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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 12.11.2009
Aktenzeichen: BVerwG 6 PB 17.09
Rechtsgebiete: SAPersVG, BRKG, TGV


Vorschriften:

SAPersVG § 42
SAPersVG § 53
BRKG § 5
BRKG § 15
TGV § 3
1. Freigestellte Mitglieder der Stufenvertretung erhalten für die Fahrten vom Wohnort zum Sitz der übergeordneten Dienststelle Trennungsgeld nach § 42 Abs. 2, § 53 Abs. 1 Satz 1 SAPersVG i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 BRKG.

2. Die Gewährung der Großen Wegstreckenentschädigung nach § 5 Abs. 2 BRKG kommt in Betracht, wenn dem Personalratsmitglied die tägliche Rück-kehr zum Wohnort zuzumuten ist, die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ausscheidet und die zu seinen Gunsten eingreifenden Regelungen in § 6 TGV und § 5 Abs. 1 BRKG eine auch nur annähernd kostendeckende Erstattung nicht zulassen.

3. Die tägliche Rückkehr zum Wohnort ist dem Bediensteten abweichend von der Regelvermutung in § 3 Abs. 1 Satz 2 TGV zuzumuten, wenn das Angebot öffentlicher Verkehrsmittel völlig unzulänglich ist und der Bedienstete mit dem von ihm eingesetzten Kraftfahrzeug die zeitlichen Grenzen in § 3 Abs. 1 Satz 2 TGV einhält.


In der Personalvertretungssache

hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 12. November 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge und Vormeier

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerden des Antragstellers sowie der Beteiligten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt - Fachsenat für Landespersonalvertretungssachen - vom 15. April 2009 werden zurückgewiesen.

Gründe:

Die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 78 Abs. 2 SAPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG haben keinen Erfolg.

I.

Dies gilt zunächst für die Beschwerde des Antragstellers.

1. Seine in Bezug auf den Hauptantrag allein erhobene Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Die in Abschnitt II 1 der Beschwerdebegründung aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung.

Der Antragsteller will sinngemäß geklärt wissen, ob freigestellte Mitglieder der Stufenvertretung für ihre Fahrten vom Sitz der Stammdienststelle zum Sitz der Stufenvertretung Reisekostenvergütung oder Trennungsgeld erhalten. Diese Frage ist nicht klärungsbedürftig, weil sie in der Senatsrechtsprechung geklärt ist.

Nach ständiger und gefestigter Senatsrechtsprechung steht freigestellten Mitgliedern der Stufenvertretung wegen Ausübung ihrer Personalratstätigkeit an dem von ihrem Wohnort und bisherigem Dienstort verschiedenen Sitz der Stufenvertretung Trennungsgeld zu (vgl. Beschlüsse vom 14. Februar 1990 - BVerwG 6 P 13.88 - Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 17 S. 16 ff., vom 27. Januar 2004 - BVerwG 6 P 9.03 - Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 33 S. 13 f., vom 21. Mai 2007 - BVerwG 6 P 5.06 - Buchholz 251.5 § 42 HePersVG Nr. 1 Rn. 19 ff. und vom 25. Juni 2009 - BVerwG 6 PB 15.09 - [...] Rn. 6). Diese Rechtsprechung hat breite Zustimmung gefunden (vgl. die Nachweise im Beschluss vom 21. Mai 2007 a.a.O. Rn. 22; aus der aktuellen Kommentarliteratur: Altvater/Hamer/Kröll/Lemcke/Peiseler, Bundespersonalvertretungsgesetz, 6. Aufl. 2008, § 44 Rn. 25c; Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 11. Aufl. 2008, § 44 Rn. 8; Jacobs, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 3. Aufl. 2008, § 44 Rn. 50; Bieler, in: Bieler/ Vogelgesang/Plaßmann/Kleffner, Landespersonalvertretungsgesetz Sachsen-Anhalt, G § 42 Rn. 67). Die Ausführungen des Antragstellers in der Beschwerdebegründung geben dem Senat keinen Anlass, seine Rechtsprechung in einem Rechtsbeschwerdeverfahren erneut zu überprüfen.

a) Wortlaut und Systematik der Regelung in § 42 Abs. 2 SAPersVG gebieten für den Geltungsbereich dieser Vorschrift keine abweichende Beurteilung. Die Bestimmung verweist pauschal auf "Reisekosten nach Bundesreisekostengesetz", womit auch das Trennungsgeld nach § 15 BRKG erfasst ist. Die weitere Bezugnahme auf die "Maßgabe des § 88 Abs. 1 des Beamtengesetzes Sachsen-Anhalt" besagt lediglich, dass die dort aufgeführten reisekostenrechtlichen Bestimmungen punktuell modifiziert werden, ohne dass dem eine Aussage gegen die Trennungsgeldgewährung in den hier interessierenden Fällen entnommen werden kann.

b) Zum grundlegenden Verständnis der Senatsrechtsprechung sei mit Blick auf die Ausführungen des Antragstellers in Abschnitt 1.5 seiner Beschwerdebegründung nochmals auf Folgendes hingewiesen: Reisen von Mitgliedern des Personalrats im Sinne von § 42 Abs. 2 SAPersVG sind mit Rücksicht auf die allgemeine Regelung in § 42 Abs. 1 SAPersVG alle Fahrten, die durch die Personalratstätigkeit verursacht sind. Ausgeschlossen sind demnach Fahrten zwischen Wohnung und Dienststelle, wenn sich dort - wie zumeist im Fall der örtlichen Personalräte - der Sitz des Personalrats befindet; denn diese Fahrten fallen auch für jeden Beschäftigten der Dienststelle ohne Personalratsamt an. Als Reisen im vorbezeichneten Sinne sind dagegen in Betracht zu ziehen z.B. Fahrten zur Teilnahme an Unfalluntersuchungen oder Prüfungen (§ 57 Abs. 4, § 59 SAPersVG), die nicht am Dienststellensitz stattfinden, oder zur Abhaltung von Sprechstunden (§ 41 SAPersVG) in räumlich entfernten, personalvertretungsrechtlich nicht verselbstständigten Teilen der Dienststelle. Dies gilt für Mitglieder der örtlichen Personalräte wie der Stufenvertretungen gleichermaßen (§ 53 Abs. 1 Satz 1 SAPersVG). Auch die Fahrten zu den Sitzungen der Stufenvertretungen durch deren nicht freigestellte Mitglieder sind durch die Personalratstätigkeit veranlasst (vgl. Beschluss vom 21. Mai 2007 a.a.O. Rn. 14).

Den genannten Beispielsfällen gemeinsam ist, dass es sich jeweils um Fahrten neben denjenigen zwischen Wohnort und Dienststätte handelt. Die parallele Bewertung solcher durch die Personalratstätigkeit veranlasster Fahrten mit Dienstreisen, d.h. Reise zur Erledigung von Dienstgeschäften außerhalb der Dienststätte (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BRKG), drängt sich geradezu auf. Diese Vergleichbarkeit rechtfertigt die - entsprechende - Anwendung der Bestimmungen des Bundesreisekostengesetzes zur Reisekostenvergütung.

Anders liegt es bei den Fahrten freigestellter Mitglieder der Stufenvertretung zu deren Sitz, wenn dieser weder mit dem Wohnort noch mit dem Sitz der bisherigen Dienststelle identisch ist. Zwar sind auch diese Fahrten durch die Personalratstätigkeit verursacht. Hier besteht jedoch die Besonderheit, dass es sich - im Gegensatz zu den bereits genannten Beispielsfällen - um Fahrten zum Sitz der regelmäßigen Tätigkeit handelt. Dieser spezielle Sachverhalt lässt sich auch bei weitestmöglicher Heranziehung von Analogiegedanken dem Begriff der Dienstreise nicht mehr zuordnen, für welchen die Aufgabenerfüllung außerhalb der Dienststätte zwingend und welcher Ausgangspunkt und Zentrum aller Regelungen zur Reisekostenvergütung ist. Angesichts dessen ist das Trennungsgeld nach § 15 Abs. 1 BRKG der rechtssystematisch sachgerechte Anknüpfungspunkt für die Erstattung von Aufwendungen, die freigestellten Mitgliedern der Stufenvertretung durch die Personalratstätigkeit am Sitz der übergeordneten Dienststelle entstehen. In dieser Hinsicht sind sie abgeordneten Beamten ohne Zusage einer Umzugskostenvergütung vergleichbar (vgl. Beschluss vom 21. Mai 2007 a.a.O. Rn. 21). Davon unberührt bleibt, dass die entsprechende Anwendung aller jeweils heranzuziehenden reisekostenrechtlichen Bestimmungen stets der Unabhängigkeit der Personalratsfunktion Rechnung zu tragen hat (vgl. Beschluss vom 21. Mai 2007 a.a.O. Rn. 18).

c) Die entsprechende Anwendung der gesetzlichen Grundlage für die Trennungsgeldgewährung wirft keine Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Benachteiligungsverbots nach § 107 Satz 1 BPersVG auf. Denn entsprechend § 15 Abs. 1 Satz 1 BRKG erhalten die freigestellten Mitglieder der Stufenvertretung für ihre Fahrten zum Sitz der Stufenvertretung außerhalb ihres Wohnortes und ihres bisherigen Dienstortes das Trennungsgeld für die ihnen dadurch entstehenden notwendigen Aufwendungen unter Berücksichtigung der häuslichen Ersparnis. Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung ist sichergestellt, dass die betroffenen Personalratsmitglieder die ihnen unvermeidlich entstandenen Fahrtkosten erstattet erhalten (vgl. Beschluss vom 21. Mai 2007 a.a.O. Rn. 22).

d) Ist daher Trennungsgeld das geeignete Instrument zur finanziellen Entlastung von freigestellten Mitgliedern der Stufenvertretung für die speziellen Aufwendungen, die ihnen durch ihre Reisen zum Sitz der übergeordneten Dienststelle entstehen, so bedarf es für die Bewilligung von Reisekostenvergütung anstelle von Trennungsgeld in diesen Fällen einer entsprechenden Willensäußerung des Gesetzgebers, wie dies in Nordrhein-Westfalen geschehen ist (vgl. Beschlüsse vom 25. November 2004 - BVerwG 6 P 6.04 - Buchholz 251.7 § 40 NWPersVG Nr. 3 S. 6 und vom 21. Mai 2007 a.a.O. Rn. 23). An einer derartigen Aussage des Landesgesetzgebers fehlt es in Sachsen-Anhalt.

e) Die mit der Bewilligung von Trennungsgeld an Personalratsmitglieder etwa verbundenen Folgeprobleme können und müssen bewältigt werden. Ob solche Probleme bestehen, hängt von Rechtsentwicklung und Verwaltungspraxis in anderen Rechtsgebieten ab, insbesondere im Bereich des Steuerrechts (vgl. Beschlüsse vom 27. Januar 2004 a.a.O. und vom 25. Juni 2009 a.a.O. Rn. 10). Wenn die Bewilligung von Trennungsgeld wegen steuerrechtlicher Folgen und damit wiederum verbundener personalvertretungsrechtlicher Ausgleichsansprüche zu unerwünschten Mehrbelastungen für die betroffenen Dienststellen führt, so ist die Korrektur Sache des Gesetzgebers, soweit das geltende Steuerrecht nicht bereits eine angemessene Lösung ermöglicht.

2. Die auf den Hilfsantrag zu 1 bezogenen Rügen des Antragstellers kommen ebenfalls nicht zum Zuge.

a) Die Grundsatzrüge greift nicht durch. Die in Abschnitt II 2 der Beschwerdebegründung aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung und ist im Übrigen nicht entscheidungserheblich.

Der Antragsteller will geklärt wissen, ob die Begrenzung des Erstattungssatzes für Fahrten mit anderen als regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln auf einen Betrag von 0,20 EUR je Kilometer mit dem Benachteiligungsverbot des § 107 Satz 1 BPersVG bzw. § 8 SAPersVG vereinbar ist.

aa) Die Frage lässt sich anhand von Wortlaut und Systematik der einschlägigen Bestimmungen und deren daraus bereits ersichtlichen Sinn und Zweck eindeutig beantworten.

(1) Freigestellte Mitglieder der Stufenvertretung, die täglich an den Wohnort zurückkehren, erhalten nach § 6 Abs. 1 Satz 1 TGV als Trennungsgeld Fahrkostenerstattung oder Wegstreckenentschädigung wie bei Dienstreisen. Anzuwenden sind daher §§ 4 und 5 BRKG. Während Fahrkostenerstattung nach § 4 BRKG bei Benutzung regelmäßig verkehrender Beförderungsmittel bewilligt wird, wird Wegstreckenentschädigung nach § 5 BRKG vor allem bei Benutzung von Kraftfahrzeugen gewährt. Die Erstattung ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 BRKG auf 20 Cent je Kilometer zurückgelegter Strecke beschränkt. Dieser Betrag ist nicht kostendeckend, weil der Gesetzgeber vornehmlich aus ökologischen Gründen die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel vorzieht (vgl. Beschluss vom 15. April 2008 - BVerwG 6 PB 4.08 - [...] Rn. 7; Reimann, in: Meyer/Fricke, Reisekosten im öffentlichen Dienst, § 5 BRKG Rn. 17 f.). Ist daher einem freigestellten Mitglied der Stufenvertretung - auch bei Anerkennung eines begrenzten Beurteilungsspielraums - die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel für die Fahrten zum Sitz der übergeordneten Dienststelle möglich und zumutbar und benutzt er gleichwohl - in Ausübung seiner reisekostenrechtlichen Wahlfreiheit - ein privates Kraftfahrzeug, so ist die Begrenzung der Wegstreckenentschädigung auf 20 Cent je Kilometer gemäß der Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 2 BRKG gerechtfertigt. Eine Benachteiligung der Personalratstätigkeit liegt darin offensichtlich nicht, weil er genauso behandelt wird wie jeder andere Anspruchsberechtigte ohne personalvertretungsrechtliche Funktion und weil spezielle personalvertretungsrechtliche Gründe es nicht gebieten, die vom Gesetzgeber gewollte ökologische Verhaltenssteuerung zu vernachlässigen.

Eine vergleichbare Beurteilung ist geboten, wenn dem Personalratsmitglied wegen der weiten Entfernung zwischen Wohnsitz und Sitz der Stufenvertretung die tägliche Rückkehr nicht zuzumuten ist. In diesen Fällen liegt es nahe, sich am Sitz der Stufenvertretung eine Unterkunft zu nehmen und nur wöchentlich zum Wohnort zurückzukehren (§ 3 TGV). Entscheidet sich das Personalratsmitglied gleichwohl für die tägliche Hin- und Rückfahrt mit dem Kraftfahrzeug, so ist ebenfalls die Beschränkung der Kostenerstattung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 BRKG gerechtfertigt.

(2) Anders liegt es, wenn dem Personalratsmitglied die tägliche Rückkehr zum Wohnort zuzumuten ist, die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ausscheidet und die zu seinen Gunsten eingreifenden Regelungen in § 6 TGV und § 5 Abs. 1 BRKG eine auch nur annähernd kostendeckende Erstattung nicht zulassen. In solchen Fällen hält die "Große Wegstreckenentschädigung" nach § 5 Abs. 2 BRKG eine Regelung bereit, die bei sachgerechter Anwendung im Einklang mit dem Benachteiligungsverbot des § 107 Satz 1 BPersVG sicherstellt, dass der Beschäftigte nicht mit Kosten belastet bleibt, die er bei ordnungsgemäßer Wahrnehmung seines Personalratsmandats nicht vermeiden kann (vgl. Beschluss vom 21. Mai 2007 a.a.O. Rn. 30). Bereits die Verwaltungsvorschrift zu § 5 BRKG enthält in Teilziffer 5.2.2 Rechtsgedanken, die in den Fällen freigestellter Mitglieder von Stufenvertretungen zum Zuge kommen können. Die Anwendung von § 5 Abs. 2 BRKG auf derartige Fälle ist in der behördlichen Praxis nicht unbekannt: In dem dem Senatsbeschluss vom 21. Mai 2007 zugrunde liegenden Fall hatte die Ministerin als zuständige Dienststellenleiterin für den Hauptpersonalrat triftige Gründe für die Benutzung eines privaten Kraftfahrzeuges anerkannt und damit den Weg für die Große Wegstreckenentschädigung nach der Parallelnorm des § 6 Abs. 1 Satz 1 HRKG eröffnet ([...] Rn. 35, insoweit bei Buchholz a.a.O. nicht abgedruckt; vgl. ferner Beschluss vom 15. April 2008 a.a.O.).

bb) Selbst wenn man die Frage, unter welchen Umständen die Große Wegstreckenentschädigung nach § 5 Abs. 2 BRKG für Fahrten freigestellter Mitglieder der Stufenvertretung zwischen Wohnort und Sitz der übergeordneten Dienststelle in Betracht kommt, für klärungsbedürftig halten will, scheitert die Grundsatzrüge daran, dass diese Frage im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich ist. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts - Abweisung des Hilfsantrages zu 1 - ist unabhängig davon richtig.

Dieser Antrag war nach seinem eindeutigen Wortlaut nicht darauf gerichtet, dem Vorsitzenden des Antragstellers für einen bestimmten Zeitraum Aufwendungsersatz zuzusprechen, sondern darauf, dass überwiegend freigestellte Mitglieder des Antragstellers einen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für Fahrten vom Sitz der Stammdienststelle zum Sitz des Hauptpersonalrats mindestens in Höhe von 30 Cent je Kilometer haben. Hierbei handelt es sich um einen Globalantrag, weil er alle denkbaren Fallgestaltungen erfasst, in denen überwiegend freigestellte Mitglieder des Antragstellers für ihre täglichen Fahrten zum Sitz des Hauptpersonalrats ein Kraftfahrzeug benutzen (vgl. Beschluss vom 24. Juli 2008 - BVerwG 6 PB 18.08 - Buchholz 251.7 § 79 NWPersVG Nr. 7 Rn.7). Ein derartiger Antrag ist insgesamt als unbegründet abzuweisen, wenn es darunter mindestens auch Fallgestaltungen gibt, in denen sich der Antrag als unbegründet erweist (vgl. Beschluss vom 22. Juni 2005 - BVerwG 6 P 8.04 - Buchholz 251.2 § 13 BlnPersVG Nr. 3 S. 10 m.w.N.).

Der Hilfsantrag zu 1 erfasst hier auch diejenigen Fälle, in denen freigestellte Mitglieder des Antragstellers für ihre Fahrten zum Sitz des Hauptpersonalrats zumutbarerweise öffentliche Verkehrsmittel benutzen könnten. In diesen Fällen ist die Beschränkung auf die "Kleine Wegstreckenentschädigung" nach § 5 Abs. 1 Satz 2 BRKG angemessen, wie oben ausgeführt wurde. Damit war der Hilfsantrag zu 1 ungeachtet einer etwa abweichenden Beurteilung anderer Fallgestaltungen insgesamt abzuweisen.

b) Die in Abschnitt II 3 der Beschwerdebegründung erhobene Divergenzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift ebenfalls nicht durch.

aa) Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts weicht nicht vom zitierten Senatsbeschluss vom 21. Mai 2007 ab.

Nach dieser Senatsentscheidung verbietet es das Benachteiligungsverbot des § 107 Satz 1 BPersVG, dass der Beschäftigte mit Kosten belastet bleibt, die er bei ordnungsgemäßer Wahrnehmung seines Personalratsmandats nicht vermeiden kann (a.a.O. Rn. 30). Einen dazu in Widerspruch stehenden Rechtssatz hat das Oberverwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss weder ausdrücklich noch sinngemäß aufgestellt. Im Gegenteil belegen seine Ausführungen zur Nichtanwendung der Höchstgrenzenregelung in § 6 Abs. 4 Satz 1 TGV, dass es sich an jenem Rechtssatz orientiert hat (Beschlussabdruck S. 7 f.). Dass es in der strikten Anwendung der Regelung in § 5 Abs. 1 BRKG eine - hinzunehmende - Benachteiligung von Personalratsmitgliedern erblickt hat, lässt sich seinen Ausführungen nicht entnehmen.

bb) Im Übrigen beruht der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts nicht auf einer etwaigen Abweichung von der zitierten Senatsentscheidung. Der Hilfsantrag zu 1 war - wie erwähnt - schon deswegen insgesamt abzuweisen, weil er auch Fallvarianten erfasste, in denen die Begrenzung auf die "Kleine Wegstreckenentschädigung" das Benachteiligungsverbot keinesfalls verletzt.

II.

Der Beschwerde der Beteiligten bleibt gleichfalls der Erfolg versagt. Die damit allein erhobene Grundsatzrüge greift nicht durch. Die aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung.

Die Beteiligte will geklärt wissen, "ob eine Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr zum Wohnort i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 2 TGV bei Benutzung regelmäßig verkehrender Beförderungsmittel auch dann gegeben ist, wenn für das Zurücklegen der Strecke zwischen Wohnung und Dienststätte und zurück mehr als drei Stunden benötigt werden und dies darauf beruht, dass dem Mitglied der Personalvertretung aufgrund der abgeschiedenen Lage im ländlichen Raum regelmäßig verkehrende Beförderungsmittel nicht in einem zumutbaren Umfang zur Verfügung stehen und die Reisedauer nicht aufgrund der Entfernung zwischen Dienststätte und Wohnung, sondern wegen dieses unzureichenden Angebotes im öffentlichen Personennahverkehr unverträglich lang wird." Diese Frage ist mit dem Oberverwaltungsgericht eindeutig zu verneinen, sodass es ihrer Klärung im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht bedarf.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 TGV ist die tägliche Rückkehr zum Wohnort in der Regel nicht zuzumuten, wenn beim Benutzen regelmäßig verkehrender Beförderungsmittel die Abwesenheit von der Wohnung mehr als zwölf Stunden oder die benötigte Zeit für das Zurücklegen der Strecke zwischen Wohnung und Dienststätte und zurück mehr als drei Stunden beträgt. Beide Varianten der Regelvermutung stellen auf die Benutzung regelmäßig verkehrender Beförderungsmittel ab. Dem Bediensteten wird grundsätzlich nicht zugemutet, sein privates Kraftfahrzeug einzusetzen, wenn er dadurch die in § 3 Abs. 1 Satz 2 TGV normierten zeitlichen Grenzen unterschreiten könnte (vgl. Biel, in: Kopicki/ Irlenbusch, Das Reisekostenrecht des Bundes, § 3 TGV Rn. 24; Kreutzmann, in: Meyer/Fricke, a.a.O., § 3 TGV Rn. 18 und 20). Das Eingreifen der Regelvermutungstatbestände setzt voraus, dass die bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel anzusetzenden Abwesenheits- und Fahrzeiten ein geeigneter und zuverlässiger Maßstab für die Beantwortung der Zumutbarkeitsfrage sind. Dies ist der Fall, wenn öffentliche Verkehrsmittel zu angemessenen Bedingungen die Bewältigung der Strecke zwischen Wohnort und Dienststätte erlauben. Werden bei dieser Sachlage dennoch die in § 3 Abs. 1 Satz 2 TGV normierten zeitlichen Grenzen wegen der großen Entfernung überschritten, so ist die tägliche Rückkehr zum Wohnort unzumutbar. Dass die Zeitgrenzen bei Einsatz eines Kraftfahrzeuges noch eingehalten werden könnten, ist unerheblich.

Eine atypische Fallkonstellation, die es rechtfertigt, von der Regelvermutung abzuweichen, liegt vor, wenn das Angebot öffentlicher Verkehrsmittel völlig unzulänglich ist. Dies liegt für die Fälle auf der Hand, in denen solche Verkehrsmittel überhaupt nicht zur Verfügung stehen. In diesen Fällen würde die Anwendung der Regelvermutung zu dem nicht vertretbaren und vom Verordnungsgeber offenbar nicht gewollten Ergebnis führen, dass für den Bediensteten selbst bei nur kurzer Entfernung zwischen Wohnort und Dienststätte und der Bereitschaft zum Einsatz des eigenen Kraftfahrzeugs die tägliche Rückkehr unzumutbar wäre. Vergleichbares gilt aber auch, wenn öffentliche Verkehrsmittel nur zu unangemessenen Bedingungen verfügbar sind. Dies ist der Fall, wenn der mit ihrer Benutzung verbundene Zeitaufwand in keinem Verhältnis zur zurückzulegenden Strecke steht. In einem derartigen Fall, wie er in der von der Beschwerde gestellten Frage vorausgesetzt wird, ist einem Bediensteten, der über ein Kraftfahrzeug und die entsprechende Fahrerlaubnis verfügt, die tägliche Rückkehr zuzumuten, wenn bei dem von ihm gewünschten Einsatz des Kraftfahrzeuges die in § 3 Abs. 1 Satz 2 TGV normierten zeitlichen Grenzen eingehalten werden.

Eine Umkehrung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses entgegen der Wertung des § 3 Abs. 1 Satz 2 TGV liegt darin nicht. Ein völlig unzulängliches Angebot öffentlicher Verkehrsmittel ist nicht der typische Lebenssachverhalt, den die Regelvermutungstatbestände zugrunde legen. Es ist daher gerechtfertigt, bei dieser atypischen Sachlage von der Regelvermutung abzuweichen. Wann eine derartige Situation gegeben ist, ist von den Tatsacheninstanzen anhand aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dazu zählen vor allem die Entfernung zwischen Wohnort und Dienststätte, die Abwesenheits- und Fahrzeiten bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel einerseits und eines Kraftfahrzeuges andererseits sowie die vergleichende Betrachtung dieser Zeiten. Ein Ausnahmesachverhalt liegt z.B. vor, wenn - wie im Fall des Vorsitzenden des Antragstellers - bereits am frühen Nachmittag keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr zur Verfügung stehen, die den Bediensteten noch am selben Tag zum Wohnort befördern können, und wenn bei Verwendung eines Kraftfahrzeuges die zeitlichen Grenzen in § 3 Abs. 1 Satz 2 TGV eingehalten werden.

Ende der Entscheidung

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