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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 09.07.2008
Aktenzeichen: BVerwG 6 PB 12.08
Rechtsgebiete: BlnPersVG


Vorschriften:

BlnPersVG § 43
Ergibt sich während der Amtszeit des Personalrats zweifelsfrei, dass der nach der Freistellungsstaffel maßgebliche Schwellenwert erheblich und dauerhaft unterschritten wird, so kann sich der Personalrat einer Reduzierung der Freistellungen nicht mit der Begründung verweigern, die Dienststelle habe zunächst über die weiteren Beschäftigungsmöglichkeiten für alle freigestellten Personalratsmitglieder zu informieren.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 6 PB 12.08

In der Personalvertretungssache

hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 9. Juli 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge und Vormeier

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Berlin - vom 17. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 91 Abs. 2 BlnPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg. Die allein erhobene Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfenen Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung.

1. Der Beteiligte will zunächst sinngemäß geklärt wissen, ob der Personalrat berechtigt ist, die vom Dienststellenleiter wegen erheblicher und dauerhafter Verminderung der Zahl der Dienstkräfte geltend gemachte Reduzierung der Zahl der Freistellungen abzulehnen, wenn der Dienststellenleiter nicht darüber informiert, "welche Beschäftigungsmöglichkeiten für die einzelnen freigestellten Personen im Falle der Rückgabe der Freistellungen bestünden". Diese Frage ist mit dem Oberverwaltungsgericht eindeutig zu verneinen, so dass sie nicht der Klärung im Rechtsbeschwerdeverfahren bedarf.

Nach der Senatsrechtsprechung ist der Personalrat verpflichtet, während seiner Amtszeit eine Reduzierung der Zahl der Freistellungen hinzunehmen, wenn eindeutig feststeht, dass der nach der Freistellungsstaffel des § 43 Abs. 1 Satz 1, 2 BlnPersVG maßgebliche Schwellenwert erheblich und dauerhaft unterschritten wird. Dies gilt sowohl in Fällen, in denen über eine Freistellung förmlich neu zu entscheiden ist, etwa weil ein Personalratsmitglied seine bisherige Freistellung zurückgeben will, als auch in den Fällen, in denen es an einem äußeren Anlass zur Überprüfung der Verhältnisse fehlt. Namentlich in solchen Fällen bedarf es besonderer verfahrensrechtlicher Vorkehrungen, die nach dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit zu beachten sind. Über entsprechende Informationen und Fristen hat der Dienststellenleiter sicherzustellen, dass der Personalrat die Berechtigung einer etwaigen Verminderung der Freistellungen überprüfen und sich gegebenenfalls auf die veränderte Situation rechtzeitig einstellen kann - etwa durch Umorganisation der Geschäftsführung oder durch eine neue Auswahl der freizustellenden Personen (vgl. Beschluss vom 2. September 1996 - BVerwG 6 P 3.95 - Buchholz 251.2 § 43 BlnPersVG Nr. 5).

Die Forderung des Beteiligten, der Dienststellenleiter müsse bei Geltendmachung des Reduzierungsverlangens über künftige Einsatzmöglichkeiten für alle freigestellten Personalratsmitglieder unterrichten, ist eindeutig überzogen. Sie läuft nicht nur auf einen unvertretbaren und zum Teil überflüssigen Verwaltungsaufwand hinaus, weil die Freistellungen nicht insgesamt, sondern nur zum kleineren Teil zurückzugeben sind. Sie verkennt auch die je spezifische Verantwortung beider Seiten. Steht dem Grunde nach fest, dass die Zahl der freigestellten Personalratsmitglieder zu reduzieren ist, so muss für den Personalrat der Gedanke, trotz der gebotenen Veränderung die Effizienz seiner Arbeit für den Rest seiner Amtsperiode sicherzustellen, ganz im Vordergrund stehen. Davon muss er sich bei der ihm obliegenden Auswahl derjenigen seiner Mitglieder, welche nicht länger freigestellt bleiben sollen, maßgeblich leiten lassen. Es ist Aufgabe des Personalrats, autonom darüber zu entscheiden, auf welche Freistellungen er mit Blick auf die künftige Arbeit am ehesten verzichten kann. Hat er die Auswahl getroffen, ist es Sache des Dienststellenleiters, für die angemessene Weiterbeschäftigung der von der Rückgabe der Freistellungen betroffenen Personalratsmitglieder zu sorgen. Diese sind durch § 43 Abs. 1 Satz 4 BlnPersVG geschützt. Sie können verlangen, dass ihnen eine Tätigkeit übertragen wird, die derjenigen Besoldungs- oder Entgeltgruppe entspricht, die sie vor oder während der Freistellung erreicht haben (vgl. Altvater/Hamer/Kröll/ Lemcke/Peiseler, Bundespersonalvertretungsrecht, 6. Aufl. 2008, § 46 Rn. 81; Fischer/Goeres/Gronimus, in: GKÖD Band V, K § 46 Rn. 59h; Lorenzen in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 46 Rn. 100; Treber, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 3. Aufl. 2008, § 46 Rn. 96; Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 10. Aufl. 2004, § 46 Rn. 26).

2. Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang weiter geklärt wissen will, welche Mindestfrist die Dienststelle dem Personalrat für die Auswahl der zurückzugebenden Freistellungen einräumen muss, handelt es sich um keine Fragestellung, die der generalisierenden Festlegung zugänglich ist.

3. Schließlich will der Beteiligte sinngemäß geklärt wissen, ob die Verpflichtung des Personalrats, die Zahl der Freistellungen zu reduzieren, davon abhängt, ob der Dienststellenleiter nach einer ablehnenden schriftlichen Stellungnahme des Personalrats noch einen - insbesondere gesprächsweisen - Einigungsversuch unternommen hat. Diese Frage bedarf ebenfalls nicht der Klärung im Rechtsbeschwerdeverfahren.

Dass Dienststelle und Personalrat, wenn es um die Verminderung der Zahl der Freistellungen während der laufenden Amtszeit des Personalrats geht, im Gespräch bleiben müssen, solange eine Einigung in angemessener Zeit noch realistisch erscheint, ist ein selbstverständliches, aus dem Grundsatz vertrauensvoller Zusammenarbeit folgendes Gebot. Wann eine solche Einigungsmöglichkeit als erschöpft zu betrachten ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Wenn das Oberverwaltungsgericht nach dem hier vorliegenden Sachverhalt - Geltendmachung der Reduzierung durch den Antragsteller bereits im Dezember 2004, Wiederholung im September 2005, kategorisch ablehnendes Schreiben des Beteiligten vom 25. Januar 2006, erneut erfolgloses Schreiben des Antragstellers im Februar 2006 - weitere Einigungsbemühungen des Antragstellers für entbehrlich gehalten hat, so wirft dies keine Fragen auf, die im Interesse der Rechtsfortbildung oder Rechtseinheit klärungsbedürftig sind.

Ende der Entscheidung

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