalrat zu beteiligen.

c) Bei der Einstellung von Anwärtern für den gehobenen Dienst handelt es sich um eine Angelegenheit, die den gesamten Geschäftsbereich der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord betrifft. Denn sie wirkt sich gleichermaßen auch auf die nachgeordneten Dienststellen (Wasser- und Schifffahrtsämter, Neubauamt) aus.

Als Maßnahmen, die den gesamten Geschäftsbereich der Mittelbehörde betreffen und deswegen der Mitbestimmung des Bezirkspersonalrats unterliegen, kommen vor allem kollektive Regelungen im sozialen und organisatorischen Bereich in Betracht. Trifft der Leiter der Mittelbehörde zum Beispiel eine Arbeitszeitregelung, welche sowohl für die Beschäftigten seiner eigenen Dienststelle als auch für die Beschäftigten der nachgeordneten Dienststellen gelten soll, so wird das Mitbestimmungsrecht gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG durch den Bezirkspersonalrat ausgeübt.

Bei personellen Maßnahmen nach § 75 Abs. 1 und § 76 Abs. 1 BPersVG werden häufig nur einzelne Dienststellen betroffen sein. Sind solche Maßnahmen mit einem Dienststellenwechsel oder mit einer Auswahl unter mehreren Bewerbern verbunden, können die Interessen der Beschäftigten mehrerer oder gar aller Dienststellen des Geschäftsbereichs berührt sein. Einer generellen Vertiefung dieser Problematik bedarf es hier nicht. Denn die Einstellung von Anwärtern für den gehobenen Dienst in den hier in Rede stehenden Fällen stellt eine Sondersituation dar, für welche die Betroffenheit des gesamten Geschäftsbereichs der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord nicht in Abrede gestellt werden kann.

aa) Bei dem hier einzustellenden Personenkreis handelt es sich um Bewerber mit Fachhochschulabschluss, die im Beamtenverhältnis auf Widerruf einen 18-monatigen Vorbereitungsdienst leisten, welcher eine praxisbezogene Ausbildung bei verschiedenen Dienststellen und in Lehrgängen bietet. Da die Bewerber über die fachtheoretische Qualifikation für die Laufbahn des gehobenen Dienstes (vgl. § 18 Abs. 2 BBG i.V.m. § 25 Abs. 2 BLV) bereits verfügen, beschränkt sich in ihrem Fall der - verkürzte - Vorbereitungsdienst auf eine praktische Ausbildung in Schwerpunktbereichen der Laufbahnaufgaben (§ 18 Abs. 3 BBG i.V.m. § 25 Abs. 5 BLV). Nach ihrer Ernennung durch den Beteiligten zu 1 und einem einwöchigen Einführungsseminar bei seiner Dienststelle werden die Anwärter an nachgeordnete Ämter zur weiteren Ausbildung abgeordnet. Die nachgeordneten Dienststellen sind daher schon insofern betroffen, als sich der ganz überwiegende Teil der Ausbildung bei ihnen vollzieht.

bb) Betroffen sind sie aber auch, soweit es um den Zweck der Ausbildung geht. Dieser erschöpft sich nicht darin, den Anwärtern die Gelegenheit zum Erwerb einer beruflichen Qualifikation zu geben. Er ist vielmehr auch darauf gerichtet, die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes im Allgemeinen und die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord im Besonderen mit qualifiziertem Nachwuchs für das Personal im gehobenen technischen Dienst zu versorgen. Diesen bereits in den genannten laufbahnrechtlichen Vorschriften angelegten Zweck der praktischen Ausbildung (§ 18 Abs. 3 BBG i.V.m. § 25 Abs. 5 BLV) hat der Beteiligte zu 1 im Schreiben vom 26. Oktober 2000 verdeutlicht, welches der Antragsteller im Beschwerdeverfahren als Anlage XV eingereicht hat. Danach ist - wenn auch unter dem Vorbehalt freier und besetzbarer Dienstposten - vorgesehen, dass der Anwärter nach Bestehen der Laufbahnprüfung unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Probe zum Bauoberinspektor z.A. ernannt wird. In diesem Fall kommt eine Beschäftigung sowohl bei der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord als auch bei einem dieser nachgeordneten Amt in Betracht. Soweit nach Abschluss des Vorbereitungsdienstes eine Versetzung in den Bereich einer anderen Wasser- und Schifffahrtsdirektion stattfindet, zeigt dies nur, dass die Ausbildung generell dazu beiträgt, die gesamte Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes mit qualifiziertem Nachwuchs zu versorgen. Ein Argument für die ausschließliche Betroffenheit der Direktionsebene ist dies offensichtlich nicht.

cc) Die Betroffenheit der nachgeordneten Dienststellen in Bezug auf Ausbildungspraxis und Ausbildungsziel wird durch den Zweck der Mitbestimmung nach § 76 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG bestätigt. Dieser bestimmt sich nach Maßgabe der Gründe, aus denen der Personalrat gemäß § 77 Abs. 2 BPersVG seine Zustimmung zur beabsichtigten Einstellung verweigern kann.

(1) Nach § 77 Abs. 2 Nr. 3 BPersVG kann der Personalrat die Zustimmung verweigern, wenn die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der Bewerber den Frieden in der Dienststelle durch unsoziales oder gesetzwidriges Verhalten stören werde. Da die Bewerber den Vorbereitungsdienst überwiegend bei einem der nachgeordneten Wasser- und Schifffahrtsämter bzw. beim Neubauamt ableisten, kann diese Frage nicht ausschließlich mit Blick auf die Dienststelle "Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord" beantwortet werden.

(2) Gleiches gilt in Bezug auf § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG. Danach kann der Personalrat seine Zustimmung zur beabsichtigten Einstellung wegen Gesetzeswidrigkeit verweigern. Gesetzeswidrig ist eine Einstellung insbesondere dann, wenn sie dem Prinzip der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG) widerspricht. Dieses Prinzip dient nicht nur den Belangen der Dienststelle, sondern auch den Belangen ihrer Beschäftigten. Denn diese haben ein eigenes Interesse daran, dass ihre künftigen Kollegen den Aufgaben gewachsen sind. Da die Bewerber sowohl während ihres Vorbereitungsdienstes als auch nach dessen Abschluss auch bei den nachgeordneten Dienststellen tätig werden sollen, müssen die Interessen der dort Beschäftigten schon bei der Anwärterauswahl Berücksichtigung finden. Dies kann nur durch den Bezirkspersonalrat geschehen, der auch diese Beschäftigten repräsentiert.

Dagegen kann nicht eingewandt werden, dass das Mitbestimmungsrecht des Bezirkspersonalrats unter Umständen bei der der Einstellung nachfolgenden Abordnung an ein nachgeordnetes Amt zum Zuge kommen könne (§ 76 Abs. 1 Nr. 5 BPersVG). Denn bei der Abordnung kann von der Personalvertretung nicht mehr geprüft werden, ob die bei der Einstellung vorgenommene Auswahlentscheidung dem Prinzip der Bestenauslese entsprochen hat. Soll die Einstellung eines Bewerbers zu Gunsten von Mitbewerbern abgelehnt werden, so kann eine etwaige Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung von Seiten der Personalvertretung nur im Mitbestimmungsverfahren um die Einstellung, nicht aber zu einem späteren Zeitpunkt korrigiert werden.

dd) Der vom Beteiligten zu 1 betonte Eingliederungsgedanke kommt hier nicht zum Zuge. Für Ausbildungen der hier in Rede stehenden Art ist typisch, dass der Anwärter während ihrer Dauer verschiedenen Dienststellen ("Stationen") zur Ausbildung zugewiesen wird. Wegen der jeweils nur kurz bemessenen Dauer der einzelnen Ausbildungsabschnitte ist fraglich, ob eine Integration in die jeweilige Ausbildungsdienststelle stattfindet. Gerade deswegen bestimmt § 13 Abs. 3 BPersVG, dass Beamte im Vorbereitungsdienst und Beschäftigte in entsprechender Berufsausbildung nur bei ihrer Stammbehörde wahlberechtigt sind (vgl. dazu Schlatmann, in: Lorenzen/Schmitt/Etzel/Gerhold/ Schlatmann/Rehak, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 13 Rn. 50).

Diese Regelung ist andererseits kein Hinweis darauf, dass die Einstellung der Anwärter nur die Stammbehörde betrifft. Sie enthält lediglich eine - von materiellen Gesichtspunkten wie Integration oder Betroffenheit losgelöste - Festlegung, die der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit bei der Wahl zu den Personalvertretungen dient. Unter Legitimationsgesichtspunkten ist sie im vorliegenden Zusammenhang neutral: § 13 Abs. 3 BPersVG verschafft dem Anwärter mit dem Wahlrecht zum Personalrat der Mittelbehörde zugleich das Wahlrecht zum Bezirkspersonalrat (§ 53 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 BPersVG).

ee) Dass der Beteiligte zu 1 in allen Personalangelegenheiten der Anwärter entscheidet, spricht nicht gegen die Zuständigkeit des Antragstellers. Die Verschiedenheit von zuständiger und betroffener Dienststelle ist nach § 82 Abs. 1 BPersVG gerade die Voraussetzung für die Beteiligungsbefugnis der Stufenvertretung.

ff) Der vom Beteiligten zu 1 angesprochene Senatsbeschluss vom 16. September 1994 - BVerwG 6 P 33.93 - (PersR 1995, 20) behandelt nicht die Beteiligungsbefugnis der Personalvertretungen bei Maßnahmen einer höheren Dienstbehörde, die ihren gesamten Geschäftsbereich betreffen. Vielmehr geht es dort um den Sonderfall der "vertikalen Versetzung" (von der nachgeordneten zur übergeordneten Dienststelle und umgekehrt). Für die Entscheidung des Senats, dass in derartigen Fällen sowohl der Hauspersonalrat bei der entscheidungsbefugten Dienststelle als auch die dort gebildete Stufenvertretung mitzubestimmen haben, war maßgeblich, dass die von der Versetzung betroffenen Interessen der abgebenden und der aufnehmenden Dienststelle verschiedenartig sind (vgl. Beschluss vom 16. September 1994 a.a.O. S. 22). Ein Widerspruch zum vorliegenden Beschluss ergibt sich daraus nicht. Der Beschluss vom 16. September 1994 lässt den Grundsatz des § 82 Abs. 1 BPersVG unberührt, wonach die Interessen der Beschäftigten der nachgeordneten Dienststelle gegenüber der entscheidungsbefugten vorgesetzten Dienststelle durch die dort gebildete Stufenvertretung wahrzunehmen sind.

3. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 8 Abs. 2 Satz 2, § 10 Abs. 1 BRAGO.

Ende der Entscheidung

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