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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 26.11.2008
Aktenzeichen: BVerwG 6 P 7/08
Rechtsgebiete: BPersVG


Vorschriften:

BPersVG § 6
BPersVG § 82
BPersVG § 86
1. Gewerkschaften sind nicht befugt, die Wahl eines Personalrats im Geschäftsbereich des Bundesnachrichtendienstes anzufechten.

2. Arbeitnehmer mit Dienstort am Sitz der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes sind auch dann für den Personalrat der Zentrale wahlberechtigt, wenn ihr vorgesetzter Referatsleiter außerhalb der Zentrale beschäftigt ist.


In der Personalvertretungssache

...

hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts

auf die Anhörung vom 26. November 2008

durch

den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer und

die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge, Vormeier, Dr. Bier und Dr. Möller

beschlossen:

Tenor:

Die Anträge des Antragstellers zu 1 werden als unzulässig verworfen.

Auf den Wahlanfechtungsantrag der Antragsteller zu 2 bis 9 wird die Wahl zum Personalrat der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes vom 22. April 2008 in der Gruppe der Arbeitnehmer für ungültig erklärt.

Gründe:

Die Antragsteller zu 2 bis 9 sind Mitglieder des Antragstellers zu 1, eines Berufsverbandes des öffentlichen Dienstes. Sie sind Arbeitnehmer des Bundes im Geschäftsbereich des Bundesnachrichtendienstes mit Dienstort Pullach. Der Antragsteller zu 9 gehört dem Referat 90A an; hierbei handelt es sich um den Leitungsstab; der Dienstort des Referatsleiters ist Berlin.

Anfang November 2007 bestellte der Beteiligte zu 1 den Wahlvorstand für die Wahl des Personalrats 2008 in der Pullacher Zentrale des Bundesnachrichtendienstes. Mit Schreiben vom 25. Januar 2008 übersandte der Referatsleiter Justiziariat und Datenschutz dem Wahlvorstand eine Liste derjenigen "Teile und Stellen des BND, die im personalvertretungsrechtlichen Sinn nicht zur Zentrale gehören (§ 86 Nr. 1 BPersVG)"; in der Liste war u.a. das Referat 90A aufgeführt. Im Wahlausschreiben vom 29. Februar 2008 forderte der Wahlvorstand die Wahlberechtigten auf, bis zum 18. März 2008 Wahlvorschläge in der Kurierstelle einzureichen. Am 17. März 2008 um 15.22 Uhr ging in der Kurierstelle der Wahlvorschlag des Antragstellers zu 1 unter dem Kennwort "Gemeinsam sind wir stark" ein. Die Liste enthielt 17 Kandidaten, darunter die Antragsteller zu 2 bis 9. Diesen Wahlvorschlag wies der Wahlvorstand in seiner Sitzung vom 19. März 2008 mit der Begründung als ungültig zurück, der Antragsteller zu 9 sei als Mitarbeiter des Referats 90A in der Zentrale nicht wahlberechtigt und daher nicht wählbar. Das Ergebnis der am 22. April 2008 durchgeführten Personalratswahl gab der Wahlvorstand am 23. April 2008 bekannt.

Am 30. April 2008 haben der Antragsteller zu 1, am 7. Mai 2008 die Antragsteller zu 2 bis 9 die Personalratswahl in der Gruppe der Arbeitnehmer angefochten. Sie tragen vor: Der Wahlvorstand habe dadurch gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen, dass er den Antragsteller zu 9 vom aktiven und passiven Wahlrecht in der Zentrale ausgeschlossen habe. Dieser sei seit 1993 Mitarbeiter des Dienstes am Dienstort Pullach. Die Dienstortverlagerung auf Seiten des Referatsleiters habe nicht dazu führen können, ihm das Wahlrecht zum Personalrat der Zentrale zu entziehen. Ferner habe der Wahlvorstand seine Pflicht verletzt, ungültige Wahlvorschläge unverzüglich nach Eingang unter Angabe der Gründe zurückzugeben.

Die Antragsteller beantragen,

die Wahl zum Personalrat der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes vom 22. April 2008 in der Gruppe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für ungültig zu erklären,

hilfsweise festzustellen,

dass Arbeitnehmer mit Dienstort Pullach auch dann für den Personalrat der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes wahlberechtigt sind, wenn ihr vorgesetzter Referatsleiter außerhalb der Zentrale beschäftigt ist.

Der Beteiligte zu 1 trägt vor: Durch § 86 Nr. 1 BPersVG würden im Wege gesetzlicher Fiktion auch solche Stellen des Bundesnachrichtendienstes als selbständige Dienststellen erfasst, welche die materiellen Anforderungen des personalvertretungsrechtlichen Dienststellenbegriffs nicht erfüllten, weil ihr Leiter nicht die erforderliche Eigenständigkeit besitze, um verantwortlicher Ansprechpartner eines Personalrats zu sein. Der Sprachgebrauch sei vielmehr an § 6 Abs. 3 BPersVG angelehnt und damit einer großzügigeren Handhabung zugänglich. Im vorliegenden Fall stehe ein auf Pullach und Berlin aufgeteiltes Referat als Beschäftigungsstelle des Antragstellers zu 9 in Rede. Durch § 86 Nr. 1 BPersVG werde die Dienststelleneigenschaft Dienststellenteilen zugesprochen, die in der Organisation des Bundesnachrichtendienstes als abgrenzbare Einheiten ausgebracht und ausgestaltet seien. Eine Art "Rückausnahme" des Inhalts, dass einzelne Dienstposten solcher Dienststellenteile, die sich noch im räumlichen Bereich der Zentrale befänden, doch wieder zur Zentrale gehörten, bringe der Text der Norm nicht zum Ausdruck. Sei die Wählbarkeit des Antragstellers zu 9 für den Personalrat der Zentrale zu verneinen gewesen, so habe der Wahlvorstand den von den Antragstellern unterstützten Wahlvorschlag zurückweisen müssen. Denn jeder auf einem Wahlvorschlag benannte Bewerber könne den Entschluss der Wähler zur Stützunterschrift beeinflussen, so dass ein Wahlvorschlag mit einem nicht wählbaren Bewerber insgesamt ungültig sei. Die von den Antragstellern gerügte verspätete Rückgabe durch den Wahlvorstand wäre nur dann ursächlich für das Wahlergebnis, wenn bei unverzüglicher Prüfung, Beschlussfassung und Rückgabe des ungültigen Wahlvorschlages noch eine realistische Aussicht bestanden hätte, die für den geänderten Wahlvorschlag erforderlichen 50 Stützunterschriften noch innerhalb der laufenden Wahlvorschlagsfrist erneut einzuholen und sodann als Teil eines gültigen Wahlvorschlags wieder einzureichen. Davon könne nicht ausgegangen werden.

Der Beteiligte zu 2 trägt vor: Es könne nicht Wille des Gesetzgebers gewesen sein, die Dienststellenfiktion des § 86 Nr. 1 BPersVG auf einzelne verstreute Dienstposten anzuwenden, die ihren Dienstort außerhalb der Zentrale hätten. Die Gesetzesformulierung sei vielmehr in dem Sinne zu verstehen, dass die jeweiligen Teile und Stellen des Bundesnachrichtendienstes einen gewissen Grad an Verselbständigung aufweisen müssten. Zum Zwecke einer personalvertretungsrechtlich sinnvollen Zuordnung sei in Anlehnung an den Dienststellenbegriff des Personalvertretungsrechts für die Zugehörigkeit von Teilen und Stellen des Bundesnachrichtendienstes zu dessen Zentrale grundsätzlich auf Referate bzw. Außenstellen abgestellt worden. Regelmäßig kämen nur dem Leiter des Referats bzw. einer Außenstelle derartige weite Entscheidungskompetenzen zu, dass dieser der Personalvertretung als verantwortlicher Partner gegenübertreten könne. Nach der Geschäftsordnung des Bundesnachrichtendienstes sei das Referat die tragende Einheit im organisatorischen Aufbau. Der Referatsleiter verwalte unmittelbar unter dem Unterabteilungsleiter ein Referat in eigener Verantwortung. Demzufolge seien diejenigen Teile und Stellen des Bundesnachrichtendienstes, die räumlich außerhalb der Zentrale gelegen seien, grundsätzlich dem Standort zuzuordnen, an dem der jeweilige Leiter des zuständigen Referats bzw. der Außenstelle seinen Dienstort habe. Auf den Dienstort des einzelnen Mitarbeiters komme es hingegen nicht an. Um eine möglichst große demokratische Legitimierung des Personalrats der Zentrale in seiner Funktion als Stufenvertretung zu gewährleisten, sei als weiteres maßgebliches Kriterium für die Zugehörigkeit von Teilen und Stellen des Bundesnachrichtendienstes zu seiner Zentrale aus personalvertretungsrechtlicher Sicht die räumliche Entfernung der betreffenden Teile und Stellen zur Zentrale herangezogen worden. Dieses zusätzliche Kriterium sei der Regelung in § 6 Abs. 3 BPersVG entlehnt. Wenn die bestehenden Verkehrsverhältnisse gewährleisteten, dass sich der Personalrat mit den Angelegenheiten in den Teilen und Stellen außerhalb der Zentrale befassen könne, so müsse zugunsten einer möglichst breiten personalvertretungsrechtlichen Legitimierung des Personalrats der Zentrale eine Zugehörigkeit zu dieser angenommen werden. Auf der Grundlage dieser Grundsätze habe der Wahlvorstand das Wählerverzeichnis zur Wahl des Personalrats der Zentrale aufgestellt. Da der Leiter der Organisationseinheit, welcher der Antragsteller zu 9 am Wahltag angehört habe, seinen Dienstort nicht in der Zentrale gehabt habe und auch eine räumliche Nähe zur Zentrale nicht gegeben gewesen sei, sei diese Organisationseinheit als nicht der Zentrale zugehöriger Teil des Bundesnachrichtendienstes zu qualifizieren gewesen mit der Folge, dass für sie die Fiktion des § 86 Nr. 1 BPersVG gegolten habe. Folgerichtig sei der Antragsteller zu 9 zur Wahl des Personalrats der Zentrale weder wahlberechtigt noch wählbar gewesen.

Die Anträge des Antragstellers zu 1 sind als unzulässig zu verwerfen; dagegen führt das Wahlanfechtungsbegehren der Antragsteller zu 2 bis 9 zum Erfolg.

1.

Dem Antragsteller zu 1 fehlt die Antragsbefugnis. Zwar ist gemäß § 25 BPersVG eine in der Dienststelle einer Bundesverwaltung vertretene Gewerkschaft grundsätzlich berechtigt, eine Personalratswahl anzufechten. Doch bestimmt § 86 Nr. 12 BPersVG für den Geschäftsbereich des Bundesnachrichtendienstes, dass die Vorschriften über Aufgaben und Befugnisse der Gewerkschaften nicht anzuwenden sind. Damit sind sämtliche Bestimmungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes, welche den Gewerkschaften spezielle Rechte vermitteln, außer Kraft gesetzt. Davon ist auch das gewerkschaftliche Wahlanfechtungsrecht nach § 25 BPersVG erfasst (vgl. Fischer/Goeres/ Gronimus, in: GKÖD Bd. V K § 86 Rn. 37; Schlatmann, in: Lorenzen/ Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 86 Rn. 50; Kersten, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 3. Aufl. 2008, § 86 Rn. 16; Altvater/Hamer/Kröll/Lemcke/Peiseler, Bundespersonalvertretungsgesetz, 6. Aufl. 2008, § 86 Rn. 37; Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 11. Aufl. 2008, § 86 Rn. 23).

Art. 9 Abs. 3 GG ist nicht verletzt. Von der Gewährleistung der Koalitionsfreiheit nicht umfasst ist ein institutionelles gewerkschaftliches Wahlanfechtungsrecht im Bereich der Personalvertretungen. Es genügt, dass jede in der Dienststelle vertretene Koalition eine realistische Möglichkeit hat, die Personalratswahl einer gerichtlichen Überprüfung zuzuführen. Dies ist durch § 25 BPersVG garantiert, der bereits drei Wahlberechtigten das Wahlanfechtungsrecht zuspricht (vgl.Beschluss vom 25. Juli 2006 - BVerwG 6 P 17.05 - Buchholz 251.7 § 125 NWPersVG Nr. 1 Rn. 27). Dem entsprechend hatte der Antragsteller zu 1 keine Schwierigkeiten, eine hinreichende Anzahl von in der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes beschäftigten Mitgliedern dazu zu bewegen, die Wahl ebenfalls fristgerecht anzufechten.

Aus der Unzulässigkeit des Hauptantrages folgt zugleich die Unzulässigkeit des hilfsweise gestellten Feststellungsantrages. Die Zulässigkeit eines derartigen Begehrens ist aus dem gewerkschaftlichen Wahlanfechtungsrecht abgeleitet (vgl.Beschluss vom 6. Juni 1991 - BVerwG 6 P 8.89 - Buchholz 251.2 § 12 BlnPersVG Nr. 1 S. 6). Im Übrigen gilt, dass die Antragsbefugnis der Gewerkschaften im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nicht generell, sondern nur in den Fällen gegeben ist, in denen das Personalvertretungsrecht ihnen bestimmte Rechte einräumt (vgl. die Kataloge bei Fischer/Goeres/ Gronimus, a.a.O. und Schlatmann, a.a.O.). Diese Rechte entfallen aber im Bereich des Bundesnachrichtendienstes.

2.

Das mit dem Hauptantrag geltend gemachte Wahlanfechtungsbegehren der Antragsteller zu 2 bis 9 ist zulässig.

a)

Die Antragsbefugnis der Antragsteller zu 2 bis 8, bei denen es sich unstreitig um wahlberechtigte Beschäftigte in der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes handelt, begegnet keinen Bedenken.

Dasselbe gilt im Ergebnis für den Antragsteller zu 9. Dass diesem das aktive und passive Wahlrecht zum Personalrat der Zentrale zustand, machen die Antragsteller im vorliegenden Verfahren mit beachtlichen Gründen geltend. Das reicht für die Befugnis des Antragstellers zu 9 aus, zusammen mit mindestens zwei anderen wahlberechtigten Beschäftigten die Wahl anzufechten, zu welcher er nicht zugelassen war (vgl.Beschluss vom 8. Oktober 2007 - BVerwG 6 P 2.07 - Buchholz 449.7 § 2 SBG Nr. 6 Rn. 13).

b)

Die Antragsteller zu 2 bis 9 haben ein Rechtsschutzbedürfnis für einen auf die Gruppe der Arbeitnehmer beschränkten Wahlanfechtungsantrag. Daran würde es freilich fehlen, wenn der geltend gemachte Wahlrechtsverstoß das Wahlergebnis auch in den anderen Gruppen beeinflusst haben könnte. Die Wahlanfechtung dient nämlich der Herstellung der gesetzmäßigen Zusammensetzung des Personalrats. Diesen Zweck kann die auf eine Gruppe beschränkte Wahlanfechtung nicht erreichen, wenn sich der festgestellte Wahlrechtsverstoß auf das Wahlergebnis insgesamt oder jedenfalls auch in einer weiteren Gruppe auswirken kann (vgl. Beschluss vom 6. Juni 1991 a.a.O. S. 5 f.). So liegt es hier aber nicht.

Allerdings war der Fall des Antragstellers zu 9 nicht der einzige dieser Art, und solche Fälle waren auch nicht auf die Gruppe der Arbeitnehmer beschränkt. Wie der Beteiligte zu 2 im Schriftsatz vom 29. August 2008 auf Anfrage mitgeteilt hat, betrug die Anzahl der Mitarbeiter mit Dienstort Pullach, denen das Wahlrecht zum Personalrat der Zentrale deswegen nicht zuerkannt wurde, weil der Referatsleiter bzw. Außenstellenleiter außerhalb der Zentrale beschäftigt ist, bei den Beamten 11, bei den Arbeitnehmern 12 und bei den Soldaten 1. Wäre diesen Mitarbeitern - abgesehen vom Antragsteller zu 9 - das Wahlrecht zuerkannt worden, so hätte sich am Ergebnis der angefochtenen Personalratswahl nichts geändert.

aa)

Die Einbeziehung jener Mitarbeiter hätte zunächst keinen Einfluss auf die Größe des Personalrats gehabt. Der Wahlvorstand ist in seiner Sitzung vom 25. Februar 2008 davon ausgegangen, dass die Zahl der Beschäftigten in der Regel 3 335 beträgt (1 063 Beamte, 1 978 Arbeitnehmer und 294 Soldaten). Erhöht man die Gesamtzahl um 24, so bleibt es dabei, dass der Personalrat aus 23 Mitgliedern besteht (§ 16 Abs. 1, § 86 Nr. 13 BPersVG i.V.m. § 51 Abs. 2 Satz 1 SBG).

bb)

Ebenfalls auszuschließen sind Auswirkungen auf die gruppenbezogene Zusammensetzung des Personalrats. Wie der Wahlvorstand die auf die Gruppen jeweils entfallenden Sitze ermittelt hat, ergibt sich bereits aus der erwähnten Niederschrift vom 25. Februar 2008. Erhöht man die Zahl der Beamten um 11 auf 1 074, die Zahl der Arbeitnehmer um 12 auf 1 990 und die Zahl der Soldaten um 1 auf 295, so bleibt es unter Anwendung des Höchstzahlverfahrens dabei, dass der Personalrat der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes aus 7 Beamten, 13 Arbeitnehmern und 3 Soldaten besteht (§ 17 Abs. 1 bis 3 BPersVG i.V.m. § 51 Abs. 2 SBG und § 5 BPersVWO).

cc)

Am Wahlergebnis in den Gruppen der Beamten und Soldaten hätte sich nichts geändert, wenn die genannten 11 Beamten und der genannte Soldat an der Personalratswahl in der Zentrale teilgenommen hätten. Die Ermittlung des Wahlergebnisses durch den Wahlvorstand ergibt sich aus seiner Niederschrift vom 22. April 2008. Daraus ist zu ersehen, dass das Wahlergebnis in der Gruppe der Beamten ebenso wenig wie dasjenige in der Gruppe der Soldaten eine Veränderung erfahren hätte, wenn 11 Beamte bzw. 1 Soldat zusätzlich gewählt hätten.

dd)

Ein möglicher Einfluss auf das Wahlergebnis kann schließlich nicht mit der Erwägung bejaht werden, einer der 11 ausgeschlossenen Beamten oder der eine ausgeschlossene Soldat hätten bei Zulassung zur Wahl für den Personalrat der Zentrale kandidieren können.

Liegt ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften vor, so genügt für den Erfolg der Wahlanfechtung schon die Möglichkeit einer Änderung oder Beeinflussung des Wahlergebnisses, ohne dass es der Feststellung einer tatsächlich erfolgten Änderung oder Beeinflussung bedarf. Ob diese Möglichkeit bestand, d.h. ob der Verstoß geeignet war, eine Änderung oder Beeinflussung des Wahlergebnisses herbeizuführen, beantwortet sich in der Regel aus der Art des Verstoßes und der Berücksichtigung des konkreten Sachverhaltes. Dabei wird allerdings eine nur denkbare Möglichkeit dann nicht genügen, die Anfechtung zu begründen, wenn sie nach der Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht zu ziehen ist (vgl.Urteil vom 27. Juni 2007 - BVerwG 6 A 1.06 - Buchholz 272 GleichstellungsR Nr. 3 Rn. 45 m.w.N.). Demnach bleiben abstrakt nicht auszuschließende, nach der Lebenserfahrung aber unwahrscheinliche Kausalverläufe unberücksichtigt, wenn für ihren Eintritt keine tatsächlichen Anhaltspunkte bestehen (vgl.Beschluss vom 7. Mai 2003 - BVerwG 6 P 17.02 - Buchholz 251.0 § 28 BaWüPersVG Nr. 3 S. 5 f.).

Wollte man mit der oben erwähnten Erwägung die Möglichkeit der Wahlbeeinflussung bejahen, so hätte dies zur Folge, dass bereits die fehlerhafte Nichtzulassung eines einzigen Wahlberechtigten genügte, die Wahlanfechtung zu begründen. Dies ist überzogen (so offenbar auch Ilbertz/Widmaier, a.a.O. § 25 Rn. 15). Vielmehr müssen in einem derartigen Fall konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der ausgeschlossene Beschäftigte nicht nur von seinem aktiven Wahlrecht Gebrauch machen, sondern auch kandidieren wollte. Solche Anhaltspunkte liegen hier nicht vor.

3.

Der Wahlanfechtungsantrag der Antragsteller zu 2 bis 9 ist begründet (§ 25 BPersVG). Der Wahlvorstand hat dadurch gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit und das Wahlverfahren verstoßen, dass er den Wahlvorschlag der Antragsteller nicht zugelassen hat. Dadurch konnte das Ergebnis der Personalratswahl vom 22. April 2008 beeinflusst werden.

Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 BPersVWO gibt der Wahlvorstand Wahlvorschläge, die ungültig sind, unverzüglich nach Eingang unter Angabe der Gründe zurück. Ein Wahlvorschlag ist insbesondere dann ungültig, wenn er einen nicht wählbaren Bewerber enthält (vgl.Beschlüsse vom 27. Mai 1960 - BVerwG 7 P 13.59 - BVerwGE 10, 344 <347 f.> = Buchholz 238.3 § 15 PersVG Nr. 5 S. 14 ff., vom 14. Februar 1969 - BVerwG 7 P 5.68 - BVerwGE 31, 299 = Buchholz 238.3 § 14 PersVG Nr. 1 undvom 13. März 1973 - BVerwG 7 P 1.72 - BVerwGE 42, 73 <75> = Buchholz 238.38 § 22 PersVG Rheinland-Pfalz Nr. 1 S. 2 f.). Der Wahlvorstand durfte hier den Wahlvorschlag nicht zurückgeben, weil der Antragsteller zu 9 in Wahrheit wählbar war.

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BPersVG setzt die Wählbarkeit - von weiteren hier nicht problematischen Anforderungen abgesehen - die Wahlberechtigung voraus. Diese kann im Fall des Antragstellers zu 9 nicht schon deswegen verneint werden, weil er nicht in das Wählerverzeichnis der Zentrale eingetragen war und es unterlassen hatte, deswegen Einspruch einzulegen (§§ 2, 3 BPersVWO). Die Eintragung in das Wählerverzeichnis schafft lediglich die formellen Voraussetzungen für die faktische Ausübung des Wahlrechts. Dem Wählerverzeichnis kommt eine verbindliche Entscheidung über die Wahlberechtigung nicht zu (vgl.Beschlüsse vom 21. November 1958 - BVerwG 7 P 3.58 - insoweit bei BVerwGE 7, 331 und Buchholz 238.3 § 9 PersVG Nr. 1 nicht abgedruckt undvom 15. März 1968 - BVerwG 7 P 3.67 - Buchholz 238.32 § 7 PersVG Berlin Nr. 1 S. 2).

Die Wahlberechtigung bestimmt sich vielmehr nach § 13 BPersVG. Sie setzt danach die Beschäftigteneigenschaft sowie die Dienststellenzugehörigkeit voraus (vgl.Beschluss vom 15. Mai 2002 - BVerwG 6 P 8.01 - BVerwGE 116, 242 <244> = Buchholz 250 § 29 BPersVG Nr. 4 S. 2). Als Arbeitnehmer im Geschäftsbereich des Bundesnachrichtendienstes ist der Antragsteller zu 9 gemäß § 4 Abs. 1 und 3 BPersVG Beschäftigter. Er gehört der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes an. Dies ergibt sich aus § 86 Nr. 1 BPersVG und den in diesem Zusammenhang zu beachtenden personalvertretungsrechtlichen Regelungen und Grundsätzen.

a)

Teile und Stellen des Bundesnachrichtendienstes, die nicht zur Zentrale des Bundesnachrichtendienstes gehören, gelten als Dienststellen im Sinne des § 6 Abs. 1 BPersVG (§ 86 Nr. 1 Satz 1 BPersVG). In Zweifelsfällen entscheidet der Leiter des Bundesnachrichtendienstes über die Dienststelleneigenschaft (§ 86 Nr. 1 Satz 2 BPersVG).

aa)

Nach dem Wortlaut der Regelung besteht der Bundesnachrichtendienst personalvertretungsrechtlich aus zwei Komponenten, nämlich der Zentrale und dezentralen Organisationseinheiten. Dabei wird unausgesprochen als selbstverständlich vorausgesetzt, dass die Zentrale des Bundesnachrichtendienstes unabhängig von den anderen Organisationseinheiten die Merkmale einer Dienststelle im Sinne von § 6 Abs. 1 BPersVG ausfüllt. Für die anderen Organisationseinheiten wird dies dagegen fingiert. Ihnen kommt die Dienststelleneigenschaft unabhängig davon zu, ob die in § 6 Abs. 1 BPersVG vorausgesetzten materiellen Merkmale, nämlich die Selbstständigkeit nach Aufgabenbereich und Organisation im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 BPersVG, gegeben sind (vgl. Altvater u.a., a.a.O. § 86 Rn. 4; Kersten, a.a.O. § 86 Rn. 4; Schlatmann, a.a.O. § 86 Rn. 10; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 86 Rn. 6).

bb)

In rechtssystematischer Hinsicht bedeutsam sind die sprachlichen und inhaltlichen Parallelen zu § 6 Abs. 3 BPersVG. Diese Vorschrift spricht von "Nebenstellen und Teilen einer Dienststelle". Diese "gelten als selbständige Dienststellen", wenn sie räumlich weit von der Hauptdienststelle entfernt liegen und ihre Beschäftigten die Verselbstständigung beschließen. § 6 Abs. 3 BPersVG ist das personalvertretungsrechtliche Grundmodell für die Aufteilung einer Dienststelle in eine Zentrale und dezentrale Einheiten. § 86 Nr. 1 BPersVG ist die spezielle Ausformung dieses Grundmodells für den Bundesnachrichtendienst, der als Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundeskanzleramtes den verfassungsrechtlichen Regeln in Art. 87 GG folgend über keinen eigenen Verwaltungsunterbau verfügt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über den Bundesnachrichtendienst vom 20. Dezember 1990, BGBl. I S. 2954, zuletzt geändert durch Art. 4 und 10 Abs. 3 des Gesetzes vom 5. Januar 2007, BGBl. I S. 2) und der deswegen ohne die in § 86 Nr. 1 BPersVG getroffene Sonderregelung als eine einheitliche Dienststelle zu behandeln wäre. Diese Sonderregelung hat zur Folge, dass der Bundesnachrichtendienst personalvertretungsrechtlich als modifizierte Gesamtdienststelle zu betrachten ist.

cc)

Freilich ist für eine Anwendung des § 6 Abs. 3 BPersVG im Bereich des Bundesnachrichtendienstes kein Raum. Die in § 6 Abs. 3 BPersVG eröffnete Selbstbestimmung der Beschäftigten verträgt sich weder mit der gesetzlichen Fiktion in § 86 Nr. 1 Satz 1 BPersVG noch mit der einseitigen Entscheidungsbefugnis des Präsidenten nach § 86 Nr. 1 Satz 2 BPersVG. Hinzu kommt, dass die mit der Verselbstständigung nach § 6 Abs. 3 BPersVG verbundene Bildung eines Gesamtpersonalrats nach § 55 BPersVG durch § 86 Nr. 12 BPersVG ausdrücklich ausgeschlossen ist (vgl. Altvater u.a., a.a.O. § 86 Rn. 6 und 39; Schlatmann, a.a.O. § 86 Rn. 12 und 51; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 86 Rn. 6 und 23; Kersten, a.a.O. § 86 Rn. 4 und 17; Ilbertz/Widmaier, a.a.O. § 86 Rn. 3 und 24).

Damit ist aber nur bestätigt, dass § 86 Nr. 1 BPersVG gegenüber § 6 Abs. 3 BPersVG die spezielle Regelung darstellt. Ausgeschlossen ist nicht, dass zum Verständnis der Regelung in § 86 Nr. 1 BPersVG auf Regeln, Grundsätze und Rechtsgedanken des Grundmodells einer Gesamtdienststelle nach § 6 Abs. 3 BPersVG zurückgegriffen wird, soweit spezielle Regelungen für den Bundesnachrichtendienst dies nicht verbieten.

b)

Für das Grundmodell der Gesamtdienststelle sind folgende Gesichtspunkte kennzeichnend:

aa)

Die Dienststelleneigenschaft nach § 6 Abs. 1 und 2 BPersVG verlangt grundsätzlich, dass der Leiter der Einrichtung - in den Grenzen der für die öffentliche Verwaltung allgemein bestehenden Weisungsgebundenheit - bei den für eine Beteiligung der Personalvertretung in Betracht kommenden personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Angelegenheiten einen eigenen Entscheidungs- und Handlungsspielraum hat. Nur dann kann er dem Personalrat als verantwortlicher Partner gegenübertreten und dieser eigenständig Gespräche und Verhandlungen mit ihm führen. Die Dienststelleneigenschaft ist zu verneinen, wenn der Leiter der Einrichtung hinsichtlich der Mehrzahl der bedeutsamen Maßnahmen als verantwortlicher Partner einer Personalvertretung ausscheidet, weil er insoweit nicht selbstständig handeln darf (vgl.Beschluss vom 29. März 2001 - BVerwG 6 P 7.00 - Buchholz 250 § 6 BPersVG Nr. 15 S. 7 f. m.w.N.).

Dagegen setzt die Verselbstständigung nach § 6 Abs. 3 BPersVG nur voraus, dass die Nebenstelle oder der Dienststellenteil von der Hauptdienststelle räumlich weit entfernt liegt und dass die Beschäftigten einen Verselbstständigungsbeschluss fassen. In diesem Fall "gelten" die Nebenstellen bzw. Dienststellenteile als Dienststellen, ohne dass die strengen organisatorischen Maßstäbe angelegt werden, die sonst gemäß § 6 Abs. 1 und 2 BPersVG für die Personalratsfähigkeit von Dienststellen zu beachten sind (vgl.Beschlüsse vom 29. Mai 1991 - BVerwG 6 P 12.89 - BVerwGE 88, 233 <235> = Buchholz 250 § 6 BPersVG Nr. 12 S. 13 und vom 29. März 2001 a.a.O. S. 8 f.). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass bei räumlich weit entfernt liegenden Nebenstellen und Dienststellenteilen die Kommunikation der Beschäftigten untereinander und der Kontakt zur Hauptdienststelle sowie zum dortigen Personalrat erheblich erschwert ist. Mit der Verselbstständigung auf Wunsch der Beschäftigten sollen diese Mängel verringert werden. Durch die danach geschaffene räumliche Nähe zwischen Personalrat und Beschäftigten soll nicht nur der Kontakt untereinander verbessert, sondern auch eine gute und ausreichende Betreuung der Beschäftigten gewährleistet werden (vgl. Beschluss vom 29. Mai 1991 a.a.O. S. 236 bzw. S. 14).

bb)

§ 12 Abs. 1 BPersVG verlangt für die Bildung eines Personalrats, dass die betreffende Dienststelle in der Regel mindestens fünf Wahlberechtigte beschäftigt, von denen drei wählbar sind. Dieses Mindesterfordernis muss auch in Nebenstellen und Dienststellenteilen erfüllt werden, die gemäß § 6 Abs. 3 BPersVG verselbstständigt werden sollen (vgl. Beschlüsse vom 29. Mai 1991 a.a.O. S. 234 bzw. S. 13 undvom 7. Januar 2003 - BVerwG 6 P 7.02 - Buchholz 252 § 49 SBG Nr. 1 S. 8; Altvater u.a., a.a.O. § 6 Rn. 11a; Faber, in: Lorenzen u.a., a.a.O. § 6 Rn. 32).

cc)

Die Verselbstständigung von Nebenstellen und Dienststellenteilen führt zur Bildung eines Gesamtpersonalrats (§ 55 BPersVG). Dieser wird von allen Beschäftigten der Gesamtdienststelle, also sowohl von den Beschäftigten der Hauptdienststelle als auch von denjenigen der Nebenstellen bzw. der Dienststellenteile gewählt (§ 53 Abs. 2, § 56 BPersVG).

dd)

Gemäß § 82 Abs. 3 BPersVG folgt die Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats der Aufgabenverteilung zwischen Stufenvertretung und örtlichem Personalrat, wie sie sich aus § 82 Abs. 1 BPersVG ergibt. Danach ist der Gesamtpersonalrat zur Beteiligung berufen, wenn der Leiter der Hauptdienststelle eine Maßnahme beabsichtigt, welche Beschäftigte der verselbstständigten Dienststellen oder alle Beschäftigten der Gesamtdienststelle betrifft (vgl.Beschlüsse vom 13. September 2002 - BVerwG 6 P 4.02 - Buchholz 250 § 82 BPersVG Nr. 17 S. 8 f. undvom 15. Juli 2004 - BVerwG 6 P 1.04 - Buchholz 250 § 82 BPersVG Nr. 18 S. 15;Urteil vom 20. August 2003 - BVerwG 6 C 5.03 - Buchholz 251.8 § 56 RhPPersVG Nr. 1 S. 3). Gemäß § 82 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 BPersVG gibt der Gesamtpersonalrat vor einem Beschluss in Angelegenheiten, die einzelne Beschäftigte verselbstständigter Dienststellen oder einzelne verselbstständigte Dienststellen betreffen, den Personalräten dieser Dienststellen Gelegenheit zur Äußerung (vgl. dazu Beschluss vom 15. Juli 2004 a.a.O. S. 14).

ee)

Für das dargestellte Modell der Gesamtdienststelle ist der Unterschied zwischen Nebenstellen und Dienststellenteilen ohne praktische Bedeutung (vgl. dazu Faber, a.a.O. § 6 Rn. 29 f.; Altvater u.a., a.a.O. § 6 Rn. 10; Ilbertz/Widmaier, a.a.O. § 6 Rn. 18 f.; Benecke, in: Richardi/Dörner/Weber, a.a.O. § 6 Rn. 25 f.). Prägend ist dagegen die Dominanz der Hauptdienststelle, welcher die Hilfsfunktion der Nebenstellen und Dienststellenteile entspricht. Deren organisatorische Verselbstständigung wird personalvertretungsrechtlich nicht durch ihre begrifflichen Unterschiede, sondern durch das weitere in § 6 Abs. 3 BPersVG verlangte Merkmal der räumlich weiten Entfernung gesteuert. Für die Dienststellenzugehörigkeit innerhalb der Gesamtdienststelle hat daher der räumliche Aspekt die entscheidende Bedeutung. Mitarbeiter, die in der Hauptdienststelle oder in ihrem räumlichen Zusammenhang beschäftigt sind, gehören zur Hauptdienststelle. Mitarbeiter in räumlich weit entfernten Nebenstellen und Dienststellenteilen gehören - unter den weiteren Voraussetzungen in § 6 Abs. 3 und § 12 Abs. 1 BPersVG - nicht zu ihr. Dies gebietet der für § 6 Abs. 3 BPersVG bestimmende Grundsatz ortsnaher personalvertretungsrechtlicher Betreuung. Die Art der Einordnung in die Dienststellenhierarchie, insbesondere über fachliche Weisungsstränge, tritt demgegenüber zurück.

Im typischen Fall einer selbständigen Außenstelle treten beide Aspekte nicht in Konflikt zueinander. Ist der Leiter der Außenstelle Vorgesetzter der dort tätigen Mitarbeiter und diesen gegenüber zu beteiligungspflichtigen Maßnahmen befugt, so ist die ortsnahe Betreuung durch den Außenstellenpersonalrat bei gleichzeitiger Wahrung des hierarchischen Verhältnisses zwischen Leiter und Beschäftigten der Außenstelle sichergestellt. Dies gilt in modifizierter Form auch, soweit der Leiter der Hauptdienststelle zur Entscheidung befugt ist (§ 82 Abs. 2 und 3 BPersVG).

In atypischen Fällen setzt sich der Grundsatz ortsnaher Betreuung durch. Solche Fälle sind in beiden Richtungen denkbar. So ist es etwa möglich, dass ein Außenstellenmitarbeiter Vorgesetzte lediglich in der Hauptdienststelle hat. Beteiligungsprobleme sind damit nicht verbunden. Bei ortsbezogenen Maßnahmen des Außenstellenleiters - etwa dem Erlass einer Parkordnung oder von Unfallverhütungsregeln - ist der Außenstellenpersonalrat zur Beteiligung berufen. Wird die Entscheidung dagegen in der Hauptdienststelle getroffen, so ist stets der Gesamtpersonalrat zu beteiligen, der dem Personalrat der Außenstelle Gelegenheit zur Stellungnahme gibt (§ 82 Abs. 2 und 3 BPersVG).

Auch im umgekehrten Fall tritt keine Beteiligungslücke auf. Hier geht es um beteiligungspflichtige Maßnahmen, welche der Leiter der Außenstelle gegenüber einem nachgeordneten Mitarbeiter der Hauptdienststelle trifft. Dabei bedarf keiner Klärung, ob und inwieweit in einem solchen Fall der Personalrat der Außenstelle oder - in direkter oder analoger Anwendung von § 82 Abs. 5 BPersVG - die Stufenvertretung oder der Gesamtpersonalrat zu beteiligen ist (vgl. dazu Altvater u.a., a.a.O. § 55 Rn. 9, § 82 Rn. 33). Denn dass im Ergebnis eine Beteiligung stattfindet, unterliegt keinen Zweifeln.

c)

Die beschriebenen Kennzeichen des Grundmodells der Gesamtdienststelle treffen in erheblichem Umfang auch auf das System der Personalvertretungen beim Bundesnachrichtendienst zu.

aa)

Wie bereits oben anhand des Wortlauts des § 86 Nr. 1 Satz 1 BPersVG festgestellt, müssen die nicht zur Zentrale gehörenden Teile und Stellen des Bundesnachrichtendienstes ebenso wenig wie die verselbstständigten Dienststellen nach § 6 Abs. 3 BPersVG die strengen Anforderungen des materiellen Dienststellenbegriffes nach § 6 Abs. 1 und 2 BPersVG erfüllen. Wie bei den verselbstständigten Dienststellen nach § 6 Abs. 3 BPersVG gilt auch für die Dienststellen des Bundesnachrichtendienstes außerhalb der Zentrale das Mindestgrößenerfordernis nach § 12 Abs. 1 BPersVG (vgl.Beschluss vom 11. Dezember 1991 - BVerwG 6 P 5.91 - Buchholz 250 § 47 BPersVG Nr. 7 S. 10; Altvater u.a., a.a.O. § 86 Rn. 5; Schlatmann, a.a.O. § 86 Rn. 11; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 86 Rn. 6).

bb)

Nach § 86 Nr. 8 Satz 1 BPersVG wählen die Beschäftigten des Bundesnachrichtendienstes keine Stufenvertretung. Soweit eine Stufenvertretung zuständig ist, ist an ihrer Stelle der Personalrat der Zentrale zu beteiligen (§ 86 Nr. 8 Satz 2 BPersVG). Erhebt der Personalrat Einwendungen gegen eine vom Leiter des Bundesnachrichtendienstes beabsichtigte Maßnahme, so entscheidet im Falle des § 72 Abs. 4 BPersVG nach Verhandlungen mit dem Personalrat der Zentrale der Chef des Bundeskanzleramtes endgültig (§ 86 Nr. 8 Satz 3 BPersVG).

Den vorbezeichneten Bestimmungen ist die dreifache Funktion des Personalrats der Zentrale zu entnehmen. Dabei wird zunächst unausgesprochen - ebenso wie in § 82 Abs. 1 BPersVG - als selbstverständlich vorausgesetzt, dass der Personalrat der Zentrale als "Hauspersonalrat" zu beteiligen ist, wenn der Präsident des Bundesnachrichtendienstes Maßnahmen ausschließlich gegenüber den Beschäftigten der Zentrale zu treffen beabsichtigt. Ausdrücklich angesprochen ist die zweite Funktion, nämlich diejenige der Stufenvertretung. Deren Aufgaben - sei es im Rahmen des Stufenverfahrens, sei es im Rahmen ihrer originären Zuständigkeit (§ 69 Abs. 3 Satz 1, § 82 Abs. 1 BPersVG) - werden stets auf der Ebene der übergeordneten Dienststelle wahrgenommen. In der Funktion der Stufenvertretung ist der Personalrat der Zentrale daher zu beteiligen, wenn der Chef des Bundeskanzleramtes gegenüber Beschäftigten des Bundesnachrichtendienstes eine Maßnahme zu treffen beabsichtigt oder wenn eine mitwirkungsbedürftige Angelegenheit mangels Einigung im Bereich des Bundesnachrichtendienstes zum Bundeskanzleramt gelangt (§ 72 Abs. 4, § 86 Nr. 8 Satz 3, Nr. 9 BPersVG).

Nicht ausdrücklich, aber konkludent mitgeregelt ist die dritte Funktion des Personalrats der Zentrale, nämlich diejenige des Gesamtpersonalrats. Ein solcher wird zwar - wie bereits erwähnt - im Bereich des Bundesnachrichtendienstes nicht gebildet. Seine Funktion ist jedoch auch hier unentbehrlich, weil ansonsten die personalvertretungsrechtliche Beteiligung in einem Dienststellenorganismus, die aus einer Zentrale und dezentralen Einheiten besteht, gänzlich unvollkommen bliebe. Deswegen sind die Bestimmungen in § 86 Nr. 1 und 12 BPersVG, kraft derer die selbstbestimmte Verselbständigung und die Bildung eines Gesamtpersonalrats ausgeschlossen sind, mit Blick auf § 86 Nr. 8 Satz 2 BPersVG zugleich als Hinweis darauf zu verstehen, dass der Personalrat der Zentrale auch dann zu beteiligen ist, wenn die Entscheidungen des Präsidenten in ihren Auswirkungen über den Bereich der Zentrale hinausgehen. Die sprachliche Unvollständigkeit in § 86 Nr. 8 Satz 2 BPersVG findet ihre Erklärung darin, dass die Arbeitsteilung zwischen örtlichem Personalrat und Gesamtpersonalrat derjenigen zwischen örtlichem Personalrat und Stufenvertretung entspricht (§ 82 Abs. 3 BPersVG) und die dabei wahrzunehmenden Kompetenzen von Stufenvertretung und Gesamtpersonalrat deckungsgleich sind (§ 82 Abs. 4 BPersVG).

Demnach ist der Personalrat der Zentrale zur Beteiligung berufen, wenn der Präsident des Bundesnachrichtendienstes Maßnahmen gegenüber allen Beschäftigten des Bundesnachrichtendienstes oder gegenüber Beschäftigten von Dienststellen außerhalb der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes zu treffen beabsichtigt. Sind einzelne Dienststellen außerhalb der Zentrale oder einzelne Beschäftigte dieser Dienststellen betroffen, so gibt der Personalrat der Zentrale den Personalräten dieser Dienststellen gemäß § 82 Abs. 2 BPersVG grundsätzlich Gelegenheit zur Äußerung (vgl.Beschluss vom 16. April 2008 - BVerwG 6 P 8.07 - [...] Rn. 7; Altvater u.a., a.a.O. § 86 Rn. 30; Schlatmann, a.a.O. § 86 Rn. 38; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 86 Rn. 22). Diese Anhörung entfällt nur in Verschlusssachen mindestens des Geheimhaltungsgrades "VS-vertraulich", in denen allein der Ausschuss des Personalrats der Zentrale zur Beteiligung berufen ist (§ 86 Nr. 10 Buchst. a, § 93 Abs. 1 und 4 Satz 1 BPersVG). Die Personalräte der anderen Dienststellen sind dagegen nur in den Fällen selbst zur Beteiligung berufen, in denen der Leiter einer solchen Dienststelle eine beteiligungspflichtige Maßnahme trifft. Mit der genannten Modifikation entspricht die beschriebene Aufgabenverteilung derjenigen, die im Verhältnis zwischen dem Gesamtpersonalrat und den Personalräten verselbstständigter Dienststellen besteht.

d)

Die beschriebenen Gemeinsamkeiten rechtfertigen es, die Vorteile ortsnaher personalvertretungsrechtlicher Betreuung aus dem Grundmodell der Gesamtdienststelle in das System der Personalvertretungen im Geschäftsbereich des Bundesnachrichtendienstes zu übertragen. Auch dort ist es für die Beschäftigten günstig, wenn ihnen jeweils "vor Ort" ein Personalrat als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Das gilt für die Beschäftigten in der Zentrale wie auch in den dezentralen Organisationseinheiten gleichermaßen. Deswegen verdient auch hier der Grundsatz ortsnaher Interessenvertretung Vorrang vor der Berücksichtigung dienststellenübergreifender Weisungsstränge. Die Zuordnung eines im räumlichen Bereich der Zentrale beschäftigten Mitarbeiters zu einer fernen Organisationseinheit ist auch angesichts der Nutzung moderner Kommunikationstechniken geeignet, die Bindung zwischen dem Beschäftigten und seiner Interessenvertretung zu schwächen.

e)

Die verbleibenden Besonderheiten im Bereich des Bundesnachrichtendienstes gebieten keine abweichende Sichtweise.

aa)

Dass der Personalrat der Zentrale seine Legitimation durch Wahl - im Gegensatz zum Gesamtpersonalrat im Grundmodell - ausschließlich durch die Mitarbeiter der Zentrale erfährt, ist im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung. Die Zuordnung von in der Zentrale beschäftigten Mitarbeitern zu dieser - unabhängig von hierarchischen Einbindungen - ist geeignet, die Legitimationsbasis des Personalrats der Zentrale zu verbreitern. Die gleiche Verfahrensweise bei den dezentralen Dienststellen wirkt in die entgegengesetzte Richtung.

bb)

Geheimhaltungsinteressen stehen der Zuordnung nach räumlichen Aspekten gemäß dem Modell der Gesamtdienststelle nicht entgegen.

Wie aus der Begründung für den Entwurf eines Bundespersonalvertretungsgesetzes vom 13. Februar 1973 hervorgeht, wollte der Gesetzgeber mit der Sonderregelung in § 86 BPersVG vermeiden, dass Unbefugte Einblick in personelle und organisatorische Strukturen des Bundesnachrichtendienstes erhalten können (vgl. BTDrucks 7/176 S. 35 zu § 82). Darüber hinaus geben die gesetzlichen Sonderbestimmungen zu erkennen, dass der Gesetzgeber dem von Sicherheitsüberlegungen geprägten Bedürfnis, die einzelnen Arbeitseinheiten des Bundesnachrichtendienstes auch untereinander abzuschotten, Rechnung tragen wollte (vgl. Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 86 Rn. 21; Schlatmann, a.a.O. § 86 Rn. 36).

Der Gesichtspunkt des Geheimschutzes vermag ohne Weiteres zu erklären, weshalb der Gesetzgeber davon abgesehen hat, den Beschäftigten von Außenstellen im Geschäftsbereich des Bundesnachrichtendienstes die selbstbestimmte Verselbstständigung zu ermöglichen. Denn die damit einhergehenden zusätzlichen Abstimmungen sind geeignet, Geheimhaltungsinteressen zu beeinträchtigen. Für den Gesichtspunkt ortsnaher personalvertretungsrechtlicher Betreuung, dem eigentlichen Anliegen der Regelung in § 6 Abs. 3 BPersVG, gilt das nicht.

Das Abschottungsprinzip gilt für die Tätigkeit des Personalrats der Zentrale nur eingeschränkt. Da sich dessen Kompetenzen auf alle Dienststellen des Bundesnachrichtendienstes erstrecken, muss er über die entsprechenden personalvertretungsrechtlich relevanten Einblicke verfügen. Dies wird durch die Befugnis des Präsidenten, in Verschlusssachen unter bestimmten Umständen Informationen zurückzuhalten (§ 86 Nr. 10 Buchst. b, § 93 Abs. 5 BPersVG), nicht grundlegend in Frage gestellt. Der Gesetzgeber trifft Vorkehrung dadurch, dass er die aktive Mitgliedschaft im Personalrat nur bei Personen erlaubt, die zu einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit zugelassen sind (§ 86 Nr. 2 BPersVG). Dass mit Rücksicht auf diese Wertungen die Sicherheitsbedürfnisse des Bundesnachrichtendienstes Schaden nehmen, wenn für den Personalrat der Zentrale auch solche am Dienstort Pullach beschäftigte Mitarbeiter aktiv und passiv wahlberechtigt sind, dessen vorgesetzter Referats- oder Außenstellenleiter außerhalb der Zentrale beschäftigt ist, ist nicht ersichtlich. Auch hat der Beteiligte zu 2 solches weder schriftsätzlich noch auf Befragung des Senats in der Anhörung geltend gemacht.

f)

Der Beteiligte zu 2 hat von sich aus für die Wahlberechtigung in der Zentrale den Rechtsgedanken des § 6 Abs. 3 BPersVG herangezogen. Er hat nicht nur die Mitarbeiter in der Liegenschaft Pullach, Heilmannstraße 30, berücksichtigt, sondern auch diejenigen, die - davon nicht weit entfernt - in M., H., S., T. und S. tätig sind. Diese Entscheidung ist zu billigen; denn damit wird dem Bedürfnis, dem Personalrat der Zentrale wegen seiner exponierten Stellung eine möglichst breite Legitimationsgrundlage zu verschaffen, Rechnung getragen, ohne den Gedanken der ortsnahen personalvertretungsrechtlichen Betreuung aufzugeben.

g)

Die Regelung in § 86 Nr. 1 Satz 2 BPersVG, wonach in Zweifelsfällen der Leiter des Bundesnachrichtendienstes über die Dienststelleneigenschaft entscheidet, ist im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung. Die Vorschrift räumt dem Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes die Befugnis ein, in Zweifelsfällen darüber zu entscheiden, ob Teile und Stellen des Bundesnachrichtendienstes als zur Zentrale gehörig angesehen werden sollen oder unter die Fiktion von § 86 Nr. 1 Satz 1 BPersVG fallen (vgl. Fischer/Goeres/ Gronimus, a.a.O. K § 86 Rn. 6). Der Entscheidungsspielraum des Präsidenten bezieht sich somit auf die Frage der Dienststellenabgrenzung im Verhältnis von Zentrale und dezentralen Organisationseinheiten. Die Frage der Dienststellenzugehörigkeit eines Beschäftigten zur Zentrale, um die es im vorliegenden Fall geht, steht dagegen nicht zur Disposition des Präsidenten.

h)

War nach alledem der Antragsteller zu 9 im Zeitpunkt der hier angefochtenen Personalratswahl Dienststellenangehöriger der Zentrale, so durfte der Wahlvorstand den Wahlvorschlag der Antragsteller nicht als ungültig zurückweisen. Dass die fehlerhafte Nichtzulassung des Wahlvorschlages das Wahlergebnis beeinflusst haben kann, liegt auf der Hand.



Ende der Entscheidung

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