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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 10.01.2007
Aktenzeichen: BVerwG 6 PB 18.06
Rechtsgebiete: BlnPersVG, WO BlnPersVG
Vorschriften:
BlnPersVG § 22 | |
WO BlnPersVG § 7 Abs. 2 |
2. Unbeanstandet gebliebene Verstöße eines Wahlvorschlages gegen § 7 Abs. 2 Satz 2 WO BlnPersVG berechtigen zur Wahlanfechtung, wenn der Wahlvorstand sie kannte oder bei gebotener Sorgfalt leicht hätte erkennen können.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS
BVerwG 6 PB 18.06
In der Personalvertretungssache
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 10. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge und Vormeier
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Berlin - vom 16. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 91 Abs. 2 BlnPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg. Die allein erhobene Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfenen Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung.
1. Die Frage, "ob ein Wahlanfechtungsantrag, betreffend die gesamte Wahl, der rechtzeitig gestellt wurde, es erlaubt, zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt durch eine Hilfsantrag ergänzt zu werden, mit dem nur die Wahl einer Gruppe angefochten werden soll" (Abschnitt 1 der Beschwerdebegründung, ist in der Senatsrechtsprechung geklärt. Danach sind die Verwaltungsgerichte nicht gehindert, auf einen nicht eingeschränkten Wahlanfechtungsantrag die Feststellung der Ungültigkeit der Wahl auf diejenige Gruppe zu beschränken, auf die sich der die Anfechtung rechtfertigende Verstoß nur ausgewirkt haben kann (vgl. Beschlüsse vom 10. Mai 1982 - BVerwG 6 P 40.80 - BVerwGE 65, 297 <299 f.> = Buchholz 238.3 A § 17 BPersVG Nr. 2 S. 3 und vom 6. Juni 1991 - BVerwG 6 P 8.89 - Buchholz 251.2 § 12 BlnPersVG Nr. 1 S. 4 f.). Die gerichtliche Ungültigerklärung einer Personalratswahl in einer bestimmten Beschäftigtengruppe ist daher nicht davon abhängig, dass ein dahingehender Hilfsantrag innerhalb der Wahlanfechtungsfrist gestellt wurde.
2. In Abschnitt 2 der Beschwerdebegründung werden folgende Fragen als klärungsbedürftig bezeichnet:
"- Verstößt eine Bezeichnung auf einem Wahlvorschlag 'Personalbteilung' - in der der genannte Angestellte unstreitig tätig war - dennoch gegen § 7 II 2 WO PersVG Berlin, und, wenn dies bejaht werden sollte,
- macht ein Verstoß hiergegen, wie er hier vorliegt, die Wahl der Vertreter der Gruppe, der dieser Wahlvorschlag angehört, insgesamt unwirksam."
Diese Fragen lassen sich, soweit sie einer verallgemeinerungsfähigen Klärung überhaupt zugänglich sind, anhand der einschlägigen Bestimmungen und dazu bereits vorliegender höchstrichterlicher Rechtsprechung beantworten, sodass sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht rechtfertigen.
a) Die Frage, ob für einen in der Personalabteilung der Dienststelle beschäftigten Angestellten die Angabe "Personalabteilung" als Berufsbezeichnung in einem Wahlvorschlag den Anforderungen des § 7 Abs. 2 Satz 2 der Wahlordnung zum Berliner Personalvertretungsgesetz (WO BlnPersVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Februar 2000, GVBl S. 238, genügt, lässt sich nicht für alle Fallgestaltungen einheitlich beantworten.
§ 7 Abs. 2 WO BlnPersVG lautet:
"Die Namen der einzelnen Bewerber sind auf dem Wahlvorschlag untereinander aufzuführen und mit fortlaufenden Nummern zu versehen. Außer dem Familiennamen sind der Vorname, das Geburtsdatum, die Amts- oder Berufsbezeichnung und die Gruppenzugehörigkeit anzugeben."
Diese Anforderungen beziehen sich nicht nur auf die Einreichung der Wahlvorschläge, sondern auch auf deren Bekanntgabe nach § 12 Abs. 1 Satz 1 WO BlnPersVG. Demgemäß sind in den vom Wahlvorstand bekanntgemachten Wahlvorschlägen Namen, Vorname, Geburtsdatum, Amts- bzw. Berufsbezeichnung und Gruppenzugehörigkeit der Kandidaten anzugeben, wie dies im vorliegenden Fall mit der Bekanntmachung vom 29. September 2004 geschehen sollte.
aa) In aller Regel geben bereits Familienname, Vorname und Geburtsdatum über die Identität der Bewerber hinreichend Aufschluss. Die zusätzliche Anforderung in § 7 Abs. 2 Satz 2 WO BlnPersVG, die Amts- oder Berufsbezeichnung der Kandidaten anzugeben, muss daher über die Identitätsprüfung hinaus einem weiteren Zweck dienen (vgl. aber zum Betriebsverfassungsrecht: Fitting/ Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, Betriebsverfassungsgesetz, 23. Aufl. 2006, § 6 WO Rn. 9; Schneider, in: Däubler/Kittner/Klebe, Betriebsverfassungsgesetz, 10. Aufl. 2006, § 6 WO 2001 Rn. 21). Dieser geht dahin, dass die Wahlberechtigten ein legitimes Interesse daran haben, zu erfahren, welches Amt der Wahlbewerber innehat oder welche berufliche Funktion er in der Dienststelle ausübt (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 27. Juni 1983 - CB 28/82 - PersV 1984, 466; Fischer/Goeres/Gronimus, in: GKÖD Bd. V, H § 8 Rn. 5; Altvater/Hamer/Ohnesorg/Peiseler, Bundespersonalvertretungsgesetz, 5. Aufl. 2004, § 8 WO Rn. 7; Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 10. Aufl. 2004, § 8 WO Rn. 4).
bb) Der dem Informationsbedürfnis der Wahlberechtigten dienende Zweck wird vor allem durch das Erfordernis deutlich, die Amtsbezeichnung anzugeben. Dieses auf die Gruppe der Beamten zugeschnittene Merkmal ist zunächst geeignet, den Kandidaten in fachlicher Hinsicht einzuordnen (vgl. Nr. 1 Abs. 2 der Vorbemerkungen zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B, Anlage I zum Bundesbesoldungsgesetz). Vor allem aber gibt es wegen der dienstrechtlichen Vorgaben Auskunft darüber, welchem Hierarchiebereich innerhalb der Dienststelle der einzelne Bewerber angehört. Demgemäß wird der Wahlberechtigte in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob die in der Dienststelle vertretenen Laufbahnen und Laufbahngruppen im jeweiligen Wahlvorschlag ausgewogen oder eher einseitig repräsentiert sind. Er kann daher prüfen, ob er sich durch die Unterstützung eines bestimmten Wahlvorschlages die Vertretung seiner Interessen versprechen kann.
cc) Das auf die Gruppe der Angestellten und Arbeiter zielende Merkmal der Berufsbezeichnung in § 7 Abs. 2 Satz 2 WO BlnPersVG muss nach Möglichkeit denselben Informationswert erreichen. Demgemäß muss bei Angestellten, die an exponierter Stellung tätig sind - ohne zugleich die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 BlnPersVG zu erfüllen und deswegen von der Wählbarkeit und Aufnahme in einen Wahlvorschlag ausgeschlossen zu sein (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 1 WO BlnPersVG) -, die Berufsbezeichnung im Wahlvorschlag ihre leitende Funktion verdeutlichen. Die Bezeichnung "Personalabteilung" - obwohl als "Berufsbezeichnung" formell-stilistisch inkorrekt - mag angehen bei einem Sachbearbeiter oder einem Mitarbeiter in ähnlich nachgeordneter Funktion. Beim Leiter der Personalbteilung oder einem sonstigen Angestellten in leitender Funktion verfehlt sie jedoch den in § 7 Abs. 2 Satz 2 WO BlnPersVG verfolgten Informationszweck.
b) Ein Verstoß gegen das Gebot in § 7 Abs. 2 Satz 2 WO BlnPersVG, im Wahlvorschlag die Berufsbezeichnung des Bewerbers anzugeben, kann unter Umständen zur erfolgreichen Anfechtung einer Personalratswahl in der Gruppe der Angestellten führen (§ 22 Abs. 1 BlnPersVG).
aa) § 7 Abs. 2 Satz 2 WO BlnPersVG ist eine Vorschrift, welche die Vorbereitung und Durchführung der Wahl betrifft, und damit eine Vorschrift über das Wahlverfahren (vgl. Beschluss vom 26. November 1997 - BVerwG 6 P 12.95 - Buchholz 250 § 27 BPersVG Nr. 3 S. 10). Es handelt sich auch - in Anbetracht und nach Maßgabe der vom Gesetzgeber mit ihr verfolgten Zwecke - um eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren. Darunter fallen alle zwingenden Vorschriften des Gesetzes und der Wahlordnung (vgl. Beschluss vom 26. November 1997 a.a.O. S. 12; Altvater u.a., a.a.O. § 25 Rn. 5; Ilbertz/Widmaier, a.a.O. § 25 Rn. 6).
§ 7 Abs. 2 Satz 2 WO BlnPersVG ist zwingendes Recht. Zwar ist ein eingereichter Wahlvorschlag, der wegen Nichtbeachtung von Erfordernissen des § 7 Abs. 2 WO BlnPersVG fehlerhaft ist, nach Maßgabe von § 9 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 WO BlnPersVG korrigierbar, wonach der Wahlvorstand einen solchen Wahlvorschlag mit der Aufforderung zurückzugeben hat, die Mängel innerhalb einer Frist von sechs Kalendertagen zu beseitigen. Werden die Mängel jedoch nicht fristgerecht beseitigt, ist ein solcher Wahlvorschlag ungültig (§ 9 Abs. 5 Satz 2 WO BlnPersVG). Dies führt zu dem Schluss, dass eine Personalratswahl anfechtbar ist, wenn der Wahlvorstand einen nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO BlnPersVG mangelhaften Wahlvorschlag unbeanstandet gelassen hat (so ausdrücklich zu der entsprechenden Vorschrift des Bundesrechts Schlatmann, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz, §§ 8, 9 WO Rn. 21; vgl. ferner Fischer/ Goeres/Gronimus, a.a.O., WO § 8 Rn. 21, § 10 Rn. 29; Ilbertz/Widmaier, a.a.O. § 8 WO Rn. 4, § 10 WO Rn. 14 und 18).
bb) Diese strenge Rechtsfolge ist jedoch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht in allen Fällen gerechtfertigt, in denen der Wahlvorstand objektiv fehlerhafte Wahlvorschläge unbeanstandet zur Wahl zugelassen hat. Dabei ist die Überlegung ausschlaggebend, dass im Interesse einer praxisgerechten Durchführung der Personalratswahl die an den Wahlvorstand zu stellenden Anforderungen bei der Prüfung von Wahlvorschlägen nicht überspannt werden dürfen. Vielmehr darf der Wahlvorstand diese Prüfung auf eine solche nach bestem Wissen und Gewissen beschränken. Demgemäß berechtigen nur solche unbeanstandet gebliebenen Mängel zur Wahlanfechtung, welche der Wahlvorstand kannte oder doch bei der gebotenen Sorgfalt leicht hätte erkennen können; letzteres ist bei offensichtlichen Mängeln der Fall (vgl. zu nicht wählbaren Bewerbern: Beschluss vom 13. März 1973 - BVerwG 7 P 1.72 - BVerwGE 42, 73 <77 f.> = Buchholz 238.38 § 22 PersVG Rheinland-Pfalz Nr. 1 S. 4 f.; zu unrichtigen Gruppenbezeichnungen: BAG, Beschluss vom 2. Februar 1962 - 1 ABR 5/61 - BAGE 12, 244 <253 f.>; ähnlich zur Angabe der Berufsbezeichnung: OVG Münster, Beschluss vom 22. Januar 1998 - 1 A 4257/87.PVL - juris Rn. 17).
c) Mit den vorstehenden Grundsätzen steht der angefochtene Beschluss, der weitgehend auf den erstinstanzlichen Beschluss Bezug nimmt, im Einklang. Angesichts dessen muss der Senat nicht in Erwägungen dazu eintreten, ob und inwieweit die erhobene Grundsatzrüge in eine Divergenzrüge umzudeuten ist und als solche zur Zulassung der Rechtsbeschwerde führt.
aa) Das Verwaltungsgericht ist nicht etwa davon ausgegangen, dass die Angabe "Personalabteilung" als Berufsbezeichnung für einen Mitarbeiter der Personalbteilung in einem Wahlvorschlag mit Blick auf § 7 Abs. 2 Satz 2 WO BlnPersVG stets unzureichend ist. Vielmehr hat es entscheidend darauf abgestellt, dass der Angestellte W. S. nach Arbeitsvertrag und unverändert geltender Dienstpostenbeschreibung sich ungeachtet dessen in herausgehobener Leitungsfunktion befand, dass seine Befugnisse durch den Beteiligten zwischenzeitlich eingeschränkt worden waren. Das Oberverwaltungsgericht hat diese Würdigung durch den Hinweis auf den - noch vor der Bekanntgabe der Wahlvorschläge geschlossenen - Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht bekräftigt, wonach der Angestellte S. wieder in den Räumen der Hauptverwaltung "als Personalleiter" weiterzubeschäftigen war. Damit ist dem Anliegen des § 7 Abs. 2 Satz 2 WO BlnPersVG, die exponierte Stellung einer Dienstkraft bei der Angabe der Berufsbezeichnung in einem Wahlvorschlag kenntlich zu machen, Rechnung getragen.
bb) Die Vorinstanzen haben nicht angenommen, dass jeder vom Wahlvorstand nicht korrigierte Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Satz 2 WO BlnPersVG zum Erfolg einer Wahlanfechtung führt. Das Verwaltungsgericht hat maßgeblich darauf abgestellt, dass die Bezeichnung "Personalabteilung" als Berufsbezeichnung für den Kandidaten S. "offensichtlich unzureichend" war. Diese Beurteilung stützte sich ersichtlich auf die Einschätzung, dass die relevanten Fakten dem Wahlvorstand bekannt waren und sich deswegen die Einordnung des Wahlvorschlages Nr. 2 als fehlerhaft geradezu hätte aufdrängen müssen. Dem ist das Oberverwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss gefolgt. Diese Würdigung steht im Einklang mit dem aus der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung abzuleitenden Grundsatz, wonach nur solche unbeanstandet gebliebenen Verstöße eines Wahlvorschlages gegen § 7 Abs. 2 Satz 2 WO BlnPersVG zur Wahlanfechtung führen, welche der Wahlvorstand kannte oder bei gebotener Sorgfalt leicht hätte erkennen können.
Ende der Entscheidung
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