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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 24.02.2006
Aktenzeichen: BVerwG 6 P 4.05
Rechtsgebiete: SächsPersVG


Vorschriften:

SächsPersVG § 73 Abs. 2
SächsPersVG § 76 Abs. 1
SächsPersVG § 77 Nr. 2
Die Zustimmung des Kultusministeriums zur Aufhebung einer Schule steht personalvertretungsrechtlich der Aufhebung einer Dienststelle gleich und bedarf der Mitwirkung des beim Kultusministerium gebildeten Lehrerhauptpersonalrates.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS

BVerwG 6 P 4.05

In der Personalvertretungssache

hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 24. Februar 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge, Dr. Graulich, Vormeier und Dr. Bier

beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts - Fachsenat für Personalvertretungssachen Land - vom 28. September 2004 wird aufgehoben.

Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 30. Juni 2000 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt die Feststellung seines Mitwirkungsrechts bei der Aufhebung einer Grundschule.

Im Februar 2000 unterrichtete der Beteiligte den Antragsteller von seiner Absicht, der Aufhebung der Grundschule K. in Z. zuzustimmen. Der Antragsteller rügte, eine von ihm geforderte "Übersicht der detaillierten Schulnetzplanung für die Planungsregion" sei ihm nicht vorgelegt worden; er müsse an einer Einzelmaßnahme mitwirken, ohne diese im Zusammenhang mit anderen Schulstandorten des Umfeldes beurteilen zu können. Mit Bescheid vom 4. April 2000 stimmte der Beteiligte der gleitenden Aufhebung der Grundschule zu, da für deren Fortführung kein öffentliches Bedürfnis bestehe. Aufgrund rückläufiger Schülerzahlen habe die Stadt Z. ihr Grundschulnetz dahin angepasst, dass die Zahl der Schulstandorte von vier auf zwei verringert werde.

Das Verwaltungsgericht hat antragsgemäß eine Verletzung des Mitwirkungsrechts des Antragstellers festgestellt: Die Zustimmung des Beteiligten zur Aufhebung der Grundschule sei eine mitwirkungsbedürftige Maßnahme, vor deren Erlass der Antragsteller über die regionale Schulplanung hätte unterrichtet werden müssen. Der dagegen eingelegten Beschwerde des Beteiligten hat das Oberverwaltungsgericht stattgegeben, da dem Antragsteller das von ihm in Anspruch genommene Mitwirkungsrecht nicht zustehe. Zwar wirke der Personalrat bei der Auflösung von Dienststellen mit, zu denen auch Schulen zählten. Als mitwirkungsbedürftig kämen aber nur solche Entscheidungen in Betracht, durch die ein Dienststellenleiter eine Angelegenheit in eigener Zuständigkeit mit verbindlicher Wirkung nach außen regele. Die Zustimmung des Beteiligten zur Aufhebung einer Schule sei keine Maßnahme in diesem Sinne. Ihr komme weder gegenüber den betroffenen Schülern und Eltern noch gegenüber dem Schulträger eine rechtliche Außenwirkung zu. Die Interessen der Lehrkräfte flössen in die Willensbildung des Beteiligten nicht ein, zumal er keinen gestaltenden Einfluss auf die die Schulauflösung herbeiführende Entscheidung des Schulträgers nehmen könne. Deshalb sei auf dieser Stufe auch kein Raum für eine Mitwirkung des Personalrates.

Zur Begründung der Rechtsbeschwerde macht der Antragsteller geltend, bei der Aufhebung einer Schule habe der kommunale Schulträger mit dem Beteiligten zusammenzuwirken. Das Zustimmungserfordernis der obersten Schulaufsichtsbehörde sei Ausdruck des Umstandes, dass das Lehrpersonal der öffentlichen Schulen vom Freistaat Sachsen gestellt werde. Die Mitwirkung des Lehrerhauptpersonalrates bei der Zustimmung zu einer Schulschließung solle sicherstellen, dass die Auswirkungen auf das Personal Berücksichtigung fänden.

Der Antragsgegner und die Vertreterin des Bundesinteresses verteidigen den angefochtenen Beschluss.

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 88 Abs. 2 SächsPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) und ist daher aufzuheben. Da der Sachverhalt geklärt ist, entscheidet der Senat in der Sache selbst (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, § 562 Abs. 1 und § 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Wiederherstellung der dem Antrag stattgebenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

Der im ersten Rechtszug gestellte und im Rechtsbeschwerdeverfahren weiterverfolgte Feststellungsantrag ist zulässig und begründet, denn der Antragsteller hat bei der Zustimmung des Beteiligten zur Aufhebung einer Grundschule mitzuwirken (1), und dieses Mitwirkungsrecht wird unter den hier vorliegenden Umständen wegen unzureichender Unterrichtung des Antragstellers verletzt (2).

1. Der Personalrat wirkt gemäß § 77 Nr. 2 SächsPersVG mit bei der Auflösung von Dienststellen. Schulen sind Dienststellen in diesem Sinne, wie sich aus § 6 Abs. 1 SächsPersVG ergibt. Dennoch verneint der Beteiligte das Mitwirkungsrecht des Antragstellers mit der Erwägung, der Tatbestand des § 77 Nr. 2 SächsPersVG erfordere eine Maßnahme des Dienststellenleiters, durch die dieser in eigener Zuständigkeit mit verbindlicher Wirkung nach außen die Änderung des bestehenden Zustandes bewirke. Die umstrittene Zustimmung des Kultusministeriums sei keine solche Maßnahme, da die Verantwortung für Schulstandortentscheidungen im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung in erster Linie bei den Schulträgern liege. Das Ministerium könne die Auflösung einer Schule, für die kein öffentliches Bedürfnis mehr bestehe, nicht mit Rücksicht auf die betroffenen Lehrkräfte verhindern; deshalb laufe die geforderte Mitwirkung des Personalrates ins Leere. Dem ist weder unter dem Gesichtspunkt des Schulorganisationsrechts noch des Personalvertretungsrechts zu folgen.

a) Die Schulträger sind nach § 21 Abs. 2 des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen - SchulG - in der Fassung vom 16. Juli 2004 (GVBl S. 298) berechtigt und verpflichtet, öffentliche Schulen einzurichten und fortzuführen, wenn ein öffentliches Bedürfnis hierfür besteht. Bei der Aufhebung einer Grundschule wirken die Gemeinde als Schulträger und der Freistaat Sachsen nach den Vorschriften dieses Gesetzes zusammen (§ 21 Abs. 3, § 22 Abs. 1 Satz 1 SchulG). Der Beschluss eines Schulträgers über die Aufhebung einer öffentlichen Schule bedarf der Zustimmung des Beteiligten als der obersten Schulaufsichtsbehörde (§ 24 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 59 Abs. 1 Nr. 1 SchulG). Stellt diese fest, dass das öffentliche Bedürfnis für die Fortführung einer Schule nicht mehr besteht, kann sie auch von sich aus die staatliche Mitwirkung an der Unterhaltung der Schule nach Anhörung des Schulträgers widerrufen (§ 24 Abs. 3 Satz 2 SchulG).

In diesen gesetzlichen Vorschriften kommt das Spannungsverhältnis zwischen staatlicher Schulhoheit (Art. 7 Abs. 1 GG, Art. 103 Abs. 1 SächsVerf) und kommunaler Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 84 Abs. 1 Satz 1 SächsVerf) zum Ausdruck. Allerdings stehen diese Verfassungsprinzipien gerade mit Blick auf die staatliche Schulaufsicht nicht gleichrangig nebeneinander. Denn Beschränkungen der kommunalen Selbstverwaltung sind mit Art. 28 Abs. 2 GG regelmäßig vereinbar, soweit sie deren Kernbereich unangetastet lassen; bei der Bestimmung des Kernbereichs ist der geschichtlichen Entwicklung in ihren verschiedenen Erscheinungsformen Rechnung zu tragen (BVerfG; Beschlüsse vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619/83 - BVerfGE 79, 127 <143> und vom 7. Februar 1991 - 2 BvL 24/84 - BVerfGE 83, 363 <381>). Die Beurteilung, ob der Bestand einer öffentlichen Schule nach überörtlich festgelegten Kriterien dem Interesse der Allgemeinheit entspricht, berührt nicht den Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung.

Zur staatlichen Schulaufsicht im Sinne des Art. 7 Abs. 1 GG gehört nach der historischen Entwicklung jedenfalls die Befugnis des Staates zur zentralen Ordnung und Organisation des Schulwesens mit dem Ziel, allen jungen Menschen ihren Fähigkeiten entsprechende Bildungsmöglichkeiten zu eröffnen. Dem Staat steht deshalb die Schulplanung einschließlich der Möglichkeit der Einwirkung auf Errichtung, Änderung und Aufhebung der einzelnen öffentlichen Schule zu (BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1969 - 2 BvR 446/64 - BVerfGE 26, 228 <238>; Urteil vom 9. Februar 1982 - 1 BvR 845/79 - BVerfGE 59, 360 <377>). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss insoweit das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden gegenüber der staatlichen Schulaufsicht regelmäßig zurücktreten (Beschlüsse vom 15. Februar 1978 - BVerwG 7 B 102.77 - Buchholz 415.1 AllgKommR Nr. 15 und vom 15. Dezember 1994 - BVerwG 6 NB 2.93 - Buchholz 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 116; s.a. Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Band 1 Schulrecht, 3. Aufl. 2000, Rn. 142 ff.). Vor diesem Hintergrund hat bei früherer Gelegenheit auch das Sächsische Oberverwaltungsgericht in Anwendung des § 24 SchulG betont, dass nicht dem Schulträger, sondern der obersten Schulaufsichtsbehörde die Feststellung des Bedürfnisses für eine öffentliche Schule und damit die Verantwortung für ihren Fortbestand oder ihre Aufhebung maßgeblich obliegt (Beschluss vom 22. März 2000 - 3 BS 823/99 - SächsVBl 2000, 192; in demselben Sinne bereits Beschluss vom 24. Oktober 1996 - 2 S 485/96 -; ferner Holfelder/Bosse/Benda/Runck, Sächsisches Schulgesetz, 4. Aufl. 1995, § 21 Anm. 4, § 58 Anm. 7).

b) Im Hinblick auf § 77 Nr. 2 SächsPersVG führen diese Überlegungen dazu, dass der Antragsteller als der beim Beteiligten gebildete Lehrerhauptpersonalrat an der Zustimmung zur Aufhebung einer Schule mitzuwirken hat. Zwar ist grundsätzlich die Personalvertretung bei derjenigen Dienststelle zu beteiligen, die die organisatorische Maßnahme formell anordnet. Entscheidungsbefugt in diesem Sinne ist regelmäßig die Dienststelle, die die betreffende Entscheidung mit Wirkung nach außen treffen darf (Beschluss vom 7. August 1996 - BVerwG 6 P 29.93 - Buchholz 250 § 78 BPersVG Nr. 16 <S. 4>; s.a. Vogelgesang/Bieler/Kleffner/Rehak, SächsPersVG, § 77 Rn. 24). Dies ist im Falle einer Schulschließung nicht der Beteiligte, sondern der Schulträger; denn ein Gemeinderatsbeschluss über die Schließung einer Schule wird nach Zustimmung der obersten Schulaufsichtsbehörde durch eine Allgemeinverfügung der kommunalen Behörde umgesetzt (OVG Bautzen, Beschluss vom 24. September 2001 - 2 BS 196/01 - SächsVBl 2002, 42 = DÖV 2002, 747). Doch sind die vorstehenden Grundsätze über die Bestimmung des zu beteiligenden Personalrates in einem anderen Zusammenhang entwickelt worden; sie lassen sich auf die hier vorliegende Fallgestaltung nicht übertragen.

Die Rechtsprechung des Senats, die die Beteiligung der Personalvertretung an die formelle Entscheidungsbefugnis der Dienststelle anknüpft, bezieht sich auf das in § 82 BPersVG bzw. § 87 SächsPersVG geregelte Verhältnis der Zuständigkeit des (örtlichen) Personalrates zu derjenigen der Stufenvertretungen und des Gesamtpersonalrates. Diese Vorschriften stellen eine Ausnahme von dem Grundsatz auf, dass in allen Angelegenheiten, die die Dienststelle betreffen, der bei ihr gebildete Personalrat zu beteiligen ist. Dieser Grundsatz soll nicht gelten, wenn die Entscheidungskompetenz für eine solche Angelegenheit nicht bei der betroffenen Dienststelle selbst, sondern bei einer übergeordneten Dienststelle liegt; für diesen Fall ordnet das Gesetz an, dass die Beteiligungsbefugnis der Personalvertretung der Entscheidungsbefugnis folgt. Damit ist das hier in Rede stehende Verhältnis zwischen einem kommunalen Schulträger und der staatlichen Schulaufsicht nicht zu vergleichen, welches durch folgende Besonderheit gekennzeichnet ist: Der Leiter der Dienststelle des kommunalen Schulträgers kann weder den dort gebildeten Personalrat beteiligen, weil dieser die von der Schulschließung betroffenen Lehrer nicht repräsentiert, noch ist es ihm gestattet, eine für die Lehrkräfte zuständige Personalvertretung an den Schulen oder den staatlichen Schulbehörden gemäß § 67 SächsPersVG zu beteiligen; die Anwendung von § 87 Abs. 5 SächsPersVG scheidet schon deswegen von vornherein aus, weil eine kommunale Selbstverwaltungskörperschaft einerseits und Schulen sowie staatliche Schulbehörden andererseits nicht demselben Geschäftsbereich angehören. Danach wäre bei einer Schulschließung jegliches Beteiligungsrecht der Personalvertretung der Lehrer ausgeschlossen, falls dem Antragsteller die Mitwirkung bei der Entscheidung des Beteiligten über die Zustimmungserteilung abgesprochen würde. Dies aber wäre mit dem Zweck der in § 77 Nr. 2 SächsPersVG getroffenen Mitwirkungsregelung, die schutzwürdigen Belange der durch eine solche Umorganisation betroffenen Beschäftigten zur Geltung zu bringen (vgl. Beschluss vom 30. September 1987 - BVerwG 6 P 19.85 - Buchholz 251.5 § 66 HePersVG Nr. 3), nicht zu vereinbaren. Der Normzweck gebietet vielmehr, bei der Aufhebung einer Schule der bei der Schulaufsichtsbehörde gebildeten Personalvertretung der Lehrer ein Beteiligungsrecht insoweit zuzubilligen, als diese Behörde der Maßnahme des Schulträgers zustimmen muss (zutreffend Vogelgesang/Bieler/ Kleffner/Rehak, a.a.O. Rn. 31 b; ebenso in diesem Sinne bereits VGH Kassel, Beschluss vom 23. September 1981 - HPV TL 31/80 - HessVGRspr 1982, 81 <82>). Denn der Mitwirkungsregelung liegt die dem Regelfall entsprechende Vorstellung zugrunde, dass die Organisationsentscheidung, auf die sie sich bezieht, innerhalb des Geschäftsbereichs getroffen wird, dem die von der Entscheidung betroffenen Beschäftigten angehören; verfügt dieser Geschäftsbereich jedoch aus besonderen Gründen, wie sie im Bereich der Schulorganisation vorliegen, nur über das Recht zur Mitentscheidung, so ist der für die Beschäftigten zuständige Personalrat nicht an der Entscheidung selbst, sondern - gewissermaßen ersatzweise - an der Entscheidung über die Erteilung der Zustimmung zu beteiligen.

Ohne Erfolg wendet der Beteiligte dagegen ein, das vom Antragsteller beanspruchte Mitwirkungsrecht ziele ins Leere, weil dem Kultusministerium wegen der eindeutigen normativen Vorgaben in § 21 Abs. 2 und 3, § 24 Abs. 1 und 3 SchulG kein gestaltender Einfluss auf die Auflösung einer Schule zukomme, für deren Fortführung das öffentliche Bedürfnis fehle. Zwar trifft es zu, dass für eine Abwägung der konkreten Umstände des Einzelfalls bei der Bedürfnisprüfung kein Raum ist, wenn die Weiterführung einer Schule den gesetzlichen Vorgaben nicht entspricht, weil die vorgeschriebene Mindestschülerzahl nicht erreicht wird (OVG Bautzen, Beschluss vom 19. August 2002 - 2 BS 330/02 - NVwZ-RR 2003, 36 <37>). Dieser Umstand rechtfertigt es für sich genommen aber nicht, die Personalvertretung von der Mitwirkung auszuschließen. Nur dann, wenn der an sich mitwirkungsbedürftige Organisationsakt - hier die Auflösung einer Dienststelle - unmittelbar durch Gesetz erfolgt, ist der Ausschluss der Beteiligung sachgerecht und mit dem Normzweck vereinbar. Dies folgt aus dem in § 80 Abs. 3, § 81 Abs. 3 SächsPersVG ausgedrückten Rechtsgedanken. Anders als die Mitbestimmung gemäß diesen Vorschriften steht die Mitwirkung nach § 77 Nr. 2 SächsPersVG zwar nicht ausdrücklich unter dem Vorbehalt einer gesetzlichen Regelung; doch ist diese Einschränkung entsprechend anzuwenden, falls die Angelegenheit normativ abschließend und erschöpfend geregelt ist (so mit Recht v. Roetteken/Rothländer, Hessisches Bedienstetenrecht, § 81 HePersVG Rn. 138). Eine solche, die Beteiligung des Personalrates ausschließende gesetzliche Regelung ist dadurch gekennzeichnet, dass es zu ihrem Vollzug keines Ausführungsaktes mehr bedarf. Ist dagegen aufgrund eines Gesetzes die Regelung des Einzelfalles dem Dienststellenleiter überlassen, unterliegt dessen Entscheidung - selbst bei normvollziehenden Maßnahmen ohne Ermessensspielraum - der Richtigkeitskontrolle des Personalrates (Beschluss vom 15. Dezember 1994 - BVerwG 6 P 19.92 - Buchholz 251.6 § 75 NdsPersVG Nr. 4; Beschluss vom 18. Mai 2004 - BVerwG 6 P 13.03 - BVerwGE 121, 38 <41> m.w.N.). Dies gilt auch für die Entscheidung über die Auflösung einer Dienststelle, für die das hier in Rede stehende Mitwirkungsrecht mit Blick auf die kollektiven Interessen des Personals geschaffen wurde, obwohl diese Entscheidung nicht nur bei Schulen, sondern auch bei sonstigen Dienststellen typischerweise davon abhängen wird, ob es für die Dienststelle ein objektives Bedürfnis (noch) gibt. Von der Frage, ob und inwieweit die Interessen der Beschäftigten in die Entscheidung über die Auflösung einfließen dürfen, hat der Gesetzgeber das Mitwirkungsrecht des Personalrates nicht abhängig gemacht; sie ist lediglich für die Gründe bedeutsam, die der Personalrat im Verfahren nach § 76 SächsPersVG der Auflösungsabsicht entgegenhalten kann.

Die Regelung in § 77 Nr. 2 SächsPersVG geht unausgesprochen davon aus, dass den dort genannten Organisationsmaßnahmen eine entsprechende Entscheidung der zuständigen - zumeist höherrangigen - Dienststelle zugrunde liegt. Für das Eingreifen des Beteiligungsrechts kann es keinen Unterschied machen, ob diese Entscheidung allein auf der Organisationsgewalt des Dienstherrn beruht oder ob - wie im vorliegenden Fall - zusätzlich noch ein spezielles Sachgesetz zum Zuge kommt. Dieses wird zwar den Inhalt des Mitwirkungsrechts steuern, also die Frage, ob und aus welchen Gründen der Personalrat im Verfahren nach § 76 SächsPersVG Einwendungen erheben kann. In seinem Bestand bleibt das Mitwirkungsrecht aber unberührt.

2. Ist nach alledem die Zustimmung des Beteiligten zur Aufhebung einer Schule mitwirkungsbedürftig nach § 77 Nr. 2 SächsPersVG, wird das Mitwirkungsrecht des Antragstellers verletzt, wenn ihm der Beteiligte - wie im vorliegenden Fall - lediglich Informationen über die Einzelmaßnahme, aber keine Unterlagen über die überörtliche Schulnetzplanung zur Verfügung stellt.

Gemäß § 76 Abs. 1 SächsPersVG ist die beabsichtigte Maßnahme vor ihrer Durchführung rechtzeitig und eingehend mit dem Personalrat zu erörtern. Vorbereitend dazu ist die Dienststelle nach § 73 Abs. 2 SächsPersVG verpflichtet, den Personalrat rechtzeitig und umfassend unter Vorlage der dafür erforderlichen Unterlagen zu unterrichten. Die in § 76 Abs. 2 SächsPersVG genannte Äußerungsfrist mit der von ihr umfassten Billigungsfiktion für den Fall, dass eine Äußerung nicht abgegeben wird, beginnt erst mit der vollständigen Unterrichtung des Personalrates zu laufen (Beschluss vom 27. Januar 1995 - BVerwG 6 P 22.92 - BVerwGE 97, 349 <351>). Dabei richten sich Art und Umfang der Unterrichtung nach der Erforderlichkeit vom Standpunkt einer "objektiven" Personalvertretung aus: Einen Anspruch auf Information hat sie insoweit, als sie die Auskünfte benötigt, um die ihr obliegenden Aufgaben erfüllen und ihre Beteiligungsrechte rechtzeitig und uneingeschränkt wahrnehmen zu können. Ihre Aufgaben erschöpfen sich nicht darin, den ihr zugestandenen rechtlichen oder tatsächlichen Einfluss in sachlich abgrenzbaren Zusammenhängen oder gar nur in Einzelfällen zur Geltung zu bringen. Vielmehr hat sie als Kollektivorgan der Beschäftigten dafür Sorge zu tragen, dass die gemeinsamen rechtlichen und sozialen Belange nach Recht und Billigkeit gewahrt werden. Über Einzelinformationen hinaus benötigt die Personalvertretung daher Kenntnisse über alle Fakten und Vorhaben, die diese Belange berühren, um Rechtsverstößen und Unbilligkeiten bereits im Vorfeld entgegenwirken zu können (Beschlüsse vom 22. Dezember 1993 - BVerwG 6 P 15.92 - Buchholz 250 § 68 BPersVG Nr. 14, vom 26. Januar 1994 - BVerwG 6 P 21.92 - BVerwGE 95, 73 <76 ff.>, vom 22. April 1998 - BVerwG 6 P 4.97 - Buchholz 251.91 § 73 SächsPersVG Nr. 1 und vom 23. Januar 2002 - BVerwG 6 P 5.01 - PersR 2002, 201, 202).

Nach diesem Maßstab ist der Antragsteller über die beabsichtigte Zustimmung zur Aufhebung einer Grundschule regelmäßig nicht umfassend unterrichtet, solange ihm lediglich die Schulträgergemeinde oder gar nur den einzelnen Schulstandort betreffende Informationen zur Verfügung stehen. Auch wenn der Beteiligte über keinen rechtlichen Gestaltungsspielraum verfügt, eine Schule gegen den Willen des Schulträgers trotz fehlenden öffentlichen Bedürfnisses aufrechtzuerhalten, hat der Antragsteller als der bei dem Kultusministerium mit landesweiter Zuständigkeit gebildete Lehrerhauptpersonalrat ein legitimes Interesse zu erfahren, ob das Kriterium des öffentlichen Bedürfnisses auch in anderen Fällen gleichmäßig gehandhabt und inwieweit in Vergleichsfällen auf die Unterschreitung der Mindestschülerzahl ebenfalls mit Schulschließungen oder etwa mit anderen Maßnahmen, wie zum Beispiel einer Veränderung von Schulbezirken, reagiert wird. Nur dann kann er seiner Aufgabe entsprechend dafür Sorge tragen, dass die gemeinsamen sozialen Belange aller von ihm vertretenen Lehrkräfte im Rahmen der schulrechtlichen Möglichkeiten gewahrt werden. Die Notwendigkeit einer überörtlichen Betrachtung hat im Übrigen der Beteiligte selbst zum Ausdruck gebracht, indem er in seinem Zustimmungsbescheid vom 4. April 2000 auf eine landesweit für alle Schulträger abgestimmte Schulnetzplanung abgehoben hat.

Diese überörtliche Betrachtungsweise kommt inzwischen auch im Schulgesetz zum Ausdruck: Gemäß § 23a SchulG in der auf den Streitfall noch nicht anwendbaren Fassung des Gesetzes vom 14. Dezember 2000 (GVBl S. 513) haben die Landkreise und kreisfreien Städte im Benehmen mit den Schulträgern Schulnetzpläne für ihr Gebiet aufzustellen und mit benachbarten Landkreisen und kreisfreien Städten abzustimmen (§ 23a Abs. 1 und 3 SchulG). Beschlüsse des Schulträgers und Entscheidungen des Ministeriums nach § 24 SchulG ergehen auf der Grundlage des Schulnetzplans (§ 23a Abs. 5 SchulG), der seinerseits der Genehmigung der obersten Schulaufsichtsbehörde bedarf (§ 23a Abs. 4 Satz 1 SchulG). Diese Gesetzesänderung wurde damit begründet, dass die aufgrund der demographischen Entwicklung auch künftig notwendige Aufhebung von Schulstandorten überörtlich koordiniert werden müsse, um ein regional ausgewogenes Bildungsangebot landesweit erhalten zu können und die bestmögliche personelle Ausstattung der Schulen im Rahmen der Bedarfs- und Finanzplanung des Freistaates Sachsen zu ermöglichen (LTDrucks 3/2401 vom 18. August 2000, S. 84).

Dies gibt einen zusätzlichen Hinweis darauf, dass Informationen allein über die örtliche Schulentwicklung in aller Regel nicht ausreichen, um dem Personalrat eine seinen Aufgaben entsprechende Mitwirkung bei der Schließung von Schulstandorten zu ermöglichen. Solange er in diesem Sinne nicht ausreichend unterrichtet ist und deshalb eine dem Zweck des § 76 Abs. 1 SächsPersVG entsprechende Erörterung mit ihm nicht stattfinden kann, wird sein Mitwirkungsrecht verletzt, wenn der Beteiligte gleichwohl der Aufhebung der Schule zustimmt.

Ende der Entscheidung

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